Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF)

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Von Sebastian Schüßler, Rödl & Partner Hamburg und
von Dr. Dietrich Wagner, Rödl & Partner Hamburg
 
Am 26. Juni 2013 hat die Europäische Kommission einen Entwurf für eine Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds („European Long-term Investment Funds”, im folgenden Text als „ELTIF” bezeichnet) veröffentlicht. Mit diesem Entwurf soll eine neue Art von Fonds geschaffen werden, die speziell auf Investoren mit einem langen Anlagehorizont abzielt und einen EU-weiten Vertrieb an Kleinanleger umfassen soll.
 

I. Zielsetzung

Da bislang ein einheitlicher Rechtsrahmen für langfristige Anlageinstrumente innerhalb der EU fehlte, ist dieses Marktsegment unionsweit stark zersplittert. Auch ist zu beachten, dass nach der AIFM-Richtlinie keine grenzüberschreitende Verwaltung von Publikums-AIF vorgesehen ist, so dass in diesem Bereich auch künftig Sonderregelungen in den verschiedenen Mitgliedsstaaten bestehen bleiben werden. Mit der Einführung des ELTIF soll nun ein „EU-Gütesiegel für Investitionen” – so der für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige Kommissar Michel Barnier – geschaffen werden. Nach den Worten der Kommission könnten dabei insbesondere langlebige Kapitalanlagen zur Finanzierung von Sachanlagen, etwa Infrastrukturinvestments im Bereich Energie, Verkehr und Kommunikation, Klimawandel- und Ökoinnovation aber auch Anlagen in immaterielle Vermögenswerte wie Bildung, Forschung und Entwicklung von dem standardisierten Investitionsvehikel ELTIF profitieren.
 

II. Umsetzung

Um diesen Zielvorgaben zu entsprechen, soll sich das neue Regelungsregime für ELTIF durch drei Hauptelemente auszeichnen:
 
  • Produktvorschriften für zulässige Vermögenswerte und deren Diversifizierung
  • Strenge Anforderungen an den Sachverstand der ELTIF-Verwalter/Vertriebseinheiten
  • Abstimmung zwischen den Investitionshorizonten von ELTIF und den Rücknahmeerwartungen der Anleger
 

III. Rechtliche Einordnung

Nach Artikel 1 Absatz 1 des Verordnungsentwurfs soll die künftige Verordnung einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Zulassung, die Anlagepolitik und die Bedingungen für die Tätigkeit alternativer Investmentfonds (AIF) in der EU, „die in der Union als europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) vertrieben werden”, schaffen.
 
Ein ELTIF stellt mithin ein spezielles Vehikel dar, für das EU-AIF optieren können, wenn sie die Vorgaben des Ver­ordnungsentwurfs erfüllen. Ein wesentlicher Vorteil einer Zulassung als ELTIF liegt dabei in der Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verwaltung eines Publikumsfonds, der unionsweit an Kleinanleger vertrieben werden kann. Nach Artikel 3 Abs. 1 des Verordnungsentwurfs können nur EU-AIF als ELTIF zugelassen werden, auch kann ein ELTIF ausschließlich von (zugelassenen) EU-AIF-Verwaltern verwaltet werden. Die Bezeichnung „ELTIF” oder „langfristiger Investmentfonds” darf dementsprechend nur dann geführt werden, wenn die Vorgaben des Verordnungsentwurfs eingehalten werden.
 

IV. Verhältnis zur AIFM-Richtlinie

Die Regelungen des Verordnungsentwurfs bauen mithin auf den Vorgaben der AIFM-Richtlinie sowie den zugehörigen Durchführungsbestimmungen auf. Die Produktvorschriften für ELTIF sollen daher zusätzlich zu den Vorschriften des bestehenden EU-Rechts gelten. Dies bedeutet, dass insbesondere die in der AIFM-Richtlinie geregelten Verwaltungsvorschriften auch für ELTIF Anwendung finden, soweit der Verordnungsentwurf keine Abweichungen vorsieht. Da ELTIF allerdings innerhalb der Union auch an Kleinanleger vertrieben werden dürfen, werden zugunsten eines angemessenen Anlegerschutzes durch den Verordnungsentwurf entsprechende Ergänzungen vorgenommen.
 

V. Zulässige Vermögensgegenstände

Hinsichtlich der zulässigen Vermögensgegenstände eines ELTIF bestehen Einschränkungen. Grundsätzlich sollen ELTIF nur in Vermögenswerte investieren können, die nicht auf geregelten Märkten gehandelt werden. Als Beispiele nennt der Verordnungsentwurf etwa Investitionen in Infrastrukturprojekte, Investitionen in nicht börsennotierte Unternehmen sowie Investitionen in Immobilien. Hinsichtlich direkter Beteiligungen an einzelnen Realvermögenswerten sieht der Verordnungsentwurf allerdings die Einschränkung vor, dass diese mindestens einen Wert von 10 Mio. Euro aufweisen müssen.
 

VI. Rücknahme

Charakteristisch für ELTIF ist, dass eine Rücknahme der Anteile nicht vor dem Ende der Laufzeit möglich sein soll. Der Verordnungsentwurf verzichtet hinsichtlich der Rücknahme auf die Einführung fest vorgegebener Haltezeiten. Das Ende der Laufzeit eines ELTIF muss nach dem Verordnungsentwurf in den Vertragsbedingungen oder der Satzung unmissverständlich in Form eines konkreten Datums angegeben und den Anlegern zur Kenntnis gebracht werden. Eine Rücknahme der Anteile ist somit erst ab dem auf das festgelegte Laufzeitende folgenden Tag möglich. Allerdings ist bei der Wahl der Haltezeit zu beachten, dass die Laufzeit des ELTIF im Hinblick auf die von diesem gehaltenen Vermögensgegenstände angemessen lang und zudem geeignet sein muss, die Erreichung des Anlageziels des ELTIF zu ermöglichen.
 

VII. Vertrieb an Kleinanleger – „Stornierungsrecht”

Sollen Anteile an einem ELTIF auch an Kleinanleger vertrieben werden, so müssen besondere Vorgaben eingehalten werden. Zum einen müssen die Vertragsbedingungen oder die Satzung des ELTIF für alle Anleger eine Gleichbehandlung vorsehen und gleichzeitig eine Vorzugsbehandlung oder spezielle wirtschaftliche Vorteile für einzelne Anleger oder Anlegergruppen ausschließen. Zum anderen darf der ELTIF nicht als Personengesellschaft strukturiert sein. Auch muss Kleinanlegern das Recht eingeräumt werden, ihre Zeichnung während der Zeichnungsfrist, mindestens jedoch zwei Wochen nach der Zeichnung der ELTIF-Anteile zu stornieren, mit der Folge, dass sie ihre Anlagesumme ohne Strafzinsen zurückerhalten.

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