Nachhaltigkeitsberichterstattung im Wandel: Aktuelle Entwicklungen und Arbeitshilfen im Überblick

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 30. August 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

​Im Zuge des gestaffelten Inkrafttretens der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist der Großteil der Unternehmen im Anwenderkreis spätestens ab dem Geschäftsjahr 2025 zur Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Gover­nance-Informationen in Form eines CSRD-konformen Nachhaltigkeits­berichts verpflichtet. Viel Zeit bleibt den betroffenen Unternehmen also nicht mehr für die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse, die Implementierung der notwendigen Berichterstattungs​­prozesse, die Datenerhebung und die Erstellung des Berichts. Hinzu kommen Rechtsunsicherheiten, die sich aus den zahlreichen regulato­rischen Auslegungs­spielräumen, fehlenden Definitionen und ausstehender Gesetzgebung ergeben. Umso wichtiger ist es für Entscheidungsträger und Verantwortliche im Unternehmen, hinsichtlich der neuesten Entwicklungen im Bereich Nachhaltigkeitsberichterstattung stets informiert zu bleiben. Wir haben Ihnen den Stand der aktuellen Gesetzgebung, nützliche Arbeitshilfen und FAQ-Dokumente sowie geplante weitere regulatorische Anforderungen im Folgenden kompakt zusammengefasst. 

 



Nationale Umsetzung der CSRD 

Wenngleich die CSRD durch die ersten Unternehmen (große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern) bereits seit dem 01. Januar 2024 angewendet werden muss, wurde den EU-Mitgliedstaaten für die nationale Umsetzung der Verordnung offiziell bis zum 06. Juli 2024 Zeit eingeräumt. In Deutschland wurde die Umsetzung durch die Veröffentlichung des CSRD-Referentenentwurfs am 22. März 2024 in die Wege geleitet, zu dem Bundesländer, Verbände und die Öffentlichkeit bis zum 19. April 2024 Stellungnahmen einreichen konnten. Am 24. Juli 2024 erfolgte dann schließlich der Beschluss des CSRD-Regierungsentwurfs durch das Bundeskabinett. Die fristgerechte Umsetzung der Richtlinie wurde somit zwar verfehlt, ein Inkrafttreten des Gesetzes noch im Jahr 2024 wird aber ausdrücklich angestrebt. Im Wesentlichen sieht der Regierungsentwurf eine 1:1-Umsetzung der CSRD vor, nur in einigen Punkten (z.B. Wahlrechte) erfolgte eine konkretere Ausgestaltung. Details hierzu finden Sie in unserem ausführlichen Artikel zum CSRD-Regierungsentwurf. 


Aktualisierte deutsche Übersetzung der ESRS 

Nachdem am 18. April 2024 bereits eine 16-seitige Berichtigung („Corrigendum“) mit Korrekturen von falschen Verweisen, Rechtschreibfehlern und anderen offensichtlichen Fehlern zum ersten Set der ESRS erlassen wurde, folgte am 09. August 2024 die Veröffentlichung einer aktualisierten deutschen Version der ESRS in Form einer zweiten Berichtigung. Inhaltlich bringt die Berichtigung zwar keine wesentlichen Änderungen mit sich, die Beseitigung übersetzungsbedingter Unklarheiten trägt allerdings zum besseren Verständnis bestimmter Begrifflichkeiten und Passagen bei. Als Beispiel kann an dieser Stelle der in den ESRS häufig genutzte Begriff „Policies“ (bisher „Strategien“) genannt werden, der in der Berichtigung mit „Konzepte“ übersetzt und damit nun auch in der deutschen Version sprachlich zu den „Strategies“ (weiterhin „Strategien“) abgegrenzt wird. Erwähnenswert ist zudem die Anpassung der offiziellen Bezeichnungen der beiden Standards S1 (von „Eigene Belegschaft“ zu „Arbeitskräfte des Unternehmens“) und G1 (von „Unternehmenspolitik“ zu „Unternehmensführung“). 
 

FAQ-Dokument zur Nachhaltigkeitsberichterstattung 

Am 07. August hat die EU-Kommission ein FAQ-Dokument („Draft Commission Notice“) zur Auslegung bestimmter Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht. Mit dem FAQ-Dokument möchte die Kommission laut eigenen Angaben dazu beitragen, Unternehmen mehr Sicherheit und Klarheit in Bezug auf die Berichterstattungsanforderungen zu geben und den Verwaltungsaufwand für die Umsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften zu verringern. Neben einem Überblick über die künftigen Anforderungen an Unternehmen und Prüfer enthält das Dokument insgesamt 90 FAQs zu den zu berichtenden Nachhaltigkeitsinformationen (z.B. Detailfragen zu Anwendungsbeginn, Ausnahmeregelungen, Wertschöpfungskette oder Sprache der Offenlegung), zur Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, zu immateriellen Ressourcen, den Anforderungen an Unternehmen aus Drittstaaten und zur Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR). 

Erklärungen zu spezifischen ESRS-Fragestellungen

Unterstützung für CSRD-berichtspflichtige Unternehmen soll auch die im Oktober 2023 gestartete Online-Q&A-Plattform der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) bieten. Hier können Anwender der ESRS sämtliche Fragestellungen zur Auslegung und Anwendung der Standards einreichen. In einem klar definierten Prozess werden die Fragen vonseiten der EFRAG zunächst kategorisiert und dann systematisch beantwortet. Dies kann beispielsweise in Form von zusätzlichen Erklärungen („Explanations“) oder Umsetzungsleitfäden („Implementation Guidance“) erfolgen.  

Basierend auf den Eingebungen auf der Plattform wurden im Laufe des Jahres bereits mehrere Sets an Erklärungen veröffentlicht. Diese werden inzwischen in einem fortlaufend aktualisierten zentralen Dokument („Compilation of Explanations“) gesammelt. Die inzwischen 93 Erklärungen, die zwischen Januar und Juli 2024 veröffentlicht wurden, behandeln spezifische Fragestellungen beispielsweise zu den Themen Wesentlichkeitsanalyse, CO2-Bilanzierung oder S1-Kennzahlen. Stellen sich während der CSRD-Implementierung also konkrete Fragen im Zusammenhang mit einzelnen Angabepflichten oder Datenpunkten (z.B. Auslegungen oder Definitionen), so kann sich ein Blick in das Fragendokument durchaus lohnen. 

 

Umsetzungsleitfäden der EFRAG 

Ein weiteres Arbeitsergebnis der EFRAG im Zusammenhang mit den Eingaben auf der Q&A-Plattform sind die ersten drei ESRS-Umsetzungsleitfäden („Implementation Guidance“), die am 31. Mai 2024 nach langer Konsultations- und Überarbeitungszeit final veröffentlicht wurden. Die Umsetzungsleitfäden sollen Unternehmen dabei unterstützen, die ESRS-Anforderungen zielgerichtet und zeitgerecht umzusetzen – seitens der EFRAG wird bei der Ausarbeitung der Leitfäden daher viel Wert auf eine möglichst hohe Praxisorientierung gelegt.  

Inhaltlich befassen sich die ersten beiden Leitfäden IG 1 und IG 2 mit der Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse (IG 1 – Materiality Assessment Implementation Guidance) und der Berücksichtigung der Wertschöpfungskette in der Wesentlichkeitsanalyse und Berichterstattung (IG 2 – Value Chain Implementation Guidance). Beim dritten Leitfaden IG 3 handelt es sich um eine umfangreiche Excel-Datei, in der alle Datenpunkte aus dem ersten Set der ESRS aufgelistet und klassifiziert sind (IG 3 – List of ESRS Datapoints). Es bietet sich für Unternehmen an, diese Liste als Grundlage für die Datenpunktableitung und die anschließende Gap-Analyse zu nutzen.  

Der Bereitstellung von Umsetzungsleitfäden wird im Arbeitsprogramm der EFRAG grundsätzlich hohe Priorität eingeräumt, seit einiger Zeit befindet sich daher bereits ein vierter Leitfaden (IG 4) zur Erstellung von Übergangsplänen in Entwicklung. Weiterhin wird auf Basis der Eingaben auf der Q&A-Plattform fortlaufend analysiert, welche weiteren Themen künftig in Form von Umsetzungsleitfäden behandelt werden sollten. 
 

ESRS für Börsennotierte KMU 

Ab dem 01. Januar 2026 – mit der Möglichkeit zum freiwilligen Aufschub bis zum 01. Januar 2028 – sind auch börsennotierte KMU (Listed Small and Medium-sized Enterprises – LSME) zur Erstellung eines CSRD-konformen Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet. Da auch die EU-Kommission den Umfang und die Komplexität der durch große Unternehmen anzuwendenden ESRS als sehr hoch erachtet, wurde die EFRAG mit der Entwicklung verhältnismäßiger ESRS für börsennotierte KMU beauftragt. Diesem Auftrag kam die EFRAG nach und veröffentlichte am 21. Januar 2024 den Entwurf der ESRS für KMU​ (ESRS LSME ED), der im Rahmen einer öffentlichen Konsultation bis zum 21. Mai 2024 kommentiert werden konnte. Im Vergleich zum ersten Set der ESRS wurde die Anzahl der zu berichtenden Datenpunkte im LSME-Entwurf deutlich reduziert, weitere Vereinfachungen betreffen beispielsweise die Struktur, die mehr zentralisierte Angaben vorsieht, oder den freiwilligen Charakter der Berichterstattung zu positiven Auswirkungen und Chancen. Auf Basis des Feedbacks aus der Konsultationsphase und einem Feldtest wird der Entwurf aktuell überarbeitet. Der finale Entwurfsstand wird anschließend an die EU-Kommission übermittelt, die ggf. weitere Überarbeitungen vornimmt und die finale Version (wie auch schon das erste Set der ESRS) als delegierten Rechtsakt und damit unmittelbar geltendes EU-Recht verabschiedet. 

 

Sektorspezifische ESRS 

Zusätzlich zur Berichterstattung zu den sektorübergreifenden ESRS sieht die CSRD vor, dass Unternehmen Informationen in Bezug auf den Sektor, in dem sie tätig sind, offenlegen sollen. Die EFRAG wurde im Zuge dessen mit der Entwicklung sektorspezifischer Standards beauftragt, die ursprünglich bis zum 30. Juni 2024 durch die EU-Kommission verabschiedet werden sollten. Aufgrund des straffen Zeitplans und der Priorisierung der Umsetzungsleitfäden und weiterer Arbeitshilfen zum ersten Set der ESRS wurde die Frist für die Annahme dieses zweiten Sets inzwischen auf den 30. Juni 2026 verschoben. Indes hat die EFRAG ein mehrjähriges Standardsetzungsprogramm eingeleitet, das zur Herausgabe von ca. 40 sektorspezifischen Standards führen soll. Der Fokus wird hierbei zunächst auf Sektoren mit besonders hohen Umweltauswirkungen – sogenannte High-Impact Sectors, zu denen beispielsweise der Bergbau, Stein- und Kohleabbau und der Öl- und Gassektor gehören – sowie die Finanzbranche gelegt. Die ersten Entwürfe befinden sich aktuell noch in Entwicklung und sollen nach ihrer Veröffentlichung einer öffentlichen Konsultation unterzogen werden. Bis November 2025 strebt die EFRAG an, der EU-Kommission den ersten Satz an sektorspezifischen ESRS vorzulegen. Ab wann die sektorspezifischen Vorgaben in der Berichterstattung letztendlich umgesetzt werden müssen, bleibt abzuwarten. 
 
 

XBRL-Taxonomie ​

Im Zuge der künftig verpflichtenden digitalen Kennzeichnung der Informationen im Nachhaltigkeitsbericht („Tagging“) entwickelt die EFRAG aktuell eine digitale XBRL-Taxonomie für die ESRS und die EU-Taxonomieverordnung. Der Entwurf zur XBRL-Taxonomie wurde am 08. Februar 2024 veröffentlicht und anschließend bis zum 08. April 2024 öffentlich konsultiert. Aktuell wird die Taxonomie auf Basis des Feedbacks überarbeitet, der finale Vorschlag soll noch im Laufe dieses Jahres an die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) übermittelt werden. Die ESMA wird die Vorarbeit der EFRAG zur Ausarbeitung eines sogenannten Technischen Regulierungsstandards (Regulatory Technical Standard – RTS) nutzen. Nach Übergabe des RTS-Entwurfs an die EU-Kommission wird der finale RTS als delegierte Verordnung und damit unmittelbar geltendes EU-Recht erlassen. Gemäß deutschem CSRD-Regierungsentwurf sind die Tagging-Vorgaben erstmals für Geschäftsjahre, die ab dem 01. Januar 2026 beginnen, zu beachten. Perspektivisch zahlt XBRL-Taxonomie auf die Schaffung eines zentralen europäischen Zugangspunkts für Unternehmensdaten (European Single Access Point) ein, der ab dem Sommer 2027 verfügbar sein soll.  ​

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