Employer of Record in der Tschechischen Republik

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 9. April 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber können aus unterschiedlichen Gründen ein Interesse daran haben, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit vorüber­gehend oder auf Dauer für einen anderen als den gesetzlichen Arbeitgeber verrichtet. In diesem Fall können sich die Vertragsparteien für verschiedene Rechtsformen der Ausübung der Arbeit entscheiden. In der Tschechischen Republik kommen zwei Möglichkeiten in Betracht.​

 


Ist das Konzept Employer of Record (EoR) in Ihrem Land bekannt? Ist das Konzept EoR in Ihrem Land gesetzlich geregelt?

In Tschechien wird zwischen zwei Arten der Arbeitnehmerüberlassung unterschieden: die unentgeltliche Arbeitnehmerüberlassung, wörtlich eine „vorübergehende Zuteilung eines Arbeitnehmers an einen anderen Arbeitgeber gem. § 43a Arbeitsgesetzbuch“, und die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung, wörtlich eine „Agenturbeschäftigung“. Employer of Record ist in Tschechien nur in diesen gesetzlich vorgesehenen Formen vorgesehen. Andere Formen wären illegal.

Besonderheiten der Tätigkeit im Rahmen des EoR-Konzepts bzw. der Arbeitnehmerüberlassung

a) Gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung 
Eine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung, eine sog. Agenturbeschäftigung, ist seit 2004 in Tschechien gesetz­lich verankert. Obwohl dieses Konzept eine zwanzigjährige Geschichte hat, liegt die Zahl von Arbeit­nehmern in Tschechien, die bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt sind, weit unter dem internationalen Durchschnitt, und zwar bei nur 0,7 Prozent aller Mitarbeiter in Tschechien (im Vergleich zu dem internationalen Durchschnitt von 1,6 Prozent und dem europäischen Durchschnitt von 2,1 Prozent in 2018). An dieser Stelle ist zu betonen, dass im Rahmen der tschechischen Rechtsvorschriften eine sogenannte Agenturbeschäftigung verschiedene Tätigkeiten umfasst. Wenn ein Personalberatungsunternehmen geeignete Mitarbeiter für einen anderen Arbeitgeber sucht (was zum Beispiel auch Rödl & Partner in Tschechien anbietet), wenn Mitarbeiter bei dem Personalberatungsunternehmen beschäftigt sind und an Entleiher überlassen werden, oder sogar wenn ein Personalberatungsunternehmen nur Beratung und Information über Beschäftigungsmöglichkeiten anbietet, handelt es nach der tschechischen Terminologie um eine sogenannte Agenturbeschäftigung. 
 
Im Zusammenhang mit unterschiedlichen Modalitäten der sog. Agenturbeschäftigung und des Gleich­behand­lungs­ge­bots gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts und des Verfassungs­gerichts der Tschechischen Republik. 

Zeitarbeitsunternehmen mit inländischen Inhabern überwiegen gegenüber ausländischen Zeit­arbeits­unter­neh­men – drei von vier Stellen werden von inländischen Inhabern besetzt. Die Zahl an Staatsangehörigen eines Staates der EU, des EWR und der Schweiz, die von einem Zeitarbeitsunternehmen an einen Entleiher über­lassen werden, lag 2019 bei über 31 Prozent, und die Zahl der Staatsangehörigen anderer Nationalitäten lag bei fast 22 Prozent aller Leiharbeitnehmer. Der höchste Anteil an Leiharbeitern ist in der Industrie und im Baugewerbe zu finden.

b) Unterschied zwischen gewerblicher Arbeitnehmerüberlassung (sog. Agenturbeschäftigung) und unent­geltlicher Arbeitnehmerüberlassung

Das Konzept der Agenturbeschäftigung wurde häufig mit einer unentgeltlichen Arbeitnehmerüberlassung verwechselt und von Arbeitgebern oft missbraucht, was zu einem Mangel an Rechtssicherheit und zur Diskriminierung von Mitarbeitern führte. Die untenstehende Tabelle stellt die wichtigsten Unterschiede dar: 

​​
​Agenturbeschäftigung
​Arbeitnehmerüberlassung
​Zulässige Dauer
​Eine Überlassung kann bis zu 12 Monate an denselben Entleiher erfolgen, es sei denn, der Mitarbeiter stimmt einer längeren Überlassung zu, oder er oder sie ist eine Ersatzkraft für einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin, der/die sich gerade um ein Kind kümmert.
​Gesetzlich nicht geregelt, dennoch bis zu 12 Monaten zu empfehlen. Der Mitarbeiter muss mindestens 6 Monate bei dem Verleiher beschäftigt sein, um an einen Entleiher überlassenwerden zu dürfen. 
​Form
​Schriftlich
​Schriftlich
​Vergütung des Arbeitgebers
​Grundsätzlich erhält das Zeitarbeitsunternehmen Zahlungen vom Entleiher (jedoch ist es verboten, bei einem Mitarbeiter von Zeitarbeitsunternehmen Lohnabzüge vorzunehmen). 
​Ausschließlich unentgeltlich zwischen dem Verleiher und dem Entleiher (außer Kosten für die Vergütung des Mitarbeiters und Reisekosten).
​Erlaubnis für den Verleiher
Voraussetzungen für den Inhaber der Lizenz:
- mind. 18 Jahre alt;
- volle Geschäftsfähigkeit;
- keine Vorstrafen;
- Fachkompetenz (abgeschlossenes Hochschulstudium und zweijähriges Praktikum im Bereich / abgeschlossene Lehre mit Abitur + fünfjähriges Praktikum im Bereich);
- Wohnsitz in Tschechien;
- verbindliche Stellungnahme des Innenministeriums;
- eine Kaution i.H.v. CZK 1.000.000.
wenn es sich um eine Gesellschaft handelt, müssen diese Voraussetzungen von dem sog. verantwortlichen Vertreter erfüllt werden).
​Keine
​Erlaubnis für den Entleiher
​Keine
​Keine
​Weisungsrecht
​Der Mitarbeiter erhält Anweisungen vom Entleiher (Rechtsgeschäfte wie z.B. eine Kündigung darf jedoch der Entleiher nicht tätigen).
​Der Mitarbeiter erhält Anweisungen vom Entleiher (Rechtsgeschäfte wie z.B. eine Kündigung darf jedoch der Entleiher nicht tätigen).
​Bedingungen der Überlassung
​Der überlassene Mitarbeiter muss seine Tätigkeit zu den gleichen Bedingungen wie ein Stammmitarbeiter ausüben.
​Der überlassene Mitarbeiter muss seine Tätigkeit zu den gleichen Bedingungen wie ein Stammmitarbeiter ausüben. 
​​Beendigung durch​
- Fristablauf;
- eine Vereinbarung zwischen dem Zeitarbeitsunternehmen und dem Mitarbeiter;
- eine einseitige Erklärung des Entleihers oder des Mitarbeiters gemäß Vertrag.
​- Fristablauf;
- eine Vereinbarung zwischen dem Verleiher (Arbeitgeber) und dem Mitarbeiter;
- eine Kündigung des Überlassungsvertrags durch den Verleiher (Arbeitgeber) oder durch den Mitarbeiter mit 15-tägiger Kündigungsfrist.


Welche steuerlichen Besonderheiten gibt es bei dem Konzept des EoR in Ihrem Land?

In der Tschechischen Republik wird das Einkommen von Arbeitnehmern als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit betrachtet. Für den Employer of Record ergibt sich daraus eine direkte Steuerpflicht, die weit über die bloße Lohnauszahlung hinausgeht. Der EoR ist in Tschechien verpflichtet, die Gehaltsabrechnung korrekt durchzuführen und Vorauszahlungen für die Einkommensteuer sowie Beiträge zur Sozial- und Kranken­ver­sicher­ung zu leisten. Diese umfassende Verantwortung macht den EoR zu einem zentralen Akteur im Beschäftigungsverhältnis, der sicherstellt, dass alle steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten erfüllt werden.

Eine individuelle Prüfung ist notwendig, um das Risiko einer Betriebsstätte des wirtschaftlichen Arbeitgebers in Tschechien zu bewerten. Dies ist besonders relevant, da die Präsenz eines wirtschaftlichen Arbeitgebers in Tschechien steuerliche Folgen haben kann, die sorgfältig geprüft werden müssen, um unerwartete Steuer­pflichten zu vermeiden.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Konzept EoR in Ihrem Land weiterentwickeln?

Die sog. Agenturbeschäftigung leidet unter einem Fachkräftemangel, da die Branche nur sehr wenige Mit­ar­bei­ter beschäftigt. Andererseits wird die Agenturbeschäftigung immer mehr für die Beschäftigung von Ausländern genutzt. Ferner besteht eine gewisse Unsicherheit, welche Arbeitsbedingungen von Stammmitarbeitern bei einer Beschäftigung von überlassenen Leiharbeitern eingehalten werden müssen. Zudem droht das Risiko, dass die Tätigkeit des Mitarbeiters als sog. illegale Arbeit gewertet werden könnte, für die dem Mitarbeiter eine Geldstrafe bis zu CZK 100.000 auferlegt werden kann. Dem Zeitarbeitsunternehmen droht für eine Vermittlung illegaler Arbeit sogar ein Bußgeld i.H.v. CZK 10.000.000 (mindestens jedoch CZK 50.000).​​

Kontakt

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JUDr. Thomas Britz

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