Italien: Temporäre Bestimmungen, die durch das neue zur Dekret zur Sicherung der Liquidität im Bereich des Gesellschaftsrechts eingeführt wurden

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veröffentlicht am 13. Mai 2020 |  Lesedauer ca. 4 Minuten

  

Am 9. April 2020 trat das Gesetzesdekret Nr. 23 vom 8. April 2020 (nachfolgend das „Dekret“ oder „Liquiditätsdekret") in Kraft, wobei die darin enthaltenen Maßnahmen unter anderem auch den Kreditzugang für Unternehmen regeln, um den Fortbestand der vom Coronavirus-Notstand betroffenen Unternehmen zu sichern.

  

  

Nachstehend werden einige der Bestimmungen kurz erörtert, die durch das Dekret eingeführt wurden und die Kapitalherabsetzung, sowie die Grundsätze für die Erstellung der Jahresabschlüsse betreffen.

 


Befristete Aussetzung der Bestimmungen zur Kapitalherabsetzung

Artikel 6 des neuen Dekrets sieht eine Aussetzung vom 9. April 2020 bis zum 31. Dezember 2020 der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Herabsetzung des Gesellschaftskapitals bei Verlusten für Kapitalgesellschaften vor (Art. 2446, Abs. 2 und 3, Art. 2447, Art. 2482-bis, Abs. 4, 5 und 6, und Art. 2482-ter des italienischen Zivilgesetzbuches); gleichzeitig findet auch der Auflösungsgrund aufgrund von Herabsetzung oder Verlust des Gesellschaftskapitals gemäß Art. 2484, Nr. 4 und 2545-duodecies des italienischen ZGB vorübergehend bis zum 31. Dezember 2020 keine Anwendung.
 

Es ist also mit Inkrafttreten des Gesetzesdekretes weder die obligatorische Herabsetzung des Gesellschaftskapitals aufgrund aufgetretener Verluste, noch  die  Auflösung der Gesellschaft aufgrund Herabsetzung oder Verlust des Gesellschaftskapitals vorgesehen, weshalb die Unternehmenstätigkeit auch dann fortgeführt werden kann, wenn das Reinvermögen der GmbH oder AG (oder gleichwertiger Gesellschaften) negativ bzw. unter dem gesetzlich vorgesehenen Minimum liegt. Eine angemessene Informationspflicht gegenüber den Gesellschaftern im Jahresabschluss besteht allerdings weiterhin.
 

Es handelt sich im Wesentlichen um eine Maßnahme, mit welcher vermieden werden soll, dass die durch Covid-19 verursachte Wirtschaftskrise Unternehmenskrisen auslöst, obwohl jene Unternehmen sich vor der Epidemie in einem guten wirtschaftlichen „Zustand“ befanden und nur infolge der gegenwärtigen Notsituation einen pathologischen Kapitalverlust erleiden könnten, der in Wirklichkeit nicht das tatsächliche Potenzial der betroffenen Unternehmen spiegelt.
 

Um sicherzustellen, dass die Gesellschafter angemessen über die wahre finanzielle Lage der Gesellschaft informiert werden, ist das Verwaltungsorgan jedoch weiterhin verpflichtet, die Gesellschafterversammlung einzuberufen, um ihr den in Artikel 2446 Absatz 1 des italienischen Zivilgesetzbuches genannten Bericht über die finanzielle Lage der Gesellschaft vorzulegen.
 

Der zeitliche Umfang dieser Aufschiebung ist nicht klar definiert, da die wirtschaftlichen Folgen des Covid-19-Notstands mit Sicherheit erhebliche Auswirkungen auf die Bilanz des laufenden Jahres haben werden, wobei jene Bilanz natürlich erst Anfang des Jahres 2021 verabschiedet werden wird. Aus diesem Grund ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ausweitet.


Temporäre Bestimmungen zur Firmenfinanzierung

Das Dekrets sieht vor, dass die in Artikel 2467 und 2497-quinquies des italienischen ZGB enthaltene Nachrangigkeit in Bezug auf Darlehen welche von Gesellschaftern oder den Inhabern der Leitungs- und Koordinierungstätigkeit gewährt werden, keine Anwendung findet, wenn diese Darlehen in der Zeit zwischen dem 9. April und dem 31. Dezember 2020 gewährt werden. Daher werden jene Mechanismen deaktiviert, die im Falle eines Konkursverfahrens die Rangrückstellung der Gesellschafter vorsehen.
 

Ziel ist es, die Erhöhung der Finanzierungsströme an das Unternehmen durch die Gesellschafter zu fördern.
 

Vorläufige Bestimmungen der Prinzipien für die Erstellung des Jahresabschlusses

In Bezug auf den Jahresabschluss erlaubt Artikel 7 des Dekrets die Bewertung der einzelnen Posten der Bilanz für das Jahr 2020 auf der Grundlage der Unternehmensfortführung („going concern“), vorausgesetzt, dass die vorherigen Jahresabschlüsse ebenfalls unter dieser Prämisse erstellt worden sind. Dies ist im Wesentlichen eine Regelung die darauf abzielt, die Auswirkungen der durch die Covid-19-Epidemie verursachten Wirtschaftskrise zu neutralisieren und es Unternehmen ermöglichen soll, die Jahresabschlüsse unter Berücksichtigung des Vorsichts- und „going concern“-Prinzips abzufassen und zu genehmigen.
 

Diese Maßnahme erstreckt sich auch auf jene Jahresabschlüsse, die bis zum 23. Februar 2020 abgeschlossen aber noch nicht genehmigt wurden.
 
Außerdem sieht das Dekret die Möglichkeit vor, die Gesellschafterversammlung bezüglich der Genehmigung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2019 bis zum 28. Juni 2020 einzuberufen, auch wenn diesbezüglich keine spezifische Klausel in der Satzung enthalten ist (so wie dies bereits in Artikel 106 des Gesetzesdekrets 18/2020 vorgesehen ist).

 

Weitere Maßnahmen

Weitere Maßnahmen, welche im „Liquiditätsdekret“ enthalten sind beziehen sich im Wesentlichen auf folgende Punkte:
 

Kredite für Unternehmen

  • Verschiebung der Tilgungsraten von fälligen Krediten bis zum 30. September 2020 (war bereits im Dekret „Cura Italia“ vorhanden).
  • Staatliche Bürgschaft der Kredite bis zum 31. Dezember 2020, in Höhe von bis zu 90 Prozent der Gesamtsumme (in einigen Fällen sogar bis zu 100 Prozent), sofern das Unternehmen nicht mehr als 499 Mitarbeiter beschäftigt. Auf diese Weise wird die Prüfung der Kreditwürdigkeit des Unternehmens bei der Genehmigung der Kreditvergabe durch das Kreditinstitut erleichtert (bzw. bei Krediten an KMU - einschließlich Selbständige und Freiberufler
  • in Höhe von maximal 25.000 Euro sogar gänzlich vermieden), wodurch das Risiko der Kreditvergabe stark gemindert wird.
  • Die Dauer der Garantie darf 6 Jahre nicht überschreiten, wobei die Unternehmen die Möglichkeit haben, eine tilgungsfreie Zeit von bis zu 24 Monaten in Anspruch zu nehmen.
  • Der garantierte Gesamtbetrag darf nicht den höheren Betrag zwischen 25 Prozent des Umsatzes bzw. 200 Prozent der Personalkosten des Unternehmens im Jahr 2019 überschreiten.

 

Konkursverfahren, gesetzliche und buchhalterische Vorschriften für Unternehmen

  • Das Inkrafttreten der verbleibenden Bestimmungen der Reform des Krisen- und Insolvenzgesetzes (Gesetzesdekret Nr. 14 vom 12. Januar 2019) wird auf den 1. September 2021 verschoben.
  • Hinsichtlich der Vergleichsverfahren (sog. „concordati preventivi) und Umschuldungsvereinbarungen (sog. „accordi di ristrutturazione dei debiti“) werden die Fristen für die Erfüllung dieser genehmigten Verfahren um sechs Monate verlängert.
  • In Verfahren, in denen die Genehmigung noch aussteht, kann der Schuldner dagegen beim Gericht eine Anfrage einreichen, um eine zusätzliche Frist von bis zu 90 Tagen zu erhalten, um den Plan und die den Gläubigern vorgeschlagenen Bedingungen zu ändern.
  • Alle zwischen dem 9. März 2020 und dem 30. Juni 2020 eingereichten Konkursanträge sind unzulässig, und zwar unabhängig davon ob der Zustand der Zahlungsunfähigkeit auf den epidemiologischen Notstand zurückzuführen ist oder nicht.

 

Verschiebung von Anhörungen und Fristen für Zivilverfahren

  • Mit dem Liquiditätsdekret wurde die Verschiebung der Anhörungen und Verfahrensfristen bis einschließlich 11. Mai 2020 verlängert.
  • Das Liquiditätsdekret klärt leider nicht die Frage einer möglichen Aufhebung der Verjährungsfrist, da keine Änderung des Artikels 83 Abs. 8 des Dekrets "Cura Italia" vorgenommen wurde. Es ist jedoch möglich, die Verjährungsfrist zu unterbrechen, indem man einfach ein entsprechendes Schreiben mittels zertifizierter Mail (sog. PEC-Mail) oder per Einschreiben mit Empfangsbestätigung sendet, weshalb somit keine rechtlichen Schritte erforderlich sind.
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