Inflation, Energiepreise und drohende Rezession: Liquiditätsplanungen sind in Krisenzeiten unerlässlich

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​zuletzt aktualisiert am 16. November 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 
Das derzeitige makroökonomische und politische Umfeld ist durch multiple Krisen und hohe Unsicherheiten geprägt. Die weltweiten Lieferketten stehen u.a. durch die chinesische Zero-Covid-Politik und damit verbundenen Lockdowns noch immer auf wackeligen Beinen. Die allgemeine Inflationsrate hat sich bereits seit Mitte 2021 sukzessive erhöht und ist im Zuge steigender Energiekosten in Folge des russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Laufe des Jahres 2022 sprungartig angestiegen. Zur Eindämmung der Inflation hat die Europäische Zentralbank zudem ihre Zinspolitik geändert und erstmals seit Jahren den Leitzinssatz erhöht. All das hat seit dem Jahresbeginn 2022 zu deutlichen Rückgängen an den Aktienmärkten geführt und erhebliche Bedenken über die weitere gesamtwirtschaftliche Entwicklung ausgelöst.

 


Hintergrund

In diesem volatilen Umfeld ist es sehr schwer, einen klaren Blick auf die kommenden Wochen und Monate zu erhalten, und zu wissen, wie es weiter gehen soll. Umso essenzieller ist es, die Liquiditätssituation des Unternehmens permanent im Blick zu haben, um kurzfristige Engpässe ausschließen und im Ernstfall gegensteuern zu können.
 
Doch wie lässt sich überhaupt einschätzen, wie sich die Liquidität entwickeln wird, wenn doch die gesamtökonomische und gesellschaftliche Situation gerade so undurchsichtig ist?

 
Vor dem Hintergrund der Coronakrise im Speziellen kann die Modellierung der Liquiditätssituation auch helfen, um die von den Bundes- und Landesregierungen angekündigten Hilfsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen und die damit einhergehenden Dokumentationserfordernisse zu erfüllen. Gerade für die Geschäftsführung ist es wichtig, die Liquiditätssituation immer im Blick zu haben und auch entsprechende Maßnahmen zu dokumentieren, um Tatbestände der Insolvenzverschleppung zu verhindern, was insbesondere auch mit einer persönlichen Haftung der Geschäftsführung einhergehen kann.


An dieser Stelle setzt das Financial Modeling an, mit dessen Hilfe anhand von integrierten Finanzmodellen das Unternehmen inklusive seiner kurz- und mittelfristigen Liquiditätssituation simuliert werden kann. Damit eröffnet sich auch die Möglichkeit, über Szenario- und Sensitivitätsanalysen sogenannte Stress-Tests zu simulieren.
 
Ein solcher Stress-Test soll unter Annahme eines Worst-Case Szenarios oder unter Anwendung einer Vielzahl möglicher Szenarien bestimmen, ab welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen die Liquiditätssituation des Unternehmens gegebenenfalls kritisch werden würde.


Eine solche Simulation erlaubt es zum einen, fundierte Entscheidungen bezüglich des weiteren Vorgehens zu treffen. Schließlich soll bei ersten Anzeichen von Engpässen in der Liquidität gegengesteuert werden um sicherzustellen, dass das Unternehmen die aktuellen und weiteren Krisen überstehen kann. Darüber hinaus lassen sich mit einem geeigneten Modell auch die Effekte der eingeleiteten Maßnahmen (z.B. Kurzarbeit, Energiesparmaßnahmen) abbilden, um auch nachvollziehen zu können, ob diese zur Abwehr einer Liquiditätskrise ausreichend sind.
 
Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise im Speziellen kann die Modellierung der Liquiditätssituation auch helfen, um ggf. einen Bedarfsnachweis für etwaige staatliche Unterstützungsleistungen vorzulegen. Ob eine solche bedarfsgerechte Förderung tatsächlich umgesetzt wird, ist zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels noch völlig offen, aber es ist absehbar, dass Stimmen nach solchen zielgerichteten Maßnahmen lauter werden.
 
Gerade für die Geschäftsführung ist es wichtig, die Liquiditätssituation immer im Blick zu haben und auch entsprechende Maßnahmen zu dokumentieren, um Tatbestände der Insolvenzverschleppung zu verhindern, was insbesondere auch mit einer persönlichen Haftung der Geschäftsführung einhergehen kann.


Methodische Vorgehensweise

Eine für diesen Zweck geeignete Liquiditätsplanung sollte so aufgebaut sein, dass sie die wöchentliche Liquiditätssituation des Unternehmens oder der Gruppe über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten möglichst vollständig abbildet und regelmäßig aktualisiert werden kann.
 
Hierzu wird zunächst der Finanzstatus zum aktuellen Stichtag erfasst, um festzustellen, welche liquiden Mittel, Reserven und Kreditlinien den fälligen Verbindlichkeiten gegenüberstehen. Hierauf aufbauend werden künftige Ein- und Auszahlungen im Zusammenhang mit dem operativen Geschäftsbetrieb (bspw. auf Basis von OPOS-Listen bzw. Managementeinschätzungen, Planungsrechnungen und typischen Zahlungszielen) sowie im Zusammenhang mit der Finanzierung (bspw. auf Basis von Zins- und Tilgungskonditionen) erfasst und somit die künftig zur Verfügung stehende Liquidität abgeleitet.
 
Bei der Erstellung eines solchen Modells ist es wichtig darauf zu achten, dass sämtliche Eingabeparameter variabel und transparent hinterlegt werden. Dies ermöglicht die Definition unterschiedlicher Szenarien womit sehr schnell aussagefähige und nachvollziehbare Stress-Tests oder Sensitivitätsanalysen für die künftige Liquiditätsentwicklung durchgeführt werden können. Wenn hierbei auch in den negativen Szenarien eine ausreichende Liquidität sichergestellt werden kann, so lässt sich folgern, dass kein oder nur ein geringes Liquiditätsrisiko besteht. Andererseits lassen sich auf diese Weise (potentielle) Liquiditätslücken aufzeigen und gegebenenfalls durch frühzeitige Gegenmaßnahmen der Geschäftsführung verhindern.
 
Auf Basis unserer langjährigen Erfahrung in der Konzeptionierung und Erstellung integrierter Modelle zur kurzfristigen Liquiditätsentwicklung bietet sich unseres Erachtens bei der Umsetzung je nach Unternehmens­größe und -komplexität eine vereinfachte oder umfassendere Modell-Lösung an, deren Spezifikationen wir im folgenden Schaubild schematisch dargestellt haben:

 


 

Fazit

Insbesondere vor dem Hintergrund einer hohen Unsicherheit, wie sie aktuell zweifelsohne vorliegt, ist es für Unternehmen und deren Geschäftsführung wichtig eine Liquiditätsplanung unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen und unterschiedlicher Szenarien aufzustellen. Somit können insbesondere negative Szenarien bspw. hinsichtlich der Höhe von Energiekosten, Lohnsteigerungen oder Produktionseinschränkungen aufgrund unterbrochener Lieferketten oder Krankheitsausfällen in ihrem Risiko für das Unternehmen abgeschätzt werden und entsprechend gezielte Maßnahmen entwickelt werden um etwaige Liquiditätsengpässe frühzeitig zu Identifizieren und das Fortbestehen des Unternehmens zu sichern. Aufgrund der derzeitigen dynamischen Entwicklung ist es wichtig, dass die hierfür verwendeten Tools regelmäßig (bspw. wöchentlich) mit einem geringen manuellen Aufwand aktualisiert werden können und wesentliche, derzeit teilweise stark ungewisse Prämissen, benutzerfreundlich und transparent variiert werden können.

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