Codes of Conduct zur Stärkung einer weltweiten Unter­nehmenskultur – Status Quo in Deutschland und Dubai

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​​veröffentlicht am 4. März 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten

  

Entweder die Welt oder man selbst hat sich in den letzten Jahren verändert. So jeden­falls kann es Arbeitgebern beim Blick auf die täglichen Nachrichten vorkommen. Dort, so scheint es aktuell teilweise, dominieren negative Schlagzeilen. Exemplarisch hierfür ist der aktuelle Krieg in der Ukraine, der Krieg zwischen Israel und Palästina sowie das Erstarken nationalistischer Bewegungen in Europa.



Fernab von gesellschaftlichen Problemen, welche die Autoren in diesem Zusammenhang nicht beantworten können, birgt das gesellschaftliche Konfliktpotenzial zwischen verschiedenen Nationalitäten insbesondere auch für international agierende Arbeitgeber immense Herausforderungen. Konkret ist ein gemeinschaftliches, kollegiales Miteinander in der international ansässigen Belegschaft häufig zugleich für den Erfolg des Ge­schäfts­­modells existenziell. Exemplarisch sei ein Unternehmen genannt, welches weltweit, in Deutschland oder vice versa in Dubai hergestellte, Produkte im jeweils anderen Land vertreibt. Hier können Spannungen zwi­schen den jeweiligen Ansprechpartnern mit massiven finanziellen Einbußen korrelieren. 
 
Um derartige Friktionen zu vermeiden, ist es Usus, dass Arbeitgeber einen global gültigen Werte- und Verhal­tenskodex (Code of Conduct) implementieren, an den sich Arbeitnehmer jeder Nationalität und an jedem Standort halten müssen. Dieser Beitrag konturiert nachfolgend diejenigen Besonderheiten, die sich für Arbeit­geber bei der Implementierung von Codes of Conduct sowohl in Dubai als auch Deutschland ergeben.
 

Code of Conduct als globaler „Wertekodex” 

Ein Code of Conduct ist ein Instrument, welches das Selbstverständnis und gewünschte Verhalten im Unter­neh­men selbst sowie seitens des Unternehmens gegenüber anderen Marktteilnehmern und Menschen defi­niert. Inhaltlich kommuniziert ein Code of Conduct die gelebten (Unternehmens-)Werte und verschafft der Belegschaft einen Überblick über den das von ihm erwartete Verhalten. Er ist zugleich sprachlicher Ausgangs­punkt für Richtlinien, Handlungsanweisungen, Empfehlungen und Prozesshinweise.

Typischerweise beinhaltet ein Code of Conduct abstrakt generelle Regelungen, die durch Prozessanweisungen, Richtlinien oder sonstige Anweisungen konkretisiert werden. Diese ergänzenden Regelungen verweisen regelmäßig auf den zentralen Code of Conduct.
 

Konzeption eines globalen Code of Conduct 

Die Implementierung eines Code of Conduct beginnt regelmäßig mit einer Bedarfsanalyse, die unterschiedlich aufgebaut werden kann. Ein Beispiel ist die Prüfung im Rahmen einer sogenannten Schwachstellenanalyse, die durch Befragung der Belegschaft sowie Revision des Geschäftsmodells etwaige Risiken und mithin zugleich Handlungsbedarf aufdecken soll. Ziel dieser Bedarfsanalyse ist jeweils die Prüfung, welche Themen eigentlich regelungsbedürftig sind und in einem Code of Conduct niedergelegt finden sollten. 
 
Liegt der Fokus auf der gemeinschaftlichen Zusammenarbeit diverser Nationalitäten und Kulturen, so muss ein Code of Conduct zwar im Grundsatz weltweit Geltung beanspruchen, sollte jedoch zugleich die lokalen gesellschaftlichen Besonderheiten berücksichtigen. Wenig förderlich ist es in diesem Kontext, die im Land der Konzernobergesellschaft kulturellen sowie religiösen Gegebenheiten als weltweiten Maßstab zu definieren. Vielmehr sollte ein „kleinster gemeinsamer Nenner“ gefunden werden, der insbesondere im Konzern tätige Minderheiten schützt. 
 
Exemplarisch könnte ein – in Dubai sowie Deutschland Geltung beanspruchender – Code of Conduct etwa Regelungen zu folgenden Werten oder Verhaltenspflichten beinhalten:
  • Gegenseitige Anerkennung relevanter Feiertage (exemplarisch Eid al fitr, Weihachten, Eid al-Adha sowie Ostern)
  • Rücksichtnahme auf Kolleginnen und Kollegen in christlichen sowie muslimischen Fastenzeiten
  • Vorgaben zur respektvollen Kommunikation zwischen allen Arbeitnehmern

Darüber hinaus sind überdies die jeweiligen lokalen rechtlichen Besonderheiten zu Berücksichtigen und der Code of Conduct ist unternehmensweit an jedem Standort bekanntzumachen. 

All dies vorangestellt sollten Arbeitgeber bei der Implementierung von Codes of Conduct in Dubai und Deutschland folgende rechtliche Besonderheiten berücksichtigen:

 

Hoheitliche Arbeitsverträge in Dubai/VAE

Die Schwierigkeit der Implementierung eines Code of Conduct und der wirksamen Einbeziehung eines solchen in ein Arbeitsverhältnis besteht in Dubai/den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), neben dem Umstand, dass insoweit verlässliche Rechtsprechung und Literatur nahezu nicht existiert, insbesondere in den oftmals zwingenden, seitens der Behörde vorformulierten Vertragstexten. Solche lassen mangels abänderbaren Inhalts insofern keinen Verweis auf etwaige Richtlinien des Unternehmens zu. 

Konkret ist die Arbeitsvertragsgestaltung in Dubai und den VAE nämlich maßgeblich durch die unabdingbare Verknüpfung des Arbeits- zum Aufenthaltsrecht geprägt. Als Grundsatz kann dabei festgehalten werden, dass ein Anspruch auf eine Aufenthaltsgenehmigung lediglich bei Eingehen eines lokalen Arbeitsverhältnisses besteht.

Daraus ergibt sich, dass im Rahmen des Visa-Verfahrens ein sog. Standardarbeitsvertrag seitens der zustän­digen Behörde, in der Regel das Ministerium für Humanressourcen und Emiratisierung (MoHRE), ausgestellt wird. Dieser zwingende Standardarbeitsvertrag ist dabei hinsichtlich des Wortlauts vorformuliert, folglich von den Parteien nicht abänderbar und in der Regel auf die wesentlichen Vertragsbestandteile wie Entgelt, Ver­trags­dauer oder Kündigungsfrist beschränkt. Gleichzeitig bildet dieser zwar zwingende Standardarbeits­vertrag augenscheinlich, nicht zuletzt auch aufgrund des Mangels an verlässlicher Rechtsprechung und ausführlicher gesetzlicher Regelungen, keine rechtsichere Vertragsgrundlage für ein Arbeitsverhältnis in den VAE.
  

Bevorzugte Art der Implementierung in Dubai/VAE 

Als bevorzugte Art der Implementierung wählen Arbeitgeber in den VAE deshalb daher in der Regel die Bezug­nahme auf den Code of Conduct innerhalb einer individualvertraglichen Zusatzvereinbarung. Diese wird sepa­rat zu dem, das Arbeitsverhältnis begründenden, Standardarbeitsvertrag geschlossen. Derartige Zusatzverein­barungen, sog. Supplementary Agreements sind dabei im Rahmen der Privatautonomie seitens der Parteien frei verhandelbar, sofern deren Inhalt nicht gegen zwingendes (Arbeits-)Recht vvverstößt. Lediglich für bestimmte Berufsgruppen im öffentlichen Sektor wurden seitens der zuständigen Behörden eigene, zwingende Verhaltens­regeln implementiert. 

Insofern zeigt sich, dass eine Implementierung und Einbeziehung in den VAE regelmäßig durch Bezugnahme innerhalb eines Arbeitsvertragstexts erfolgt, innerhalb dessen der Arbeitnehmer die Berücksichtigung des Code of Conduct erfolgt.
  

Implementierung im Wege des Direktionsrechtes als bevorzugtes Mittel in Deutschland

Alternativ lässt sich ein Code of Conduct nach geltendem deutschen Recht über das Direktionsrecht des Arbeitgebers implementieren. Dies ist zugleich das am häufigsten gewählte Mittel zur Implementierung eines Code of Conduct in ein Arbeitsverhältnis. Das Weisungsrecht ist in § 106 der Gewerbeordnung (GewO) nieder­gelegt und gibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermes­sen zu bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht bereits anderweitig festgelegt sind. Im Ergebnis findet eine Interessenabwägung statt (Billigkeitskontrolle, § 106 S. 1, 2 GewO). Begrenzt wird das Direktions­recht beispielsweise durch Regelungen in Gesetzen, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, dem Gleichbe­handlungsgebot, etc. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber mittels Direktionsrecht zwar die „Art und Weise“ der Arbeitsleistung definieren können, eine Erweiterung des Pflichtenkanons oder aber Änderung eines bereits abschließend konkretisierten Pflichtenkanons jedoch nicht möglich ist. 

Keine Berücksichtigung von Arbeitnehmervertretungen in Dubai notwendig

Arbeitnehmervertretungen wie Betriebsräte oder Gewerkschaften sind dem Arbeitsrecht der Vereinigten Ara­bischen Emiraten grundsätzlich fremd. Einem Arbeitnehmer obliegt es daher lediglich Ansprüche des Indivi­dualarbeitsrechts gerichtlich geltend zu machen. Für Streitigkeiten aus dem Kollektivarbeitsrecht, folglich solche zwischen Arbeitgeber und der gesamten Belegschaft oder einer Gruppe dieser, sieht das lokale Arbeits­recht ein besonderes Verfahren vor, wenngleich dieses in der Praxis wohl als kaum relevant erscheint. Insofern kann die Implementierung oder nachfolgend hieraus resultierende Streitigkeiten an sich auch Einklang in dieses Verfahren finden. 

Obligatorische Mitbestimmung bei der Implementierung in deutsche Betriebe

Sofern gebildet, unterliegt die Implementierung von Codes of Conduct grundsätzlich der Mitbestimmung eines Betriebsrates (z.B. gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG)). Hierbei ist auch unerheblich, ob der Code of Conduct von einer Muttergesellschaft aus den UAE vorgegeben wird. Solange der Code of Conduct über die deutsche Arbeitgeberin in den Betrieben in Deutschland eingeführt wird, unterliegen dieser der betrieblichen Mitbestimmung, wenn und insoweit Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfas­sungsgesetz berührt sind (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 14. November 2005 – 10 TaBV 46/05). 

In diesem Fall ist die Implementierung mittels Betriebsvereinbarung überdies vorzugswürdig gegenüber einer Implementierung mittels Direktionsrecht. Ein Vorteil ist, dass die transparente Beteiligung des Betriebsrats zu mehr Akzeptanz innerhalb der Belegschaft führt. Zudem können einheitliche Sachverhalte gleich für ein ganzes Kollektiv geregelt werden. Auch gilt eine Betriebsvereinbarung § 5 BetrVG unmittelbar für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 

Arbeitsvertragliche Bezugnahme in Arbeitsverträgen mit deutschen (Tochter-)Gesell­schaften

Abschließend besteht die Möglichkeit der Implementierung des Code of Conduct mittels Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag. Hier ist zwischen der Implementierung mittels statischer oder dynamischer Bezugnahme­klausel zu differenzieren. Während die statische Bezugnahme ausschließlich auf eine bestimmte Fassung Bezug nimmt, ermöglicht es die dynamische Bezugnahme, auch eine zukünftig abzuändernde Fassung des Code of Conduct verbindlich in den Arbeitsvertrag einzuführen. Letzteres ist insbesondere deshalb häufig gewünscht, da ein Code of Conduct stets die aktuelle Gesetzeslage abbilden sollte. Nachteil einer dynami­schen Bezugnahme ist allerdings, dass die Bezugnahme auf die „jeweilige“ Fassung eines einseitig vorgege­benen Regelungswerks vom Bundesarbeitsgericht (BAG) als unwirksam qualifiziert wurde (BAG, Urteil vom 11. Februar 2009 – 10 AZR 222/08). Diesem Problem wird in der Praxis jedoch dadurch Abhilfe geschaffen, dass bereits im Arbeitsvertrag – also der dynamischen Bezugnahme – „triftiger Gründe“ als Voraussetzung künftiger Änderungen benannt werden, bei deren Eintritt eine Änderung möglich sein soll. Dies ermöglicht auch weiter­hin, dass Anpassungen sowie der darauf bezugnehmenden Regelungen im Code of Conduct ohne individuelle Anpassung der Arbeitsverträge verpflichtend zu berücksichtigen sind. Ferner ist wichtig, dass die Bezugnahme allein in neu abgeschlossenen Arbeitsverträgen nicht genügt, um die gesamte Belegschaft zu verpflichten. 

Fazit 

Resümierend lässt sich festhalten, dass die Anforderungen an die Implementierung eines Code of Conduct in Dubai, respektive den VAE sowie Deutschland insgesamt gänzlich unterschiedlich sind. Während nämlich in Deutschland das Thema der Mitbestimmung immer dann maßgeblich ist, wenn ein Betriebsrat gebildet wurde, so kennt das Recht in den VAE eine derartige verpflichtende Mitbestimmung nicht. Konträr dazu haben deut­sche Arbeitgeber wiederum die Möglichkeit, Codes of Conduct mittels Bezugnahme im Arbeitsvertrag zu imple­mentieren. In Dubai ist das lediglich durch Abschluss einer separaten Vereinbarung möglich.
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