Chinas Rentenreform – Chancen für deutsche Unternehmen?

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veröffentlicht am 16. August 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Inmitten demografischer Veränderungen steht China vor der Herausforderung, sein Rentensystem anzupassen. Diese Analyse beleuchtet die Probleme des aktuellen Systems, die geplante Reform, Auswirkungen auf die Jugendarbeitslosigkeit und Chancen für deutsche Unternehmen.



Das aktuelle Rentensystem in China

Wie viele andere Länder zuvor sieht sich auch China mit der Situation konfrontiert, dass die fortschreitende wirtschaftliche Entwicklung und steigender Wohlstand dazu führen, dass weniger Kinder geboren werden, während gleichzeitig immer mehr Menschen in den Ruhestand treten und aufgrund der gestiegenen Lebens­erwartung länger Renten und Pensionen beziehen. Diese steigenden Kosten des Rentensystems müssen von einer schrumpfenden Anzahl von Beitragszahler geschultert werden. 
  
In China verschärfen sich die Probleme durch die 40-jährige Ein-Kind-Politik. Weder die Lockerung der Ein-Kind-Politik noch die Förderung eines zweiten oder dritten Kindes führten zu einem Anstieg der Geburtenrate. Zusätzlich ist das Renteneintrittsalter in China sehr niedrig und wurde trotz des gesellschaftlichen und wirt­schaftlichen Wandels seit mehr als 50 Jahren nicht angepasst. Aktuell liegt das Renteneintrittsalter für Frauen bei 55 Jahren, bei Männern bei 60 Jahren. In körperlich anspruchsvollen Berufen, insbesondere für Arbeit­nehmer in der Industrie und Landwirtschaft, liegt das Rentenalter sogar noch darunter, und zwar bei 45 Jahren für Frauen und 55 Jahren für Männer. Zudem streben immer mehr junge Menschen einen höheren Bildungs­abschluss an, wodurch der Eintritt in das Arbeitsleben vergleichsweise spät erfolgt. Das führt wiederum zu einer Verkürzung der Einzahlungsdauer in die Rentensysteme. Aktuelle Schätzungen zeigen, dass das bestehende Rentensystem in dieser Form nur noch bis ca. 2035 aufrechterhalten werden kann. Die Höhe der Einzahlung variiert zudem je nach Region oder Provinz, ein einheitliches System existiert bislang nicht. Zusätzlich wird die niedrige Höhe der Renten beklagt, was wiederum dazu führt, dass viele Rentner von ihren Kindern finanziell unterstützt werden müssen.  
 

Die geplante Rentenreform und ihre Auswirkungen

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurde bereits im 14. Fünfjahresplan (2021 – 2025) eine Reform des Rentensystems und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters vorgesehen. Die Umsetzung dieser Reform soll nun stufenweise erfolgen. Ältere Arbeitnehmer werden schrittweise mit einer Verlängerung der Arbeitszeit konfrontiert, während jüngere Arbeitnehmer mit einer stärkeren Ausdehnung ihrer Arbeitszeit rechnen müssen. Trotz der geplanten Übergangszeiten stieß die Ankündigung überwiegend auf Ablehnung in der Bevölkerung. Das wurde auch in einem Pilotprojekt in der Provinz Jiangsu deutlich, bei dem die betroffenen Personen­gruppen freiwillig teilnehmen konnten. Dabei wird vor allem mit einer höheren Rente bei Inanspruchnahme der Neuregelung geworben, dennoch nahmen nur wenige diese Gelegenheit wahr.
 
Neben der allgemeinen Anhebung des Renteneintrittsalters sieht die Reform auch eine Angleichung der bislang unterschiedlichen Renteneintrittsalter von Männern und Frauen vor. Auch das niedrigere Renteneintrittsalter bei körperlich anspruchsvollen Berufen bzw. Tätigkeiten steht zur Diskussion. Generell soll jedoch ein flexibles System mit Unterschieden nach Beruf und Lebenssituation beibehalten werden. 
 

Jugendarbeitslosigkeit im Spannungsfeld der Rentenreform

Die Umsetzung der Rentenreform trifft das Land in einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheiten. Insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit erreicht einen Höchststand, was Befürchtungen hervorruft, dass eine Anhebung des Rentenalters zu einer längeren Verweildauer älterer Arbeitnehmer in ihren Positionen führen könnte und dadurch das Problem der Jugendarbeitslosigkeit weiter verstärken könnte. Dem soll durch ein starkes Wirtschafts­wachstum und weitere Maßnahmen entgegengewirkt werden. So wurden beispielsweise Restriktionen für die als Job-Motor bekannte IT-Branche teilweise wieder gelockert. Zudem werden Staats­unternehmen und staatliche Institutionen wie das Militär dazu angehalten, Praktikumsplätze zu schaffen und verstärkt Hochschulabsolventen einzustellen, die besonders von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Bereits im Zuge der Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-Pandemie und Lockdowns in China wurden Maßnahmen getroffen, die auch aktuell noch Gültigkeit haben. So können sich Studenten über ihr WeChat-Konto auf einer staatlichen Vermittlungsseite anmelden und werden dann direkt auf für sie passende Stellen empfohlen. Ohne den üblichen aufwendigen Bewerbungs- und Vorstellungsprozess. Zudem sind die Universitäten angehalten, durch Online-Jobmessen und direkte Vermittlung an Unternehmen Studenten die Stellensuche zu erleichtern. Unternehmen können teilweise auch Subventionen bei Schaffung neuer Stellen für Berufseinsteiger erhalten.
  
Weitere Maßnahmen betreffen den Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, insbesondere Kindergärten, sowie Lockerungen des strengen Hukou-Systems. Dieses System verhindert bislang, dass Wanderarbeiter ihre Kinder an ihrem Arbeitsort in den Kindergarten oder zur Schule bringen können. Durch das aktuelle System müssen die Kinder dann in der Regel bei den Großeltern im Heimatort, dem Ort des Hukou, leben, um Kinder­garten und Schule besuchen zu können. Sollten die Großeltern jedoch wegen längerer Arbeitszeiten nicht in der Lage sein, die (Enkel-)Kinder zu betreuen, hätte das erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Arbeitstätigkeit der Eltern.
 

Fazit

Insgesamt stellt sich die Situation in China als sehr komplex dar. Nur mit der Anhebung des Renten­eintritts­alters wird China die Probleme nicht in den Griff bekommen – weitere Maßnahmen wir oben erwähnt sind notwendig, um eine Trendwende zu schaffen.
  
Für Arbeitgeber dürfte die Rentenreform kurzfristig keine größeren Auswirkungen haben, da die Reform schritt­weise mit einer längeren Übergangsphase erfolgt. Langfristig könnten jedoch einige Anpassungen erforderlich werden. Bei geplanten Neueinstellungen, vor allem von Fachkräften und Hochschul­absolventen, sollten sich Unternehmen kundig machen, ob möglicherweise staatliche Förderung gewährt wird.
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