Chinas neues Energiegesetz

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​​​veröffentlicht​ am 25. November 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten


Am 8. November 2024 wurde vom Nationalen Volkskongress das neue Energiegesetz der Volksrepublik China verabschiedet, welches zum 1. Januar 2025 in Kraft treten wird. Es ist ein wichtiger Baustein bei den von China angestrebten Zielen der Energie­wende:  bis 2030 maximaler CO2-Ausstoß und bis 2060 die CO2-Neutralität​.


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Der Zeitpunkt des Inkrafttretens scheint strategisch bewusst gewählt zu sein. Er liegt wenige Tage vor dem Amtsantritt des neuen alten US-Präsidenten Donald Trump. Letzterer hatte den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen unmittelbar nach seiner Wiederwahl angekündigt. Es ist davon auszugehen, dass sich China gerade gegenüber Europa – im Kontrast zu den USA – als verlässlicherer Partner im Bereich des Klimaschutzes präsentieren will. Das Energiegesetz kann hier als gutes Beispiel dienen.

 

Aus Chinas Energiewende ergeben sich insbesondere für europäische Unternehmen relevante Geschäfts­chancen, auf die wir näher eingehen möchten.

  

Das neue Gesetz zielt darauf ab, die Entwicklung und Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern, und somit den Anteil nicht-fossiler Energien am Energieverbrauch zu erhöhen. Als umfassendes und übergreifendes Gesetz ergänzt es bereits bestehende Gesetze in diesem Bereich wie das Elektrizitätsgesetz, das Gesetz über erneuerbare Energien und das Energieeinsparungsgesetz. Es behandelt eine Vielzahl von Aspekten, von denen im Bereich der erneuerbaren Energien die nachfolgenden besonders erwähnenswert sind:​

Vorrang von erneuerbaren Energien

​Ein wesentlicher Punkt des Energiegesetzes ist die Einführung eines Mindestanteils an erneuerbaren Energien beim Energieverbrauch sowie deren Vorrang vor fossilen Energieträgern. Das Ziel des Energiegesetzes ist die wirksame Förderung der Entwicklung und Installation erneuerbarer Energien. Zugleich setzt das Energiegesetz Anreize für Energieeinsparungen und eine umweltfreundliche Nutzung. Der Übergang zu nicht-fossilen Energien soll geordnet gelenkt werden. Gleichzeitig werden Regelungen zu einer rationellen, sauberen und effizienten Nutzung fossiler Brennstoffe getroffen, um eine zuverlässige und stabile Energieversorgung zu gewährleisten.​
 

Beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien 

​Das Gesetz sieht sowohl den weiteren und beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien als auch die Förderung diesbezüglicher Forschung und Entwicklung vor. Hierzu zählen:
  • Wasserkraft
  • Windkraft
  • Solarenergie
  • Biomasse
  • Geothermie
  • Meeresenergie
  • Wasserstoff​
 
Vor allem soll der Ausbau von Wind- und Fotovoltaikanlagen beschleunigt und der dezentralen Energieerzeu­gung derselbe Stellenwert wie der zentralen Energieversorgung eingeräumt werden.
 

Optimierung des Stromnetzes 

Das Gesetz sieht den weiteren Ausbau und die Optimierung des Stromnetzes vor. Dadurch soll speziell die Drosselung von erneuerbaren Energien bei Überangeboten reduziert und die Fähigkeit des Netzes zur Ein­speisung, Verteilung und Regulierung erneuerbarer Energien verbessert werden.
 

Absatzförderung 

Zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien wird China ein Zertifizierungssystem für grünen Strom einführen. Ziel ist es, öffentliche Einrichtungen sowie Verbraucher zur Nutzung erneuerbarer und kohlenstoff­armer Energien zu ermutigen. Insbesondere öffentliche Einrichtungen sollen der Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen den Vorrang geben. Des Weiteren ist die Einführung eines Energie-Management­systems vorgesehen, welches Energieverbraucher dazu anregen soll, ihren Verbrauch auf der Grundlage von Staffel- und Spitzenpreisen anzupassen. Dadurch sollen Energieeinsparungen gefördert und die Energieeffizienz gesteigert werden.
 

Erhebliche Chancen für europäische Unternehmen, insbesondere aus dem Dachbereich 

Das Gesetz beschreibt eine staatliche Förderung für „alle Arten von Wirtschaftssubjekten“, die in die Entwick­lung und Nutzung von Energie, den Bau von Energieinfrastruktur sowie die Entwicklung des Energiemarktes investieren möchten. Netzbetreiber sind dazu verpflichtet, allen Marktteilnehmern einen fairen Zugang zum Markt zu gewährleisten.

Die staatlichen Fördermaßnahmen sollen hauptsächlich in folgenden Bereichen zum Tragen kommen:
hochwertige Entwicklung der Erkundung von Energieressourcen
  • Planung und Errichtung
  • Herstellung von Ausrüstungen
  • Projektfinanzierung
  • Energieübertragung und Handel
  • Schaffung und Verbesserung entsprechender Informationsdienste
  • Verbesserung der gesamten Kette vor- und nachgelagerter Dienstleistungen im Energiebereich
 
Die Förderbereiche werden im Gesetz genauer definiert. Für die Förderung von Forschung und Entwicklung im Energiebereich sollen staatliche Maßnahmen vor allem in folgenden Gebieten eingerichtet oder ausgebaut werden:
  • Erforschung, Entwicklung, Demonstration, Förderung, Anwendung und Industrialisierung von grundlegenden, wichtigen Schlüssel- und Spitzentechnologien, Ausrüstungen und damit zusammenhängenden neuen Mate­rialien in den Bereichen Erkundung und Erschließung von Energieressourcen
  • saubere und effiziente Nutzung fossiler Energieressourcen
  • Entwicklung und Nutzung erneuerbarer Energieressourcen
  • sichere Nutzung von Kernenergie 
  • Entwicklung und Nutzung von Wasserstoff
  • Energiespeicherung, Energieeinsparung usw.
 
Die Förderung von Technologien, von Forschung im Energiebereich sowie die Verbesserung der Rahmenbe­dingungen insgesamt sind ebenfalls Gegenstand der Förderung.  Als Beispiele können folgende Punkte genannt werden:
  • Verbesserung der Investitionsbedingungen im Energiesektor als auch des Beschaffungswesens
  • Einrichtung von Innovationsplattformen für Energiewissenschaft und -technologie
  • Unterstützung des Aufbaus wichtiger Infrastrukturen für Energiewissenschaft und -technologie und öffentlicher Dienstleistungsplattformen für Forschung und Entwicklung, Prüfung, Inspektion, Zertifizierung und andere öffentliche Dienstleistungen
  • Förderung der Entwicklung und Anwendung fortschrittlicher Informationstechnologie im Energiebereich und Förderung der digitalen und intelligenten Entwicklung der Energieerzeugung und -versorgung sowie der synergetischen Umwandlung und Integration verschiedener Energiequellen
  • Förderung der Ausbildung von Fachkräften im Bereich der Energiewissenschaft und -technologie​
   
Rechtlich herausfordernd kann dabei sein, wenn in entsprechenden Projekten kritische Infrastruktur involviert ist. Betrifft ein grenzüberschreitender Datentransfer personenbezogene Daten aus kritischer Infrastruktur, ist in China ein zwingendes behördliches Sicherheits-Assessment erforderlich. Ein solches Assessment ist auch notwendig, wenn aus Sicht Chinas sogenannte „wichtige Daten“ einer kritischen Infrastruktur ins Ausland transferiert werden. Der Begriff „wichtige Daten“ meint solche, die in bestimmten Fällen die nationale Sicher­heit, das Funktionieren der Wirtschaft, die soziale Stabilität, öffentliche Gesundheit und/oder die öffentliche Sicherheit gefährden können.
 
Kooperationen, auch gemeinsame Forschungsprojekte, können dann je nach Ausgestaltung im Einzelfall komplexe Rechtsfragen auslösen.
  

Ausblick

Das neue Energiegesetz Chinas zielt auf eine deutliche Förderung erneuerbarer Energien sowie der Forschung und Entwicklung in diesem Bereich ab. Besonders relevant ist die vor dem Hintergrund des bisher sehr hohen Anteils fossiler Energien insbesondere durch Kohlekraftwerke an der Stromerzeugung. Zugleich strebt China ambitionierte Ziele bei der CO2-Reduktion und im Umweltschutz an. Zusätzlich werden der Ausbau des Strom­netzes und notwendige Anpassungen an dezentrale Stromerzeugung, die schwankende Einspeisung sowie die Energiespeicherung in den Fokus gerückt. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, wird China in den kommenden Jahren erhebliche Anstrengungen unternehmen. 
  
Es bleibt abzuwarten, wie die Vorgaben des Energiegesetzes im Einzelnen konkret umgesetzt werden. Dennoch eröffnen sich für europäischen Unternehmen aufgrund ihrer Erfahrungen, Technologien und ihres Know-hows in den beschriebenen Bereichen vielversprechende Chancen​.
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