Mittelverwendung bei steuer­begünstigt anerkannten Körper­schaften

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​veröffentlicht am 28. Oktober 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Immer häufiger rückt eine Prüfung der ordnungs­gemäßen Mittel­verwendung von steuer­begünstigt anerkannten Körper­schaften in den Fokus der Betriebs­prüfer des Finanz­amtes. Die Nachweis­pflicht hinsichtlich einer ordnungs­gemäßen Mittel­verwendung obliegt der jeweiligen Ein­richtung und ist anhand einer geeigneten Mittel­verwendungs­rechnung dar­zulegen. Bei unserer täglichen Beratungs­praxis stellen wir fest, dass immer öfter Finanz­ämter auch eine Ergebnis­berechnung der steuer­lichen Sphären als Nachweis über die Mittel­verwendung anfordern. Ein Verstoß gegen die gesetzlich normierten Vor­schriften der Mittel­verwendung ist kein Kavaliers­delikt und kann sogar bis zu der Versagung der steuer­begünstigten Aner­kennung führen.

  

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Eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Mittelverwendung stellt ein wesentliches Kernelement für die steuerbegünstigte Anerkennung seitens des Finanzamtes dar. Oftmals wurde das Thema in der Vergangenheit bei Betriebsprüfungen nicht oder nur oberflächlich aufgegriffen. Bei unserer gegenwärtigen Beratungstätigkeit stellen wir jedoch fest, dass der Nachweis über eine ordnungsgemäße Mittelverwendung immer mehr in den Fokus der Betriebsprüfer rückt.


Gesetzliche Definition einer ordnungsgemäßen Mittelverwendung

Nach den gesetzlichen Grundlagen der Abgabenordnung hat eine steuerbegünstigte anerkannte Körperschaft ihre Mittel zeitnah für steuerbegünstigte satzungsmäßige Zwecke zu verwenden. Von einer zeitnahen Mittel­verwendung ist dann auszugehen, wenn die Mittel spätestens innerhalb der folgenden zwei Jahre nach deren Zufluss verwendet werden.

Das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Mittelverwendung ist anhand einer geeigneten Nebenrechnung, der sog. Mittelverwendungsrechnung, gegenüber dem Finanzamt zu belegen.
 

Die Mittelverwendungsrechnung und steuerliche Rücklagenbildung

Eine gesetzlich normierte Vorlage für eine Mittelverwendungsrechnung existiert nicht. In der Praxis hat sich jedoch das Muster nach Buchna1 als eine anerkannte Berechnungsvariante etabliert. Dieses besteht im Wesentlichen aus zwei Grundelementen. Zum einen aus der Mittelverwendungsrechnung an sich und zum anderen aus der Berechnung der steuerlichen Rücklagen als Nebenrechnung.

Der Ermittlung und Berücksichtigung von steuerlichen Rücklagen kommt eine wesentliche Bedeutung zu. So können steuerbegünstigt anerkannte Körperschaften nach streng normierten Vorgaben Mittel einzelnen Rücklagen zuführen und sie so von einer zeitnahen Mittelverwendung ausnehmen. Als Beispiele für solche  Rücklagen wären die Investitions- und Projektrücklage, die Betriebsmittelrücklage sowie die freie Rücklage zu nennen.
 

Die Ergebnisberechnung der steuerlichen Sphären als ein weiterer neuer grundlegender Nachweis der ordnungsgemäßen Mittelverwendung?

 

Hintergrund für eine Anforderung

Im Rahmen unserer alltäglichen Beratungspraxis stellen wir fest, dass immer öfter, bereits im Zuge der Steuerveranlagung, eine Ergebnisberechnung der einzelnen steuerlichen Sphären (ideeller Bereich, Zweck­betrieb, Vermögensverwaltung und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) seitens der Bearbeiter des Finanzamtes angefordert wird. Auch diese Berechnung soll als Nachweis einer ordnungsgemäßen Mittelverwendung dienen.

Mit Blick auf die Ergebnisberechnung der einzelnen Sphären sei angemerkt, dass ein Mitteltransfer (z.B. der Ausgleich von Verlusten durch Gewinne) zwischen den Sphären nur sehr eingeschränkt zulässig ist. So dürfen etwa Verluste im Rahmen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes nicht mit Gewinnen des Zweckbetriebes ausgeglichen werden.

Um eine entsprechende Verschiebung von Mitteln zwischen den einzelnen Sphären besser nachvollziehen zu können, wird seitens der Mitarbeiter des Finanzamtes immer öfter die Vorlage einer Ergebnisberechnung der einzelnen Sphären verlangt.

 

Darf eine solche Anforderung überhaupt ergehen?

Grundlegend stellt sich die Frage, ob eine solche Anforderung überhaupt rechtens ist und dementsprechend seitens des Finanzamtes durchgesetzt werden kann. Nach der Abgabenordung hat eine steuerbegünstigte Körperschaft durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben den Nachweis zu führen, dass ihre tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung ihrer Satzungszwecke ausgerichtet ist. Aus der gesetzlichen Regelung leitet die Finanzverwaltung die Pflicht zur Vorlage aller Einnahmen und Ausgaben aufgeteilt in die vier Sphären ab. Bei bilanzierenden Körperschaften soll das durch Sphärenaufteilung der Posten der Gewinn- und Verlustrechnung geschehen.

So kann man zu dem Ergebnis gelangen, dass die Ergebnisberechnung der steuerlichen Sphären eine wesentliche Grundlage für die Ermittlung der Herkunft der Gelder (und auch deren Verwendung) bildet und diese als künftige Grundlage dem Finanzamt im Rahmen von Betriebsprüfungen und/oder der Steuerveranlagung vorzulegen ist.

 

Was tun, wenn Sie zur Vorlage einer Ergebnisberechnung aufgefordert werden?

Die Anforderung stellt eine Vielzahl von Einrichtungen vor das Problem, dass eine Ergebnisberechnung der einzelnen Sphären nicht oder nur mit sehr großem Aufwand anhand der vorhandenen Buchhaltungsdaten gewonnen werden kann.

Also was tun, wenn eine entsprechende Aufforderung zur Abgabe der Ergebnisberechnung ergeht?

Eine absolute Verweigerungshaltung hinsichtlich der Vorlage einer solchen Berechnung ist aus unserer Sicht nicht ratsam, da so der Vorwurf einer mangelnden Nachweisführung hinsichtlich der Mittelverwendung erhoben werden könnte.

Vielmehr sollte in einem ersten Schritt geprüft werden, ob nicht doch eine ggf. vereinfachte Berechnung für die Vergangenheit erfolgen kann. Liegt eine entsprechende Ergebnisberechnung vor, so hat das Finanzamt den Nachweis einer fehlerhaften Sphärenberechnung zu erbringen.

 

Konsequenzen bei Verstößen gegen eine ordnungsgemäße Mittelverwendung

Stellt die Betriebsprüfung einen Verstoß gegen die zeitnahe Mittelverwendung fest, so wird in aller Regel eine Nachfrist für die Verwendung der überschüssigen Mittel festgesetzt. Ein Verstoß gegen die zeitnahe Mittelverwendung kann somit im Nachhinein geheilt werden.

Erfolgt jedoch eine erhebliche Fehlverwendung der Mittel hinsichtlich der Zweckbindung (steuerbegünstigte, satzungsmäßige Zwecke), so ist eine Heilung nicht mehr möglich. Ein derartiger Verstoß kann zu einem Verlust der steuerbegünstigten Anerkennung führen.

 

Vorwürfe hinsichtlich einer Mittelfehlverwendung im Rahmen einer Betriebsprüfung – „und jetzt”?

Werden im Rahmen einer Betriebsprüfung Vorwürfe hinsichtlich einer Mittelfehlverwendung erhoben, so bedeutet das nicht automatisch den dauerhaften Verlust der Gemeinnützigkeit. Mit Blick auf die vorliegenden Unterlagen sollten dann in einem ersten Schritt u.a. folgende Fragestellungen geklärt werden:

  • Stimmen die Grundlagen für die Ermittlung der Mittelverwendungsrechnung?
  • Wurden alle möglichen steuerrechtlichen Rücklagen gebildet?
  • Gibt es situativ angepasste alternative Berechnungsmethoden hinsichtlich der Mittelverwendung?
  • Kann der Nachweis über den Verbrauch der Mittel in den folgenden Veranlagungszeiträumen erbracht werden?
Darüber hinaus gibt es oftmals eine Vielzahl von Argumenten, die für ein bestimmtes situatives Handeln hinsichtlich der Mittelverwendung einzelner Einrichtungen sprechen. Die Argumente gilt es dem Betriebsprüfer entsprechend zu vermitteln.

 

Generell gilt: „Vorsorge ist besser als Nachsorge”

Mit Blick auf unsere Beratungspraxis raten wir Ihnen daher, bereits im Rahmen der Steuerveranlagungen alle Berechnungsnachweise über eine ordnungsgemäße Mittelverwendung zu erstellen. So kann bereits in einem sehr frühen Stadium die Nachweisführung hinsichtlich der Mittelverwendung gegenüber dem Finanzamt sichergestellt werden. Darüber hinaus können die hier gewonnenen Erkenntnisse ausgewertet werden. So kann einer Fehlverwendung vorgebeugt werden.

 

Unser Tipp

Bei künftigen Betriebsprüfungen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass auch Prüfungshandlungen zur ordnungsgemäßen Mittelverwendung durchgeführt werden. Daher raten wir Ihnen, sich bereits jetzt im Vorfeld mit folgenden Fragestellungen auseinanderzusetzen:

  • Wurden für alle noch nicht betriebsgeprüften Veranlagungszeiträume die notwendigen Berechnungen erstellt?
  • Haben Sie sich bereits hinsichtlich einer optimierten steuerlichen Rücklagenbildung Gedanken gemacht?
  • Gibt es bei der Mittelverwendungsrechnungen zum aktuellen Zeitpunkt einen Verwendungsrückstand?
  • Werden neben der oftmals standardisierten Mittelverwendungsrechnung auch die Geldströme zwischen den einzelnen steuerlichen Sphären betrachtet?
  • Kommt es zu Mittelverwendungsproblemen im Rahmen der Betrachtung der einzelnen steuerrechtlichen Sphären (z.B. dauerdefizitäre wirtschaftliche Geschäftsbetriebe)?

 
Sie haben Fragen zu dem Themenbereich der Mittelverwendung? Wir stehen Ihnen selbstverständlich gerne mit Rat und Tat zur Seite.


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1 Johannes Buchna (verst. 2013) war in der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen tätig und war seit 1988 (Mit-)Autor des Werks „Gemeinnützigkeit im Steuerrecht“, in dem die Vorlage für eine Mittelverwendungsrechnung veröffentlich ist.

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