Das Wachstumschancengesetz Teil 1 – Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft

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veröffentlicht am 6. Dezember 2023 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Das Wachstumschancengesetz zielt darauf ab, die deutsche Wirtschaft durch die Förderung von Investitionen und Innovationen sowie den Abbau von Bürokratie zu entlasten. Das Gesetz selbst ist kein Beitrag zur Entlastung von gesetzlichen Vor­schrif­ten, wird doch beinahe jedes Steuergesetz vielfach und bedeutsam geändert, so dass die Anpassungsarbeit für Unternehmen und Steuerpflichtige enorm sein wird. Der Gesetzentwurf war noch mutig mit erheblichen Entlastungseffekten gestartet worden, wurde aber im Verlauf des Verfahrens immer weiter zusammengestrichen.



Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den wesentlichen Wirtschaftsfördermaßnahmen. Über die Maßnahmen zum Bürokratieabbau durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen lesen Sie im Beitrag Das Wachstums­chancen­gesetz Teil 2 – Bürokratieabbau und Förderung kleiner Unternehmen.


Stand des Gesetzgebungsvorhabens

Mit Stand des Gesetzentwurfs vom 2. Oktober 2023 unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Finanzaus­schusses des Bundestags vom 15. November 2023, wurde das Gesetz in dieser Form am 17. November 2023 vom Bundestag in 3. Lesung beschlossen. Das Gesetz wurde am 24. November 2024 vom Bundesrat abgelehnt und an den Vermittlungsausschuss verwiesen. Der Bundesrat hat umfangreiche Änderungsbegehren geäußert, es ist nicht ausgeschlossen, dass weitere Änderungen vorgenommen bzw. vorgesehene Neuregelungen wieder gestrichen oder zeitlich verschoben werden.


Klimaschutz-Investitionsprämie

Die Klimaschutz-Investitionsprämie soll Anreize für energieeffizienzsteigernde Investitionen setzen. Die Voraus­setzungen sind jedoch recht eng. Insbesondere müssen die geförderten Wirtschaftsgüter in einem Ein­spar­kon­zept eines Energieberaters enthalten sein und nachgewiesenermaßen die Energieeffizienz verbessern. Die Anschaffungskosten je einzelnem Wirtschaftsgut müssen außerdem mindestens 5.000 EUR betragen, und das Wirtschaftsgut darf während der ersten zwei Jahre fast ausschließlich in der EU, EWR oder Schweizer Eid­ge­nossen­schaft genutzt werden. Ein Antrag auf die Investitionsprämie kann höchstens viermal im gesamten Förderzeitraum gestellt werden. Dieser soll am 1. März 2024 beginnen und am 31. Dezember 2029 enden.


Forschungszulage

Bei der Forschungszulage soll u.a. die maximale Bemessungsgrundlage auf 12 Mio. EUR verdreifacht werden. Außerdem sollen die förderfähigen Aufwendungen neben Arbeitslöhnen nun auch die Wertminderungen aus der Nutzung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgutes im jeweiligen Forschungs- und Entwicklungs­vorhaben umfassen. Darüber hinaus soll der Ansatz der Aufwendungen für Auftragsforschung auf 70 Prozent erhöht werden. Eine weitere Verbesserung findet sich bei Einzelunternehmern: hier soll beim Ansatz des Unternehmerlohns der pauschale Stundensatz von 40 EUR auf 70 EUR angehoben werden. Die Neuregelungen bei der Forschungszulage sollen ab 2024 gelten.


Abschreibungen

Das Wachstumschancengesetz sieht im Bereich der Abschreibungen u.a. die (Wieder-)Einführung einer de­gres­si­ven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter als Alternative zur linearen Abschreibung vor. Durch die Anwendung der degressiven Abschreibung können die Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmter Wirtschaftsgüter zum Teil schon deutlich früher steuerlich geltend gemacht werden. Die degressive Ab­schrei­bung soll anwendbar sein für bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.


Voraussetzung ist, dass die Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Januar 2025 erfolgt. Auch für Wohngebäude soll die Möglichkeit einer degressiven Abschrei­bung als Alternative zur linearen Abschreibung neu eingeführt werden. Voraussetzung ist, dass es sich um ein zu Wohnzwecken dienendes Gebäude mit Belegenheit in einem EU-/EWR-Staat handelt. Zeitlich muss für die Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung der Beginn der Herstellung bzw. im Anschaffungsfall der Abschluss des obligatorischen Vertrags nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 erfolgen. Daneben soll die schon bestehende Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau verlängert und die maßgeblichen Schwellenwerte angepasst werden.


Verlustverrechnung

Weitere steuerliche Erleichterungen sind bei der Verlustverrechnung vorgesehen. Hinsichtlich des Ver­lust­rück­trags soll die schon seit 2022 temporär auf 10 Mio. EUR (bei Zusammenveranlagung: 20 Mio. EUR) erhöhte Grenze nun zunächst auch für 2024 und 2025 erhalten bleiben, ab 2026 dann jedoch auf 5 Mio. EUR (bei Zusammenveranlagung: 10 Mio. EUR) abgesenkt werden. Außerdem soll ab 2024 der Verlustrücktrag nicht mehr nur in bis zu zwei, sondern in bis zu drei Vorjahre möglich sein. Auch die Möglichkeiten des Verlustvor­trags werden erweitert: ab 2024 sollen Verluste bis zu 1 Mio. EUR (bei Zusammenveranlagung: 2 Mio. EUR) un­be­schränkt und darüber hinaus zu 75 Prozent (bisher: 60 Prozent) des verbleibenden Gesamtbetrags der Ein­künf­te abzugsfähig sein. Ab 2028 soll dann allerdings wieder zur bisherigen Regelung mit einer Abzugsbegrenzung auf 60 Prozent zurückgekehrt werden.


Zinsabzug

Im Bereich des Zinsabzugs waren durch das Wachstumschancengesetz zunächst erhebliche Verschärfungen zu erwarten, die durch den Finanzausschuss jedoch wieder deutlich abgeschwächt wurden. Bei der Zinsschranke sollen neuerding neben den regulären Zinsen u.a. auch Bereitstellungszinsen und Kreditvermittlungsgebühren erfasst werden. Außerdem werden zwei der Ausnahmetatbestände der Zinsschranke (die sogenannte Stand-Alone-Klausel und der Eigenkapitalvergleich) an europarechtliche Vorgaben angepasst und dabei eingeengt. Weitere Verschärfungen finden sich auch bei den EBITDA- und Zinsvorträgen, u.a. sollen zukünftig keine EBITDA-Vorträge mehr in Wirtschaftsjahren entstehen, in denen die Zinserträge höher sind als die Zins­auf­wen­dungen.


Als wesentliche Verschärfung war noch im Gesetzentwurf die Einführung einer sogenannten Antifragmen­tierungs­regelung vorgesehen. Dadurch sollten Gestaltungen verhindert werden, bei denen mehrere Toch­ter­ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten gegründet werden, um die Freigrenze mehrfach in Anspruch zu nehmen. Allerdings hat der Finanzausschuss diese Regelung gestrichen. Die Neuregelungen zur Zinsschranke sollen erstmalig für ab dem 1. Januar 2024 beginnende Wirtschaftsjahre Anwendung finden.

Außerdem war im Gesetzentwurf eine Zinshöhenschranke vorgesehen, die Zinsaufwendungen an nahestehende Personen betreffen sollte, sowohl im Inland als auch grenzüberschreitend. Die Abzugsfähigkeit als Be­triebs­aus­ga­ben sollte in der Höhe auf einen Höchstsatz begrenzt werden, der dem Basiszinssatz nach § 247 BGB plus 2 Prozentpunkte entspricht. Im Gegensatz zur Zinsschranke wären nach der Zinshöhenschranke die Zinsen unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur vorübergehend sondern dauerhaft nicht abzugsfähig. Allerdings sieht der Finanzausschuss nun erfreulicherweise eine Streichung dieser Regelung vor. Stattdessen sollen neue, verschärfende Regelungen zum Fremdvergleich bei grenzüberschreitenden Finanzierungs­beziehungen ein­ge­führt werden (§ 1 Abs. 3d und 3e AStG) (insb. Kapitaldienstfähigkeit, Zweckwidmung von Darlehen, Begrenzung von Darlehenskonditionen auf das dem Gruppenrating entsprechende, Finanzierung als funktions- und risikoarme Dienstleistung).


Änderungen für Personengesellschaften: Thesaurierungsbegünstigung und Option

Auch die Thesaurierungsbegünstigung soll attraktiver ausgestaltet werden. Von den Vorschlägen, die von verschiedener Seite eingereicht wurden, um die Inanspruchnahme zu fördern, wurde letztlich aber leider nur einer gesetzlich umgesetzt. Nunmehr sollen auch die Beträge, die für die Zahlung der Gewerbesteuer, Ein­kommen­steuer und Solidaritätszuschlag verwendet werden, begünstigt werden; eine Entnahme für diese Zwecke wird für die Höhe des begünstigten Einkommens nicht mehr schädlich sein. Bislang haben diese Steuerzahlungen das Thesaurierungsvolumen verringert und dazu geführt, dass die Steuerbelastung trotz Thesaurierung höher war als bei Kapitalgesellschaften. Eine Verbesserung der Verwendungsreihenfolge, die für eine tatsächliche Steigerung der Attraktivität der Thesaurierungsbegünstigung sehr wichtig wäre, ist im Gesetzentwurf aber nicht mehr vorgesehen. Die Neuregelungen bei der Thesaurierung sollen erstmalig ab 2024 Anwendung finden.

Beim Optionsmodell (§ 1a KStG) soll der persönliche Anwendungsbereich auf eingetragene GbRs erweitert werden. Außerdem soll eine Ausübung der Option bei Neugründungen und Formwechseln durch eine Ver­länger­ung der Antragsfrist vereinfacht werden. Zukünftig soll eine steuerpflichtige Ausschüttung außerdem erst dann vorliegen, wenn tatsächlich eine Entnahme erfolgt, und nicht mehr schon dann, wenn eine Auszahlung (nur) möglich ist. Die Neuregelungen beim Optionsmodell sollen ab dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes gelten.

Zur Einführung einer innerstaatlichen Mitteilungspflicht für Steuergestaltungen lesen Sie bitte den Beitrag Innerstaatliche Meldepflicht für Steuergestaltungen.

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