10 Thesen für die Nachfolgeplanung des jungen Unternehmers

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von Lutz Günther
 
Die jungen Unternehmer sind keine besondere Spezies in den Gesetzen der Erb- und Schenkungsteuer. Sie sind dennoch gute Bekannte in der Nachfolgeberatung. Im Mittelpunkt der Überlegungen des älteren Unternehmers steht die planvolle Übergabe des Unternehmens an die nächste Generation. Für den jungen Unternehmer ist dieses Ereignis noch fern. Für ihn steht eher Vorsorge für den Fall überraschender Krankheit und Tod oder die Mitnahme von steuerlichen Vorteilen im Mittelpunkt.
 
Nachfolgend sollen dem jungen Unternehmer 10 wichtige Punkte aus der Nachfolgeberatung näher gebracht werden, ohne damit den älteren Unternehmer ausgrenzen zu wollen. Auch ist für den jungen Unternehmer immer individuell zu prüfen, ob ihm die genannten Ratschläge tatsächlich helfen.
 

1.

Der junge Unternehmer hat ein an seine Lebenssituation angepasstes Testament

2.

Der junge Unternehmer hat eine passende Vorsorgevollmacht

3.

Der junge Unternehmer kann die Bestimmung des Unternehmensnachfolgers einem Dritten überlassen

4.

Der junge Unternehmer vermeidet von Beginn an die Pattsituation in der nächsten Generation

5.

Der junge Unternehmer ordnet Verwaltungsvollstreckung für den Fall minderjähriger Kinder an

6.

Der junge Unternehmer plant idealerweise frühzeitig die Vermögensteilung zwischen den Kindern und Ehegatten

7.

Der junge Unternehmer schließt bei Heirat den Zugewinn für den Fall der Scheidung aus

8.

Der junge Unternehmer spart Erbschaftsteuer durch die frühzeitige Wahl des „richtigen” Güterstands

9.

Der junge Unternehmer schenkt seinen Kindern frühzeitig Privatvermögen

10.

Der junge Unternehmer beteiligt die Kinder auch frühzeitig am Betriebsvermögen

 

1. Der junge Unternehmer hat ein an seine Lebenssituation angepasstes Testament

Die Auseinandersetzung mit dem Tod wird im Normalfall als unangenehm empfunden. Wegschauen ist aber auch für den jungen Unternehmer keine Option. Wer ohne Testament verstirbt, für den gilt die gesetzliche Erbfolge. Diese kann zu überraschenden Ergebnissen führen. Denn Miterben werden auch die Ehefrau und die gegebenenfalls noch minderjährigen Kinder, auch wenn diese gar kein Interesse an dem Unternehmen haben oder für eine Nachfolge nicht geeignet erscheinen. Es ist daher stets ratsam, bewusst einen Nachfolger zu wählen und die näheren Umstände der Nachfolge in einem Testament niederzulegen. In regelmäßigen Abständen oder bei gravierenden Ereignissen (z.B. Scheidung) ist das Testament zu überprüfen. Die kontinuierliche Überwachung der Nachfolgeregelungen ist damit ein dynamischer Prozess, der den Unternehmer in seinem Leben immer wieder begleitet.
 

2. Der junge Unternehmer hat eine passende Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht trifft eine Person Vorsorge für den Fall ihrer Geschäftsunfähigkeit – z.B. wegen eines überraschenden Unfalls oder einer Krankheit, die die Geschäftsfähigkeit ausschließt. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass Angehörige sich gegenseitig kraft Gesetzes vertreten könnten. Voraussetzung für eine solche Vertretung ist die Anordnung einer Betreuung durch das Gericht. Die praktikablere Alternative ist die Erteilung einer Vollmacht an ausgewählte Angehörige. Dieser Weg empfiehlt sich nicht nur für Unternehmer. Regelmäßig wird hierbei in folgenden drei Bereichen eine andere Person bevollmächtigt: Vermögens- und Gesundheitsangelegenheiten sowie Vertretung für die freiheitsentziehende Unterbringung.
 
Unternehmer, die die Geschäfte operativ selbst führen, sollten im Blick haben, dass ihre vorübergehende oder andauernde krankheitsbedingte Geschäftsunfähigkeit im schlimmsten Fall das Unternehmen zumindest vorübergehend handlungsunfähig machen kann und damit gefährdet (lesen Sie hierzu „Absicherung für alle Fälle – der Notfallkoffer des Unternehmers”). Auch im Hinblick darauf muss, ggf. durch die Möglichkeit, einen Fremdgeschäftsführer zu bestellen, Vorsorge getroffen werden. Wie oben erwähnt, ist es auch denkbar, die drei vorstehenden Bereiche auf unterschiedliche Personen aufzuteilen. Bspw. kann in betrieblichen Vermögensangelegenheiten der Unternehmensnachfolger bzw. ein Kind die Geschäfte übernehmen, während in Fragen des Privatvermögens, der Gesundheit und der Unterbringung der Ehegatte die Vertretung übernimmt.
 

3. Der junge Unternehmer kann die Bestimmung des Unternehmensnachfolgers einem Dritten überlassen

Der junge Unternehmer befindet sich typischerweise in der Situation, dass seine Kinder noch minderjährig sind, sich in einer Ausbildung oder Orientierungsphase befinden. Er wünscht sich zwar, dass eines oder mehrere seiner Kinder in seine Fußstapfen treten; ob einzelne oder alle Kinder zum Nachfolger geeignet sind, kann er aufgrund des Alters der Kinder jedoch noch nicht feststellen. Die Entscheidung über die Unternehmensnachfolge bei Testamentserrichtung zu treffen, ist dabei sicher nicht der richtige Weg. In diesen Fällen kann die Wahl des Nachfolgers einer künftigen Entscheidung einer dritten Person oder einem besonderen Gremium überlassen werden. Dies kann bspw. der Beirat des Unternehmens, eine nahestehende, unternehmerisch erfahrene Person oder auch der Ehegatte sein. Hier rät sich in jedem Fall vor der Testamentsabfassung fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen, denn das Erbrecht verbietet die Bestimmung des Erben durch einen Dritten. Die Praxis arbeitet mit einem entsprechend ausgestalteten Vermächtnis. Die gesellschaftsrechtlichen Regelungen müssen auf das Erbrecht abgestimmt sowie die Pflichtteile der weichenden Erben prognostiziert werden.
 

4. Der junge Unternehmer vermeidet bereits von Beginn an die Pattsituation in der nächsten Generation

Viele Eltern und Unternehmer möchten ihre Kinder gleich behandeln. Der Unternehmer mit 2 Kindern steht dann aber vor dem Problem, dass die jeweils 50-prozentige Beteiligung der Kinder am Unternehmen nach seinem Ausscheiden auch bedeutet, dass beide Kinder gleich starke Stimmrechte haben. Dies birgt das Risiko einer Pattsituation zwischen den Kindern, die das Unternehmen handlungsunfähig machen kann. Wünschenswert ist hierbei, dass eines der Kinder bei Meinungsverschiedenheiten den Ausschlag geben kann, z.B. indem die Anteile im Verhältnis 49 zu 51 Prozent übertragen werden. Dies kann aber auch dadurch geschehen, dass bereits zu Lebzeiten des Unternehmers Gesellschaftsanteile mit Mehrstimmrechten geschaffen werden, die nur ein Kind erhält. Vermögensmäßig können dann dennoch beide Kinder gleich behandelt werden.
 

5. Der junge Unternehmer ordnet Verwaltungsvollstreckung für den Fall minderjähriger Kinder an

Erst wer das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist selbst in der Lage, Rechtsgeschäfte verbindlich abzuschließen. Für einen Minderjährigen handeln dessen Eltern als gesetzliche Vertreter. Ist ein Elternteil verstorben, vertritt der überlebende Elternteil das Kind allein. Stirbt der Unternehmer und ist eines seiner erbenden Kinder noch minderjährig, wird dieses folglich von dessen Mutter bzw. Vater vertreten. Dies widerspricht der verbreiteten Geschäftspolitik, die Ehegatten vom Unternehmen fern zu halten. Es dürfte spätestens dann zum Problem werden, wenn die Mutter bzw. der Vater des minderjährigen Gesellschafters der geschiedene Ehegatte des verstorbenen Gesellschafters ist. Das Erbrecht sieht dann Instrumentarien vor, um diesem Fall vorzubeugen. In der Praxis wird bspw. vom Erblasser eine Testamentsvollstreckung angeordnet. Testamentsvollstrecker sollte eine unternehmerisch erfahrene Person sein, die das volle Vertrauen des testierenden Unternehmers genießt. Er kann dann das unternehmerische Vermögen für den Minderjährigen oder jungen Erwachsenen verwalten bis dieser volljährig ist oder ein bestimmtes Alter erreicht hat.
 

6. Der junge Unternehmer plant idealerweise frühzeitig die Vermögensteilung zwischen den Kindern und Ehegatten

Wir haben es schon erwähnt: Eltern wollen ihre Kinder in der Regel gleich behandeln. Andererseits soll das Unternehmensvermögen nicht an alle, sondern nur an einen oder nur an die als Unternehmensnachfolger geeignet erscheinenden Kinder übergehen. Das Unternehmensvermögen macht jedoch oft den absolut überwiegenden Teil des Gesamtvermögens des Unternehmers aus. Das Privatvermögen des Unternehmers reicht dann aber möglicherweise nicht aus, um den weichenden Kindern den gleichen Wert an Privatvermögen zukommen zu lassen. Zudem muss auch die Versorgung des Ehegatten aus dem Privatvermögen erfolgen. Eine Gleichbehandlung der Kinder ist in diesem Fall oft nicht möglich. Es ist daher bereits für den jungen Unternehmer ratsam, ein Konzept für die gegenständliche Verteilung des Betriebs- und Privatvermögens zwischen den Ehegatten und den Kindern zu entwickeln. Dabei sind vor allem die Pflichtteilsansprüche im Auge zu behalten. Im Extremfall können die Nachfolgepläne durch die auf Geld gerichteten Pflichtteilsansprüche der weichenden Erben (Kinder und Ehegatten) gefährdet werden. Dann kommt ein Verzicht der weichenden Erben, ggf. gegen Zahlung einer Abfindung, in Betracht.
 

7. Der junge Unternehmer schließt den Zugewinn für den Fall der Scheidung aus

Die Rollenverteilung in der Unternehmerehe ist häufig „traditionell”: Der Unternehmer erwirtschaftet das Einkommen und Vermögen, der Ehegatte kümmert sich um die Kinder und hält ihm auf diese Weise „den Rücken frei”. Ist er im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, bedeutet dies konsequenterweise auch, dass die während der Ehezeit erwirtschafteten Wertzuwächse beiden Ehegatten gemeinsam zustehen sollten. Wird die Zugewinngemeinschaft beendet, kann eine Zugewinnausgleichsforderung zwischen den Ehegatten entstehen. Bei der vorstehend genannten Rollenverteilung wird im Normalfall der Unternehmer zur Zahlung verpflichtet. Bei hohen Wertsteigerungen des Unternehmens kann dies im schlimmsten Fall für den Unternehmer und das Unternehmen existenzbedrohlich sein. Im Hinblick darauf ist es bereits für den jungen Unternehmer ratsam, ehevertraglich dafür Sorge zu tragen, dass das Unternehmen im Scheidungsfall nicht in den Zugewinnausgleich einbezogen wird (modifizierte Zugewinngemeinschaft). Auch sollte der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Verpflichtung für Mitgesellschafter vorsehen, um Beeinträchtigungen des Unternehmens und der Mitgesellschafter zu vermeiden.
 

8. Der junge Unternehmer spart Erbschaftsteuer durch die frühzeitige Wahl des „richtigen” Güterstandes

In der Praxis spielen eigentlich nur die Güterstände der Gütertrennung sowie der Zugewinngemeinschaft eine Rolle. Beiden Güterständen ist gemeinsam, dass die Vermögensmassen der Ehegatten getrennt bleiben. Nur im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft entsteht eine Zugewinnausgleichsforderung. Während die im vorstehenden Abschnitt näher beschriebene Zugewinnausgleichsforderung im Scheidungsfall gefährlich ist, kann sie bei vertraglicher Beendigung des Güterstandes oder im Falle des Todes auch sehr segensreich wirken. Denn das Erb- und Schenkungsteuergesetz stellt den Ausgleich des Zugewinns anlässlich der Beendigung des Güterstandes steuerfrei. Durch die erb- und schenkungsteuerliche Brille ist also die Zugewinngemeinschaft vorteilhaft: Stirbt der Unternehmer, führt dies dazu, dass Vermögen in Höhe des Zugewinns an den Ehegatten steuerfrei vererbt werden kann. Zu Lebzeiten besteht die Möglichkeit, Vermögen auf den Ehegatten steuerfrei zu übertragen (sog. Güterstandsschaukel). Letzteres setzt aber voraus, dass tatsächlich eine Zugewinnausgleichsforderung besteht. Der Unternehmer kann hierfür bereits in seinen jungen Jahren durch den Ehevertrag die Weichen stellen.
 

9. Der junge Unternehmer schenkt seinen Kindern frühzeitig Privatvermögen

Das Erb- und Schenkungsteuergesetz gewährt persönliche Freibeträge von 400.000 Euro je Schenker und beschenkten Kindern alle 10 Jahre. Eine frühzeitige Schenkung von Privatvermögen wird also vom Erb- und Schenkungsteuergesetz begünstigt. Dabei muss man sich bewusst machen, dass der persönliche Freibetrag zwischen jedem Kind und jedem der beiden Ehegatten besteht. In einer 4-köpfigen Familie könnten daher Vater und Mutter an beide Kinder innerhalb von 11 Jahren ein Vermögen von insgesamt 3,2 Mio. Euro steuerfrei übertragen (400.000 Euro Freibetrag x 2 Kinder je Elternteil x 2 Elternteile x 2 Schenkungen in 11 Jahren). Zwischen Ehegatten bestehen persönliche Freibeträge von 500.000 Euro oder eventuell die vorstehende Möglichkeit der Güterstandsschaukel. Damit kann auch der nicht vermögende Ehegatte in die Lage versetzt werden, seine steuerlichen Freibeträge durch Schenkung an die Kinder auszunutzen. Es macht also auch aus Sicht des Steuerrechts für den Unternehmer Sinn, über eine frühzeitige Schenkung an die Kinder nachzudenken.
 

10. Der junge Unternehmer beteiligt die Kinder auch frühzeitig am Betriebsvermögen

Die vorstehend genannten Freibeträge können auch für die Schenkung von Betriebsvermögen genutzt werden. Führt man sich jedoch vor Augen, dass Betriebsvermögen zu mindestens 85 Prozent steuerfrei übertragen werden kann (wenn die Voraussetzungen der §§ 13a/13b ErbStG erfüllt werden), ist es möglich, Betriebsvermögen von ca. 2,75 Mio. Euro alle 10 Jahre vom Unternehmer auf ein Kind zu übertragen. Auch eine fristunabhängige vollständige Steuerfreistellung des Betriebsvermögens (Optionsverschonung) ist denkbar. Jedoch ist die frühzeitige Beteiligung der Kinder für den Unternehmer oft nicht erstrebenswert, da dadurch nicht gewollte Mitspracherechte der Kinder begründet werden. Eventuell soll auch auf die Erträge noch nicht verzichtet werden. Dabei besteht die Möglichkeit, die Kinder unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs zu beteiligen. Der schenkende Unternehmer kann dadurch für einen Übergang der Betriebsvermögens-Substanz auf die Kinder sorgen. Die Erträge und die Verwaltungsrechte kann er sich dadurch jedoch weitgehend zurückbehalten. Steuerlich wird der Kapitalwert des Nießbrauchs vom Wert des geschenkten Betriebsvermögens abgezogen. Der abzuziehende Kapitalwert richtet sich nach dem Lebensalter des Schenkers. Frühzeitige Schenkungen an die Kinder verringern damit die erbschaftsteuerliche Belastung.
 

Hinweis

Es ist nicht ratsam, die vorstehenden Ratschläge blind zu befolgen. Sie sollten immer mit dem Berater vor dem Hintergrund der konkreten individuellen Umstände des Unternehmers geprüft werden. Gerade die steuerlich motivierten Ratschläge können sich im konkreten Einzelfall, z. B. durch die konkreten Vermögensverhältnisse oder Behaltefristen abweichend darstellen.
 
zuletzt aktualisiert am 03.12.2014

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Elke Volland

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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