Aktuelle Rechtslage zur Sozialversicherungspflicht von Stiftungsvorständen

PrintMailRate-it

​​veröffentlicht am 11. Januar 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Sozialversicherungspflicht hat sich nun auch im Bereich von Vereinen oder Stiftungen dahingehend konkretisiert, dass auch Vorstände einer Sozialversicherungspflicht als Beschäftigte unterfallen können. Dies ist maßgeblich von der Gestaltung der jeweiligen Satzung abhängig.


 


Entwicklung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts

Das Bundessozialgericht hat in einer Vielzahl von Urteilen (beispielsweise im Urteil vom 23.2.2021, B 12 R 18/18 R) die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern so weit präzisiert, dass eine abhängige Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV dann anzunehmen ist, wenn der Geschäftsführer weniger als 50 Prozent der Gesellschaftsanteile hält und Weisungen der Gesellschaft gegen sich nicht verhindern kann (z.B. durch eine Sperrminorität oder ein satzungsgemäßes Veto-Recht). Diese Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht auch auf die Selbstverwaltungsorgane von Vereinen und Stiftungen angewandt. Demnach schließt nach Auffassung des BSG eine Tätigkeit als Organ eine sozialverwsicherungspflichtige Beschäftigung grundsätzlich nicht aus. Bei einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation und weisungsabhängiger Tätigkeit ist eine abhängige Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV und eine daraus folgernde Sozialversicherungspflicht festzustellen. Nach bisheriger Rechtslage war eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. 

In seiner Entscheidung vom 16.8.2017 (Az. B 12 KR 14/16 R) hat das BSG eine abhängige Beschäftigung eines Vorstandsvorsitzenden einer Körperschaft öffentlichen Rechts abgelehnt, da dieser keine Weisungen zu befolgen habe. Dies beträfe allein den satzunsggemäß bestellten Geschäftsführer, für den eine abhängige Beschäftigung bejaht wurde.

 

Urteil des BSG vom 23.2.2021 – B 12 R 15/19 R

In dem vorliegenden Urteil hat das Bundessozialgericht seine Rechtsprechung aus dem oben genannten Urteil auf Stiftungen ausgeweitet und damit die bestehenden Unklarheiten für juristische Personen des Privatsrechts zumindest teilweise ausgeräumt. Entscheidend für die Einordnung als abhängige Beschäftigung ist nach dem BSG die Weisungsgebundenheit der betreffenden Personen in Form einer „funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess“. Im entschiedenen Fall hatte der Vorstand lediglich treuhänderische Funktionen zu erfüllen und zwar an den erklärten Willen des Stifters gebunden. Für die Fremdbestimmtheit der vom Vorstand wahrgenommenen Aufgaben wurde ausschließlich auf die satzungsgemäßen Pflichten des Vorstandes Bezug genommen. Hieraus wurde dann der Grad der Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Stiftung hergeleitet.

Nach Ansicht des Bundessozialgerichts ist ein Vorstandsmitglied dann weisungsgebunden im Sinne des §§ 7 SGB IV und in die Arbeitsorganisation eingegliedert, wenn es die Beschlüsse des Vorstandes durchführt und daran gebunden ist. Abhängig beschäftigt ist ein Vorstandsmitglied dann, wenn es auch für die Durchführung der getroffenen Beschlüsse zuständig ist. Vorstandsmitglieder, die jedoch die Durchführung der vom Vorstand gefassten Beschlüsse nicht selbst vornehmen, sollen daher grundsätzlich selbstständig sein.


Entwicklung der Rechtsprechung zum Ehrenamt

Nach Ansicht des Bundessozialgerichts in dem Urteil vom 23.2.2021 scheidet eine abhängige Beschäftigung des Vorstandsmitgliedes auch dann aus, wenn dieser ehrenamtlich tätig ist. Dabei ist jedoch die reine Bezeichnung als „Ehrenamt“ nicht ausreichend. Ausreichend wäre zum einen eine unentgeltliche Tätigkeit als Stiftungsvorstand. Erforderlich sind überdies ein ideelles Interesse und eine fehlende Erwerbsabsicht des Vorstandes, um im Ergebnis eine abhängige Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV zu verneinen.

Eine unentgeltliche Tätigkeit, also fehlende Erwerbsabsicht, wird vom Bundessozialgericht dann angenommen, wenn die Zuwendungen an den Vorstand sich im Bereich der normativen Ehrenamtspauschale bewegen. So wurde im Urteil vom 16.8.2017 vom Bundessozialgericht eine Aufwandsentschädigung in Höhe von bis zu 6600 Euro jährlich nicht beanstandet. In den meisten Fällen wird die Vergütung eines Stiftungsvorstandes diese Grenzen deutlich übersteigen. Sodass hier weiter große Rechtsunsicherheit besteht.

 

Gestaltungshinweise

Um den sozialversicherungsrechtlichen Status von Stiftungsvorständen bewerten zu können, ist zunächst zu unterscheiden, ob der Vorstand das einzige Organ der Stiftung ist oder ob ein Kuratorium oder ein Stiftungsrat bestehen, deren Beschlüsse der Vorstand ausführen muss. Ist letzteres der Fall, so ist eine abhängige Beschäftigung der Vorstandsmitglieder anzunehmen. Ist der Vorstand das einzige Organ der Stiftung und kann ein Vorstandsmitglied sich nicht gegen Entscheidungen oder Weisungen seines Gremiums wären, so ist er abhängig beschäftigt. Besteht jedoch beispielsweise ein Vetorecht oder ein Einstimmigkeitserfordernis bei Vorstandsbeschlüssen, so wäre das einzelne Vorstandsmitglied in der Lage, nicht genehme Weisungen zu verhindern. Eine abhängige Beschäftigung wäre in diesem Fall gerade nicht anzunehmen. Führt der Vorstand lediglich repräsentative Aufgaben aus und besteht daneben ein Geschäftsführer, der die operativen Entscheidungen der Stiftung umsetzt, so ist allein der Geschäftsführer weisungsgebunden.

Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit besteht hinsichtlich der Vergütungshöhe werden die Ehrenamtspauschalen nicht überschritten, so dürfte auch hier keine abhängige Beschäftigung anzunehmen sein.
Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu