Whistleblowing in Tschechien

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veröffentlicht am 29. Juli 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

  1. Wie ist der Stand der Umsetzung? »
  2. Welche gesetzlichen Grundlagen gelten aktuell? »
  3. Welche Rolle kommt dem Gewerkschaftsorgan zu? »
  4. Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Meldung abzugeben oder liegt es in seinem Belieben? »
  5. Muss der Hinweisgeber schon heute vorrangig firmenintern nach Abhilfe suchen? »
  6. Wann hat der Hinweisgeber selbst mit Sanktionen zu rechnen oder ist dieser generell geschützt? »
  7. Wie muss sich der Arbeitgeber gegenüber dem Verdächtigen verhalten? »
  8. Gibt es bereits die Pflicht ein Hinweisgebersystem und externe Meldebehörden ein­zu­richten? »

    

1. Wie ist der Stand der Umsetzung?

Die Umsetzungsfrist ist am 17. Dezember 2021 abgelaufen. Der tschechische Gesetzgeber hat noch keine um­fas­sende Regelung zum Whistleblowing verabschiedet. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf zum Schutz von Hinweisgebern wurde bisher nicht angenommen. Mit der Vorlage eines neuen Regierungsentwurfes eines Gesetzes zum Schutz von Hinweisgebern ist laut dem sog. legislativen Plan der Regierung der Tschechischen Republik im Laufe des Jahres 2022 zu rechnen.

 

2. Welche Gesetzlichen Grundlagen gelten aktuell?

Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Hinweisgeberrichtlinie).
 
In der Tschechischen Republik gibt es aktuell keine umfassende Regelung zum Whistleblowing. Teilaspekte werden u.a. in folgenden Regelungen behandelt:
  • im Gesetz Nr. 262/2006 Slg., Arbeitsgesetzbuch (§ 249 Abs. 1): Die Pflicht, einen vorgesetzten leitenden Arbeitnehmer darüber zu informieren, wenn ein Schaden oder ein immaterieller Nachteil droht.
  • in der Regierungsverordnung Nr. 145/2015 Slg. über Maßnahmen im Zusammenhang mit der Anzeige eines Verdachtes auf Begehen einer widerrechtlichen Handlung in einer Dienstbehörde: Möglichkeit einer Mitteilung eines Verdachtes auf widerrechtliches Handeln durch einen Vorgesetzten, einen Mitarbeiter im Dienste des tschechischen Staates, andere Arbeitnehmer oder eine Person in einem Dienstverhältnis (gilt für Arbeitnehmer in einem Dienstverhältnis).
  • im Gesetz Nr. 21/1992 Slg. über Banken (§ 10a): Verpflichtung zur Einführung interner Verfahren für Bank­mit­arbeiter, um Verstöße oder drohende Verstöße gegen dieses Gesetz und andere Rechtsvorschriften intern zu melden (gilt für Bankmitarbeiter).
    Ähnliche Rechtsvorschriften gelten auch für einige andere regulierte Finanzinstitute bzw. Bereiche der Er­bring­ung von Finanzdienstleistungen (z.B. nach dem Gesetz über Sparkassen und Kreditgenossenschaften, dem Gesetz über Kapitalmarktunternehmen oder dem Gesetz über Investmentgesellschaften und Invest­ment­fonds).
 
Darüber hinaus gelten gemäß einer Methodik des Ministeriums für Justiz der Tschechischen Republik zur unmittelbaren Wirkung der Richtlinie 2019/1937 die Verpflichtungen, die sich aus den Regelungen der Richtlinie ergeben, unmittelbar für staatliche und lokale Verwaltungsbehörden, auch wenn bisher noch keine nationale Umsetzungsvorschrift (Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern) verabschiedet wurde. 

  

3. Welche Rolle kommt dem Gewerkschaftsorgan zu?

Der durch die Richtlinie garantierte Schutz von Hinweisgebern gilt auch für Gewerkschaften. Gewerkschaften sind geschützt, wenn sie die Meldung in ihrer Stellung/Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter vornehmen oder wenn sie die meldende Person beraten oder unterstützt haben. Dies gilt unbeschadet des Schutzes von Gewerk­schaften, der durch andere nationale und europäische Vorschriften gewährleistet wird.

Eine Gewerkschaft kann laut Richtlinie eine dritte Person sein, die Hinweise entgegen nimmt oder sich mit Hinweisen befasst.

 

4. Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Meldung abzugeben oder liegt es in seinem Belieben?

Ein Arbeitnehmer ist nicht zu einer Meldung verpflichtet. Es liegt daher in seinem Belieben, ob und in welcher Weise er eine entsprechende Meldung vornimmt.

 

5. Muss der Hinweisgeber schon heute vorrangig firmenintern nach Abhilfe suchen?

Laut Richtlinie sollen Meldungen primär intern erfolgen. Mit einem funktionierendem internen Meldesystem wird die Meldung kostengünstiger und zeitsparender. Externes Whistleblowing sollte eingesetzt werden, wenn der Hinweisgeber glaubt, dass die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen seitens des Arbeitgebers besteht. In bestimmten Fällen kann die Meldung auch öffentlich gemacht werden.
 

6. Wann hat der Hinweisgeber selbst mit Sanktionen zu rechnen oder ist dieser generell geschützt?

Der Schutz von Hinweisgebern gilt nicht unbeschränkt, wovon bereits der ursprüngliche Gesetzentwurf zum Schutz von Hinweisgebern ausging. Folgende Informationen bzw. Tatsachen können nicht gemeldet werden:
  • Informationen, die wesentliche Sicherheitsinteressen des tschechischen Staates unmittelbar bedrohen könnten, sowie Informationen über Tätigkeiten von Geheimdiensten;
  • geheim zu haltende Informationen;
  • Informationen, die ein laufendes Strafverfahren bedrohen könnten;
  • besondere Tatsachen, die einem Schutz laut einem Gesetz zur Regelung von Krisen unterliegen;
  • Informationen, die einer Verschwiegenheit bei Ausübung einer Tätigkeit folgender Berufe unterliegen:
    Notare, Notaranwärter und Konzipienten (Referendare), Staatsanwälte, Assistenten und Anwärter derselben, Rechtsanwälte und Rechtsanwaltskonzipienten (Referendare), Gerichtsvollzieher und Anwärter derselben, Richter und Assistenten derselben, Justizanwärter, Steuerberater; Darüber hinaus gilt eine Verschwie­gen­heits­pflicht von Mitarbeitern von Notaren, Rechtsanwälten, Gerichtsvollziehern und Steuerberatern sowie eine Verschwiegenheitspflicht bei der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen.

Ein Hinweisgeber, der gegen die Vertraulichkeit der angeführten Informationen oder die genannten Ver­schwie­gen­heits­pflichten verstößt, ist nicht geschützt. Ein solcher Hinweisgeber kann auch für ein widerrechtliches Handeln bestraft werden, das er hierdurch begangen hat.
 

7. Wie muss sich der Arbeitgeber gegenüber dem Verdächtigen verhalten?

In Abhängigkeit von der Intensität des rechtswidrigen oder unethischen Verhaltens kann das Arbeitsverhältnis mit der jeweiligen Person nach den allgemeinen Regeln des Arbeitsgesetzbuches der Tschechischen Republik beendet werden. Es steht dem Arbeitgeber jedoch frei, verschiedene andere Maßnahmen zu ergreifen, um solche Verhaltensweisen auszuräumen und zu verhindern. 

  

8. Gibt es bereits die Pflicht ein Hinweisgebersystem und externe Meldebehörden ein­zu­richten?

Nach der Auslegung des Justizministeriums hat die Richtlinie seit 17. Dezember 2021 in der Tschechischen Republik eine unmittelbare Wirkung (also die Pflicht zur Schaffung interner Meldesysteme) nur für den tsche­chischen Staat und dessen Organe, für Organe von Gebietskörperschaften und einige öffentliche Institutionen. 
 
Bis zur Annahme einer rechtlichen Regelung auf innerstaatlicher Ebene haben andere Arbeitgeber derweil keine Verpflichtung zur Schaffung eines Meldesystems. 
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