Gesellschafterfremdfinanzierung der türkischen Tochtergesellschaften: Steuerliche Regelungen, Restriktionen und Auswirkungen

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veröffentlicht am 18. Juni 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

    
Die Finanzierung der Anfangsinvestitionen oder auch späterer Wachstumsschritte ist für viele Start-ups und Unternehmer häufig eine Herausforderung. Für eine Vielzahl der Unternehmen ist es nicht möglich bzw. rentabel, das Geschäftsvorhaben komplett durch Eigenfinanzierung zu tragen.

  

  

  

Auch die in der Türkei ansässigen Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen sind hin und wieder aus unterschiedlichen Gründen mit Liquiditätsproblemen konfrontiert. Die häufigste Lösung dieses Problems bildet  ein Darlehen von der ausländischen Muttergesellschaft bzw. von einem Gruppenunternehmen. Generell scheint es eine gute Lösung für viele Unternehmen zu sein, allerdings bringt sie Nachteile mit sich, die von jedem Unternehmer von vornherein gut abgewogen werden müssen.

 

Ziel dieses Artikels ist einen Überblick über die Besonderheiten der Fremdfinanzierung einer türkischen Tochtergesellschaft durch die ausländischen Gesellschafter zu geben und die Besonderheiten in diesem Zusammenhang darzustellen.

   

Aufnahme eines Darlehens in Fremdwährung durch eine türkische Gesellschaft

1. Grundsätzliches Verbot

In den letzten Jahren wurden diverse Maßnahmen gegen den Wertverlust der türkischen Lira eingeleitet.

In diesem Sinne ist Mitte Mai 2018 eine Verordnung in Kraft getreten, die auch  die Restriktion der Aufnahme von Fremdwährungsdarlehen regelt (die sog. Durchführungsverordnung hinsichtlich des Beschlusses Nr. 32 über den Schutz des Wertes der türkischen Währung). Im Gegensatz zur früheren Rechtslage ist die Aufnahme von Darlehen in Fremdwährung nur noch beschränkt möglich.

 

Gemäß dieser Einschränkungsverordnung dürfen in der Türkei ansässige juristische Personen, grundsätzlich keine Fremdwährungskredite aus dem In- oder Ausland erhalten, sofern sie keine entsprechenden Einnahmen in Fremdwährung aufweisen.

 

Unter „Einnahmen in Fremdwährung" fallen Einnahmen aus Exportgeschäften, Transithandel, als Export geltende Verkäufe und Lieferungen sowie Dienstleistungen und sonstige Tätigkeiten mit Deviseneinnahmen usw. Einnahmen in Fremdwährung aus inländischen Quellen werden nicht mitberücksichtigt.

 

2. Allgemeine Ausnahmen vom Verbot

Die Verordnung regelt  folgende Ausnahmeregelungen, wonach die besagte Restriktion nicht einschlägig ist:

  • Bei Fremdwährungskrediten der öffentlichen Institutionen, Banken, Leasing-gesellschaften, Factoring-Gesellschaften und Finanzierungsgesellschaften
  • Bei einer Darlehensgesamtverbindlichkeit von mindestens 15 Mio. USD
  • Bei Darlehen, die im Zusammenhang mit einem Produktionsvorhaben zum Zwecke des Erwerbs von im türkischen Umsatzsteuergesetz aufgeführten neuen Maschinen dienen

   

Ausnahmeregelung zur Finanzierung durch die ausländischen Gesellschafter in Fremdwährung bei entsprechender Gesellschafterstruktur

Sofern eine der oben aufgeführten Ausnahmeregelungen für die türkische Tochtergesellschaft nicht einschlägig ist, ist für die Fremdfinanzierung einer türkischen Gesellschaft durch die Gesellschafter eine weitere Ausnahmeregelung in der Verordnung enthalten. Die Aufnahme eines Fremdwährungsdarlehens ist auch dann möglich, wenn der Darlehensgeber 100 Prozent an der türkischen Gesellschaft also an der Darlehensnehmerin direkt oder indirekt beteiligt ist.

 

Die entsprechenden Nachweise hinsichtlich der Gesellschafterstruktur müssen mit dem Darlehensvertrag an die türkische Hausbank, an die der Darlehensbetrag vom ausländischen Darlehensgeber überwiesen wird, eingereicht werden.

    

Bei der Überweisung des Darlehensbetrages zu beachtende Punkte

Der Verwendungszweck „Darlehen" muss bei der Überweisung auf das Konto der türkischen Hausbank angegeben werden, ebenso ist bei der Rückzahlung eines Darlehens „Darlehens- und / oder Zinsrückzahlung" zu vermerken.

 

Für jede Darlehensaufnahme von Gesellschaftern ist ein separater Darlehensvertrag mit entsprechenden Informationen der Vertragsparteien zu unterzeichnen und an die türkische Hausbank einzureichen. Aus dem Vertrag müssen die wesentlichen Vertragsbestandteile eines Darlehensvertrages (sog. essentialia negotii) hervorgehen, darunter Darlehensbetrag, Zinsen, Laufzeit und Tilgungsmodalitäten.

  

Steuerliche Auswirkungen bei einer Fremdfinanzierung durch die Gesellschafter

1. Stempelsteuer

Der Darlehensvertrag  muss bei der türkischen Hausbank vorgelegt werden, nachdem die Stempelsteuer (Urkundensteuer) aus dem Darlehensbetrag (0,948 Prozent des Darlehensbetrages) abgeführt wurde. Davor ist die Verfügung der Darlehensnehmerin über das Geld nicht möglich.

 

2. Quellensteuer

Die Zinsen für das Darlehen unterliegen der türkischen Quellensteuer von 10 Prozent.

 

3. Umsatzsteuer

Auf die Zinsbeträge wird im Rahmen des Reverse Charge Verfahrens  die türkische Umsatzsteuer erhoben (18 Prozent). Die Umsatzsteuer wird durch den türkischen Darlehensnehmer abgeführt und als Vorsteuer geltend gemacht.

 

4. KKDF

Abhängig von der durchschnittlichen Laufzeit des Darlehens in Fremdwährung ist vom Darlehensbetrag sogenannte KKDF (Fond zur Unterstützung der Nutzung der Quellen) wie folgt zu zahlen:

   

durchschnittliche LaufzeitKKDF-Satz
< 1 Jahr3,0 %
≥ 1 Jahr und < 2 Jahr1,0 %
≥ 2 Jahr und < 3 Jahr0,5 %
≥ 3 Jahr0,0 %

   

Im Falle einer vollständigen Tilgung oder Teilrückzahlung des Darlehens, vor Ablauf der vertraglich festgelegten Laufzeit, sind die oben genannten Sätze mit entsprechenden Verzugszinsen zu leisten. Der Zeitraum zwischen der Kreditaufnahme und Rückzahlung wird als Basis zur Berechnung der KKDF in Ansatz gebracht.

  

5. Marktüblicher Zinssatz

Des Weiteren ist die Festlegung eines angemessen Zinssatzes bei Intercompany Darlehensbeziehungen im Rahmen der türkischen Verrechnungspreisvorschriften von Bedeutung.

 

6. Verdecktes Kapital

Verdecktes Kapital ist in Artikel 12 KSTG-T geregelt.

 

Demnach ist die volle Abzugsfähigkeit der zusammenhängenden Finanzierungsaufwendungen nur bei Einhaltung des steuerrechtlich festgelegten Eigenkapital/Fremdkapital-Verhältnisses (beschränkt auf das Fremdkapital von Gesellschaftern oder verbundenen Personen/Unternehmen) zulässig.

 

Laut Gesetz muss dieses Eigenkapital/Fremdkapital-Verhältnis grundsätzlich 1/3 betragen. Das bedeutet, dass das Fremdkapital, das ein Gesellschafter, nahestehende Personen/Unternehmen zur Verfügung stellt/en, maximal das Dreifache des Eigenkapitals betragen darf. Eigenkapital im Sinne dieser Regelung ist das Eigenkapital der Gesellschaft, das nach den Bestimmungen des türkischen Steuerverfahrensgesetzes zu Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres als solches festgestellt wurde.  Zinsen und Kursverluste auf Gesellschafterfremdfinanzierung, die diese EK/FK-Quote übersteigen, können nicht als Betriebsausgaben bewertet werden.

 

7. Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Fremdkapital

Neben dem verdeckten Kapital besteht eine weitere Beschränkung, die am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Bei Gesellschaften (ausgenommen Leasing Gesellschaften, Banken, Finanzinstitute) deren Verschuldungsgrad (=Fremdkapital/Eigenkapital) höher als 100 Prozent beträgt, sind 10 Prozent der gesamten Finanzierungsaufwendungen, die dem übersteigenden Teil zugeordnet werden, steuerlich nicht abzugsfähig. Die Finanzierungs­aufwendungen, die im Rahmen der „verdecktes Kapital" Regelung nicht abzugsfähig sind, werden bei dieser Begrenzung nicht mitberücksichtigt.

    

Fazit

Die Gewährung eines gruppeninternen Darlehens in Fremdwährung im Rahmen der genannten Ausnahmeregelungen durch die ausländischen Gesellschafter gehört auch in der Türkei zur gängigen Praxis. Um allerdings nachträglich negative Auswirkungen auf die türkische Gesellschaft zu vermeiden, sollten die Gesellschaften die oben genannten Vor- und Nachteile gut beurteilen.

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