Thesaurierungsbegünstigung bei Übertragungen auf Stiftungen

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veröffentlicht am 7. März 2017
von Tanja Creed und Jan Jungclaussen

 

Bisher war streitig, ob der Nachversteuerungstatbestand des § 34a Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) für in der Vergangenheit begünstigt besteuerte Gewinne über seinen Wortlaut hinaus auch Stiftungen erfasst. Das Finanzgericht (FG) Münster hat das in einem Urteil vom 27. Januar 2017 verneint und ist der bisherigen Anwendungspraxis der Finanzverwaltung entgegengetreten.

 

 
Um Personenunternehmen gegenüber Kapitalgesellschaften wettbewerbsfähig zu halten wurde mit dem Un­ter­neh­menssteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG) eine Tarifvorschrift für die begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne in Form der Vorschrift des § 34a EStG geschaffen. Der nicht entnommene Gewinn wird auf Antrag im Entstehungszeitpunkt nur mit 28,25 Prozent, dafür aber bei späterer Entnahme, bspw. bei der Ausschüttung von Gewinnen aus Kapitalgesellschaften, nochmals mit 25 Prozent, also 2-stufig, besteuert. Um die zweite Besteuerungsstufe sicherzustellen, wurden vom Gesetzgeber mehrere der Entnahme gleichgestellte Nachversteuerungstatbestände geschaffen. Gemäß § 34 a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG ist eine Nachversteuerung in den Fällen der Einbringung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft oder eine Genossenschaft durchzuführen. Die Finanzverwaltung wendet die sie aber auch auf die vom Wortlaut nicht erfassten Stiftungen „analog” an. Dabei wird argumentiert, dass eine Stiftung einer Kapitalgesellschaft gleich­zusetzen sei und eine unbeabsichtigte Gesetzlücke vorläge. Der Wechsel des Besteuerungssystems von der Einkommen- zur Körperschaftsteuer solle genügen, um eine Nachversteuerung auszulösen.

 

Das FG Münster sieht bereits den Wortlaut des Nachsteuertatbestandes als nicht erfüllt an. Der Wortlaut des § 34 a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG stelle bewusst auf die Begrifflichkeiten des § 1 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) ab. Stiftungen werden dort in einem gesonderten Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG als Körper­schaft­steu­ersubjekte den Kapitalgesellschaften gleichgesetzt. Dagegen waren im Gesetzesentwurf zu § 34a EStG zunächst nur Kapitalgesellschaften genannt; später wurden Genossenschaften hinzugefügt – Stiftungen werden jedoch nicht aufgeführt. Für die Annahme einer ungewollten Regelungslücke sei daher kein Raum. Ob bei Übertragung auf eine Stiftung überhaupt eine tatbestandlich notwendige Einbringung – ein Tausch Anteile gegen Sachvermögen – vorliegt, wurde vom FG Münster nicht näher ausgeführt, da es aufgrund des falschen „Zielunternehmens” nicht entscheidungserheblich war. Diese Frage stellt sich, weil sich die Stiftungserrichtung als Schenkung darstellt und unentgeltlich ist. man kann sagen, eine Stiftung „gehört sich selbst”. Die Rück­übertragung von Stiftungsvermögen ist ausgeschlossen, denn der Einbringende erhält kein Vermögen in Form von Anteilen, über die er verfügen kann.

 

Interessanterweise sieht das FG Münster deshalb den Anwendungsbereich des § 34 Abs. 7 Satz 1 EStG als eröffnet an. Die Regelung ermöglicht ausdrücklich eine Fortführung des Thesaurierungsguthabens bei unent­geltlicher Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils. Die herrschende Literaturmeinung und die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt (Erlass vom 19. November 2013) gehen davon aus, dass der Anwen­dungsbereich auf natürliche Personen als Rechtsnachfolger beschränkt sei, weil der Rechtsnachfolger die persönlichen Voraussetzungen der Vorschrift (Einkommensteuerpflicht) erfüllen müsse. Das FG Münster vertritt jedoch die Auffassung, dass die Stiftung den nachversteuerungspflichtigen Betrag tatbestandlich ebenfalls fortführen könne. Auch eine Nachversteuerung mit 25 Prozent sei denkbar, da es sich um die Übernahme einer latenten Steuerlast des Rechtsvorgängers handele. Zudem kann die ursprünglich vom Gesetzgeber angestrebte dauerhafte Stärkung der Eigenkapitalbasis von Personengesellschaften nur über eine Fortführung der Begüns­tigung erreicht werden.

 

Eine Revision wurde angesichts der grundsätzlichen Bedeutung dieser Sache zugelassen. Bislang ist allerdings noch nicht bekannt, ob das Finanzamt von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Eine Klärung der Reich­weite des Tatbestandes des § 34a Abs. 6 EStG ist in jedem Fall wünschenswert, da oftmals Nach­fol­ge­ge­stal­tungen mit Stiftungen durch eine sofortige Nachversteuerung ohne Liquiditätszufluss behindert werden.

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