Aktuelle Entwicklungen im Insolvenzanfechtungsrecht

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von Rainer Schaaf
 
Das Insolvenzanfechtungsrecht dient dazu, Vermögensverschiebungen zu Lasten der Insolvenzmasse rückgängig zu machen. In den vergangenen Jahren ist zunehmend beklagt worden, dass das geltende Recht, insbesondere die Praxis der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO), den Wirtschaftsverkehr mit unverhältnismäßigen und unkalkulierbaren Risiken belastet. Gerade die Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung wurden teilweise sehr weit ausgelegt und es entstand große Unsicherheit, ab wann das Risiko besteht, erhaltene Zahlungen bei Insolvenz des Geschäftspartners wieder zurückzahlen zu müssen.
 

Tendenzen in der Rechtsprechung

In der Rechtsprechung wurden gerade in den letzten beiden Jahren immer wieder Tendenzen ersichtlich, dieser Entwicklung entgegenzutreten. So entschied etwa der Bundesgerichtshof im April diesen Jahres nach einer ganzen Reihe von Rechtsprechungen ausdrücklich, dass die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist. Damit wird grundsätzlich das Risiko einer Insolvenzanfechtung – und damit der Rückgewähr erhaltener Leistungen des Schuldners – für den Geschäftspartner bei Abschluss einer solchen Vereinbarung nicht zwingend erhöht. Unsicherheiten bestanden aber trotzdem weiter. Es blieb unklar, ob dies auch für den praxisrelevanten Fall gelten soll, dass das Ersuchen um Ratenzahlung zur Überbrückung eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses erfolgt.
 

Bestrebungen im Bereich der Gesetzgebung

Bereits im März 2015 hatte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der InsO und dem Anfechtungsgesetz vorgestellt, der u.a. auch eine Regelung zur Anfechtbarkeit von Leistungen nach Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen – entsprechend der dann im April 2015 ergangenen Rechtsprechung – enthielt. Hier finden Sie eine Stellungnahme der Praxisgruppe Insolvenzrecht zu diesem Referentenentwurf.
 
Am 29. September 2015 wurde dann der Regierungsentwurf vom BMJV veröffentlicht. Auch wenn der Regierungsentwurf in einigen Punkten von dem ersten Referentenentwurf abweicht, so bleibt es dabei, dass das Ziel verfolgt wird, den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Rechtsunsicherheiten zu entlasten, die von der derzeitigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechts ausgehen. Weiter sollen die unter dem geltenden Recht gewährten Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung punktuell neu justiert und das Gläubigerantragsrecht gestärkt werden, um übermäßige Belastungen des Geschäftsverkehrs und von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu vermeiden. So soll auch die Praxis der Vorsatzanfechtung für den Geschäftsverkehr kalkulier- und planbarer werden. Gläubiger, die ihren Schuldnern Zahlungserleichterungen gewähren, sollen nach diesem Gesetzesentwurf nun künftig gewiss sein können, dass das für sich genommen eine Vorsatzanfechtung nicht begründen kann.
 
Die Bundesregierung geht hier mit ihrem Gesetzesentwurf den von der Rechtsprechung und dem Referentenentwurf begonnenen Weg konsequent weiter. Ob am Ende alle Ziele durch die von der Regierung vorgeschlagenen – oder auch durch andere – Regelungen tatsächlich erreicht werden konnten, bleibt abzuwarten.
   
zuletzt aktualisiert am 02.12.2015

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