Empfehlung der Ausschüsse zur Reform des Insolvenzanfechtungsrechts

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von Rainer Schaaf und Nadine Stefan
 
Nach dem Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung (InsO) und nach dem Anfechtungsgesetz liegt nunmehr eine Empfehlung der Ausschüsse (federführender Rechtsausschuss, Finanzausschuss und Wirtschaftsausschuss) an den Bundesrat zur Stellungnahme zum Gesetzesentwurf vor. Da diese Empfehlung teilweise wieder deutlich von dem Regierungsentwurf abweicht, soll im Folgenden ein Überblick über die Empfehlungen der Ausschüsse gegeben werden.

 

Inkongruente Deckung nach § 131 InsO

Die Empfehlung der Ausschüsse sieht eine Streichung der in dem Regierungsentwurf eingefügten Änderungen vor. Danach sollen Deckungen, die in den letzten 3 Monaten vor Insolvenzantragstellung durch Zwangsvollstreckung erwirkt oder zu deren Abwendung bewirkt worden sind, künftig im Grundsatz nur noch unter den erschwerten Anforderungen des § 130 InsO (also bei Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) anfechtbar sein. Die Ausschüsse lehnen diese Regelung ab, da sie einen unzulässigen Eingriff in den insolvenzrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger darstellt und die Vollstreckungsgläubiger in nicht gebotener Weise privilegiert. Der hierdurch herbeigeführte Vollstreckungswettlauf würde kriselnden Unternehmen zudem die dringend benötigte Liquidität entziehen.
 

Hilfsweise empfiehlt der Ausschuss den Anwendungsbereich auch auf Zahlungen unter dem Druck der drohenden Ersatzfreiheitstrafe zu erweitern, da diese von dem Regierungsentwurf nicht erfasst wären.
 

Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO

Der Regierungsentwurf sieht eine Verkürzung der Anfechtungsfrist von Deckungshandlungen von bislang 10 auf 4 Jahre vor. Die Ausschüsse gehen in ihrer Empfehlung noch weiter und schlagen eine Verkürzung auf sogar 2 Jahre vor. Dies begründen die Ausschüsse damit, dass auch eine Frist von 4 Jahren noch zu lang sei und zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führe und eine Verkürzung auf 2 Jahre für die Gläubiger mehr Verlässlichkeit bei ihren wirtschaftlichen Planungen bieten würde.
 
Der Regierungsentwurf sieht durch die Änderung des § 133 Abs. 3 InsO eine Regelung vor, wonach zugunsten jener Gläubiger, die mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder eine sonstige Zahlungserleichterungen gewährt haben, gesetzlich vermutet wird, dass sie bei später erhaltenen Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit ihres Schuldners nicht kannten. Um einen Anfechtungsanspruch zu begründen, muss der Insolvenzverwalter das Gegenteil beweisen. Diese nach dem Entwurf neu eingefügte Regelung soll nach der Empfehlung der Ausschüsse wieder herausgenommen werden und damit grundsätzlich bei der jetzigen Gesetzeslage verbleiben. Die Ablehnung der Vermutungsregelung wird damit begründet, dass für diese weder ein Bedürfnis bestehe, noch sachlich gerechtfertigt wäre. Die Ausschüsse sind der Ansicht, dass die aktuelle Rechtsprechung des BGH, nach der eine Ratenzahlungsvereinbarung alleine nicht mehr ausreichend sein soll, genügt. Ein darüber hinausgehender Schutz sei nicht erforderlich. Hilfsweise solle allenfalls die Entscheidung des BGH im Wortlaut des Gesetzestextes ihren Niederschlag finden.
 

Bargeschäftsprivileg nach § 142 InsO

Auf das ursprünglich im Regierungsentwurf enthaltene Merkmal der „unlauteren Handlung” soll gemäß der Empfehlung der Ausschüsse verzichtet werden. Nach dem Regierungsentwurf sollen im Rahmen der Vorsatzanfechtung nur noch solche Fälle vom Bargeschäftsprivileg ausgenommen werden, bei denen der Insolvenzverwalter nachweisen kann, dass der Schuldner und Leistungsempfänger kollusiv mit der Absicht, die Gläubigergemeinschaft bewusst zu schädigen, zusammengewirkt haben. Da dies zum einen für den Insolvenzverwalter kaum nachweisbar sein wird, zum anderen Möglichkeiten und Anreize zu anfechtungsfesten Vermögensverschiebungen zu Lasten der Masse eröffnet, geht dies nach Ansicht der Ausschüsse zu weit.
 

Statt dieser Einschränkung auf unlautere Handlungen sollen nach der Empfehlung der Ausschüsse Bargeschäfte vielmehr nur dann der Vorsatzanfechtung unterliegen, wenn „der Gläubiger erkennen musste, dass die Gegenleistung weder zur Sicherung des Lebensbedarfs erforderlich ist noch der Fortführung oder Sanierung des Unternehmens dient”.
 

Weiterhin soll die in dem Regierungsentwurf vorgenommene gesetzliche Bezugnahme auf die Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs wieder gestrichen werden, da dies wiederum zu Rechtsunsicherheiten und Verfahrensverzögerungen führt, die mit dem Gesetzesentwurf gerade vermieden werden sollen.
 

Um die Rechtsunsicherheiten in Bezug auf die Anfechtbarkeit von Lohnzahlungen zu beseitigen, hat der Regierungsentwurf die bereits durch das BMJV vorgeschlagene Regelung übernommen, dass ein Bargeschäft gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung 3 Monate nicht übersteigt. Die Ausschüsse fordern darüber hinaus auch eine gesetzliche Definition des engen zeitlichen Zusammenhangs bei allen übrigen Bargeschäften.
 

Verzinsung

Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder ab Klageerhebung verzinst werden. Die Ausschüsse stimmen dem zu, empfehlen hier lediglich noch einen Zusatz aufzunehmen, wonach kostenrechtliche Bestimmungen aufgrund deren für Ansprüche auf Rückzahlung von Justizkosten ein Verzinsungsausschluss besteht, unberührt bleiben sollen.
 

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, wie sich der Bundesrat zu dem Regierungsentwurf positioniert und ob er den Empfehlungen der Ausschüsse folgen wird.
 

zuletzt aktualisiert am 23.11.2015

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