Neues aus Steuerrecht und Mobilität

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht​ am 20. August 2024 | Lesedauer ca. 13 Minuten

In unserer aktuellen Ausgabe des Global Mobility Pulse beleuchten wir die jüngsten Entwicklungen im Steuerrecht, darunter ein wegweisendes Urteil des BFH zu steuerfreien Zuschlägen bei Bereitschaftsdiensten und eine Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg zur gesonderten Aufzeichnung von Cateringkosten bei Netzwerkveranstaltungen. Darüber hinaus informieren wir über aktuelle Änderungen zum Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sowie die Aktualisierung des BMF-Schreibens zur aufgeschobenen Besteuerung geldwerter Vorteile aus Vermögensbeteiligungen (§ 19a EStG). Zudem werfen wir einen kritischen Blick auf das neue Einwanderungskonzept Deutschlands, die sogenannte Chancenkarte, stellen unser erweitertes Beratungsangebot im Bereich HR Advisory.

BFH: Steuerfreie Zuschläge bei Bereitschaftsdiensten

Nach § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit steuerfrei, wenn sie zusätzlich zum sog. Grundlohn gezahlt werden und soweit sie die in § 3b EStG genannten Grenzen nicht übersteigen. 

Grundlohn ist in diesem Zusammenhang gem. § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG der laufende Arbeitslohn, der dem Mitarbeiter bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht. Er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 Euro anzusetzen. 

Der Grundlohn steht dem Mitarbeiter zu, wenn er diesem bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldet wird. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Mitarbeiter tatsächlich zufließt, ist für Steuerfreiheit der Zuschläge nicht entscheidend.
(vgl. BFH-Urteil vom 10. August 2023, BStBl. II 2024, 202)

Die Zuschläge müssen aber neben dem Grundlohn geleistet werden, d.h. sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sein.

Sie müssen auch für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden. Hierzu zählt jede arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit des Mitarbeiters z.B. auch das bloße Bereithalten für Arbeitsleistung, wenn gerade dieses arbeitsvertraglich geschuldet ist. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob solche Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit i.S.d. Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zählt. 

Im Urteil vom 11. Mai 2024, Az. VI R 1/22 entschied der BFH, dass sich für Bereitschaftsdienstzeiten der Grundlohn nach dem Arbeitslohn für die regelmäßige Arbeitszeit und nicht nach dem Bereitschafts-dienstentgelt bemisst. Denn für die Steuerfreiheit ist es nicht erforderlich, dass der Mitarbeiter für die Zeit, für die die Zuschläge gezahlt werden, neben den Zuschlägen einen Anspruch auf Grundlohn hat. Es kommt nur darauf an, dass die dass die Arbeit - in diesem Fall das Bereithalten zur Arbeit - zu den nach § 3b EStG begünstigten Zeiten geleistet wird.

Im Urteilsfall hatte der Arbeitgeber Bereitschaftsdienstzeiten lediglich zu 25 Prozent als Arbeitszeit gewertet und einen entsprechend niedrigen laufenden Arbeitslohn ausgezahlt. Daneben wurde für den Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden je tatsächlich geleisteter Stunde einen Zeitzuschlag in Höhe von 15 Prozent des auf eine Stunde umgerechneten individuellen Tabellenentgelts gezahlt und für die Zeit von 0:00 Uhr bis 6:00 Uhr steuerfrei belassen und gesondert verbucht. Der BFH bestätigte, dass dieser Zuschlag nach § 3b EStG steuerfrei bleiben kann.
(BFH-Urteil vom 11. April 2024, Az. VI R 1/22)

​FG Berling-Brandenburg: Gesonderte Aufzeichnung von Cateringkosten einer Netzwerkveranstaltung 

Die Kosten für geschäftlich veranlasste Bewirtungen dürfen gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nur zu 70 Prozent als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug ist aber, dass die Bewirtungskosten nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind und dass ihre Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Hierzu muss der Steuerpflichtige schriftlich Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen angeben. Bei Bewirtungen in einer Gaststätte genügen Angaben zum Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung und die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen.
(vgl. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG)

Zusätzlich ist zu beachten, dass die Kosten gem. § 4 Abs. 7 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet werden müssen.

Das FG Berlin-Brandenburg entschied hierzu, dass diese Verpflichtung zur gesonderten Aufzeichnung auch gilt, wenn eine Bewirtung in eine fachliche Veranstaltung eingebettet ist. 

Im Urteilfall führte ein Unternehmen sog. Netzwerkveranstaltungen durch, zu denen Kunden, potentielle Kunden und deren Mitarbeiter eingeladen wurden. Es gab Fingerfood und (auch alkoholische) Getränke und Hintergrundmusik, aber kein gesondertes Unterhaltungsprogramm. Es wurden Teilnehmerlisten geführt und die Kontakte und die Gesprächsinhalte nach den Veranstaltungen ausgewertet. 

Da diese Bewirtungskosten nicht einzeln und getrennt i. S. von § 4 Abs. 7 EStG aufgezeichnet wurden, versagte Finanzamt den Betriebsausgabenabzug im Rahmen einer Betriebsprüfung, was vom FG bestätigt wurde. 

Die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG vorgesehene Abzugsbeschränkung umfasst Bewirtungen von Personen „aus geschäftlichem Anlass“. Der „geschäftliche Anlass“ ist ein Unterfall der „betrieblichen Veranlassung“ und umfasst insbesondere die Bewirtung von Personen, zu denen Geschäftsbeziehungen bestehen oder angebahnt werden sollen. Eine „geschäftliche“ Veranlassung i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG fehlt dann, wenn ein Unternehmen seine eigenen Arbeitnehmer bewirtet. Nur derjenige Bewirtungsaufwand, der betrieblich veranlasst ist und auf die eigenen Mitarbeiter entfällt, darf daher unbegrenzt als Betriebsausgabe abgezogen werden.
(FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2023, Az. 6 K 6089/20)

Aktuelles zum Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme

Nach § 3 Nr. 39 Satz 1 EStG sind geldwerte Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers steuerfrei, soweit der Vorteil insgesamt 2.000 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt. 

Der Freibetrag von 2.000 Euro gilt seit 2024. Für Übertragungen von Vermögensbeteiligungen in den Jahren 2021 bis 2023 betrug er 1.440 Euro und zuvor viele Jahre lang 360 Euro pro Kalenderjahr. 

Mit Schreiben vom 1. Juni 2024 (BStBl 2024 I, 946) hat die Finanzverwaltung das bisherige BMF-Schreiben zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Mitarbeiter ab 2024 nach § 3 Nr. 39 EStG aktualisiert. Das neue Schreiben ersetzt das bisherige BMF-Schreiben vom 16.11.2021 (BStBl. I S. 2308) und ist ab dem 1. Januar 2024 anzuwenden. 

Die Änderungen betreffen vor allem den Personenkreis, der an dem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm teilnahmeberechtigt sein muss. Denn Voraussetzung für die Berücksichtigung des Freibetrags ist gemäß § 3 Nr. 39 Satz 2 EStG, dass die Beteiligung mindestens allen Mitarbeitern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen. 

Nach dem bisherigen BMF-Schreiben zu § 3 Nr. 39 EStG durften die Arbeitgeber folgende Personen von der Teilnahme am Vermögensbeteiligungsprogramm ausschließen, ohne dass dies als schädlich für die Anwendung des Freibetrags angesehen wurde:​
  • in ein anderes Unternehmen entsandte Mitarbeiter, deren Dienstverhältnis deshalb ruht und mit denen das aufnehmende Unternehmen einen eigenständigen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat,
  • Organe von Körperschaften
  • Mandatsträger
  • Mitarbeiter mit einem gekündigten Dienstverhältnis 
  • Mitarbeiter, die zwischen dem Zeitpunkt des Angebots und dem Zeitpunkt der Überlassung der Vermögensbeteiligung aus sonstigen Gründen aus dem Unternehmen ausscheiden (z.B. Auslaufen des Arbeitsvertrages)

Im aktualisierten BMF-Schreiben § 3 Nr. 39 EStG werden ab 2024 weitere Ausnahmen zugelassen:
  • Mitarbeiter, die über Insiderinformationen i.S.d. der EU-Marktmissbrauchsverordnung oder anderer anwendbarer Gesetze verfügen (vorbeugende Maßnahme zur Verhinderung/Vermeidung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten)
  • Mitarbeiter, die in einem anderen inländischen Unternehmen tätig sind, deren Dienstverhältnis deshalb ruht und die dem anderen Unternehmen einen eigenständigen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben oder mit denen eine Entsendevereinbarung abgeschlossen wurde
  • Mitarbeiter, die an ein ausländisches Unternehmen entsandt wurden (nach Tz. 2.1. des BMF-Schreibens vom 9. November 2002, BStBl. I S. 796 liegt eine Entsendung vor, wenn der Mitarbeiter mit seinem bisherigen Arbeitgeber (entsendendes Unternehmen) vereinbart, für eine befristete Zeit bei einem verbundenen Unternehmen (aufnehmendes Unternehmen) tätig zu werden und das aufnehmende Unternehmen entweder eine arbeitsrechtliche Vereinbarung mit dem Mitarbeiter abschließt oder als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen ist.)
(vgl. Rz. 13 und 14 des BMF-Schreibens)

Es wird auch nicht als schädlich angesehen, wenn die Regelungen des Beteiligungsprogramms vorsehen, dass der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter oder Gruppen von Mitarbeitern nach seinem Ermessen von einer Teilnahme ausschließen kann (z.B. mittels eines sog. Vetorechts des Arbeitgebers). Dies gilt allerdings nur, solange er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht. Schließt er aber tatsächlich einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen von der Teilnahme am Programm aus, ist von diesem Zeitpunkt an bei allen Mitarbeitern die Anwendung des Freibetrags ausgeschlossen. Die steuerliche Behandlung des geldwerten Vorteile aus dem Beteiligungsprogramm in vergangenen Lohnzahlungszeiträumen bleibt unberührt.
(vgl. Rz. 14.1 des BMF-Schreibens).

Hinweis: Mit der Frage, welche Mitarbeiter von einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm ausgeschlossen werden dürfen, ohne damit den Freibetrag zu gefährden, hat sich aus das Finanzgericht Düsseldorf in drei Entscheidungen vom 14. Dezember 2023 beschäftigt.

In den Urteilsfällen waren alle Mitarbeiter berechtigt, am Mitarbeiterbeteiligungsprogramm einer Unternehmensgruppe teilzunehmen, die am ersten Tag der Teilnahmeperiode ununterbrochen seit mindestens zwölf Monaten in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis (auch wenn dieses ggf. befristet war) standen, das weder gekündigt noch Gegenstand einer Aufhebungsvereinbarung war. Dies galt auch für Mitarbeiter in der passiven Phase der Altersteilzeit. Ausgeschlossen waren Mitarbeiter aber bei
  • ruhendem Arbeitsverhältnis (z.B. Elternzeit, etc.) 
  • geringfügiger Beschäftigung oder
  • Ausbildungsverhältnissen.

Die Teilnahmeberechtigung wurde vor Beginn der jeweiligen Anmeldeperiode überprüft und ermittelt. Falls sich der Beschäftigungsstatus eines Teilnehmers in einer laufenden Teilnahmeperiode in einen der vorgenannten (z.B. ruhendes Arbeitsverhältnis) änderte, ruhte die Teilnahme ab diesem Zeitpunkt. Änderte sich der Beschäftigungsstatus des ruhenden Teilnehmers in der laufenden Teilnahmeperiode in einen teilnahmeberechtigten lebte die Teilnahme wieder auf.

Die teilnahmeberechtigen Mitarbeiter konnten einen Teil ihres Jahresgehalts für den Kauf von Vorzugsaktien verwenden (mindestens 15 Euro monatlich, höchstens 1/12 von 4 Prozent des Jahresentgelts, maximal 4.992 Euro jährlich). Der Arbeitgeber gewährte auf das monatliche „Bonus-Aktien“ unter der auflösenden Bedingung, dass die teilnehmenden Arbeitnehmer während einer Sperrfrist von drei Jahren nicht über ihre entsprechenden Mitarbeiter-Aktien verfügten. 

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung bei der Unternehmensgruppe verneinte das Finanzamt wegen des Ausschlusses der o.g. Mitarbeitergruppen die Anwendbarkeit des Freibetrags nach § 3 Nr. 39 EStG für die Bonusaktien und nahm die jeweiligen Gesellschaften als Arbeitgeber für Lohnsteuer in Haftung.

Im Fall des Urteils Az. 8 K 9/22 H (L) hatte die Konzerngesellschaft keinen Mitarbeiter beschäftigt, der unter die o.a. Ausschlussklausel fiel. Das FG Düsseldorf entschied, dass der abstrakte Ausschluss von Mitarbeitergruppen, die gar nicht beschäftigt werden, für die Anwendung des Freibetrags unschädlich sei. Bei einem konzernweiten Mitarbeiterbeteiligungsprogramm ist die Voraussetzung „Offenstehen für alle“ für die jeweilige Gesellschaft zu prüfen und nicht für den gesamten Konzern. 
Die Revision wurde zugelassen, aber soweit ersichtlich nicht eingelegt.
(Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2023, Az. 9 K 9/22 H (L))

Im Fall des Urteils Az. 8 K 11/22 H (L) waren in der Gesellschaft Auszubildende beschäftigt, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger im Unternehmen waren. In diesem Fall bestätigte das Finanzgericht die Auffassung des Finanzamts, dass der Ausschluss der Auszubildenden dazu führe, dass der Freibetrag für die übrigen Mitarbeiter nicht anwendbar sei. Denn in diesem Fall stand die Teilnahme am Mitarbeiterbeteiligungsprogramm nicht mindestens allen Arbeitnehmern offen, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zur Gesellschaft standen.

Der Ausschluss von der Teilnahme am Programm sei ausdrücklich nur unschädlich für die Gewährung des Steuerfreibetrags, wenn die ausgeschlossenen Personen nicht mindestens ein Jahr ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen standen. Sowohl der Bundesrat (Anlage 3 zu BT-Drs. 16/10531, 22) als auch der Finanzausschuss (BT-Drs. 16/11679, 1) hätten im Verlauf des Gesetzgebungsverfahren die Öffnung der steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung unter engen Voraussetzungen und einer vorherigen Festlegung objektiver Kriterien gefordert. Dieses objektive Kriterium war die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Eine weitere Differenzierung nach objektiven Zugangskriterien wurde nicht vorgenommen (BT-Drs. 16/11679, 15). 
Zu diesem Urteil ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig. 
(Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2023, Az. 8 K 9/22 H (L), Az. BFH VI R 5/24)

Im Fall des Urteils Az. 8 K 14/22 H (L) gab es in der Gesellschaft Mitarbeiter mit ruhendem Dienstverhältnis (z.B. Elternzeit), Langzeitranke und auch sog. ausgesteuerte Mitarbeiter. Hier entschied das Finanzgericht, dass diese Personen nicht in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zur Gesellschaft standen, so dass es für die Gewährung des Steuerfreibetrags für die übrigen Mitarbeiter unschädlich sei, dass diese an dem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm nicht teilnehmen durften. Denn diese Personengruppen waren gegenüber der Gesellschaft nicht zur Erbringung von Arbeitsleistung verpflichtet und bezogen von ihr kein Arbeitsentgelt. Wann ein gegenwärtiges Dienstverhältnis vorliegt, ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien zu § 3 Nr. 39 EStG nicht. In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses (Bundestagsdrucksache --BT-Drs.-- 16/11679, 15) wird hierzu lediglich auf § 2 LStDV verwiesen. Da § 2 LStDV den Begriff des Arbeitslohns definiert, muss nach Auffassung des Finanzgerichts davon ausgegangen werden, dass ein gegenwärtigen Dienstverhältnis nur vorliegt, wenn Arbeitslohn gezahlt wird bzw. werden muss.
Auch zu diesem Urteil ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig.
(Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2023, Az. 8 K 14/22 H (L), Az. BFH VI R 4/24)

Aktualisierung des BMF-Schreibens zur aufgeschobenen Besteuerung geldwerter Vorteile aus Vermögensbeteiligungen (§ 19a EStG)

Die Finanzverwaltung hat das bisherige BMF-Schreiben zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Mitarbeiter ab 2024 nach § 19a EStG mit Schreiben vom 01.06.2024 aktualisiert und an die durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz (BGBl. 2023 I Nr. 354) geänderten Regelungen angepasst. Das neue BMF-Schreiben ersetzt das bisherige BMF-Schreiben vom 16.11.2021 (BStBl. I S. 2308) und ist ab dem 1. Januar 2024 anzuwenden.

Nach § 19a EStG werden geldwerte Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung von Beteiligungen an Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) unter bestimmten Voraussetzungen erst bei Veräußerung oder unentgeltlicher Übertragung, spätestens jedoch nach 15 Jahren (bisher zehn Jahre) oder bei der Beendigung des Dienstverhältnisses versteuert, wenn der Mitarbeiter dem zustimmt. 

Für die Frage, ob ein Kleinstunternehmen oder ein KMU vorliegt dürfen die nachfolgenden Schwellenwerte im Zeitpunkt der Übertragung oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschritten worden sein 
  • weniger als 1.000 Mitarbeiter (bisher 250 Mitarbeiter) und
  • Jahresumsatz höchstens 100 Mio. Euro (bisher 50 Mio. Euro) oder Jahresbilanzsumme höchstens 86 Mio. Euro (bisher 43 Mio. Euro).

Die Mitarbeiterzahl berechnet sich nach der Zahl der Jahresarbeitseinheiten.

Der Status eines KMU geht erst verloren bzw. wird erworben, wenn es in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren zu einer Über- oder Unterschreitung der Schwellenwerte kommt. 

Weitere Voraussetzung ist, dass die Gründung des Unternehmens nicht mehr als 20 Jahre vor dem Zeitpunkt der Übertragung liegt (bisher 12 Jahre). 

Wie bisher sind virtuelle Beteiligungen, d.h. schuldrechtliche Bonusversprechen des Arbeitgebers, die sich der Höhe nach am Wertzuwachs des Arbeitgebers orientieren, nicht nach § 19a EStG begünstigt. Werden virtuelle Beteiligungen aber durch „echte“ Vermögensbeteiligungen i.S.d. § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG ersetzt, können die Regelungen der aufgeschobenen Versteuerung genutzt werden. 
(vgl. Rz. 35 des BMF-Schreibens)

Ab dem 1. Januar 2024 gilt die hinausgeschobene Besteuerung auch bei der Übertragung von sog. vinkulierten Vermögensbeteiligungen, d.h. in Fällen, in denen es dem Mitarbeiter rechtlich unmöglich ist, über die Vermögensbeteiligung zu verfügen (§ 19a Abs. 1 Satz 3 EStG). Die übrigen Voraussetzungen des § 19a EStG müssen aber ebenfalls erfüllt sein
(vgl. Rz. 35.1 bis 35.3 des BMF-Schreibens)

Der geldwerte Vorteil muss im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung der Sozialversicherung unterworfen werden und wird daher bei der Berechnung der Lohnsteuer bei der Vorsorgepauschale berücksichtigt (§ 19a Abs. 4 Satz 3 EStG). Dies gilt auch, wenn wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Im Zeitpunkt der Versteuerung darf der Vorteil aber nicht mehr bei der der Vorsorgepauschale berücksichtigt werden. Diese Grundsätze sind bei vinkulierten Vermögensbeteiligungen ebenfalls anzuwenden.
(vgl. Rz. 39.1 des BMF-Schreibens)

Nach § 19a Abs. 4 Satz 1 EStG ist der geldwerte Vorteil bei Verkauf der Vermögensbeteiligung, dem Ausscheiden des Mitarbeiters oder nach Ablauf von 20 Jahren zu verteuern. Wenn zwischen dem Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung und dem Versteuerungszeitpunkt mindestens 3 Jahre vergangen sind, darf der geldwerte Vorteil als Arbeitslohn für mehrjährige Tätigkeit nach der sog. Fünftelregelung ermäßigt versteuert werden (vgl. § 19a Abs. 4 Satz 2 EStG). Im BMF-Schreiben wird klargestellt, dass die Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren nur bis Ende 2024 berücksichtigt wird. Bei Versteuerungszeitpunkten ab dem 1. Januar 2025 wird die Fünftelregelung nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt. 
(vgl. Rz. 43 des BMF-Schreibens)

Kommt es zur Versteuerung des geldwerten Vorteils, weil das Dienstverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber beendet wird (§ 19a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG) tritt bei einem Rückerwerb der Vermögensbeteiligung durch den Arbeitgeber, einen Gesellschafter des Arbeitgebers oder ein Unternehmen i.S.d. § 18 AktG an die Stelle des gemeinen Werts die Erwerber gewährte Vergütung (§ 19a Abs. 4 Satz 4 zweiter Halbsatz EStG). Dies gilt auch für Vermögensbeteiligungen, die dem Mitarbeiter vor 2024 übertragen wurden. Der Rückerwerb muss nicht an den ursprünglichen Veräußerer erfolgen. Ausreichend ist vielmehr, dass an einen der o.g. Erwerber veräußert wird.
(vgl. Rz. 50.1 des BMF-Schreibens)

Nach dem neuen § 19a Abs. 4a EStG kann die Versteuerung des geldwerten Vorteils für die Tatbestände „Ablauf von 15 Jahren“ und „Beendigung des Dienstverhältnisses“ auf den Zeitpunkt der tatsächlichen entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung hinausgeschoben werden, wenn der Arbeitgeber durch die Kennzahl 21 der Lohnsteuer-Anmeldung unwiderruflich erklärt, dass er für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer nach § 42d EStG haftet. Die sonst übliche haftungsbefreiende Anzeige nach§ 38 Abs. 4 Satz 2 EStG ist hier nicht möglich. Die Erklärung muss spätestens in der dem betreffenden Ereignis folgenden Lohnsteuer-Anmeldung erfolgen., in der die aufgrund der Nachversteuerung einzubehaltende Lohnsteuer hätte angemeldet werden müssen.
(vgl. Rz. 51.1 des BMF-Schreibens)

Die Lohnsteuerabzugspflicht besteht auch dann, wenn das Dienstverhältnis vor dem Zeitpunkt der Besteuerung bereits beendet wurde. Kann der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug nicht mehr vornehmen (z.B. weil der Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht oder der Mitarbeiter keinen Barlohn mehr bezieht) und stellt der Mitarbeiter dem Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht zur Verfügung, muss der Arbeitgeber den fehlenden Lohnsteuerabzug beim Betriebsstättenfinanzamt anzeigen (§ 38 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG). Die Anzeige wirkt wegen § 19a Abs. 4a EStG aber nicht haftungsbefreiend. Das Betriebsstättenfinanzamt kann den Arbeitgeber ohne entsprechende Ermessensprüfung in Haftung nehmen und muss nicht prüfen, ob eine vorrangige Inanspruchnahme des Mitarbeiters als Steuerschuldner möglich wäre.
(vgl. Rz. 51.3 und 51.4 des BMF-Schreibens)​​
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Die Chancenkarte: Ein kritischer Blick auf das neue Einwanderungskonzept Deutschlands​

Mit dem Konzept der Chancenkarte  will die deutsche Bundesregierung gegen den Fachkräftemangel vorgehen und qualifizierten Fachkräfte aus dem Ausland den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtern. Die Voraussetzung für den Erhalt der Chancenkarte ist an zwei Optionen geknüpft. Nach Option 1 besitzt die Fachkraft eine ausländische berufliche oder akademische Qualifikation, die in Deutschland voll anerkannt ist. Alternativ hat die Fachkraft Ihren Hochschul- oder Berufsabschluss in Deutschland erworben. 

Nach Option 2 sind mindestens sechs Punkte im Punktesystem zu erreichen und darüber hinaus muss eine staatlich anerkannte berufliche oder akademische Ausbildung erfolgreich abgeschlossen sein. Zudem verfügt die Fachkraft entweder über deutsche Sprachkenntnisse mindestens auf dem Niveau A1 oder englische Sprachkenntnisse mindestens auf dem Niveau B2. Das Punktsystem basiert auf Kriterien wie Gleichwertigkeit der Qualifikation, Berufserfahrung, Alter oder Deutschlandbezug.

Für Arbeitgeber bietet die Chancenkarte zahlreiche Vorteile. Durch den erleichterten Zugang zu qualifizierten Fachkräften können Unternehmen offene Stellen schneller und effizienter besetzen. Dies ist besonders in Branchen mit akutem Fachkräftemangel von Vorteil, da der Rekrutierungsprozess beschleunigt wird und Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben können. Zudem ermöglicht die Chancenkarte den Zugang zu einem größeren Talentpool, was Innovation und Wachstum fördern kann.

Trotz der Vorteile gibt es erhebliche Herausforderungen. Ein zentraler Kritikpunkt ist die Bürokratie. Obwohl die Chancenkarte den Prozess vereinfachen soll, besteht die Befürchtung, dass die deutsche Bürokratie weiterhin ein Hindernis bleibt. Langwierige und komplexe Verfahren könnten die Attraktivität des Systems mindern und qualifizierte Fachkräfte abschrecken.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Chancenkarte das Potenzial hat, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken und den Fachkräftemangel zu lindern. Gleichzeitig gibt es jedoch Herausforderungen und Risiken, die sorgfältig abgewogen werden müssen.

​​​Unser neuer Beratungsbereich: HR Advisory

Wir freuen uns, wie in der letzten Ausgabe angekündigt, unseren seit März 2024 dazugekommenen Bereich HR Advisory näher vorzustellen. HR Advisory ergänzt unser Compliance Portfolio bestehend aus Steuerberatung, Rechtsberatung (Immigration, Sozialversicherung, Arbeitsrecht) sowie internationaler Payroll um die operative als auch strategische HR-Beratung bei grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsätzen.  ​

Folgende konkrete Beratungsmöglichkeiten sind darunter zu verstehen.
 

1. Operative Unterstützung von HR-Aktivitäten bei der Betreuung von grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsätzen

Wir bieten umfassende operative Unterstützung, um HR-Teams bei der Koordination und Administration von grenzüberschreitenden Einsätzen zu entlasten. Dazu gehören, mit Hilfe unserer Compliance Kollegen und Kooperationspartner, sämtliche Aktivitäten vor, während und nach dem Auslandseinsatz, d.h. von der Vorbereitung, Kostenschätzung über Visa- und Arbeitserlaubnisverfahren, HR Briefings für die Reisenden, ggfls. Koordination von Relocation-Services bis zur Reintegration nach dem Ende des Auslandseinsatzes.

2. Sparringspartner für Personalabteilungen und Global Mobility Teams

Als erfahrene Berater stehen wir Personalabteilungen und Global Mobility Teams als Sparringspartner zur Seite. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Ihnen für Ihr Haus maßgeschneiderte Lösungen für konkrete Herausforderungen zu entwickeln und Impulse für Innovationen im Bereich der internationalen Mitarbeitereinsätze zu setzen.

3. Strategie-/ Transformationsberatung für Personalabteilungen/ Global Mobility

In diesem Feld stellen wir uns gemeinsam die Frage, wen Sie in Ihrem Haus warum mobil machen möchten. Die Antworten können vielfältig sein: Fachpersonal aus dem Ausland, Managementfunktion im Ausland nach Akquisition oder Neugründung einer Gesellschaft, Steigerung der Arbeitgeberattraktivität oder fester Bestandteil Ihres Kerngeschäftes z.B. Montage- oder Servicetätigkeiten im Ausland. Die Ergebnisse helfen uns dabei für Sie passende Organisation, Struktur und Vergütungspakete für Ihre Mitarbeiter zu entwerfen.

4. Beratung zu Service Delivery Modellen inkl. Prozesse und Digitalisierungsthemen

Im Rahmen unserer Beratungsdienstleistungen bieten wir umfassende Unterstützung bei der Entwicklung und Optimierung von Service Delivery Modellen. Dies beinhaltet die Bestandsaufnahme, Analyse und Neugestaltung von Prozessen, um Effizienz und Effektivität zu steigern. Wir legen einen besonderen Wert darauf, dass diese nicht nur auf dem „Papier“ gut aussehen, sondern Ihnen den Praxisalltag erleichtern.

5. Beratung oder Überprüfung von Richtlinien oder anderen Formen der Strukturierung

Gerne werfen wir einen Blick auf Ihre bereits bestehenden Dokumente und geben Ihnen Hinweise, wo sich ggfls. eine Anpassung lohnt oder Ihr Unternehmen bereits marktüblich unterwegs sind. Darunter können auch Checklisten oder Leitfäden für Personalkollegen und/oder Fachbereiche fallen. Wir unterstützen Sie auch auf dem Weg die gelebte Praxis in Richtlinien o.ä. zu überführen.

Bei Fragen oder Anliegen zögern Sie bitte nicht auf die verantwortliche Kollegin Katharina Seitenberger zuzugehen: katharina.seitenberger@roedl.com oder +49 911 9193 1296.

​Reform des grenzüberschreitenden EU-Sozialrechts ist gescheitert

GMC-Neuzugang 
Unser Neuzugang Herr Stephan Skarka verstärkt als Associate Partner unser Global Mobility Consulting Team seit dem 1. Juli 2024 am Standort Eschborn. In seiner Arbeit bringt er seine langjährige Berufserfahrung im Bereich Payroll für international eingesetzte Mitarbeiter ein und verfügt dabei über umfassende Kenntnisse in den vielfältigen Varianten des internationalen Mitarbeitereinsatzes. Diese reichen vom klassischen befristeten Einsatz bei Konzerngesellschaften im In- und Ausland, über den grenzüberschreitenden Einsatz von Betriebsstättenmitarbeitern, bis hin zu komplexen, grenzüberschreitenden Tätigkeiten. Dabei deckt sein Fachwissen sowohl die individuelle Einzelfallbetrachtung als auch die automatisierte Verarbeitung ausländischer Gehaltsdaten für große Entsendepopulationen ab.
 
Bei Rödl & Partner verantwortet Stephan Skarka den Bereich Payroll im Global Mobility Consulting Team. 

Bei Fragen oder Anliegen zögern Sie bitte nicht auf ihn zuzugehen: stephan.skarka@roedl.com oder +49 6196 76114 737.

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