Early Tax Birds 1/2024: Referentenentwurf des Jahres­steuergesetzes und Entwurf der Mindeststeuererklärung

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 1/2024 (27. Mai – 2. Juni 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 3. Juni 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde von Rödl & Partner,

heute findet die erste Ausgabe unseres neuen Early Tax Birds-Newsletters den Weg in Ihr digitales Postfach. Steuerberatungsgesellsch​aften gibt es viele, aber es gibt nur ein Rödl & Partner. Insofern wollen wir Sie künftig getreu dem alten ornithologischen Motto „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ jeden Montag in der Früh über Neuigkeiten aus der Welt der Besteuerung informieren, denn Steuern sind unsere Leidenschaft. Auch wenn diese Leidenschaft für die Steuerpflichtigen oft Leiden schafft.
 
Wenn Ihnen der Newsletter gefällt, sagen Sie es gerne w​eiter​ – wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Über Anregungen und Kritik freuen wir uns. Schreiben Sie dazu gerne eine E-Mail an: earlytaxbirds@roedl.com​.

Beste Grüße
Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam
  

​​Aktuelle Gesetzgebung​​

Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024)

Das BMF hat den Referentenentwurf für ein JStG 2024​ auf seiner Webseite veröffentlicht. Es handelt sich um ein „typisches“ Jahressteuergesetz, das eine Vielzahl von thematisch selbständigen, nicht miteinander verbundenen Einzelmaßnahmen regelt.​ Dahinter verbirgt sich jedoch kein politisches Konzept zur Verbesserung oder Vereinfachung des Steuerrechts oder gar für steuerliche Entlastungen, sondern die Änderungen sind zum größten Teil Reaktionen auf Änderungen des EU-Rechts und der Rechtsprechung des Europäi­schen Gerichtshofs (EuGH), Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie Folgeänderungen und Fehlerkorrekturen. 

Dem Gesetzesentwurf ist zu entnehmen, dass der Anpassungsbedarf hoch ist. Die Steuerjuristen im BMF benötigen 44 Artikel auf 92 Seiten reinen Gesetzes­textes, um in 28 unterschiedliche Steuergesetze einzugreifen (insgesamt umfasst das JStG 2024 damit 243 Seiten)​. Eine Auswahl der Highlights und wichtigsten Änderungen haben wir Ihnen hier zusammengestellt​. Wir werden den weiteren Gesetzgebungsprozess begleiten und Sie an dieser Stelle über alle Entwickungen auf dem Laufenden halten. 

​Neues aus der Finanzverwaltung 

Ent​wurf des amtlichen Vordrucks für die Mindeststeuererklärung 2024

Das BMF hat Fa​​chverlagen, Softwareanbietern und Verbänden die Dateien des Entwurfs für die Mindeststeuererklärung zur Verfügung gestellt. Der Vordruckentwurf​ und die Anleitung sind jedoch noch nicht mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmt. Gleiches gilt für die ​ Excel-Tabellen​ (als zip-Datei) als Anlage zur Steuererklärung. Näheres zu den Erwägungen des BMF kann dem Schreiben zu den Unterlagen entnommen werden, welches eine Frist für etwaige Vorschläge zu Änderungen und Ergänzungen bis zum 14. Juni 2024 vorsieht.
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ANGABEN ZUR INANSPRUCHNAHME EINER SONDERABSCHREIBUNG NACH § 7B ESTG
​Das BMF hat mit Schreiben vom 29. Mai 2024 die ​Anlage zum Anwendungsschreiben zur Sonderabschreibung für die Anschaffung oder Herstellung neuer Mietwohnungen nach § 7b EStG ersetzt und um eine weitere Anlage ergänzt. Hierbei wurde die Anlage für Bauanträge und Bauanzeigen nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 aktualisiert. Die Ergänzung umfasst indes eine Checkliste für Bauanträge und Bauanzeigen nach dem 31. Dezember 2022 und vor dem 1. Januar 2029. Die weiteren Arbeits- und Berechnungshilfen​ des BMF zur Sonderabschreibung nach § 7b EStG wurden nicht geändert und gelten weiterhin. 
 

BMF verursacht Unruhe hinsichtlich der Besteuerung von Expatriates

Bereits am ​12. Dezember 2023 wurde das aktualisierte BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen​ veröffentlicht. ​​Eine Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen des umfassenden Schreibens finden Sie hier. Wie nun den Medien ​zu entnehmen ist​, drängen mittlerweile die Verbände intensiv auf eine Überarbeitung des BMF-Schreibens. Einer der Hauptkritikpunkte sind die Kriterien für die Wohnsitzbestimmung, welche das Risiko einer Doppelbesteuerung erhöhen könnten. Nun steht daher öffentlich zur Diskussion, ob das BMF die Regelungen tatsächlich überarbeiten könnte. Dies wäre sehr im Interesse der Steuerpflichtigen. Wir behalten die weiteren Entwicklung für Sie jedoch im Blick und halten Sie auf dem Laufenden!  ​​

Neuigkeiten aus Europa und der OECD

G7-Treffen in Italien

Vom 23. - 25. Mai haben sich die Finanzministerinnen und Finanzminister und Notenbankgouverneurinnen und Notenbankgouverneure der G7 im italienischen Stresa getroffen. In dem anschließend veröffentlichten gemeinsamen Kommuniqué wurden auch​ Themen der internationalen Steuerkooperation adressiert. 

Insbesondere wird das politische Engagement für die Schaffung eines stabileren und gerechteren internationalen Steuersystems bekräftigt. Hierbei soll der Umsetzung der Zwei-Säulen-Lösung aus Pillar I und II hohe Priorität eingeräumt werden, um die Arbeiten innerhalb des OECD/G20-Inclusive Framework kurzfristig abzuschließen und ein multilaterales Abkommen zu Pillar I bis Ende Juni 2024 zu unterzeichnen. Weiterhin wurde zu den Fortschritten im Bereich der Steuertransparenz Stellung genommen und betont, dass neue Regelungen im Bereich der Kryptoaktivitäten bis spätestens 2027 oder 2028 umgesetzt werden sollen. Dies betrifft auch die fortschreitende Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit und Fortsetzung des Informationsaustauschs für Steuerzwecke, welche die Staaten weiter forcieren. 

Auch hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen im Bereich der Steuerfragen wurde Stellung genommen. So wird weiter die Ausarbeitung eines Mandats für ein Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über die internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich angestrebt, um Entscheidungen zu treffen, welche auf einem gemeinsamen Konsens basieren und ein stabiles und berechenbares internationales Steuersystem unterstützen. 

Hervorzuheben ist, dass alle Bekundungen der beteiligten Staaten keinen verbindlichen Charakter haben. Wir werden Sie über die Entwicklungen in den Themen an dieser Stelle auf dem Laufenden halten. ​

INCLUSIVE FRAMEWORK ON BEPS
Im Anschluss an das G7-Treffen in Italien fand vom 28. - 30. Mai eine Sitzung des Inclusive Framework on BEPS​ der OECD statt. Im Fokus standen die Umsetzung und Auswirkungen des​ BEPS-Mindeststandards, der Status und die Erfahrungen mit der Umsetzung der globalen Mindeststeuer und Pläne für die Teilnahme an der Unterzeichnungszeremonie für die Subject to Tax Rule, die am 19. September 2024 in Paris stattfinden wird. 

Hauptthema war jedoch die Diskussion über offene Fragen im Zusammenhang mit Pillar I zur Bewältigung der steuerlichen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben. Nach Auskunft der OECD steht das Inclusive Framework on BEPS kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen über ein abschließendes Paket zur ersten Säule, welches einen Text des Multilateralen Übereinkommens (MLC) für Betrag A und einen Rahmen für Betrag B enthält. Wie bereits zuvor von den G7 bekräftigt, wird eine endgültige Einigung bis Ende Juni angestrebt. 
    

​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

Zuordnung einer Leasingsonderzahlung zu den jährlichen Gesamtaufwendungen für betriebliche Fahrten im Rahmen einer Nutzungseinlage​

Unser Urteil der Woche befasst sich mit der Entscheidung des BFH vom 12. März 2024, VIII R 1/21. Darin hatte der BFH dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang eine geleistete Leasingsonderzahlung für ein gemischt genutztes Fahrzeug bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit als Betriebsausgabe (Nutzungseinlage) und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (V+V) als Werbungskosten abzugsfähig ist. Der fragliche Leasingvertrag hatte eine Laufzeit von 36 Monaten und sah keine Kaufoption oder Vertragsverlängerungs​​­möglichkeit vor. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger von der vollständig abgeflossenen Leasingsonderzahlung anteilig nach dem Verhältnis der betrieblichen Fahrten eine Betriebsausgabe bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt änderte die Einkommensteuerfestsetzung sodann dahingehend, dass es den Betriebsausgabenabzug für die Leasingsonderzahlung auf 1/36 des anteiligen Nettobetrags kürzte. Nach dem daraufhin ergangenen FG-Urteil ist die Leasingsonderzahlung nur mit dem über die gesamte Vertragslaufzeit ermittelten Durchschnittsanteil der beruflichen Nutzung des Fahrzeugs anteilig abzugsfähig.

Der BFH hat nun die Revision der Kläger gegen das Urteil des FG als unbegründet zurückgewiesen. Der vollständige Abzug der Leasingsonderzahlung als Betriebsausgabe zum Abflusszeitpunkt ist nicht möglich. Zu den Betriebsausgaben gehören ebenfalls Aufwendungen, die durch die betrieblich veranlasste Nutzung von eigenen betriebsfremden Wirtschaftsgütern (Nutzungseinlagen) entstehen. Nutzungseinlagen sind auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen. Da die Leasingsonderzahlung im Streitjahr vollständig abgeflossen ist, kann sie grundsätzlich als Betriebsausgabe und Werbungskosten berücksichtigt werden. Fahrzeugkosten, wie eine Leasingsonderzahlung, sind bei den Einkünften aus V+V grundsätzlich als Werbungskosten abzugsfähig. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG sieht keine Begrenzung des Abzuges im Abflussjahr für Nutzungsentgelte vor, die für einen Zeitraum von nicht mehr als fünf Jahren vorausgezahlt werden. Die Leasingsonderzahlung ist zudem eine anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbare Aufwendung, sodass § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG keine Anwendung findet. Die Höhe der für eine Nutzungseinlage anzusetzenden Betriebsausgaben bestimmt sich nach den auf die betriebliche Nutzung entfallenden tatsächlichen Aufwendungen. Der Anteil der Leasingsonderzahlung an den jährlichen Gesamtaufwendungen für die betrieblichen Fahrten eines Jahres ist kumulativ aus dem objektiven Verhältnis der betrieblich gefahrenen Kilometer zu den Gesamtkilometern des jeweiligen Jahres und zeitanteilig nach dem Verhältnis der im jeweiligen Jahr liegenden vollen Monate sowie der Laufzeit des Leasingvertrages zu bestimmen. Da die Leasingsonderzahlung die Höhe der monatlichen Leasingraten gleichmäßig über die gesamte Vertragslaufzeit mindert, ist diese bei der Ermittlung der jährlichen Gesamtaufwendungen für die betrieblichen Fahrten unabhängig vom Abflusszeitpunkt linear auf die einzelnen Veranlagungszeiträumen während der Laufzeit des Leasingvertrages zu verteilen. Mithin ist sie ein vorausgezahltes Nutzungsentgelt, das dazu dient, die Leasingraten während der Gesamtlaufzeit des Leasingvertrags zu mindern und die Nutzung des Fahrzeugs für alle Einkunftsarten in den Folgejahren maßgeblich zu finanzieren. Daher ist es nur folgerichtig, dass die Sonderzahlung in den folgenden Veranlagungszeiträumen zeitanteilig zu den jährlichen Gesamtaufwendungen für die betrieblichen Fahrten des jeweiligen Veranlagungszeitraums zählt. Dem steht nicht entgegen, dass jeweils kein Abfluss der Zahlung erfolgt ist. Bei vollständiger Zuordnung der Sonderzahlung im Abflusszeitpunkt würden ansonsten vorab entstandene Betriebsausgaben für künftige Nutzungseinlagen zum Abzug gebracht werden. 

Die Rechtsfolgen des Urteils lassen aufhorchen und sollten bei der Gestaltung von Leasingverträgen berücksichtigt werden. Für die Unternehmenspraxis zeigt sich in dem Urteil nämlich, dass bei Sonderzahlungen für gemischt genutzte Wirtschaftsgüter darauf zu achten ist, dass diese stets anteilig über die Vertragslaufzeit und das Verhältnis der betrieblichen Nutzung aufgeteilt werden. Der Steuerpflichtige hat daher zwingend die tatsächliche betriebliche Nutzung der fraglichen Wirtschaftsgüter aufzuzeichnen. Hervorzuheben ist, dass der BFH sich nicht dazu geäußert hat, ob die Leasingsonderzahlung als vorab entstandene Werbungskosten bei einer beabsichtigten künftigen Nutzung in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus V+V abzugsfähig sein könnte. 

Unionsrechtswidrigkeit des Ausschlusses einer Antragsveranlagung zur Einkommensteuer für in der Schweiz ansässige deutsche Arbeitnehmer

Mit Urteil vom 30. Mai 2024 in der Rs. C-627/22, AB / Finanzamt Köln-Süd hat ​​der EuGH auf Vorlage des FG Köln (15 K 646/20​)​​ den Ausschluss einer Antragsveranlagung zur Einkommensteuer nach § 50 Abs. 2 EStG für in der Schweiz ansässige deutsche Arbeitnehmer für unvereinbar mit dem Freizügigkeitsabkommen EU-Schweiz (FZA) erklärt. Sinn einer Antragsveranlagung ist es, die Berücksichtigung von Aufwendungen wie Werbungskosten und die Anrechnung von im Steuerabzugsverfahren einbehaltener Lohnsteuer zu ermöglichen. Eine Rechtfertigung des Ausschlusses dieses Verfahrens nach Art. 21 Abs. 3 FZA oder durch die Stand-still-Klausel in Art. 13 FZA verneinte der EuGH.​​​

 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH vom 31. Mai 2024

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
​ II R 25/21
​28. Februar 2024
Freibetrag bei Übertragung von Vermögen auf eine Familienstiftung
 ​​II B 27/22


​3. Mai 2023
Einhalten der Vorbehaltensfrist bei Ausgliederung zur Aufnahme
​ IX R 28/22
21. Mai 2024
​Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für Klage auf Gewährung von Akteneinsicht
​ IX S 23/23 (PKH)
​15. Mai 2024
​Freiwillige Unterhaltszahlungen als einzusetzendes Einkommen
 ​IX S 14/24
15. Mai 2024
​Streitwert bei Geltendmachung von Auskunftsansprüchen gegenüber der Finanzbehörde
​ IX B 1/24
15. Mai 2024
Darlegung der Zulassungsgründe bei einem auf mehrere Rechtsgründe gestützten Urteil
​ VIII R 10/20
​12. März 2024
Festsetzung von Prozesszinsen anstelle festgesetzter Erstattungszinsen


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Philip Nürnberg

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