Early Tax Birds 22/2024: Wird die Abgabefrist für Erklärungen nach § 18 AStG nochmal verlängert?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 22/2024 (21. – 27. Oktober 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 28. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​

Winter is Coming – Der Winter naht. Nicht nur „Game of Thrones“-Fans wissen, dass der Sommer leider zu Ende ist. Mit einem kuriosen Fall hatte sich kürzlich das Finanzgericht Münster zu beschäftigen (Az. 7 K 2261/20 E). Ein Arzt bescheinigte dem späteren Kläger, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen über die Wintermonate in tropischem Klima aufhalten solle. Schon hatte der Betreffende die Koffer gepackt und flog kurzerhand nach Thailand (auch da haben wir übrigens ein Büro!). Den Rechtsstreit darüber, ob die dafür entstandenen Kosten in Deutschland als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, verlor der Kläger allerdings. Dem Gericht fehlte die ausreichende Abgrenzung zu einer Erholungsreise. Sie haben Ähnliches vor? Sprechen Sie uns am besten vorher an. 

Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.

Beste Grüße
Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam​​


   

Neues aus der Finanzverwaltung 

  
Finanzamt München zu Erklärungen für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen​

Das Finanzamt München hat mit einem beeindruckenden Schreiben vom 18. Oktober 2024​ die Steuerberaterschaft über das dortige Vorgehen in Bezug auf Feststellungserklärungen nach § 18 AStG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen, informiert. Das sehr lesenswerte, rechtsstaatlich jedoch fragliche, grundsätzlich für Steuerpflichtige aber positive Schreiben sieht zunächst eine Verlängerung der Abgabefrist für Erklärungen für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung für das Wirtschaftsjahr 2022 bis zum 31. Dezember 2024 vor. Zudem wird die Frist zur Abgabe der entsprechenden Erklärungen für das Wirtschaftsjahr 2023 auf den 31. August 2025 verlängert. Zu späteren Wirtschaftsjahren wird sich das Finanzamt gegebenenfalls gesondert äußern. 

Zudem positioniert sich das Finanzamt München mit dem Schreiben ausdrücklich gegen den Gesetzeswortlaut des § 18 Abs. 3 AStG und den dazu ergangenen Anwendungserlass (AEAStG 2023). Nach dem Gesetzeswortlaut sind in Fällen, in denen Steuerpflichtige über eine Personengesellschaft an einer Zwischengesellschaft beteiligt sind, die jeweiligen Steuerpflichtigen zur Abgabe der Erklärung für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung verpflichtet. Dies kann insbesondere im Anwendungsbereich des § 13 AStG bei Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter zu erheblichem Verwaltungsaufwand führen, da bspw. in Konstellationen mit Publikums-KGs schnell mehrere Hundert oder Tausend Anleger Steuererklärungspflichten nach dem AStG für Splitterbeteiligungen unterliegen könnten. Für diese (und u.E. auch alle anderen vom Wortlaut des Schreibens erfassten) Fälle hat das Finanzamt München nun einen Weg skizziert, wie eine Abgabe der Erklärungen für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung durch die nämliche Personengesellschaft erreicht werden kann und die Steuerpflichtigen ihren Pflichten nicht selbst nachkommen müssen. 

Hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese Verwaltungsvereinfachung Steuerpflichtigen im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes München zwar eine gewisse Erleichterung gibt, jedoch auch ausgesprochen kritisch zu sehen ist. So können gesetzliche Vorgaben durch bloße Schreiben der Finanzverwaltung an sich nicht einfach überschrieben werden, auch können dadurch keine Steuererklärungspflichten der Steuerpflichtigen vermieden werden, da diese Steuerpflichtigen zum Teil auch abweichenden örtlichen Zuständigkeiten unterliegen können als die fragliche Personengesellschaft. Insgesamt sind die Ausführungen des Schreibens daher mit größter Vorsicht zu genießen! Es wird zwingend erforderlich sein, dass der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung insoweit nachbessern, um die gewünschten Erleichterungen auch rechtssicher zu erreichen, denn ein Finanzgericht wäre an das Schreiben nicht gebunden. Steuerpflichtigen kann demnach richtigerweise nur empfohlen werden, ihre Steuererklärungspflichten dennoch vollständig selbst zu erfüllen, da nicht wird garantiert werden kann, dass die vorgenannten Ausführungen in einem etwaigen Rechtsstreit Bestand haben werden. 
   
Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
Update General Report der OECD an die G20 in Steuerangelegenheiten​

Die OECD hat am 24. Oktober 2024 in Washington D.C. ihren „OECD Secretary-General Tax Report to G20 Finance Ministers and Central Bank Governors“​ vorgestellt. Der Bericht beschreibt die jüngsten Entwicklungen bei der internationalen Steuerreform seit Juli 2024, einschließlich der Zwei-Säulen-Lösung zur Bewältigung der steuerlichen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben. Er behandelt auch die Fortschritte bei der Umsetzung der BEPS-Mindeststandards und der Steuertransparenz sowie Aktualisierungen in den Bereichen Steuerpolitik, Steuern und Ungleichheit sowie Steuerverwaltung. Dieser Bericht wurde von der OECD im Vorfeld des vierten Treffens der G20-Finanzminister und Zentralbankgouverneure erstellt, das unter der brasilianischen G20-Präsidentschaft vom 23. bis 24. Oktober 2024 in Washington D.C. stattfand.

EU Kommission legt überarbeiteten Entwurf einer Durchführungsverordnung zum CbCR vor​​

Die Europäische Kommission hat am 24. Oktober 2024 einen überarbeiteten Entwurf einer Durchführungsverordnung zur Festlegung einer gemeinsamen Vorlage und elektronischer Berichtsformate für die öffentliche länderbezogene Berichterstattung (CbCR​) in der EU veröffentlicht. Nach Artikel 48b Absatz 1 der Richtlinie 2013/34/EU sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, für das letzte der beiden aufeinanderfolgenden Geschäftsjahre, in denen die konsolidierten Umsatzerlöse zum Bilanzstichtag jeweils 750 Mio. EUR überstiegen, einen Bericht über Informationen zur Einkommensteuer zu erstellen, zu veröffentlichen und zugänglich zu machen. Zuvor wurde im August 2024 eine öffentliche Konsultation zu dem Verordnungsentwurf durchgeführt, die im September dieses Jahres abgeschlossen wurde.
  
    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Besteuerung von Abfindungen nach dem DBA-Frankreich 1959/2001

Unser Urteil der Woche befasst sich mit der Entscheidung des BFH vom 1. August 2024 (VI R 52/20​). Darin hat der BFH entschieden, dass die Grenzgängerregelung gemäß Art. 13 Abs. 5 des DBA-Frankreich 1959/2001 dem deutschen Besteuerungsrecht für eine Abfindung nicht entgegensteht, sofern die Abfindung auf Zeiträume entfällt, in denen der Arbeitnehmer in Deutschland gewohnt und gearbeitet hat.

Im Streitfall war der Kläger zwischen 1995 und 2015 Arbeitnehmer unterschiedlicher Unternehmen im A-Konzern (insgesamt 245 Monate). Zunächst hatte der Kläger seinen Wohnsitz bis Oktober 2005 in Deutschland (129 Monate) und zog danach nach Frankreich. Infolge des Umzugs nach Frankreich machte der Kläger für die weitere Beschäftigungszeit von der Grenzgängerregelung Gebrauch. Ab November 2005 wurde der Kläger somit von der deutschen Lohnsteuer freigestellt und seine Einkünfte aus der Anstellung in Frankreich der dortigen Besteuerung unterworfen.

Im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs endete das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2015 und dem Kläger wurde eine Abfindung i.H.v. 180.000 EUR zugesprochen. Das Betriebsstätten-Finanzamt stellte dem Kläger unter Beachtung der DBA-Regelung für die Abfindung eine Freistellungsbescheinigung aus, welche eine anteilige Steuerbefreiung der Abfindung in Deutschland vorsah. Die Aufteilung erfolgte dabei anhand der Zeit als unbeschränkt Steuerpflichtiger im Inland (129 von 245 Monate). Der Arbeitgeber führte entsprechend Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag ab.
Der Kläger beantragte dagegen die Freistellung der gesamten Abfindung und begründete dies mit der anzuwendenden Grenzgängerregelung. Das Finanzamt lehnte dies im Einspruchsverfahren ab. Der Kläger erhob gegen die Einspruchsentscheidung Klage, die jedoch vom Finanzgericht (FG Baden-Württemberg vom 11. Februar 2020, 6 K 1055/18) abgewiesen wurde.

Der BFH entschied nun, dass die Revision des Klägers unbegründet sei und wies die Klage zurück. Der Kläger habe keine weiteren Ansprüche auf eine steuerliche Freistellung seiner Abfindung als die durch das Finanzamt gewährte. Das FG habe insoweit korrekt geurteilt, als der Kläger inländische Einkünfte erzielte. Insoweit sei die Abfindung anteilig der deutschen Steuerpflicht zu unterwerfen.

In seinem Urteil stellte der BFH fest, dass das Besteuerungsrecht Deutschlands durch das DBA mit Frankreich nicht ausgeschlossen war. Die vom Finanzamt genutzte Methode war dabei sachgerecht und widersprach nicht den rechtlichen Grundsätzen. Nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich 1959/2001 dürfen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich im Tätigkeitsstaat (hier Deutschland) besteuert werden. Die Abfindungszahlungen unterliegen folglich in Deutschland der Besteuerung, da diese als Entschädigung für den Verlust des deutschen Arbeitsplatzes gezahlt wurden. Hierbei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass Abfindungen nach dem OECD-MA grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat und nicht im Tätigkeitsstaat zu besteuern sind. Im vorliegenden Sachverhalt bestätigte der BFH jedoch, dass nach Art. 13 Abs. 1 des DBA das Besteuerungsrecht Deutschland zusteht. Da die Abfindung in direktem Zusammenhang mit der früheren Tätigkeit des Klägers in Deutschland stand, konnte Deutschland das Besteuerungsrecht ausüben.

Insbesondere sei dies damit begründet, dass auf den Kläger bis Oktober 2005 das DBA nicht anwendbar war und er ausschließlich in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war. Ab November 2005, als die Grenzgängerregelung anwendbar wurde, nahm das Finanzamt kein deutsches Besteuerungsrecht mehr an. Der BFH konnte daher die interessante Frage offenlassen, ob das Besteuerungsrecht für eine Abfindung dem Ansässigkeitsstaat zuzuweisen ist oder ob diese Zuweisung nur für Vergütungen gilt, die für eine tatsächlich im anderen Vertragsstaat ausgeübte Tätigkeit gezahlt werden.​

EuGh zum sog. E-Charging von Elektrofahrzeugen

Mit Urteil C-60/23​ vom 17. Oktober 2024 bestätigte der EuGH seine bisherige Rechtsprechung zur Einheitlichkeit einer Leistung beim Aufladen von Elektrofahrzeugen mit technische​r Unterstützung und IT-Diensten. Weitere Informationen zum Urteil finden Sie hier​ in einem B​​eitrag unserer Kollegen aus der Umsatzsteuerberatung.

FG München zur Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden und Gebäude

Das FG München hatte mit Urteil 12 K 861/19 vom 10. April 2024 darüber zu entscheiden, ob eine vom Kaufvertrag abweichende Kaufpreisaufteilung auf Grund und Boden und Gebäude zulässig ist. Wenn im Kaufvertrag eine Kaufpreisaufteilung bereits vorgenommen wurde, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich ebenfalls der Besteuerung zugrunde zu legen. Eine Abweichung von der vereinbarten Aufteilung ist demnach nur möglich​, wenn die Aufteilung nicht wirtschaftlich haltbar ist und nicht den tatsächlichen Wertverhältnissen entspricht. Abweichungen zwischen der AfA-Bemessungsgrundlage laut Kaufvertrag und einem Sachverständigengutachten von 10 % sind unbeachtlich. Abweichungen unter 10 % werden mit der "natürlichen" Marktspanne begründet. 


 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
​IV R 1/20
8. August 2024
Zu den Besteuerungsfolgen der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs entweder gegen Versorgungsleistungen oder unter Vorbehalt des Nießbrauchs
​IX R 6/23


13. August 2024
Anforderung von Unterlagen durch die Finanzbehörde
VIII B 73/23
8. Oktober 2024
​Nachhaltige Erfindertätigkeit - Divergenz
X B 28/24
​26. September 2024
​Gehörsverletzung bei Übergehen des Kerns des Vorbringens eines Beteiligten
X S 43/23​
19. September 2024
Anhörungsrüge im Fall eines selbständigen Zwischenverfahrens

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