Das neue Arbeitnehmer-Entsendegesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/957

PrintMailRate-it

zuletzt aktualisiert am 17. Juni 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Am 12. Februar 2020 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Um­setzung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Er­brin­gung von Dienstleistungen beschlossen, der die überarbeitete Entsende­richt­linie (EU) 2018/957 umsetzen soll. Geplant ist, dass das Umsetzungsgesetz zum 30. Juli 2020 in Kraft tritt.      
  



Die Reform bezweckt zum einen den Schutz von entsandten Mitarbeitern und zum anderen den Schutz der lokalen Wirtschaft. Hierfür soll das Gleichgewicht zwischen der unionsrechtlich geschützten Dienst­leistungs­freiheit und der Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen einerseits und dem Schutz der bei der Dienstleistungsfreiheit von ihrem Arbeitgeber grenzüberschreitend entsandten Arbeitnehmer andererseits, neu austariert werden. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über ausgewählte Änderungen.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Ein wesentlicher Regelungsbereich betrifft die Arbeitsbedingungen. Zunächst wird der Katalog der nach dem AEntG anwendbaren Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen entsprechend den Vorgaben der Änderungs­richtlinie angepasst werden. Sofern dann die in dem Katalog enthaltenen Arbeitsbedingungen gesetzlich in Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder auch allgemeinverbindlich tarifvertraglich geregelt sind, müssen sie künftig eingehalten werden – und zwar branchenübergreifend. 

Eine Neuerung ist in dem Zusammenhang, dass alle Vorschriften, welche sich auf die Entlohnung beziehen, auch auf die in Deutschland eingesetzten Mitarbeiter  ausländischer Arbeitgeber angewandt werden. Bis dato erfolgte lediglich die Anwendung von Mindestlohnvorschriften, der Begriff „Mindestlohnsätze” wird jedoch durch „Entlohnung” ersetzt, sodass künftig Überstundensätze, Zulagen und Sachleistungen des Arbeitgebers geleistet werden müssen. 
  
Eine weitere Neuerung, die die Lohnthematik betrifft ist, dass Entsendezulagen nur dann auf die Vergütung angerechnet werden dürfen, wenn sie nicht zur Erstattung von tatsächlich angefallenen Kosten gezahlt werden. 

Anwendbarkeit des Arbeitsrechts des Einsatzlandes für Langzeitentsandte

Für Langzeitentsandte (länger als 12 bzw. 18 Monate) sind noch weitergehende Schutzvorschriften vorgesehen, so wird (unter Berücksichtigung der in der Änderungs­richt­linie vorgesehenen Ausnahmen wie z.B. über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen) über den neuen Katalog der Arbeitsbedingungsvorschriften im AEntG hinaus die Anwendung aller Arbeitsbedingungen, die sich in den Rechts- und Ver­wal­tungs­vor­schriften am Beschäftigungsort und in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen vorgeschrieben sind, verpflichtend. 

Zur Berechnung der Beschäftigungsdauer wird es eine Regelung geben, die ein Ablöseverbot vorsieht: Ersetzt ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter durch einen anderen, der die gleiche Tätigkeit am gleichen Ort ausführt, so wird die Beschäftigungsdauer der Beiden zusammengerechnet. So soll Missbrauch entgegengewirkt werden.

In dem Zusammenhang ist auf die Übergangsbestimmung für Langzeitentsendungen hinzuweisen: Die neuen Bestimmungen sind erst ab dem Tag ihres Inkrafttretens anzuwenden, für die Berechnung der Beschäftigungs­dauer werden aber die Zeiten vor dem Inkrafttreten mitgezählt. Das kann für viele Arbeitgeber, die Mitarbeiter bereits jetzt seit Jahren in Deutschland eingesetzt haben, bedeuten, dass ab dem Inkrafttreten des Gesetzes – wie oben aufgezeigt – das Arbeitsverhältnis dem deutschen Arbeitsrecht unterliegt.

Die gesamten Regelungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes haben – in bestimmten Konstellationen  auch Geltung für ausländische Leiharbeitnehmer, die in Deutschland tätig sind. In dem Zusammenhang führt die Änderungsrichtlinie bestimmte Informationspflichten für Entleiher ein. Eine Besonderheit gilt für den Straßen­verkehrssektor, hier gelten die Änderungen des AEntG nicht, sondern es bleibt bei den bisherigen Regelungen.

Ausnahmen für Kurzzeiteinsätze

Eine Rückausnahme von der Anwendung bestimmter Arbeitsbedingungen wird es geben, wenn gerade keine Dienst- oder Werkleistung für den Arbeitgeber vorliegt für 
  • das Führen von Besprechungen oder Verhandlungen,
  • die Erstellung von Vertragsangeboten oder der -abschluss,
  • Besuche einer Messe oder Fachkonferenz,
  • Gründungen von inländischen Unternehmensteilen,
  • konzerninterne Entsendungen zum Zweck der betrieblichen Weiterbildung von Fachkräften in Konzern- oder Unternehmensteilen.

 

Eine Legaldefinition der vorübergehenden Beschäftigung ist im Entwurf des AEntG enthalten, für die vorge­nannten Tätigkeiten ist das gegeben, wenn nicht mehr als 14 Tage ununterbrochen und nicht mehr als 30 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten der Mitarbeiter im Inland beschäftigt wird.


Eine weitere Ausnahme gilt für Erstmontage- und Einbauarbeiten, bei denen der Arbeitnehmer nicht länger als acht Tage innerhalb eines Jahres im Inland beschäftigt ist, wenn die Montage Bestandteil des Liefervertrages ist, für die Inbetriebnahme der gelieferten Güter unerlässlich sind und von Facharbeitern oder angelernten Arbeitern des Lieferunternehmens ausgeführt werden. Zu beachten ist dabei die Rückausnahme für das Baugewerbe. 

Zuständig für die Kontrolle der Arbeitsbedingungen sind die Zollbehörden, die aufgrund der kommenden Ge­set­zes­än­der­ungen um etwa 1.000 Mitarbeiter aufgestockt werden soll. 

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Arbeitgeber bei Auslandseinsätzen künftig erweiterte Vorgaben beachten und umsetzen müssen, um den Schutz der entsandten Mitarbeiter rechtskonform zu gewähren. 

Kontakt

Contact Person Picture

Jessika Gruber

Rechtsanwältin

Associate Partner

+49 911 9193 1084

Anfrage senden

Wir beraten Sie gern!

Thema im Fokus

Unternehmer­briefing

Kein Themen­special verpas­sen mit unserem Newsletter!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu