Mitarbeiterbeteiligungs-Programme: Steuerliche Behandlung in Deutschland und Bewertungsverfahren

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veröffentlicht am 16. Dezember 2020 | Lesedauer ca. 6 Minuten


Management- bzw. Arbeit­nehmer­beteiligungen erfreuen sich großer Beliebt­heit in der Praxis, u.a. bei Private-Equity- und Venture-Capital-Transaktionen. Hinter­grund ist das Interesse eines Investors, die relevanten Manager bzw. Arbeit­nehmer an das Ziel­­unter­nehmen zu binden, um die Profitabilität des Investitions­objekts zu steigern. Der folgende Beitrag verschafft anhand eines Bei­spiels einen Über­blick über die steuer­­lichen Problem­kreise und sich daraus ergebende Bewertungs­anlässe bei der Über­­lassung von Anteilen oder Optionen an Manager bzw. Arbeit­nehmer in Deutsch­­land.


Der folgende beispielhafte Sachverhalt wird den untenstehenden Ausführungen zugrunde gelegt: Ein Private-Equity (PE)-Fonds erwirbt 100 Prozent der Anteile an der deutschen D-GmbH (Fall 1). Als Akquisitionsvehikel dient eine deutsche NewCo, an der das Management der D-GmbH zur Incentivierung beteiligt werden soll. Dazu wird entweder die

  • Überlassung „echter” Gesellschaftsanteile oder
  • die Gewährung von Optionen auf den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an der NewCo in Erwägung gezogen, die nach Ablauf der Vesting-Periode ausgeübt werden können.

Beide Varianten werden im Folgenden insbesondere aus Sicht des deutschen Steuerrechts näher erörtert, da sich das französische Steuerrecht und die einschlägige Rechtsprechung nicht wesentlich davon unterscheiden.



Überlassung „echter” Gesellschaftsanteile

Allgemeines

Bei der indirekten Beteiligung an der D-GmbH über die NewCo liegt der Anreiz der Arbeitnehmer zum Erreichen von Zielvorgaben v.a. im Wertzuwachs der eigenen Anteile. Um dem Management bzw. den Arbeitnehmern einen Anreiz zu verschaffen, werden die Anteile i.d.R. verbilligt oder unentgeltlich ausgegeben, entweder durch eineeiner Kapitalerhöhung oder durch den Verkauf von Gesellschaftsanteilen an der NewCo durch den Finanz­investor. Verbunden wird die Übertragung der Gesellschaftsanteile meist mit einer sog. Vesting-Periode (Erdie­nungs­zeitraum), für die verschiedene durch das Management bzw. die Arbeitnehmer zu erfüllende Bedin­gun­gen festgesetzt werden können (z.B. bestimmte Mindestdauer der Tätigkeit).


Steuerliche Behandlung

Der verbilligte oder unentgeltliche Erwerb einer Beteiligung führt bei den Managern regelmäßig zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 Abs. 1 EStG. Hintergrund ist, dass Vorteile „für” eine Beschäftigung im individuellen Dienstverhältnis gewährt werden, da sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss.

Arbeitslohn kann dabei auch bei Zuwendungen eines Dritten anzunehmen sein, wenn er ein Entgelt „für” eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. In Betracht kommt dabei insbesondere der verbilligte oder unentgeltliche Erwerb von Anteilen an der Muttergesellschaft (NewCo) des Arbeitgebers (D-GmbH) von einem bestehenden Gesellschafter (Finanzinvestor) durch das Management.

Nach der Rechtsprechung führt der verbilligte oder unentgeltliche Erwerb einer Beteiligung in Höhe der Differenz zwischen dem vom Arbeitnehmer zu zahlenden Entgelt und dem Verkehrswert der Beteiligung zum Zeitpunkt des Erwerbs zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Dasselbe gilt auch, wenn ein Arbeit­nehmer beim Austritt aus dem Unternehmen einen über dem Verkehrswert der Anteile liegenden Verkaufspreis für seine Beteiligung vom Finanzinvestor erhält. In dem Fall stellt die Differenz zwischen dem überhöhten Verkaufspreis und dem Verkehrswert einen geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers dar. Um folglich einen lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigen geldwerten Vorteil zu verhindern, müsste der Arbeitnehmer die Beteiligung zum Verkehrswert erwerben (Entry) bzw. veräußern (Exit).

Ein Zufluss des geldwerten Vorteils aus der verbilligten Überlassung der Anteile beim Arbeitnehmer wird auch angenommen, wenn er aufgrund einer schuldrechtlichen Sperr- oder Haltefrist die Anteile für eine bestimmte Zeit nicht veräußern darf. Das gilt allerdings nur, sofern der Arbeitnehmer durch einen Verstoß gegen das Veräußerungsverbot lediglich Schadensersatzpflichten auslöst und die Verfügung über die Anteile innerhalb der Sperrfrist nicht gänzlich ausgeschlossen ist (z.B. bei vinkulierten Namensaktien).


Optionen auf Gesellschaftsanteile (Stock Options)

Allgemeines

Eine weitere Möglichkeit der anteilsbasierten Vergütung, die u.a. bei Start-ups weit verbreitet ist, sind sog. Stock-Options. Dabei handelt es sich um Bezugsrechte der Arbeitnehmer auf Gesellschaftsanteile. Die Grundidee besteht darin, dem Arbeitnehmer das Recht einzuräumen zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. innerhalb eines Zeitraums, eine bestimmte Anzahl von Anteilen zu einem festgelegten Preis (Basispreis) zu erwerben, der dem Verkehrswert zum Zeitpunkt der Einräumung der Option entspricht. Der Anreiz der Arbeitnehmer liegt dabei in der Partizipation an Wertsteigerungen des Unternehmens im Zeitraum zwischen der Gewährung des Optionsrechts und der Ausübung der Option.

Der Vorteil von Optionen besteht darin, dass die Anteile „gestaffelt” über eine gewisse Periode verdient werden können und nicht die gesamten geplanten Anteile sofort übertragen werden. Außerdem muss der Arbeitnehmer bei Einräumung der Option keinen Kapitaleinsatz leisten.


Steuerliche Behandlung

Aus steuerlicher Sicht wird durch die Einräumung eines (handelbaren oder nicht handelbaren) Optionsrechts auf den späteren Erwerb von Anteilen dem Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zunächst nur eine Chance eingeräumt. Da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dadurch lediglich eine Zusage erteilt, künftig Leistungen zu erbringen, entsteht im Zeitpunkt der Optionsgewährung noch kein lohnsteuer- und sozialver­siche­rungspflichtiger geldwerter Vorteil. Dasselbe gilt auch bei der unentgeltlichen Gewährung eines Options­rechts durch einen Dritten, z.B. durch die Gesellschafter (Finanzinvestor) der Muttergesellschaft (NewCo) des Arbeitgebers (D-GmbH).

Der Zufluss des geldwerten Vorteils erfolgt vielmehr erst im Zeitpunkt der Ausübung der Option durch das Management. Denn der für den Zufluss von Arbeitslohn maßgebliche geldwerte Vorteil in Form des auf den Anteilserwerb gewährten Preisnachlasses gelangt regelmäßig erst aufgrund der Ausübung der Option in das wirtschaftliche Eigentum des Arbeitnehmers.

Der lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtige geldwerte Vorteil des Arbeitnehmers entspricht der Differenz zwischen dem Verkehrswert der Anteile im Ausübungs-/Erwerbszeitpunkt und dem in der Optionsvereinbarung festgelegten, von ihm zu zahlenden Basispreis. In dem Zusammenhang ist es auch unbeachtlich, ob die Option durch die Arbeitgebergesellschaft selbst oder durch einen Dritten (hier: Finanzinvestor) eingeräumt wurde. Ein geldwerter Vorteil könnte allerdings dadurch verhindert werden, dass der Basispreis dem Verkehrswert der Anteile im Ausübungszeitpunkt entspricht.

Dasselbe gilt auch bei Venture Capital-Transaktionen, wenn bspw. die Option ausgeübt und die erhaltenen Anteile unmittelbar danach bei einer weiteren Finanzierungsrunde an einen Dritten zum Verkehrswert veräußert werden. Auch in dem Fall stellt die Differenz zwischen dem Basispreis und dem (höheren) Verkaufspreis einen geldwerten Vorteil dar.


Bewertungsverfahren

Im Falle des verbilligten oder unentgeltlichen Erwerbs einer Beteiligung bedarf es einer Anteilsbewertung um die Bemessungsgrundlage als Differenz zwischen dem zu zahlenden Entgelt und dem Verkehrswert der Beteiligung zum Zeitpunkt des Erwerbs zu berechnen. Ebenso kann der Ausübungspreis der Optionen auf Gesellschaftsanteile auf Basis einer Anteilsbewertung bestimmt werden.

Gemäß § 199 ff. BewG muss zur Schätzung des gemeinen Werts von Anteilen für steuerliche Zwecke das Er­trags­wertverfahren angewendet werden, soweit kein Börsenkurs oder kein Verkaufspreis innerhalb des letzten Jahres als Vergleichsmaßstab vorliegt. In Deutschland erfolgt die Anteilsbewertung meist nach den ein­schlä­gigen für Unternehmensbewertungen geltenden fachlichen Regeln, insbesondere dem Standard IDW S1.

Bei Unternehmen mit einfachen Anteilsstrukturen ist das oftmals relativ unproblematisch, da sich der Anteilswert als Ergebnis der Division von Unternehmenswert und Anzahl der Anteile ergibt. Für Start-ups gestaltet sich die Anteilsbewertung jedoch oftmals schwieriger, da sie meist aus unterschiedlichen Anteils­klassen bestehen, die mit einer Vielzahl von verschiedenen Rechten (z.B. Liquidationspräferenzen, Caps, Discounts) ausgestattet sind.

Die grundsätzliche Problematik besteht in der wirtschaftlichen Benachteiligung von bspw. Stammanteilen relativ zu Vorzugsanteilen bei Exit-Ereignissen. Bei Exit-Szenarien zu niedrigeren Verkaufserlösen erhalten Inhaber von Stammanteilen faktisch oftmals einen geringeren Geldzufluss als Vorzugsanteile, da durch z.B. Liquidationspräferenzen sie vorrangig bedient werden. Der Abstand wird besonders in komplexeren Eigen­kapitalstrukturen immer größer und muss somit bewertungstechnisch abgebildet werden.

In der Praxis haben sich deshalb einige Bewertungsmethoden etabliert, die den wirtschaftlichen Werteinfluss von Sonderrechten beachten und zu einer korrekten Wertdarstellung der Anteilswerte führen. Während die gängigsten Methoden – „Current Value Method” (CVM), „Probability Weighted Expected Returns Method”  (PWERM), und „Option Pricing Method” (OPM) – in Deutschland noch weitreichend unbekannt sind, etablierten sie sich als Marktstandard in den USA bei der Bewertung von komplexen Kapitalstrukturen.

So werden bei der „Option Pricing Method” – der oftmals gängigsten und praktikabelsten Methode – die Erlösmechanismen der verschiedenen Anteilsklassen mithilfe von Portfolios bestehend aus Call Optionen am Eigenkapital repliziert. Dabei basieren die Ausübungspreise auf den Liquidationspräferenzen, sodass durch das Options-Portfolio eine Erlösgleichung des Eigenkapitals abgeleitet wird.

Bei richtiger Gestaltung kann mithilfe dieser Methode die Seniorität von Vorzugsaktien, Dividenden­ansprüchen, „Conversion Rates” und „Cash Allocations” einbezogen werden und führt somit zu einem repräsentativen Wert der einzelnen Anteilsklassen.

Zur Bewertung der einzelnen Optionen wird üblicherweise das „Black-Scholes Model” angewandt, wobei dabei die folgenden Input-Parameter besonders kritisch sind: Laufzeit, Volatilität, risikoloser Zins, sowie der Preis der letzten Finanzierungsrunde bzw. der Gesamtunternehmenswert.

Soweit auf den Preis der letzten Finanzierungsrunde für Vorzugsanteile zurückgegriffen wird, kann mit den genannten Input-Parametern die Kapitalstrukturgleichung aufgelöst werden, sodass aus dem Anteilskaufpreis der Vorzugsanteile der letzten Finanzierungsrunde sowohl der Gesamtwert der Gesellschaft als auch der Wert der anderen Anteilsklassen abgeleitet werden kann. Das Verfahren wird üblicherweise als Back-Solve-Methode bezeichnet. Alternativ zum Preis der letzten Finanzierungsrunde kann die Methode auch über eine fundamentale Unternehmensbewertung bspw. der Venture Capital-Methode kalibriert werden.


Fazit

Bei der Gestaltung von Managementbeteiligungen sind zur Verhinderung negativer steuerlicher Konsequenzen eine Reihe von Besonderheiten zu beachten. So kann der unentgeltliche oder verbilligte Erwerb von Anteilen bzw. Anteilsoptionen an der Arbeitgebergesellschaft (oder ihrer Muttergesellschaft) durch die Manager in Deutschland einen lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigen geldwerten Vorteil begründen. Selbiges gilt, wenn ein Manager beim Austritt aus dem Unternehmen einen überhöhten Verkaufspreis für seine Beteiligung erhält. Um einen lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigen geldwerten Vorteil zu verhindern, müsste der Arbeitnehmer die Beteiligung folglich zum Verkehrswert erwerben (Entry) bzw. veräußern (Exit), was jedoch das Anreizinstrument einer Beteiligung an der Werterhöhung der Gesellschaft ad absurdum führen würde.

Zur Bestimmung des Verkehrswerts werden in Deutschland grundsätzlich Ertragswertverfahren angewendet, soweit anderweitige Vergleichswerte – Aktienpreise oder aktuelle Verkaufspreise – nicht einschlägig sind. Im Kontext von Unternehmen mit mehreren Anteilsklassen müssen jedoch evtl. bestehende Vorzugsrechte der einzelnen Anteilsklassen in der Anteilsbewertung bzw. Herleitung des Verkehrswertes berücksichtigt werden. Dafür haben sich in der Praxis insbesondere in den USA eine Reihe von Methoden etabliert. Eine der populärsten Methoden ist die „Option Pricing Method” bei der die Erlösmechanismen der verschiedenen Anteilsklassen mithilfe von Portfolios bestehend aus Call Optionen am Eigenkapital repliziert werden.

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