In Estland als Talent aus Nicht-EU-Land mit Start-up-Visum oder als Top-Spezialist arbeiten

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veröffentlicht am 10. Mai 2023 | Lesedauer ca. 6 Minuten


In Estland wie auch in anderen EU-Ländern benötigen Nicht-EU-Bürger zum Arbeiten in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis oder ein Visum. Nach estnischem Recht gibt es jedoch eine jährliche Einwanderungsquote, durch die die Zahl der Nicht-EU-Bürger, die nach Estland ziehen dürfen, begrenzt wird. Die Einwanderungsquote darf jährlich nicht mehr als 0,1 Prozent der ständigen Bevölkerung Estlands betragen. In der Regel wird die Quote bereits im Januar erreicht. Estland hat jedoch Lösungen gefunden, wie es hochqualifizierten Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten unabhängig von der Quote möglich ist, in Estland zu arbeiten.



Ausländische Talente sind willkommen

Nach estnischem Recht gibt es Personen, die bei der Berechnung der Erfüllung der Einwanderungsquote nicht berücksichtigt werden. Zu diesen Personen gehören u. a. Nicht-EU-Bürger, denen eine Aufenthaltserlaubnis für die Beschäftigung in einem Start-up-Unternehmen oder für eine Tätigkeit im Zusammenhang mit einem Start-up-Unternehmen oder einem Scale-up-Unternehmen erteilt wurde. Auch Ausländer, denen eine befristete Auf­ent­halts­er­laub­nis für eine Beschäftigung als Top-Spezialist erteilt wurde, werden in Estland außerhalb der Quo­te akzeptiert.


Arbeiten mit Start-up Visa

Um Nicht-EU-Bürgern die Teilnahme an der estnischen Start-up-Gemeinschaft zu ermöglichen, hat Estland im Januar 2017 ein Start-up-Visum-Programm eingeführt. Einerseits hilft das Start-up-Visum Nicht-EU-Gründern, ihr Start-up in Estland zu gründen und zu betreiben, andererseits ermöglicht das Start-up-Visumsprogramm al­len in Estland registrierten Start-up-Unternehmen, hochqualifizierte Arbeitskräfte von außerhalb der EU ein­zu­stel­len.

Ein Start-up-Unternehmen nach estnischem Recht ist eine Geschäftseinheit, die zu einem in Estland ein­ge­tra­genen Unternehmen gehört, das seine Tätigkeit mit dem Ziel aufnimmt, ein Geschäftsmodell mit hohem glo­ba­lem Wachstumspotenzial zu entwickeln und einzuführen, das innovativ und skalierbar ist und wesentlich zur Entwicklung des estnischen Geschäftsumfelds beitragen soll.


Eignung von Nicht-EU-Gründern für das Start-up-Visum

Wie bereits erwähnt, begrüßt Estland einerseits Talente aus Nicht-EU-Ländern, die ein Start-up-Unternehmen gründen möchten. Um als Nicht-EU-Gründer für das Gründungsvisum in Frage zu kommen, müssen einige Kri­ter­ien erfüllt werden:

Das Start-up-Visum richtet sich an technologieorientierte Start-up-Unternehmen, die wichtige Probleme lösen und Millionen von Menschen dienen, d. h. das Geschäftsmodell muss innovativ, technologiebasiert und ska­lier­bar sein. Das Start-up sollte also etwas anbieten, was es auf dem Markt noch nicht gibt, und es sollte das Po­ten­zial haben, weltweit zu wachsen.

Der samt den einschlägigen Belegen eingereichte Antrag auf ein Gründungsvisum wird von dem vom estnischen Innenminister gebildeten Start-up-Ausschuss geprüft, der sich aus Mitgliedern der estnischen Start-Up-Gemein­schaft zusammensetzt. Bevor das Start-up-Visum beantragt werden kann, ist also eine Genehmigung dieses Expertenausschusses erforderlich, in der bestätigt wird, dass das Unternehmen des Antragstellers die Anforderungen an ein Start-up-Unternehmen erfüllt.

Darüber hinaus muss der Antragsteller bereit sein, mindestens 200 EUR pro Monat für das Gründungsvisum auszugeben. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass die Lebenshaltungskosten (Unterkunft usw.) in Estland selbst getragen werden müssen.

Wenn das Unternehmen die Qualifikation bestanden hat, kann der Gründer ein Start-up-Visum oder eine befris­tete Aufenthaltserlaubnis beantragen. Dies kann bei einer estnischen Botschaft nach Wahl des Antragstellers oder bei einer Servicestelle der estnischen Polizei- und Grenzschutzbehörde erfolgen.


Einstellung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern durch ein estnisches Start-up-Unternehmen

Wie bereits erwähnt, begrüßt Estland auch Talente aus Nicht-EU-Ländern, die in einem estnischen Start-up-Unternehmen arbeiten möchten. Um in einem in Estland registrierten Start-up-Unternehmen arbeiten zu kön­nen, muss das Start-up-Unternehmen zuvor vom Expertenausschuss bewertet werden, es sei denn, es gilt eine Ausnahme. Der Expertenausschuss entscheidet innerhalb von 10 Arbeitstagen, nachdem er alle erforderlichen Daten und Unterlagen vom Antragsteller erhalten hat, ob das Start-up-Unternehmen für das Visum geeignet ist oder nicht.

Im Falle einer positiven Entscheidung des Expertenausschusses kann das Start-up-Unternehmen in der Regel bis zu fünf Jahre lang Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Ländern zu Vorzugsbedingungen nach Estland holen. Nach Erhalt der Qualifikation muss der Arbeitgeber die Registrierung der Arbeitnehmer für die kurzfristige Beschäf­tigung beantragen und die Arbeitnehmer müssen ein Visum beantragen. Bei einer längerfristigen Beschäftigung muss der Arbeitnehmer eine befristete Aufenthaltserlaubnis bei einer estnischen Botschaft in einer Stadt sei­ner Wahl oder bei einer Servicestelle der estnischen Polizei- und Grenzschutzbehörde beantragen.


In bestimmten Fällen ist keine Bewertung erforderlich

In bestimmten Fällen ist eine Prüfung der Eignung des Start-ups nicht erforderlich. Dies ist der Fall, wenn das Start-up-Unternehmen im Erlass des Innenministers als Start-up-Unternehmen aufgeführt ist, das die im Ge­setz festgelegten Anforderungen erfüllt. Das bedeutet, dass es eine Liste von Unternehmen gibt, die aus­län­di­sche Talente zu Vorzugsbedingungen nach Estland holen können und die nicht das Antragsverfahren des Ex­per­ten­aus­schusses durchlaufen müssen. Solche Unternehmen sind zum Beispiel Veriff, Wise und Bolt, um nur einige zu nennen.

Es ist jedoch auch möglich, dass eine Prüfung der Eignung nicht erforderlich ist, weil der Expertenausschuss das Start-up-Unternehmen bereits in den vergangenen fünf Jahren bewertet hat. Die estnische Polizei- und Grenz­schutzbehörde kann jedoch gegebenenfalls während des Verfahrens verlangen, dass das Start-up-Unter­nehmen eine neue Bewertung durch den Expertenausschuss beantragt.


Arbeiten in estnischen Scale-ups

Zusätzlich zur Arbeit in Start-ups können die Arbeitgeber Nicht-EU-Talente mit einem Scale-up-Visum nach Estland bringen. Das Scale-up-Visum ermöglicht es estnischen Scale-up-Unternehmen (Wachstumsunter­neh­men), ihre Unternehmen durch die Beschäftigung ausländischer Talente leichter wachsen zu lassen.

Laut Gesetz ist ein Wachstumsunternehmen seit mindestens zehn Jahren tätig, hat mindestens 50 Beschäftigte in Estland, hat im letzten Jahr mindestens eine Million Euro Lohnsteuer in Estland gezahlt und der kumulierte Anstieg der Lohnsteuer in den letzten drei Jahren beträgt 20 Prozent.

Wie bei den Start-up-Unternehmen gibt es auch eine Liste estnischer Wachstumsunternehmen, die zu Vor­zugs­be­ding­ungen Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Ländern einstellen können. Unternehmen auf dieser Liste sind zum Beispiel Bolt Technology OÜ, Pipedrive OÜ, Skeleton Technologies Group OÜ, etc.


Arbeiten als Top-Spezialist in Estland

Wie bereits erwähnt, werden neben Nicht-EU-Talenten, die in Start-up-Unternehmen und Scale-up-Unter­neh­men tätig sind, auch Top-Spezialisten außerhalb der Einwanderungsquote akzeptiert. Nach estnischem Recht ist ein Top-Spezialist ein Ausländer, der eine entsprechende Berufsausbildung in einem beliebigen Bereich er­worben hat.

Der in Estland registrierte Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Top-Spezialisten eine Vergütung für seine be­ruf­liche Tätigkeit zu zahlen, die mindestens dem zuletzt vom estnischen Statistikamt veröffentlichten durch­schnitt­lichen Bruttomonatsgehalt in Estland entspricht, multipliziert mit einem Koeffizienten von 1,5.

Wichtig ist auch, dass das Unternehmen, in dem der Ausländer eine Beschäftigung aufnimmt, bestimmte Vor­aus­setzungen erfüllen muss. Einem Top-Spezialisten kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn das Unternehmen, in dem der Ausländer die Beschäftigung aufnimmt, seit mindestens 12 Monaten in Estland re­gis­triert ist und wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  • das Unternehmen verfügt über mindestens 65.000 Euro eingezahltes Eigenkapital, für das Immobilien, Ma­schi­nen und Anlagen in Estland erworben und als Anlagevermögen bilanziert wurden oder für das eine In­ves­ti­tion in ein anderes in Estland eingetragenes Unternehmen, das eine tatsächliche Geschäftstätigkeit in Estland ausübt, oder in einen auf der Grundlage des Investmentfondsgesetzes geschaffenen oder ein­ge­rich­teten Investmentfonds getätigt wurde;
  • der Umsatz des Unternehmens beträgt mindestens 200.000 Euro pro Jahr;
  • die monatlich in Estland gezahlte Sozialsteuer für die in dem Unternehmen beschäftigten Personen ist, im Falle von Vergütungen in Höhe des Fünffachen des durchschnittlichen jährlichen Bruttomonatsgehalts in Estland, mindestens so hoch wie die monatlich in Estland gezahlte Sozialsteuer.


Das Erfordernis, dass ein Unternehmen seit mindestens zwölf Monaten in Estland eingetragen sein muss, gilt nicht, wenn die Muttergesellschaft seit mindestens zwölf Monaten tätig ist und der Jahresumsatz der Mut­ter­ge­sell­schaft mindestens zehn Millionen Euro beträgt. Das Unternehmen muss nach Ablauf eines Jahres ab Aus­stel­lung der Aufenthaltserlaubnis mindestens eine der oben aufgelisteten Voraussetzungen erfüllen.

Die kurzfristige Beschäftigung eines Top-Spezialisten kann registriert werden, wenn das Unternehmen, in dem der Nicht-EU-Bürger seine Tätigkeit aufnimmt, seit weniger als 12 Monaten in Estland registriert ist und seine Tätigkeit mit Unterstützung des Staates oder privater Investitionen aufnimmt, nachdem es Investitionen oder Darlehen vom Staat oder einer von der Finanzaufsichtsbehörde zugelassenen privaten Verwaltungsgesellschaft oder eine Unterstützung durch eine öffentliche Fördermaßnahme erhalten hat.


Fazit

In Estland gilt für Nicht-EU-Bürger eine jährliche Einwanderungsquote, die nicht überschritten werden darf. Bei der Berechnung der Erfüllung der Einwanderungsquote werden jedoch Personen, die in einem neu gegründeten oder Wachstumsunternehmen tätig sind, sowie Top-Spezialisten, bei der Berechnung der Erfüllung der Ein­wan­der­ungs­quote nicht berücksichtigt. Das bedeutet, dass Estland hochqualifizierte Fachkräfte aus Nicht-EU-Län­dern willkommen heißt. Allerdings müssen diese Fachkräfte und auch das einstellende Unternehmen be­stimm­te Zulassungskriterien erfüllen. Wenn die Kriterien erfüllt sind und der Antrag auf ein Visum oder eine Auf­ent­halts­er­laub­nis genehmigt wird, können die talentierten Nicht-EU-Fachkräfte nach Estland kommen.

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