Gründe für die Einführung der Umsatzsteuer in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE)

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veröffentlicht am 5. Oktober 2017
 
Eine Mehrwertsteuer wird in den GCC-Staaten vor allem deshalb eingeführt, weil alle Leistungen der Daseinsvor- und Daseinsfürsorge der Regierung aus dem Staatshaushalt finanziert werden, z.B. Krankenhäuser, Straßen, öffentliche Schulen, Parks, Abfallentsorgung und Polizeidienste.
 

     

 

Stetig steigende Kosten in diesem Sektor und insbesondere der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit von Öl- und Gasressourcen haben letztendlich zur Implementierung der Mehrwertsteuer in der gesamten GCC-Region geführt. Zuvor hatte auch der Internationale Währungsfonds (IWF) eine entsprechende Einführung angeregt.1 Laut Aussage des IWF werden die GCC-Staaten innerhalb der nächsten 5 Jahre ein Finanzdefizit in Höhe von 350 Mrd. US-Dollar erleiden.

 

Nach Angaben des Ministry of Finance sollen durch die Einführung der Mehrwertsteuer in den Vereinigten Arabischen Emiraten im ersten Jahr bis zu 12 Mrd. VAE-Dirham und im 2. Jahr ca. 20 Mrd. VAE-Dirham Einnahmen generiert werden.Bekannt ist, dass der Steuersatz 5 Prozent betragen wird. Allerdings wird die Mehrwertsteuer nicht ausnahmslos auf alle Waren und Dienstleistungen erhoben. Insbesondere sind Waren und Leistungen des Gesundheits- und Bildungssektors hiervon ausgenommen.

 

Welche Unternehmen sind von der Einführung der Value Added Tax (VAT) betroffen?

Fest steht, dass sich alle Gesellschaften im Staatsgebiet bei der Federal Tax Authority registrieren müssen, die einen besteuerbaren Jahresumsatz in Höhe von 375.000 VAE-Dirham erreichen. Insofern besteht für diese Unternehmen eine Registrierungspflicht. Ähnlich verhält es sich mit umsatzschwächeren Unternehmen, die einen besteuerbaren Jahresumsatz von mindestens 187.500 VAE-Dirham erreichen. Diesen Unternehmen steht es frei, sich bei der Federal Tax Authority zu registrieren.

 

Wonach bestimmt sich eine besteuerbare Leistung?

Zur Bestimmung einer steuerbaren Leistung durch den Leistungserbringer müssen folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

 

  • Lieferung von Waren oder Erbringung einer Dienstleistung;
  • innerhalb des Steuerterritoriums;
  • diese Leistungen werden von einer für Steuerzwecke registrierten (natürlichen/ juristischen) Person erbracht;
  • in Erfüllung der Leistungspflicht oder aber zur Förderung der geschäftlichen Aktivität.

 

Der Begriff der Waren und Dienstleistungen im Kontext des Umsatzsteuergesetzes

Waren sind zunächst alle greifbaren Vermögensgegenstände (goods), an denen Eigentum und das Recht am Besitz übertragen werden kann, einschließlich Immobilien, Wasser und alle Formen von Energie.

Hingegen umfasst der Begriff der Dienstleistung all jene Leistungen (services), die nicht vom Begriff der Ware selbst erfasst sind. Es handelt sich hierbei demnach um einen weiten Dienstleistungsbegriff.

 

Der Ort der Steuerschuld „Place of Supply”

Für die Bestimmung des Ortes, an dem die Mehrwertsteuer fällig wird, ist zunächst eine Unterscheidung zwischen Lieferung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen erforderlich. Die Mehrwertsteuer wird regelmäßig dort geschuldet, wo die Leistung tatsächlich gegenüber dem Abnehmer erbracht wird.

 

Zeitpunkt der Steuerschuld „Time of Supply”

Für die Bestimmung der Umsatzsteuer ist nicht nur der Ort sondern auch der Zeitpunkt, an dem die Leistung erbracht wird, maßgeblich. Dieser Zeitpunkt legt fest, ab wann der Unternehmer der Steuerbehörde gegenüber für die Lieferung von Waren oder Erbringung von Leistungen zur Erhebung und Entrichtung der Mehrwertsteuer verpflichtet ist. Ab diesem Zeitpunkt haftet der Unternehmer für die ordnungsgemäße Deklarierung und Abführung der Mehrwertsteuer.

 

Import von Waren/Dienstleistungen

Hat eine vertragliche Beziehung zum Inhalt, dass ein in den VAE ansässiges Unternehmen, welches für Steuerzwecke registriert ist, Waren oder Dienstleistungen aus einem Drittstaat importiert, wird der Importeur so gestellt, als hätte er die Waren innerhalb der VAE an sich selbst geliefert sog. Reverse-Charge-Mechanism. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es sich bei den importierten Waren/Dienstleistungen nur um solche handeln darf, die, wären Sie innerhalb der VAE geschuldet, nicht von der Steuer befreit wären.

 
Dieses Konstrukt stellt eine Besonderheit des klassischen Steuersystems dar. Grundsätzlich sind Lieferanten von Waren oder Dienstleistungen dazu verpflichtet, die Mehrwertsteuer im Rahmen der Erbringung von Leistungen zu erheben und gegenüber der Steuerbehörde abzuführen. Steuerschuldner ist in diesen Fällen der Leistungserbringer.

 
Eine Ausnahme zu dieser Regel bildet der sog. Reverse-Charge-Mechanism. Hierbei wechselt die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger. Er ist zur Abführung der Mehrwertsteuer verpflichtet (Ausgangs- und Eingangssteuer). Die Anwendung des „Reverse-Charge-Mechanism” ist für den Leistungsempfänger kostenneutral. Zweck des Reverse-Charge Mechanismus ist es, den Leistenden im Ausland von der Erhebung und Abfuhr der Steuer und somit von der Registrierungspflicht im Zielstaat zu befreien.

 

Export von Waren/ Dienstleistungen

Waren, die in Drittstaaten2 aber auch innerhalb der GCC Staaten exportiert werden, unterliegen der Null-Prozent-Besteuerung, sog. Zero-Rated-Supply. Problematischer ist die steuerrechtliche Bewertung der Erbringung von Dienstleistungen an einen außerhalb der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ansässigen Kunden. Nicht jede außerhalb der VAE erbrachte Dienstleistung unterliegt der Null-Prozent-Besteuerung.

 

"The supply of services by a supplier subject to tax to a client who is not a resident of the GCC Territory and benefited from the services outside the GCC Territory as per the standards established by each Member State..."3

 

Die unter den GCC Staaten einheitlich verabschiedete Rahmengesetzgebung differenziert in diesem Zusammenhang und legt als Anknüpfungspunkt den Ort fest, an dem der tatsächliche Nutzen (benefit) der Dienstleistung eintritt. Das Ausführungsgesetz4 zum Umsatzsteuergesetz der VAE wird weitere Kriterien zur Bestimmung des Orts, an dem der tatsächliche Nutzen der Dienstleistung eintritt, enthalten.

 

Klar ist dennoch, dass das Ausführungsgesetz nicht alle Konstellationen in diesem Zusammenhang erfassen kann. In der Folge wird es Grauzonen geben, die durch zu entwickelnde Rechtsprechung und anhand von Gesetzesauslegung zu bewerten sein werden.

 

Freihandelszonen und Umsatzsteuer

Das Umsatzsteuergesetz nimmt im fünften Kapitel zu der steuerlichen Behandlung von Freihandelszonen nur geringfügig Bezug. Artikel 50 des VAT-Laws spricht in diesem Zusammenhang von sog. „Designated Zones”. Designated Zones sollen steuerrechtlich als außerhalb des Staatsgebietes der VAE ansässig behandelt werden, sofern sie die im Ausführungsgesetz niedergelegten Voraussetzungen erfüllen. Insofern kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend festgelegt werden, wie die einzelnen Freihandelszonen steuerrechtlich zu behandeln sind.

 

Dennoch sind Rückschlüsse auf die steuerrechtliche Behandlung von Freihandelszonen möglich. Derzeit ist davon auszugehen, dass Freihandelszonen untereinander steuerrechtlich unterschiedlich zu bewerten sind. Anknüpfungspunkte werden unter anderem die räumliche Abgrenzbarkeit zum Staatsgebiet der VAE und Sicherheitsaspekte (Eingangskontrollen etc.) sein.

 

Waren, die in eine räumlich abgrenzbare Freihandelszone importiert werden, unterliegen voraussichtlich nicht der Mehrwertsteuer. Ähnlich wird die steuerrechtliche Behandlung von Waren sein, die zwischen räumlich abgrenzbaren Freihandelszonen gehandelt werden. Die Mehrwertsteuer wird erst dann fällig, wenn diese Waren die Freihandelszone verlassen.

 

Anders verhält es sich mit vom Staatsgebiet räumlich nicht abgrenzbaren Freihandelszonen. Gesellschaften, die in diesen Freihandelszonen angesiedelt sind, unterliegen regelmäßig der Steuerpflicht, sofern diese die gesetzlichen Voraussetzungen zur Registrierung erfüllen. Die steuerrechtliche Bewertung von Dienstleistungen, welche von Unternehmen in räumlich abgrenzbaren Freihandelszonen an Kunden in das Staatsgebiet erbracht werden, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht verlässlich abgeschätzt werden. Diesbezüglich ist die Veröffentlichung des Ausführungsgesetzes zum Umsatzsteuergesetz abzuwarten.

  


 

1 International Monetary Fund – Diversifying Government Revenue in the GCC 10/2016.

2 Staaten, die nicht Mitglied des Gulf Cooperation Councils sind.

3 Art. 34 Nr.1 Buchstabe (d) des Unified GCC VAT Framework Agreement.

4 Die Veröffentlichung des Ausführungsgesetzes (Executive Regulations) ist für Q 4 vorgesehen.

 

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