Klimaziele setzen und erreichen – die Festlegung von Science-Based Targets (SBTs) im Rahmen der CSRD

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​​​​​​​​​​veröffentlicht am 30. Januar 2025 ​


Das Aufstellen einer ganzheitlichen Klimaschutzstrategie bedarf die Definition von ambitionierten und klar strukturierten Klimaschutzzielen. Im zweiten Teil unserer Reihe über die Entwicklung wissenschaftlich fundierter und realistischer Klimaziele, die den Anforderungen der CSRD (Corporate Social Reporting Directive) nachkommen, gehen wir in Bezug auf Science-Based Targets (SBTs) näher auf die Bedeutung von mittel- und langfristigen Zielen sowie die entsprechenden Kriterien bei der Zielsetzung ein.

 

 

Die Angabepflichten im Rahmen des Umweltstandards E1 der ESRS (European Sustainability Reporting Standard) „Übergangsplan für den Klimaschutz”, beziehen sich auf die Anforderungen zur Erstellung einer Klimastrategie und prüft, ob die Unternehmensziele zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C beitragen und somit mit dem Pariser Klimaschutzabkommen vereinbar sind. SBTs zeichnen sich durch ihren hohen Ambitionsgrad aus, und bieten Unternehmen daher ein effektives Werkzeug, um solche Ziele zu entwickeln.


Für unsere Reihe über Science-Based Targets finden Sie hier​ ein Glossar der wichtigsten Begriffe und Abkürzungen.

 

Near-Term vs Net-Zero Targets: mittel- und langfristige Ziele

Die Science-Based Targets Initiative (SBTi) unterscheidet zwischen mittelfristigen und langfristigen Zielen zur Emissionsreduktion. „Mittelfristige Ziele”, auch near-term targets genannt, erstrecken sich über einen Zeitraum von 5 bis 10 Jahren ab dem Zeitpunkt ihrer Einreichung zur Validierung. Diese Ziele müssen den Corporate Near-Term Criteria der SBTi entsprechen. Langfristige Ziele, die als net-zero targets bezeichnet werden, haben einen Zeithorizont von mindestens 10 Jahren und müssen spätestens bis 2050 erreicht werden. Sie orientieren sich am Corporate Net-Zero Standard​. Die SBTi arbeitet derzeit an einer umfassenden Überarbeitung des Corporate Net-Zero Standards. Ziel der Neufassung sind unter anderem die Angleichung an die neusten wissenschaftlichen Entwicklungen und Best-Practices der Klimawissenschaft, zum Beispiel an die des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Auch sind für Unternehmen einige Erleichterungen für das Setzen und Umsetzen von Scope-3-Zielen geplant. Die neue Version soll 2026 in Kraft treten.


Zudem unterscheidet die SBTi zwischen Reduktionsansätzen für Scope-1- und Scope-2-Emissionen sowie für Scope-3-Emissionen. Die SBTi erkennt die erheblichen Herausforderungen, vor denen Unternehmen bei der Emissionsminderung stehen, und verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem die Ambitionen der Ziele schrittweise erhöht werden.

 

Kriterien zur Festlegung von SBTs

Gemäß den Vorgaben der SBTi sind Unternehmen verpflichtet, stets ein aktuelles near-term target festzulegen, um langfristig das Ziel der Netto-Null-Emissionen bis spätestens 2050 zu erreichen. Die SBTi stellt sowohl für die Festlegung von near-term als auch für net-zero targets spezifische Anforderungen:


Near-term targets:

Im Bereich der Scope-1- und Scope-2-Emissionen müssen mindestens 95 Prozent der Emissionen bei der Zielsetzung einbezogen werden. Darüber hinaus werden nur Ziele validiert, die einen Beitrag zum 1,5°C-Ziel des Pariser Abkommens leisten. Ziele zur Reduktion von Scope-3-Emissionen sind nur erforderlich, wenn diese mehr als 40 Prozent der Gesamtemissionen ausmachen. In diesem Fall müssen mindestens 67 Prozent der Scope-3-Emissionen durch das Ziel abgedeckt werden. Zudem sollte die Zielambition für Scope-3-Emissionen unter der 2°C-Grenze liegen.


Net-zero targets:

Die Vorgaben für net-zero targets sind strenger. Durch die schrittweise Erweiterung des Scope-3-Ansatzes von mittel- zu langfristigen Zielen erhalten Unternehmen die Möglichkeit, sich intensiv mit der Komplexität der Scope-3-Reduktion auseinanderzusetzen und die Zusammenarbeit der gesamten Wertschöpfungskette zu intensivieren. Für Scope-1 und Scope-2 Ziele bleibt die Anforderung bestehen, mindestens 95 Prozent der Emissionen abzudecken, wobei auch hier eine Ausrichtung auf das 1,5°C-Ziel erfolgen muss. Zusätzlich müssen mindestens 90 Prozent der Scope-3-Emissionen abgedeckt werden, ebenfalls im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel. Es besteht zudem die Verpflichtung, alle verbleibenden Emissionen durch negative Emissionen zu kompensieren, wenn das langfristige net-zero target erreicht ist.

 

Sonderfall KMU:

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) haben die Möglichkeit, von bestimmten Erleichterungen bei der Festlegung ihrer Ziele Gebrauch zu machen. Für KMUs stehen folgende Optionen zur Verfügung:


Near-term targets:

Mit dem Start des neuen Validierungs-Portals („the Validation Portal“) der SBTi im Oktober 2024 wurden die Anforderungen für near-term-targets von KMU angepasst. Ab sofort können KMU das Zieljahr für ihre absoluten Reduktionsziele in Bezug auf Scope-1- und Scope-2-Emissionen selbst wählen, anstatt wie bisher auf das Jahr 2030 festgelegt zu sein.


Diese Änderung ermöglicht es KMU, eine Reduktionsrate zu bestimmen, die mit dem von ihnen gewählten Zieljahr übereinstimmt, anstelle der bisherigen standardmäßigen Mindestquote, die an das Zieljahr 2030 gebunden war. Damit erhalten KMU mehr Kontrolle und Flexibilität bei der Festlegung ihrer Ziele. Sie können ein Zieljahr und eine Zielvorgabe auswählen, die ihren spezifischen Geschäftsbedürfnissen entsprechen, und dabei gleichzeitig die Mindestanforderungen an die Emissionsreduktion erfüllen oder übertreffen. Es bleibt weiterhin optional, Ziele für Scope-3-Emissionen festzulegen; jedoch sind KMU verpflichtet, auch diese Emissionen zu messen und zu reduzieren.


Near-term maintenance targets (mittelfristige Erhaltungsziele):

KMUs, die bereits Null-Emissionen in Scope 1 und/oder Scope 2 erreicht haben, können nach den Standards des Treibhausgasprotokolls jährlich über ihre Fortschritte berichten und relevante Unterlagen zur Zielvalidierung vorlegen. Zudem können sie einen Wartungsansatz wählen, der ihrem spezifischen Emissionsprofil entspricht.


Net-zero targets:

Um ein net-zero target festzulegen, müssen KMU zunächst near-term targets definieren, die auf einen 1,5°C-Pfad ausgerichtet sind. Die net-zero targets umfassen absolute Emissionsreduktionsziele für Scope-1, -2 und -3, die bis 2050 ausgehend von einem Basisjahr erreicht werden sollen. Darüber hinaus verpflichten sich KMU, alle verbleibenden Emissionen zu neutralisieren, wenn das langfristige wissenschaftlich fundierte Ziel erreicht ist.


Für kleine Unternehmen mit weniger als 150 Mitarbeitern bietet das SME Climate Hub zusätzliche Instrumente und Unterstützung für das Umsetzen von SBTs.

 

Methoden zur Festlegung von SBTs:

Die SBTi bietet Unternehmen verschiedene Methoden, um die wissenschaftlich definierten Ambitionen und Zielgrenzen (Zeithorizonte) in individuelle Reduktionsziele zu überführen. Dabei wird zwischen sektorspezifischen und sektorübergreifenden Ansätzen sowie dem jeweils festgelegten Scope unterschieden.
Die Methode der absoluten Reduktion kann sowohl für near-term als auch für net-zero targets angewendet werden. Sie ist sektorübergreifend gültig, mit Ausnahme der Unternehmen im Energie- und im FLAG-Sektor (Forst-, Land- and Agrarsektor).


Die Methode der sektoralen Dekarbonisierung legt sektorspezifischen Emissionsintensitätsziele fest. Diese Methode wird speziell für Unternehmen empfohlen, die in stark emittierenden Sektoren tätig sind oder emissionsintensive Prozesse haben. Sie eignet sich sowohl für near-term als auch für net-zero targets, wobei die Anforderungen für Scope-1, -2 und -3 Emissionen in bestimmten Unternehmenssektoren variieren.


Ein Beispiel ist im Scope-2 Bereich „Erneuerbarer Strom”, der sich auf den Bezug von Strom aus erneuerbaren Energiequellen bezieht. Für near-term targets wird hier ein Ziel von 80 Prozent des Stromanteils aus erneuerbaren Energien bis 2025 und 100 Prozent bis 2030 gesetzt. Für net-zero targets ist eine 100 Prozent-Zielvorgabe für den Strombezug aus erneuerbaren Energien bis 2030 vorgesehen, mit dem Ziel, diesen Status langfristig zu erhalten. Auch für Scope-3 Emissionen gibt es spezifische Methoden, die sowohl für near-term als auch für net-zero targets anwendbar sind.

 

Fazit

Die Entwicklung von Klimazielen nach den Vorgaben der CSRD kann mithilfe der Science-Based Targets durch ihre klar strukturierten und ambitionierten Vorgaben gut realisiert werden. Abhängig von der Art des Unternehmens und den CO2 emittierenden Tätigkeiten, der Art des Ziels und Art des Scopes der Emissionen gelten unterschiedliche Anforderungen an die Zielvorgaben und Methoden der Umsetzung. Übergeordnet steht die langfristige Reduzierung der Emissionen im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens bis 2050.


Im dritten Teil unserer Reihe gehen wir näher auf den Prozess zur Entwicklung von SBTs ein.

Rödl & Partner unterstützt Unternehmen umfassend bei allen Schritten der Entwicklung einer CSRD-gerechten Klimastrategie. Kommen Sie bei Rückfragen gerne auf uns zu!
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