Elektronische Rechnungsstellung: wo stehen wir und wo gehen wir hin

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​​​​​​​​​​veröffentlicht am 8. Mai 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten​


Wussten Sie, dass: 

  • das Erstellen und Versenden einer unstrukturierten Rechnung im PDF- oder Word-Format keine elektronische Rechnung (E-Invoice) ist 
  • auch Bilder von Rechnungen, z. B. im JPG-Format, eingescannte Papierrechnungen nicht als elektronische Rechnungen gelten 
  • die elektronische Rechnungslegung in Litauen für Rechnungssteller, die an öffentlichen Aufträgen beteiligt sind, obligatorisch ist 
  • die elektronische Rechnung muss 10 Jahre lang aufbewahrt werden 
  • das neue Sabis-System im Juli 2024 startet?



Was die elektronische Rechnung betrifft, so sollte man sich über die Terminologie einigen. In diesem Artikel bezeichnet eine elektronische Rechnung ein elektronisches Dokument, das von der Ausstellung bis zur Archivierung digital verarbeitet wird. Die Erstellung einer unstrukturierten Rechnung im PDF- oder Word-Format und ihr Versand per E-Mail ist keine elektronische Rechnung. Ebenso sind Abbildungen von Rechnungen, z. B. im JPG-Format, oder eingescannte Papierrechnungen nicht als elektronische Rechnungen zu verstehen. Zusammenfassend ist also eine elektronische Rechnung eine Rechnung, die in einem strukturierten, definierten Datenformat ausgestellt, übermittelt und empfangen wurde, so dass sie automatisch und elektronisch verarbeitet werden kann, wie in der Richtlinie 2014/55/EU definiert. Der Prozess der elektronischen Rechnungsstellung selbst umfasst den Austausch eines elektronischen Rechnungsdokuments zwischen dem Lieferanten und dem Käufer über das Internet.

In Litauen ist es seit dem 1. Juli 2017 Pflicht, Rechnungen im öffentlichen Beschaffungswesen über das System „E. Sąskaita“ (lit. „elektronische Rechnung“) des Registerzentrums einzureichen. In der Zwischenzeit ist die elektronische Rechnungsstellung im privaten Sektor in Litauen noch nicht verbindlich vorgeschrieben. Das System „E. Sąskaita“ wird von öffentlichen Auftraggebern und Anbietern von Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen für öffentliche Aufträge genutzt. Alle Transaktionsdokumente müssen mit einer elektronischen Signatur versehen werden.

Die Funktionsvielfalt des Systems „E. Sąskaita“ ist sehr groß. Das System ist für die folgenden Hauptnutzer des Systems relevant:
  • Für Lieferanten: Das System ermöglicht die Erstellung und elektronische Übermittlung von Rechnungen durch Rechnungssteller an öffentliche Auftraggeber und informiert diese zeitnah über die Bezahlung der eingereichten Rechnungen;
  • Für öffentliche Auftraggeber: Sie können die Rechnungsdaten für die Vorbereitung und Einreichung eines Zahlungsantrags elektronisch abrufen;
  • Für Behörden: Das Finanzministerium der Republik Litauen kann elektronisch auf relevante Informationen über Rechnungen zugreifen, die bei öffentlichen Auftraggebern eingereicht wurden und auf deren Grundlage Zahlungsanträge erstellt wurden, und Informationen über die Bezahlung von Rechnungen bereitstellen. Die Dienststelle für öffentliches Auftragswesen kann elektronisch auf Informationen über die Ausführung von öffentlichen Aufträgen und die Einreichung und Bezahlung von Rechnungen zugreifen. Dies trägt zu Transparenz der Informationen bei. 

Das System ermöglicht den Empfang und die Einreichung von elektronischen Mehrwertrechnungen, Kredit- und Belastungsdokumenten, Online-Vorschussrechnungen usw. Im April 2019 trat Litauen dem PEPPOL-Netzwerk (Pan-European Public Procurement Online) bei. Der Peppol-Kanal dient dem internationalen Austausch von elektronischen Dokumenten. In diesem globalen Netzwerk können Unternehmen wichtige Dokumente mit allen auf der Plattform registrierten Stellen austauschen.

Die wichtigsten Vorteile der Ersetzung von Papierrechnungen durch elektronische Rechnungen sind die folgenden, auch wenn einige von ihnen durchaus umstritten sind:
  • Die elektronische Rechnung trägt zur Automatisierung der Arbeitsabläufe bei, und die Rechnungsdaten können direkt in das Buchhaltungssystem importiert werden. Das spart Zeit und verringert die Fehlerwahr­​scheinlichkeit: der Rechnungsempfänger muss die Daten nicht mehr manuell in die Buchhaltungssoftware eingeben. Es besteht auch die Möglichkeit der direkten manuellen elektronischen Rechnungsstellung in „E.saskaita". Es sollte jedoch bedacht werden, dass die Einrichtung einer Verbindung zwischen der vom Unternehmen verwendeten Buchhaltungssoftware und dem „E.saskaita" -System zusätzliche Kosten verursachen kann.
  • Die automatisierte Weiterleitung der Rechnung an die zuständige Person zur weiteren Bearbeitung oder Genehmigung schafft einen transparenteren Prozess. Darüber hinaus kann das Finanzministerium der Republik Litauen über die Plattform "E.saskaita" elektronisch auf alle relevanten Informationen zu elektronischen Rechnungen zugreifen, die bei öffentlichen Auftraggebern eingereicht wurden. Dies soll zur Transparenz des öffentlichen Auftragswesens beitragen. Andererseits wird dadurch die Vertraulichkeit in gewissem Maße gebrochen.
  • Da der Zugang zum System auf bestimmte verantwortliche Personen beschränkt ist, wird die Datensicherheit gewährleistet. Außerdem befinden sich alle Dokumente an einem Ort: Es ist nicht nötig, den Buchhalter separat nach der benötigten Rechnung zu fragen. Zwar wird auch die Haltbarkeit elektronischer Dokumente als Vorteil gegenüber Papierdokumenten angeführt, die leicht Unfälle erleiden können, doch ist dieser Vorteil manchmal fragwürdig - "Unfälle" passieren auch im Cyberspace. Außerdem kann der Prozess der Autorisierung eines Benutzers zum Zugriff auf das System kompliziert sein, insbesondere wenn der Benutzer ein Ausländer ist.  
  • Bequeme Archivierung - Rechnungen können im elektronischen Archiv bis zu 10 Jahre lang aufbewahrt werden - wie vom Gesetzgeber vorgesehen. Es besteht also kein Bedarf an zusätzlicher Archivierung, Druck oder Digitalisierung von Rechnungen.  Elektronische Rechnungen, die im „E.sąskaita"-System ausgestellt, eingereicht und empfangen werden, werden in den „E.sąskaita"-Datenbanken zehn Kalenderjahre lang gespeichert. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist werden die Daten nach dem vom Systemverwalter festgelegten Verfahren vernichtet. 
  • Und natürlich trägt die elektronische Rechnungsstellung dazu bei, die Geschäftskosten zu minimieren, indem Druckkosten, Kosten für die Rechnungsstellung in Papierform, Archivierungskosten, Personalressourcen und der Bedarf an zusätzlichen technischen Arbeiten reduziert werden. Wie bereits erwähnt, können jedoch zusätzliche Kosten für die Entwicklung von Verbindungen zur Buchhaltungssoftware anfallen, insbesondere bei der Umstellung auf ein neues System.

Trotz der Vorteile des derzeit in Litauen verwendeten „E.sąskaita“-Systems mehren sich die Beschwerden über seine begrenzte Funktionalität und die Tatsache, dass es für die Unternehmen eine zusätzliche administrative und finanzielle Belastung darstellt. Daher wurde eine Überarbeitung des Systems beschlossen: es sollte funktionaler, attraktiver, zuverlässiger und benutzerfreundlicher werden, um die Zahl der auf anderem Wege ausgestellten Rechnungen zu verringern und die Effizienz der Verwaltung des öffentlichen und privaten Sektors zu erhöhen. Es ist vorgesehen, das veraltete System durch einen Wechsel der Technologieplattform zu überholen und die Unternehmen zu ermutigen, sich durch Anschluss an das PEPPOL-Netz in die europäische Infrastruktur für die elektronische Rechnungsstellung zu integrieren. Damit soll sichergestellt werden, dass Rechnungen an öffentliche Einrichtungen und andere öffentliche Auftraggeber dem europäischen Standard für die elektronische Rechnungsstellung entsprechen.

Ein neues System, das das bestehende „E.sąskaita“ ersetzen soll, wird am 1. Juli 2024 in Betrieb genommen. Das neue System wird SABIS heißen - "Single Account Administration Information System". Eine der Neue­​rungen ist, dass alle Rechnungen des öffentlichen Bereichs über SABIS eingereicht werden müssen. Bisher war nur das öffentliche Auftragswesen angeschlossen. 

Es ist geplant, eine benutzerfreundliche Anwendung in SABIS einzuführen, die Sicherheit zu verbessern und die Anzahl der Benutzer, die sich gleichzeitig anmelden können, zu erhöhen. Es ist geplant, Lösungen zu implementieren, die einen nahtlosen automatisierten Prozess von der Vertragsunterzeichnung bis zur Bezahlung der Rechnungen gewährleisten. Die historischen Daten werden von „E.sąskaita“ zu SABIS übertragen. 

Das neue System soll dazu beitragen, dass 95 Prozent der Rechnungen im öffentlichen Bereich elektronisch eingereicht werden. Die Änderungen stehen im Einklang mit der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung elektronischer Rechnungen im öffentlichen Auftragswesen. 

Alles in allem kann man mit Sicherheit sagen, dass die elektronische Rechnungsstellung in Europa an Popularität gewinnt. Unter den baltischen Ländern ist Estland bei der Nutzung der elektronischen Rechnungs­​stellung am weitesten fortgeschritten, für den Zeitraum 2024-2028 wird jedoch ein erhebliches Wachstum der elektronischen Rechnungsstellung in ganz Europa erwartet. Derzeit liegt der Schwerpunkt auf der Rechnungs­​stellung zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen. Mit der Zeit verlagert sich die elektronische Rechnungsstellung jedoch allmählich auf Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen. Entsprechend den Entwicklungen in Europa ist es wahrscheinlich, dass die elektronische Rechnungsstellung in naher Zukunft für alle Unternehmen in Litauen obligatorisch sein wird. 

Derzeit steht eine der größten Reformen an: die Europäische Kommission hat Vorschläge zur Änderung der Mehrwertsteuerrichtlinie, genannt ViDA (engl. VAT in digital age), vorgelegt. Der Hauptgrund für die Reform ist die Verringerung der Mehrwertsteuerlücke und des Betrugs sowie die Vereinfachung einiger Mehrwertsteuer­​verfahren. Die Reform würde auch die Mehrheit der litauischen Unternehmen betreffen. Einer der wichtigsten Vorschläge von ViDA sieht vor, dass alle Rechnungen für alle Waren- und Dienstleistungsumsätze zwischen EU-Unternehmen nur noch elektronisch erstellt und nahezu in Realzeit gemeldet werden müssen. Das bedeutet, dass jedes Unternehmen, das Waren oder Dienstleistungen an EU-Unternehmen verkauft oder Waren und Dienstleistungen von EU-Unternehmen kauft, eine elektronische Rechnung verwenden muss, die als Metadatensatz in einem streng geregelten Format zu verstehen ist. Andere Formate werden sich nicht eignen, so dass Unternehmen, die verpflichtet sind, elektronische Rechnungen auszustellen oder zu empfangen, ihre Buchführungs- und Verwaltungssysteme so anpassen müssen, dass sie die Metadaten elektronischer Rechnungen verstehen können. Es ist noch nicht klar, ob die elektronische Rechnungsstellung für Trans­​aktionen, die keine nationalen Grenzen überschreiten, obligatorisch sein wird. Eine weitere Neuerung betrifft die Frist für die Rechnungsstellung. Es wird vorgeschlagen, dass die elektronische Rechnung innerhalb von zwei Tagen nach dem Eintritt des Steuertatbestands ausgestellt werden sollte. Es gibt noch weitere vorgeschlagene Neuerungen. Ein gemeinsames EU-weites System für die elektronische Rechnungsstellung und digitale Berichterstattung soll den Mehrwertsteuerbetrug verringern.

Es ist anzumerken, dass diese Änderungen noch diskutiert werden und noch nicht genehmigt oder in das Mehr­​wertsteuergesetz der Republik Litauen übernommen worden sind. Die ersten Änderungen werden voraussichtlich im Jahr 2025 in Kraft treten, und das Ziel ist, elektronische Rechnungen ab dem 1. Januar 2028 verbindlich vorzuschreiben. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Neuerungen angenommen werden, und die Unternehmen sollten sich jetzt darauf vorbereiten, da die Änderungen in jedem Fall zusätzliche IT-Kosten verursachen werden und die Unternehmen ihre Buchhaltungssysteme an die ordnungsgemäße Übertragung und den Empfang von Daten anpassen müssen werden.
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