Polen – Änderung des Sondergesetzes über den Corona­virus: Senatsentwurf zum Schutz personenbezogener Daten

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veröffentlicht am 26. März 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 
Das am 2. März 2020 verabschiedete Sondergesetz ruft Kontroversen und Zweifel hervor, die die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der Anwendung dieses Gesetzes betreffen.

 

 

In dem Zusammenhang hat der Senat am 13. März 2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Sondermaßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Covid-19 und anderer ansteckender Krankheiten und die durch sie verursachten Krisensituationen und einige andere Gesetze (im Folgenden „Sondergesetz“ genannt) vorgelegt.

 
In der Begründung zu dem Gesetzentwurf heißt es: „Ziel des Gesetzentwurfes ist es, die Vorschriften des Gesetzes vom 2. März 2020 über Sondermaßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Covid-19 und anderer ansteckender Krankheiten und die durch sie verursachten Krisensituationen, im Folgenden „Covid-19-Gesetz”, zu präzisieren und zu ergänzen". Außerdem soll der Entwurf Werkzeuge bereitstellen, die es erlauben, die negativen Folgen der Epidemie für die Wirtschaft Polens zu minimieren, insbesondere für Mikro- und Kleinunternehmer.“

 
Der Entwurf gibt den Arbeitgebern ein breites Spektrum von Befugnissen und Werkzeugen an die Hand, die sie gegenüber den Arbeitnehmern im Zusammenhang mit deren Gesundheitszustand anwenden können (Art. 1 Abs. 4, der Art. 3a einleitet). Der Arbeitgeber wird befugt sein:

  • von den Arbeitnehmern Auskunft darüber zu verlangen, ob sie sich in letzter Zeit in einem von COVID-19 bedrohten Gebiet aufgehalten haben;
  • von den Arbeitnehmern, bei denen der Verdacht auf Ansteckung mit COVID-19 besteht, oder die sich in letzter Zeit in einem von COVID-19 bedrohten Gebiet aufgehalten haben, zu verlangen, dass sie sich ärztlichen Untersuchungen unterziehen; ärztliche Untersuchungen sind Leistungen des Gesundheitswesens i.S.v. Art. 9;
  • den Gesundheitszustand der Arbeitnehmer vor deren Zulassung zur Arbeit zu überprüfen, insbesondere durch Messung der Körpertemperatur;
  • am Arbeitsplatz zusätzliche Anforderungen in Bezug auf die sanitäre Situation oder auf Arbeitssicherheit und -hygiene einzuführen;
  • die Arbeitnehmer ausschließlich in unvermeidbaren Fällen und mit ihrer Zustimmung in von COVID-19 bedrohte Gebiete zu entsenden.

 

Durch die vorgeschlagenen Änderungen erhält der Arbeitgeber unmittelbar aufgrund des Sondergesetzes das Recht, personenbezogene Daten zu verarbeiten, die u.a. den Gesundheitszustand betreffen. Es wird außerdem zulässig sein, bis zu einem gewissen Grade in die Privatsphäre der Arbeitnehmer einzugreifen, insofern dies mit einem Aufenthalt der Arbeitnehmer in einem vom Coronavirus betroffenen Gebiet in Zusammenhang steht, selbst wenn dieser Aufenthalt im Zusammenhang mit dem Erholungsurlaub stand.  Die in dem Entwurf gebrauchte Formulierung „der Arbeitgeber hat das Recht, zu verlangen“ weist darauf hin, dass die Verweigerung solcher Informationen negativen Folgen für die Arbeitnehmer nach sich ziehen kann, z.B. durch Nichtzulassung zur Arbeit. Der Gesetzentwurf sieht nicht die Möglichkeit vor, die o.g. Befugnisse gegenüber Personen anzuwenden, die aufgrund zivilrechtlicher Verträge beschäftigt sind.

 

Mitteilung des Präsidenten der Datenschutzbehörde

Im Zusammenhang mit der sich dynamisch ändernden Situation verfügen wir bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten beim Kampf gegen die Epidemie bislang nur über eine Mitteilung des Präsidenten der Datenschutzbehörde. Diese Mitteilung nimmt unmittelbar Bezug auf Art. 17 des Sondergesetzes, kraft dessen der Sanitär-Hauptinspektor (GIS) oder der in seinem Namen handelnde Woiwodschaftssanitärinspektor gegenüber den Arbeitgebern Entscheidungen erlassen kann, die diesen die Pflicht auferlegen, bestimmte Vorbeugungs- oder Kontrollmaßnahmen zu ergreifen, und er kann die Arbeitgeber anweisen, sich über die Mitteilungen der Staatlichen Sanitätsinspektion auf dem Laufenden zu halten. Dem GIS wurde außerdem die Zuständigkeit für sämtliche Probleme im Zusammenhang mit der Bekämpfung der und der Vorbeugung gegen die Epidemie zugewiesen.

 
Der Präsident der Datenschutzbehörde hat jedoch in seiner Mitteilung nicht die Zweifel der Arbeitgeber hinsichtlich der unmittelbaren Befugnisse ausgeräumt, die z.B. den Gesundheitszustand der Arbeitnehmer oder die Einholung von Erklärungen über den Aufenthalt in von dem Virus betroffenen Gebieten von Arbeitnehmern betreffen, bei denen der begründete Verdacht auf eine Erkrankung besteht.

 
Zweifel ergeben sich zumindest im Zusammenhang mit dem Wortlaut von Art. 207 und 211 ArbGB-PL, kraft deren der Arbeitgeber für Arbeitssicherheit und -hygiene in seinem Arbeitsbetrieb verantwortlich ist, verpflichtet ist, die Gesundheit und das Leben der Arbeitnehmer durch Gewährung gefahrenfreier und hygienischer Arbeitsbedingungen unter entsprechender Anwendung der Errungenschaften der Wissenschaft und Technik zu schützen (Art. 207 ArbGB-PL), und die Arbeitnehmer verpflichtet sind, mit dem Arbeitgeber und den Vorgesetzten zusammenzuarbeiten.

 

Erklärung des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA)

Am 16. März 2020 gab auch der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) eine Erklärung heraus. In der Erklärung des EDSA heißt es: „Die DSGVO stellt die rechtliche Grundlage bereit, die es den Arbeitgebern und den für die öffentliche Gesundheit zuständigen Behörden ermöglicht, im Zusammenhang mit der Epidemie personenbezogene Daten zu verarbeiten, ohne die Zustimmung der Person einholen zu müssen, der diese Daten gehören. Dies gilt z.B. dann, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Arbeitgeber im Hinblick auf ein öffentliches Interesse im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder zum Schutz lebenswichtiger Interessen (Art. 6 und 9 DSGVO) oder zur Erfüllung einer anderen rechtlichen Verpflichtung unabdingbar ist.”

 
Natürlich kann man nicht sicher sein, dass die vorgeschlagenen Änderungen vom Senat angenommen werden und in Kraft treten. Nichtsdestoweniger ist angesichts der gegenwärtigen Rechtslage und der Passivität der Datenschutzbehörde bei diesem Thema allein der Versuch, die Fragen im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu regeln, positiv zu bewerten. Jede Regulierung, die das Recht auf Privatheit einschränkt, birgt ein Risiko, aber der Vorschlag des Senats scheint nicht zu weitgehend zu sein, und ohne Zweifel klärt er die zunehmenden Zweifel der Unternehmer.

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