Chinas neues Zivilgesetzbuch – Teil 6: Erbrecht

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veröffentlicht am 10. September 2020 | Lesedauer: ca. 4 Minuten

 
Das zum 1. Januar 2021 in Kraft tretende neue Zivilgesetzbuch (ZGB) Chinas besteht insgesamt aus 7 Teilen. Mit dieser Artikelreihe informieren wir über die wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen und Neuregelungen im neuen Zivilgesetzbuch. Dieser Artikel widmet sich einigen Aspekten des sechsten Teils – Erbrecht.

  

  

Hintergrund und Gliederung

Das Erbrecht ist in China bislang im Erbschaftsgesetz (Succession Law) geregelt. Dessen Bestimmungen sind in weiten Teilen in den Teil 6 des neuen Zivilgesetzbuches übernommen worden. Das Erbschaftsgesetz wird mit Inkrafttreten des ZGB außer Kraft treten.
 

Teil 6 ist in vier Kapitel unterteilt: Allgemeine Bestimmungen, gesetzliche Erbfolge, testamentarische Erbfolge, Vermächtnis und Verfügungen über den Nachlass.
 

Allgemeine Bestimmungen

Die allgemeinen Bestimmen regeln unter anderem den Umfang des Erbes, Eintritt des Erbfalls, Erbunwürdigkeit sowie den Vorrang einer letztwilligen Verfügung vor der gesetzlichen Erbfolge als auch Ausschlagung des Erbes. Erbunwürdigkeit liegt unter anderem vor, wenn der Erbe den Tod des Erblassers verursacht hat, andere Erben tötet oder solche durch Gewalt oder betrügerische Handlungen von ihrem Erbantritt abhält.
 

Gesetzliche Erbfolge

Sofern kein letzter Wille eines Verstorbenen vorliegt, richtet sich die Erbfolge nach den gesetzlichen Bestimmungen. Danach bestehen gesetzliche Erben 1. Ordnung (Ehegatten, Kinder, Eltern) und 2. Ordnung (Geschwister, Großeltern). Erbberechtigt sind zunächst die Erben der 1. Ordnung, anschließend die Erben 2. Ordnung. Der Begriff „Kinder“ schließt dabei eheliche und außereheliche Kinder, Adoptivkinder als auch Stiefkinder ein. Der Begriff „Eltern“ bezieht sich nicht nur auf biologische Eltern, sondern auch auf Pflege-, Stief- und Adoptiveltern.
 

Gesetzliche Erben sollen grundsätzlich zu gleichen Teilen erben. Das Zivilgesetzbuch sieht jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz vor: Erben, die finanzielle Schwierigkeiten haben und arbeitsunfähig sind, sollen einen größeren Anteil am Erbe erhalten. Dasselbe gilt für Erben, die mit dem Erblasser zusammengelebt und diesen versorgt und unterstützt haben. Erben, die es trotz ihrer Möglichkeiten unterlassen haben, den Erblassers zu dessen Lebenszeiten zu unterstützen, sollen hingegen einen geringeren Anteil am Erbe erhalten. Daneben kann auch eine Person einen Anteil am Erbe erhalten, ohne selbst Erbe zu sein, die von dem Erblasser (finanziell) abhängig war und zu großen Teilen den Erblasser unterstützt hat (z.B. ein vom Erblasser unterstützter Bruder, der kein Erbe ist).
 

Testamentarische Erbfolge/Nachfolge

Eine Person ist grundsätzlich berechtigt, ihr Erbe durch einen Letzten Willen in Form eines Testaments zu regeln. Zu beachten hierbei ist jedoch, dass nur ein Erbe aus der gesetzlichen Erbfolge als testamentarischer Erbe eingesetzt werden kann. In einem solchen Testament können auch Schenkungen/Vermächtnisse an Dritte wie den Staat oder Organisationen festgelegt werden. Für die Wirksamkeit eines Testaments bestehen sowohl Anforderungen an den Verfasser (u.a. Testierfähigkeit, Freiwilligkeit der Abfassung des Testaments, Abwesenheit von Zwang oder Bedrohung durch andere Personen) als auch förmliche Anforderungen (handschriftlich, unterzeichnet, datiert). Ist eine Person nicht in der Lage, selbst ihr Testament abzufassen, kann das Testament durch eine andere Person aufgezeichnet werden. Auch Audio- oder Videoaufnahmen sind zulässig. Voraussetzung für die Wirksamkeit eines solchen Testaments ist jedoch die Anwesenheit von zwei Zeugen bei Abfassung des Testaments. Gesetzliche Erben und Vermächtnisnehmer dürfen keine Zeugen sein. Im Notfall ist auch ein mündliches Testament möglich, sofern zwei Zeugen zugegen sind.
 

Das Zivilgesetzbuch sieht keinen Pflichtteil am Erbe für gesetzliche Erben vor (so wie etwa das deutsche Erbrecht). Allerdings soll eine letztwillige Verfügung einen Anteil am Erbe für gesetzliche Erben vorsehen, die arbeitsunfähig sind oder auch sonst kein Einkommen erzielen können. Enthält das Testament keine diesbezüglichen Regelungen, gilt es als teilweise unwirksam und das Gericht wird dem Anspruchsberechtigten einen entsprechenden Anteil am Erbe zusprechen.
 

Erbfälle mit Auslandsbezug

Die Bestimmungen zum Erbrecht im neuen Zivilgesetzbuch enthalten im Gegensatz zum noch geltenden Erbschaftsgesetz und Gesetz der VR China über die Anwendung von Gesetzen auf auslandsbezogene zivile Beziehungen keine Bestimmungen zu Erbschaftsfällen mit Auslandsbezug. Nach der noch geltenden Regelung richtet sich das Erbrecht für gesetzliche Erbfolge von beweglichem Vermögen nach dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts bzw. Wohnsitz zum Zeitpunkt des Todes des ausländischen oder chinesischen Erblassers und für die von unbeweglichem Vermögen nach dem Recht des Staates des Belegenheitsorts.
 

Rechtliche Auswirkungen

Im Erbschaftsgesetz war der Umfang des Erbes durch Aufzählung näherer Positionen definiert. Im neuen Zivilgesetzbuch fällt diese Aufzählung weg und das Erbe wird allgemein als das Eigentum des Erblassers definiert. Ausländische Erben sollten jedoch darauf achten, dass es Nachlassgegenstände geben kann, welche Ausfuhrbeschränkungen und -verboten unterliegen können.
 

Ausländische Erben sind chinesischen Erben grundsätzlich gleichgestellt.
 

In Anbetracht der gesetzlichen Bestimmungen zum Erbrecht und der teilweise sehr unbestimmten Regelungen kann ein Risiko bestehen, dass der ursprüngliche Wille des Erblassers trotz eines Testaments nicht vollumfänglich erfüllt wird. Es kann daher empfehlenswert sein, noch zu Lebzeiten entsprechende Vorkehrungen zu treffen und umzusetzen.
 

Erben haften grundsätzlich für unbezahlte Steuern und Verbindlichkeiten des Erblassers. Nach Artikel 1161-1163 des ZGB besteht diese Haftung eines Erben nur innerhalb der Grenze des tatsächlichen Wertes der von ihm erlangten Erbschaft. Jeder den tatsächlichen Wert der Erbschaft übersteigende Betrag kann vom Erben freiwillig gezahlt werden. Der Erbe, der in der Erbschaft ablehnt, haftet nicht für die Begleichung der Steuern und Schulden, die der Erblasser nach den Gesetzen zu zahlen hat.
 
Wenn sowohl eine gesetzliche Erbfolge als auch eine testamentarische Erbfolge oder ein Vermächtnis besteht, hat der gesetzliche Erbe für die vom Erblasser zu zahlenden Steuern und Schulden aufzukommen. Der Teil, der den tatsächlichen Wert der gesetzlichen Erbschaft übersteigt, ist von dem Erblasser und dem Vermächtnisnehmer anteilig mit dem tatsächlich erworbenen Erbe zu tragen.
 

Erbfälle mit Auslandsbezug sind im neuen Teil 6 des Zivilgesetzbuches nicht geregelt worden. Es ist davon auszugehen, dass es im Hinblick auf das anzuwendende Recht bezüglich des beweglichen und unbeweglichen Vermögens eines Erblassers, sofern sich dieses in unterschiedlichen Ländern befindet, bei den bestehenden Regeln bleibt. Gleichwohl sollten insbesondere Ausländer mit Vermögenswerten in China oder chinesische Staatsangehörige mit Vermögen im Ausland für den Todesfall entsprechende Vorkehrungen treffen, um den Nachlass entsprechend zu regeln.
 

China erhebt derzeit keine Erbschaftsteuer.
 

Im nächsten und letzten Artikel dieser Reihe widmen wir uns einigen Aspekten der deliktischen Haftung - Teil 7 und letzter Teil des Zivilgesetzbuchs.

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