Reform der Insolvenzanfechtung: Bundestag beschließt Gesetzesänderung

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veröffentlicht am 22. Februar 2017


Nach langen Verhandlungen zur Reform des Insolvenzanfechtungsrechts gab es nun eine Einigung. Der Deutsche Bundestag hat bereits am 16. Februar 2017 in zweiter und dritter Lesung eine Änderung der Insolvenzordnung und damit einhergehend eine Reform des Insolvenzanfech­tungs­rechts beschlossen.
 

 

     

Seit der Veröffentlichung des Referentenentwurfes durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im März 2015, der Vorlage des Regierungsentwurfes im September 2015 und der Empfehlung der Ausschüsse an den Bundesrat im November 2015 waren die geplanten Gesetzesänderungen in der Diskussion und es wurden von verschiedenen Vertretern Einwände gegen sie erhoben. In den letzten Monaten war das Thema in der Öffentlichkeit wieder sehr in den Hintergrund gerückt. Nach anhaltenden Spekulationen, ob und inwieweit das Insolvenzanfechtungsrecht überhaupt reformiert wird und wann und wie die geplanten Änderungen im Einzelnen umgesetzt werden, gilt es nun, sich mit den beschlossenen Neuerungen auseinanderzusetzen und sich darauf einzustellen.

 

Da der nunmehr beschlossene Gesetzeswortlaut teilweise vom Regierungsentwurf abweicht, soll im Folgenden ein kurzer Überblick über die einzelnen relevanten Regelungen zum Insolvenzanfechtungsrecht gegeben werden.

 

Inkongruente Deckung nach § 131 InsO

Der ursprüngliche Gesetzesentwurf sah eine Änderung des § 131 InsO dahingehend vor, dass durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder deren Androhung erlangte Zahlungen nicht als inkongruente Deckungen einzustufen sind und daher nur noch unter den erschwerten Anforderungen des § 130 InsO anfechtbar sein sollten. Das wurde stark kritisiert, da hierin ein unzulässiger Eingriff in den insolvenzrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger gesehen wurde und Vollstreckungsgläubiger in nicht gebotener Weise privilegiert wurden.

   

Die nunmehr beschlossene Gesetzesänderung sieht eine Anpassung des § 131 InsO nicht mehr vor; der Zusatz wurde daher gestrichen, so dass der § 131 InsO in seiner ursprünglichen Fassung bestehen bleibt.

 

Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO

Die Gesetzesänderung sieht – so wie es auch bereits im Regierungsentwurf angelegt war – eine Verkürzung der Anfechtungsfrist von Deckungshandlungen von bislang 10 auf 4 Jahre vor.

  

Weiterhin wird – wie auch in dem Gesetzesentwurf vorgesehen – § 133 Abs. 2 InsO dahingehend geändert, dass bei kongruenten Leistungen eine Kenntnis von der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit bestanden haben muss. So sollen, anders als bislang, kongruente Deckungen erst dann anfechtbar sein, wenn der Gläubiger die vorhandene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erkannt hat. Die Kenntnis der bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit soll nicht mehr genügen.

 

Weiterhin wurde gemäß des Regierungsentwurfs eine Änderung des § 133 Abs. 3 InsO beschlossen: Es wird zugunsten jener Gläubiger, die mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder eine sonstige Zahlungserleichterungen gewährt haben, gesetzlich vermutet, dass sie bei später erhaltenen Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit ihres Schuldners nicht kannten. Diese bereits vom BGH in seiner jüngsten Rechtsprechung vertretene Argumentation findet somit nun auch im Gesetz ihren Niederschlag.

 

Bargeschäftsprivileg nach § 142 InsO

Um die Rechtsunsicherheiten bei der Anfechtbarkeit von Lohnzahlungen zu beseitigen, wurde in der Gesetzesänderung die bereits im Regierungsentwurf vorgeschlagene Regelung übernommen, dass im Rahmen der Gewährung von Arbeitsentgelt ein Bargeschäft vorliegt, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung 3 Monate nicht übersteigt. In Ergänzung zur ursprünglich vorgeschlagenen Formulierung sollen gemäß der nunmehr beschlossenen Gesetzesänderung darüber hinaus auch Leistungen Dritter an den Arbeitnehmer geschützt sein und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen als Bargeschäft eingestuft werden, sofern das für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war.

 

Im Übrigen wurden die im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Änderungen so übernommen. Dementsprechend sollen Bargeschäfte künftig nur noch dann der Vorsatzanfechtung unterliegen, wenn der Schuldner unlauter handelte und der Gläubiger es erkannt hat. Auf das vielfach kritisierte Merkmal der „unlauteren Handlung” wurde somit nicht verzichtet. Es bleibt daher abzuwarten, wie mit diesem unbestimmten Rechtsbegriff in der Praxis umgegangen wird und wie die Gerichte den Begriff im Rahmen der Entscheidung der Insolvenzanfechtungsfälle nach dem neuen Insolvenzanfechtungsrecht konkretisieren.

 

Verzinsung nach § 143 InsO

Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder ab Klageerhebung verzinst werden. Die Änderung war bereits im Regierungsentwurf vorgesehen und wurde so übernommen. So sollen etwaige Fehlanreize zu einer schleppenden Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen beseitigt und der Rechtsverkehr besser vor einer übermäßigen Zinsbelastung geschützt werden.

 

Fazit

Es bleibt abzuwarten wie das neue Insolvenzanfechtungsrecht angenommen und in der Praxis umgesetzt wird. Aufgrund einiger noch unbestimmter Rechtsbegriffe, die nun im Rahmen der praktischen Umsetzung und durch die Rechtsprechung konkretisiert werden müssen, ist noch nicht ersichtlich, ob es hierdurch überhaupt spürbare Änderungen für den Geschäftsverkehr geben wird.

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