Handlungsbedarf aufgrund der geplanten Neufassung des Abschnitts 2.5 UStAE zur steuerlichen Behandlung von KWK-Zuschlägen

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​​​​​veröffentlicht am 27. November 2024​​​​​​


 

Eine geplante Neufassung des Abschnitts 2.5 UStAE führt zu Handlungsbedarf für Anlagen- und Netzbetreiber. Ursprünglich vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass der KWK-Zuschlag, der auf den Teil des selbst erzeugten und dezentral verbrauchten Stroms entfällt, als umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch unter der Fiktion einer sog. „Lieferkette” zu qualifizieren sei. Dem ist der BFH entgegengetreten und hat in zwei Entscheidungen vom 29. November 2022, Az. XI R 18/21 und 11. Mai 2023, Az. V R 22/21 ausgeführt, dass der umsatzsteuerliche Begriff der Leistung nicht so weit gehe, dass auch ein zu zahlender Zuschlag für nicht eingespeisten und dezentral verbrauchten Strom erfasst sei. Nunmehr hat die Finanzverwaltung einen Entwurf des Abschnitts 2.5 UStAE unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des BFH entwickelt.​​​​​​​

 

1. Ursprüngliche Auffassung des BMF

Die Finanzverwaltung nahm unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von PV-​ und KWK-Anlagen vom 14. September 2014 an, dass der, für den selbst erzeugten und dezentral verbrauchten Strom gezahlte KWK-Zuschlag umsatzsteuerbar sei. Auf dieser Basis wurde, bezogen auf den selbst erzeugten und verbrauchten Strom, durch die Finanzverwaltung eine Lieferkette fingiert. Diese wurde so ausgestaltet, dass der vollständig durch die Anlage generierte Strom fiktiv in das Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wurde. Anschließend wurde der, für den Eigenbedarf des Anlagenbetreibers verwendete Strom fiktiv zurückgeliefert und unter diese Lieferkette die Zahlung eines KWK-Zuschlages unter Ausweis der Umsatzsteuer subsumiert. Dies führte zu einer vermehrten Belastung der Anlagebetreiber, insbesondere derjenigen, die aufgrund ihrer hoheitlichen Tätigkeit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
 

2. Entgegenstehende Ansicht des BFH

Dieser Lieferkettenfiktion ist der BFH unter Bezug auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie jedoch mit seinen Entscheidungen vom 29. November 2022, Az. XI R 18/21 und 11. Mai 2023, Az. V R 22/21 entgegengetreten. Er führte aus, dass die Zahlung eines KWK-Zuschlags für selbst verbrauchten Strom gem. § 4 Abs. 3a KWKG 2009 nicht als eine Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG zu qualifizieren sei. Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG seien Leistungen, durch die ein Unternehmer einen anderen befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Eine solche Verfügungsmacht des Netzbetreibers über den vom Anlagenhersteller selbst verbrauchten Strom liege nicht vor. Des Weiteren werde weder die Substanz noch der Wert oder der Ertrag des selbst verbrauchten Stroms auf den Netzbetreiber übertragen. Auch aus § 4 Abs. 3a KWKG 2009 ergebe sich keine „Lieferfiktion”. Es handele sich hierbei nicht um eine Regelung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG, sondern statuiere lediglich die gesetzliche Zahlungspflicht des Netzbetreibers. Eine sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG könne ebenfalls nicht angenommen werden, da der Anlagenbetreiber hinsichtlich des selbst verbrauchten Stroms keinen verbrauchsfähigen Vorteil erlange.

 
3. Die Auswirkungen des Entwurfes zur Änderung des Abschnitts 2.5 UStAE

Die Finanzverwaltung hat nunmehr einen Entwurf zur Änderung des Abschnitts 2.5 Abs. 17 S. 2-4 UStAE verfasst, um der Rechtsprechung des BFH Rechnung zu tragen. Es ist daher, auch in Hinsicht auf die zwei in dieser Rechtsauffassung des BFH übereinstimmenden Urteile, nicht mehr davon auszugehen, dass diese nur hinsichtlich der vorgetragenen Einzelfälle wirken.
 

a)     Auswirkungen/ Handlungsempfehlungen für die Anlagenbetreiber

 
Daraus ergibt sich insbesondere für hoheitlich tätige Anlagenbetreiber ohne Vorsteuerabzugsberechtigung die Möglichkeit, ihre Abrechnungen zu prüfen und die zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer von den Netzbetreibern zurückzufordern. Die an den Netzbetreiber ergangene Zahlung erfolgte in Hinblick auf die Rechtsauffassung des BFH und der neuen geplanten Gestaltung des Abschnitts 2.5 UStAE ohne rechtlichen Grund. Eine Rückforderung unterliegt den bereicherungsrechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB. Hinsichtlich der Verjährung des Anspruches kann angenommen werden, dass dieser im Einzelfall der zehnjährigen, kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist des § 199 Abs.3 BGB folgt.

 
b)     Auswirkungen/ Handlungsempfehlungen für die Netzbetreiber

 
Solange nur ein Entwurf und keine endgültige Positionierung der Finanzverwaltung vorliegt, ist der Netzbetreiber aus Sicht der Finanzverwaltung weiterhin verpflichtet, eine umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistung zu erklären. Auch die Finanzämter sind bisher an die noch geltende Fassung des Abschnitts 2.5 Abs. 17 S. 2-4 UStAE unter Annahme einer Leistungsfiktion gebunden. Den Netzbetreibern ist daher im Hinblick auf die bevorstehende Änderung des Abschnitts 2.5 UStAE zu raten, die Bestandskraft der Umsatzsteuerbescheide im Einspruchsverfahrens zu hindern und das Verfahren unter Verweis auf die Rechtsprechung des BFH und dem Umstand, dass eine Änderung des Abschnitts 2.5 Abs. 17 S. 2 – 4 UStAE angestrengt wird, ruhend zu stellen.

 
4. Fazit

Eine neue Ausgestaltung des Abschnitts 2.5 UStAE durch die Finanzverwaltung in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH führt zu neuen Vorgehensmöglichkeiten, die in Hinblick auf den jeweiligen Einzelfall sowohl auf Ebene des Anlagenbetreibers, als auch auf Ebene des Netzbetreibers zu berücksichtigen sind. Es ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung nicht mehr an ihrer bisher noch in Abschnitt 2.5 UStAE vertretenen Auffassung festhalten wird, dass es sich bei der umsatzsteuerlichen Behandlung des KWK-Zuschlages auf den selbst erzeugten und dezentral verbrauchten Strom unter Anwendung einer Lieferkettenfiktion um eine Leistung handelt.


 

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