Steuerfallen durch Sperrfristverletzungen bei Umwandlungen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 16. August 2024 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Das Umwandlungssteuergesetz beinhaltet eine Reihe von Sperrfristreglungen, deren Verletzung gravierende Steuerfolgen auslösen kann. Gerade im Rahmen von M&A-Transaktionen sind diese zu beachten. Zum einen können auf Ebene der Zielunternehmen ungewollte steuerliche Belastungen resultieren. Zum anderen kann es für einen Einbringenden zu einem späteren Zeitpunkt ohne eigenes Zutun zu einer rückwirkenden Besteuerung des Gewinns aus der früheren Einbringung kommen, ohne dass ihm Liquidität zufließt. Absicherungsmöglichkeiten sollten geprüft und bei Kaufvertragsverhandlungen berücksichtigt werden.


Beispiel 1: Sperrfristauslösende Umstrukturierung nach § 20 UmwStG

Bei der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen in eine Kapitalgesellschaft besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, diese zum Buchwert und damit steuerneutral einzubringen. Als Gegenleistung erhält der Einbringende (zumindest teilweise) neue Anteile an der Kapitalgesellschaft.

Einbringungsvorgänge, die die Voraussetzungen erfüllen und unter dem gemeinen Wert stattfinden, lösen dabei grundsätzlich eine siebenjährige Sperrfrist aus. Die Frist beginnt mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag. In dem Fall kann es rückwirkend zu einer Besteuerung des Einbringungsvorgangs beim Einbringenden kommen, wenn der Einbringende die (steuerverstrickten) neuen Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren veräußert bzw. einen sog. Ersatzrealisationstatbestand verwirklicht (§ 22 Abs. 1 UmwStG, sog. Einbringungsgewinn I).

Bei der Besteuerung ist neben der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer auch die Gewerbesteuer zu beachten. 

Folgendes Praxisbeispiel soll das veranschaulichen:

Die Einbringende, die GmbH & Co. KG 1, erhält für die steuerneutrale Einbringung der 100%-Kommanditbeteiligung an der GmbH & Co. KG 2 in die Kapitalgesellschaft (KapGes) neue Anteile an dieser. Drei Jahre später verkauft die GmbH & Co. KG 1 alle Anteile an der KapGes.


 

  • ​Ursprüngliche Einbringung​​
    Die Einbringung erfolgte unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 UmwStG steuerneutral zu Buchwerten. Gleichzeitig löste die Einbringung aber eine siebenjährige Haltefrist aus. Alle Anträge wurden form- und fristgemäß gestellt. Zudem wurden die Nachweispflichten des § 22 Abs. 3 UmwStG beachtet.  
  • ​Folgen aus dem Verkauf drei Jahre später
    Der Verkauf der erhaltenen neuen Anteile an der KapGes durch die GmbH & Co. KG 1 innerhalb des Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt führt zu einer Sperrfristverletzung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Grund dafür ist, dass der Verkauf der Anteile an der KapGes einer Steuerbegünstigung unterliegt (Teileinkünfteverfahren bei natürlichen Personen bzw. § 8b Abs. 2, 3 KStG bei juristischen Personen als Kommanditisten der GmbH & Co. KG 1), wohingegen die Veräußerung der 100%-Beteiligung an der GmbH & Co. KG 2 als Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 EStG (ggf. i.V.m. § 8 Abs. 2 KStG) der Besteuerung unterlegen hätte.

    ​Durch die Sperrfristverletzung kommt es zu einer rückwirkenden Besteuerung der stillen Reserven aus der Einbringung (sog. Einbringungsgewinn I), wobei eine Abschmelzung von 1/7 für jedes abgelaufene volle Jahr seit dem steuerlichen Übertragungsstichtag (hier: 3/7) erfolgt (§ 22 Abs. 1 S. 3 UmwStG). Zu beachten ist, dass der (rückwirkende) Einbringungsgewinn auf Ebene der GmbH & Co. KG 2 festgestellt wird und auf dieser Ebene auch gewerbesteuerpflichtig ist, sofern er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfällt (§ 7 Satz 2 GewStG). Wirtschaftlich belastet ist somit u.U. nicht der ursprünglich Einbringende, sondern die eingebrachte Gesellschaft selbst. 

Etwaige gewerbesteuerliche Risiken infolge von Sperrfristverstößen sollten im Rahmen von M&A-Transaktionen von Käufern abgesichert werden, beispielweise durch Freistellungen im Kaufvertrag.

Beispiel 2: Sperrfristauslösende Umstrukturierung nach § 21 UmwStG

Auch bei der Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, diese zum Buchwert und damit steuerneutral einzubringen. Als Gegenleistung erhält der Einbringende (zumindest teilweise) neue Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft. Wichtig ist hierbei, dass die übernehmende Kapitalgesellschaft nach der Einbringung unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft hält (sog. qualifizierter Anteilstausch).

Derartige Einbringungsvorgänge lösen ebenfalls grundsätzlich eine siebenjährige Sperrfrist aus. Die Frist beginnt mit dem Einbringungszeitpunkt. Auch in diesem Fall kann es rückwirkend zu einer Besteuerung des Einbringungsvorgangs beim Einbringenden kommen, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft die eingebrachten Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren veräußert (oder einen Ersatztatbestand auslöst) und soweit beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre (§ 22 Abs. 2 UmwStG, sog. Einbringungsgewinn II).

Folgendes Praxisbeispiel soll das veranschaulichen:

Der Einbringende, die natürliche Person X, erhält für die steuerneutrale Einbringung der Anteile an der Kapitalgesellschaft 1 (KapGes 1) in die Kapitalgesellschaft 2 (KapGes 2) neue Anteile an der KapGes 2. Drei Jahre später verkauft die KapGes 2 alle Anteile an der KapGes 1.


  • ​Ursprüngliche Einbringung
    Die Einbringung erfolgte unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz2 UmwStG steuerneutral zu Buchwerten. Gleichzeitig löste die Einbringung aber eine siebenjährige Haltefrist aus. Alle Anträge wurden form- und fristgemäß gestellt. Auch wurden die Nachweispflichten des § 22 Abs. 3 UmwStG beachtet.  
  • ​Folgen aus dem Verkauf drei Jahre später
    Der Verkauf der Anteile an der KapGes 1 durch die KapGes 2 innerhalb des Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt führt zu einer Sperrfristverletzung (§ 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Grund dafür ist, dass der Verkauf der Anteile an der KapGes 1 durch die KapGes 2 günstiger besteuert wird (Anwendung von § 8b Abs. 2, 3 KStG, 5% steuerpflichtig) als dies bei der Veräußerung der Anteile an der KapGes 1 durch die natürliche Person X der Fall gewesen wäre (Anwendung von § 3 Nr. 40 EStG, 60% steuerpflichtig).

    Durch die Sperrfristverletzung kommt es zu einer rückwirkenden Besteuerung der stillen Reserven aus der Einbringung (sog. Einbringungsgewinn II), wobei eine Abschmelzung von 1/7 für jedes abgelaufene volle Jahr seit dem Einbringungszeitpunkt (hier: 3/7) erfolgt (§ 22 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Den Erlös aus der Veräußerung der KapGes 1 erhält jedoch die KapGes 2. Dem Einbringende, der den Einbringungsgewinn II zu versteuern hat, fehlt es häufig an der Liquidität zur Begleichung der Steuern.

Dieser Fall betrifft vor allem natürliche Personen als Verkäufer im Rahmen einer M&A-Transaktion, die am Erwerbsvehikel bzw. an der Erwerbstruktur rückbeteiligt werden und damit einen Teil ihrer zu veräußernden Unternehmensbeteiligung steuerneutral gegen Gewährung neuer Anteile auf das Erwerbsvehikel übertragen. Aus deren Sicht ist im Rahmen der Kaufvertragsdokumentation darauf zu achten, Einfluss auf die Vermeidung von Sperrfristverstößen nehmen zu können bzw. zumindest dafür sorgen zu können, dass ihnen bei einem Sperrfristverstoß ausreichende finanzielle Mittel zur Tilgung der Steuerlast zur Verfügung stehen. 

Fazit

​Bestehende Sperrfristen sollten im Rahmen von Transaktionen stets geprüft werden, da sich diese steuerlich negativ auf die Transaktion auswirken können. In Abhängigkeit der betroffenen Personen und des Umfangs etwaiger Steuerfolgen sollten Maßnahmen zur Absicherung getroffen werden.

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