Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft im Falle unterjähriger Umwandlungen

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​​​​​​​​​​veröffentlicht am 18. April 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Im Rahmen von Transaktionen können Zielgesellschaften Mitglied einer ertragsteuerlichen Organschaft sein. Aufgrund der klaren gesetzlichen Anforderungen sind im Rahmen von (unterjährigen) Reorganisationen oder Umwandlungen innerhalb eines ertragsteuerlichen Organkreises gewisse Aspekte zu beachten, um unerwünschte steuerliche Konsequenzen zu vermeiden.


Der BFH (Bundesfinanzhof) hat sich in vier Urteilen vom 11.7.2023 zu Rechtsfragen hinsichtlich der finanziellen Eingliederung einer Organgesellschaft in den Organträger im Falle verschiedener Umwandlungen geäußert. Die Entscheidungen des BFHs widersprechen der strengen Auffassung der Finanzverwaltung und eröffnen neue Möglichkeiten im Rahmen von Umstrukturierungen von Gesellschaften, die Mitglied einer ertragsteuerlichen Organschaft sind.


Finanzielle Eingliederung

Eine der zentralen Voraussetzung zur Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft ist die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger. Die finanzielle Eingliederung liegt vor, sofern dem Organträger (un-)mittelbar die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zustehen. Diese Voraussetzung ist im Regelfall erfüllt, wenn der Organträger mehr als 50% der Anteile an der Organgesellschaft hält. Hervorzuheben ist allerdings, dass die Voraussetzung der finanzielle Eingliederung nur dann als erfüllt gilt, wenn dem Organträger bereits zu Beginn des jeweiligen Wirtschaftsjahres an der Organgesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte ununterbrochen zusteht.

Dies führt bei einem unterjährigen Erwerb einer Organgesellschaft häufig dazu, dass ohne das Veranlassen bestimmter Maßnahmen nicht unmittelbar im Anschluss an den Erwerb eine neue ertragsteuerliche Organschaft zwischen dem Erwerber und der erworbenen Organgesellschaft begründet werden kann, da der Erwerber zum Beginn des Wirtschaftsjahres an der Organgesellschaft noch nicht finanziell beteiligt war. Sollte im Jahr des Erwerbs dennoch ein Organschaftsverhältnis gewünscht sein, wird diese Problematik in der Praxis durch die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres auf Ebene der Organgesellschaft gelöst.

Der BFH (1. Senat) hat sich in vier Urteilen zur finanziellen Eingliederung einer Organgesellschaft in den Organträger im Fall einer unterjährigen Umwandlung bzw. Einbringung geäußert. Eine steuerliche Rückwirkung der Übertragung auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft ist damit, entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, nicht zwingend erforderlich, um eine ertragsteuerliche Organschaft im Wirtschaftsjahr der Reorganisation fortzusetzen oder neu zu begründen.


Unterjährige Verschmelzung

Drei Urteile haben sich mit dem folgenden grundsätzlichen Sachverhalt beschäftigt: 
  • Zwischen dem Organträger (Alt) und der Organgesellschaft bestand eine ertragsteuerliche Organschaft. 
  • Eine neue Gesellschaft (Organträger (Neu)) hat unterjährig die Anteile am Organträger (Alt) und damit auch mittelbar an der Organgesellschaft erworben. 
  • Anschließend wurde der Organträger (Alt) unterjährig auf den Organträger (Neu) verschmolzen. Es war jeweils beabsichtigt, unmittelbar im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung zwischen dem Organträger (Neu) und der Organgesellschaft eine ertragsteuerliche Organschaft zu begründen. 
Die Sachverhalte der drei Urteile unterscheiden sich lediglich dahingehend, dass in zwei Fällen GmbHs aufeinander verschmolzen werden und in einem Fall eine GmbH auf eine GmbH & Co. KG. 

Folgendes Schaubild stellt den grundsätzlichen Sachverhalt vereinfacht und plastisch dar:

Die zu klärende Streitfrage der Urteile war, ob die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger (Neu) im Jahr der Umwandlung vorlagen, obwohl der Organträger (Neu) zu Beginn des Wirtschaftsjahres an der Organgesellschaft nicht finanziell beteiligt war. 

In allen drei Urteilen entschied der BFH, dass die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger (Neu) (übernehmender Rechtsträger) erfüllt waren, sodass die ertragsteuerliche Organschaft anzuerkennen war.

Begründet wurden die Entscheidungen mit der sog. „Fußstapfentheorie”​, wonach der zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolger im Falle einer Verschmelzung in die Rechtsposition des übertragenden Rechtsträgers eintritt. Dies gilt auch für die finanzielle Eingliederung, sodass es nicht schädlich war, dass die finanzielle Eingliederung zum Organträger (Neu) noch nicht zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft erfüllt war. 

Infolgedessen wird aufgrund der Fußstapfentheorie eine ab Beginn des Wirtschaftsjahrs bestehende finanzielle Eingliederung zum übertragenden Rechtsträger dem übernehmenden Rechtsträger als Rechtsnachfolger uneingeschränkt zugerechnet.


Unterjähriger Anteilstausch

Im vierten Urteil wurden durch eine Gesellschafterin im Wege eines qualifizierten Anteilstau-sches unterjährig 100% der Anteile an der B-GmbH in eine Schwester GmbH (A-GmbH) eingebracht und anschließend eine ertragsteuerliche Organschaft zwischen den beiden GmbHs begründet, die ab Beginn des Wirtschaftsjahres bestehen sollte. Dabei soll die A-GmbH Organträger und die B-GmbH Organgesellschaft darstellen.

Folgendes Schaubild stellt den Sachverhalt vereinfacht und plastisch dar:

 Auch in diesem Urteil war die Streitfrage, ob die Voraussetzungen einer finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger erfüllt waren, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Organträger erst unterjährig die Beteiligung an der Organgesellschaft im Wege der Einbringung erlangt hat.

Der BFH entschied, dass auch in diesem Fall die Voraussetzungen für die finanzielle Eingliederung erfüllt waren und die ertragsteuerliche Organschaft ab Beginn des Wirtschaftsjahres anzuerkennen sei. Ebenfalls wurde darauf hingewiesen, dass der finanziellen Eingliederung nicht entgegensteht, dass die Gesellschafterin als Privatperson mangels gewerblicher Tätigkeit nicht die Voraussetzungen eines Organträgers erfüllt. Unbeachtlich ist demnach, ob der übertragende Rechtsträger bereits Organträger war.

Fazit

Die vier Urteile des BFHs, welche die finanzielle Eingliederung einer Organgesellschaft in den Organträger im Falle von unterjährigen Umwandlungen zu Gunsten des Steuerpflichtigen bejahten, führen zu weiteren Rechtssicherheit. Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass die gesetzlichen Vorschriften zur Organschaft durch die umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften ergänzt werden. Die umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften zur steuerlichen Rechtsnachfolge sind in diesem Kontext nicht zu negieren.

Die dadurch entstehenden Strukturierungsmöglichkeiten können damit in der steuerlichen Gestaltungsberatung berücksichtigt werden. Besonderes Augenmerk sollte jedoch auf die Verschmelzungsrichtung gelegt werden, um weitere transaktionsbezogene Aspekte in Form von Grunderwerbsteuer, Untergang von steuerlichen Attributen etc. zu berücksichtigen.

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Mimoun Houbbani

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