M&A Vocabulary – Experten verstehen: „Profit and Loss Agreement”

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 21. Dezember 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

In dieser Fortsetzungsreihe stellen Ihnen wechselnde M&A-Experten der weltweiten Niederlassungen von Rödl & Partner jeweils einen wichtigen Begriff aus der englischen Fachsprache des Transaktionsgeschäfts vor, verbunden mit Anmerkungen zur Verwendung. Hierbei geht es nicht um wissenschaftlich-juristische Exaktheit, linguistische Feinheiten oder erschöpfende Darstellung, sondern darum, das Grundverständnis eines Terminus zu vermitteln bzw. aufzufrischen und einige nützliche Hinweise aus der Beratungspraxis zu geben.


In der Unternehmenspraxis werden aufgrund erheblicher steuerlicher Vorteile sogenannte Gewinnabführungsverträge (Profit and Loss Agreements) zwischen Unternehmen vereinbart. Ein Gewinnabführungsvertrag ist ein Vertrag zwischen zwei Unternehmen, durch welchen ein abhängiges Unternehmen, einen Teil oder den gesamten Gewinn an das herrschende Unternehmen, abführt, welches sich im Gegenzug verpflichtet, etwaige Verluste auszugleichen. Dieser Vertrag wird oft im Rahmen einer steuerlichen Organträgerschaft abgeschlossen. Gewinnabführungsverträge können auch in Kombination mit einem sog. Beherrschungsvertrag abgeschlossen werden, um die abhängige Gesellschaft unter die einheitliche Leitung der Obergesellschaft zu stellen und damit auch Weisungen gegenüber dem Vorstand der abhängigen Aktiengesellschaft erteilen zu können. Zur Erlangung einer steuerlichen Organschaft ist ein solcher Organschaftsvertrag allerdings nicht notwendig. Der Abschluss eines Organschaftsvertrags wird in der Praxis auch insoweit vermieden, um eine Zurechnung von bei der Untergesellschaft beschäftigten Arbeitnehmern auf der Ebene der Obergesellschaft nicht zu bewirken. Das Drittelbeteiligungsgesetz sieht dies nur vor, sofern zwischen den beiden Unternehmen ein Beherrschungsvertrag besteht, jedoch nicht bei Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages.

Vertragsparteien

Das abhängige Unternehmen kann in Form einer Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, SE und unter bestimmten Voraussetzungen auch als GmbH bestehen. Das herrschende Unternehmen ist hingegen rechtsformneutral.

Inhalt des Vertrages

Das abhängige Unternehmen verpflichtet sich gegenüber dem herrschenden Unternehmen zur Abführung des ganzen Gewinns. Im Gegenzug verpflichtet sich der Vertragspartner, jeden Jahresfehlbetrag während der Vertragsdauer auszugleichen. Als „ganzer Gewinn“ ist der Bilanzgewinn zu verstehen, welcher entstünde, sofern kein Gewinnabführungsvertrag bestehen würde. Dieser wird in der endgültigen Handelsbilanz nicht mehr als Gewinn, sondern als Verbindlichkeit ausgewiesen, nachdem er lediglich in einer Vorbilanz zur Ermittlung des abzuführenden Betrages als Gewinn gebucht wurde. In der Gewinn- und Verlustrechnung wird der abzuführende Betrag gesondert als Aufwendung ausgewiesen. Sofern außenstehende Aktionäre bzw. Gesellschafter im abhängigen Unternehmen bestehen,  ist eine angemessene Abfindung zur Veräußerung der Aktie an das herrschende Unternehmen sowie ein jährlicher Ausgleich zu regeln, sofern der Aktionär im Unternehmen verbleibt. Der Ausgleich soll eine wiederkehrende Geldzahlung vorsehen, welche auf einem durchschnittlich zu ermittelten Gewinn basiert. 

Formelle Anforderungen an Gewinnabführungsverträge

Der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages setzt für dessen Wirksamkeit vorherige Zustimmungsbeschlüsse voraus. 

Auf Seiten des abhängigen Unternehmens muss (im Falle einer Aktiengesellschaft) die Hauptversammlung mit einer Dreiviertelmehrheit des vertretenen Grundkapitals zustimmen. Dieser Zustimmungsbeschluss ist notariell zu beurkunden. Handelt es sich hingegen um eine GmbH als abhängiges Unternehmen, wird der Beschluss durch die Gesellschafterversammlung gefasst. Umstritten ist, ob letzter nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zustande kommen kann, oder ob ebenfalls eine Dreiviertelmehrheit genügt. Zur Vertragsgefährdungsvermeidung ist es ratsam, einen einstimmigen Beschluss zu fassen. Dieser ist ebenfalls notariell zu beurkunden. 

Auf Seiten des herrschenden Unternehmens, sofern diese ebenfalls eine Aktiengesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eine SE ist, gilt für den Beschluss nichts anderes wie bei dem abhängigen Unternehmen – erforderlich ist also ein Zustimmungsbeschluss, der durch eine Dreiviertelmehrheit zu fassen ist und notariell beurkundet wird. Handelt es sich hingegen um eine GmbH, genügt eine Dreiviertelmehrheit für die Zustimmung. Eine notarielle Beurkundung ist in diesem Fall nicht notwendig.

Zur Wirksamkeit des Gewinnabführungsvertrages bedarf es zudem der Eintragung im Handelsregister der Untergesellschaft. 

Steuerliche Vorteile

Die steuerlichen Vorteile eines Gewinnabführungsvertrags ergeben sich in erster Linie aus der Möglichkeit der steuerlichen Organschaft. Diese ermöglicht es, dass die Gewinne und Verluste des abhängigen Unternehmens bei dem herrschenden Unternehmen konsolidiert werden.

Die Gewinne und Verluste des abhängigen Unternehmens werden für steuerliche Zwecke als Einkünfte des herrschenden Unternehmens behandelt. Dies kann zu einer effizienteren Nutzung von steuerlichen Verlustvorträgen und Freibeträgen führen. Durch die Organschaft können die Gewinne des abhängigen Unternehmens bei der Ermittlung der Körperschaftsteuer des herrschenden Unternehmens berücksichtigt werden. Dies kann zu einer Reduzierung der effektiven Steuerlast führen. Es ist ratsam, eine Mindestvertragsdauer von fünf Jahren zu bestimmen. Der BFH hat in einer aktuellen Entscheidung (BFH-Urteil vom 2.11.2022 I R 29/19) darauf hingewiesen, dass der Gewinnabführungsvertrag während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden muss.

Es ist wichtig zu beachten, dass die steuerlichen Vorteile eines Gewinnabführungsvertrags nicht ohne Risiken sind. Die Erfüllung der Voraussetzungen für eine steuerliche Organschaft ist entscheidend, und es gibt rechtliche und steuerliche Aspekte, die sorgfältig zu berücksichtigen sind. 

Gewinnabführungsverträge im M&A Kontext

Im M&A Kontext spielen eindeutige Regelungen zur Beendigung von Gewinnabführungsverträge eine zentrale  Rolle, da sowohl auf Veräußererseite, als auch auf Erwerberseite ein Interesse zur rechtssicheren Aufhebung des Vertrages, spätestens zum Zeitpunkt des Übergangs der Anteile, besteht. Der Erwerber hat ein Interesse daran, die zukünftigen Gewinne selbst zu vereinnahmen, während der Veräußerer nicht mehr zum Verlustausgleich verpflichtet sein will. In der Vertragsgestaltung des Kaufvertrages sind daher insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:
  • Rechtssicherer Zeitpunkt zur  Beendigung des Gewinnabführungsvertrages 
  • Wie kann der Gewinnabführungsvertrag gekündigt (Unternehmensverkauf als vertraglich geregelter außerordentlicher Kündigungsgrund) bzw. aufgehoben werden?
  • Welche Regelungen sind hinsichtlich der ertragssteuerlichen Organschaft erforderlich?
  • Welche Regelungen sind hinsichtlich der Gewinnabführungsansprüche/Verlustausgleisansprüche bis zum Stichtag erforderlich (z.B. Auswirkung auf den Kaufpreis)
  • Freistellung von etwaigen Verlustausgleichsansprüchen

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Dr. Oliver Schmitt

Rechtsanwalt, D.E.A. (Rennes I)

Partner

+49 89 9287 80 311

Anfrage senden

Profil

Experten erklären

 

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu