Bestellung von Vorstandsmitgliedern einer AG zu Geschäftsführern einer Tochtergesellschaft

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veröffentlicht am 21. Juli 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

In Konzernen haben Mitglieder des Vorstands selten nicht nur diese Funktion inne, sondern handeln auch als Geschäftsführer von Tochtergesellschaften. Bei der Geschäftsführerbestellung gibt es in dieser Konstellation einige Be­sonder­heiten zu beachten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Beschluss vom 17. Januar 2023 (Aktenzeichen II ZB 6/22) hierbei für mehr Klarheit gesorgt.

Einführung

Die Problematik der Bestellung von Vorständen einer Aktiengesellschaft (AG) zu Geschäftsführern der Tochtergesellschaft ergibt sich aus dem Umstand, dass eine Befreiung von Vorständen einer AG von dem Verbot Geschäfte der AG mit dem Vorstandsmitglied in eigenem Namen zu schließen (§ 181 Alt. 1 BGB) nicht möglich ist. Dies rührt aus der Annahme des BGH, dass § 112 Satz 1 AktG, wonach in derartigen Fällen die Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied durch den Aufsichtsrat vertreten wird, die Be­freiung von § 181 Alt. 1 BGB für Vorstandsmitglieder unmöglich macht.

 

Allerdings stellt sich daneben die Frage, ob es dann der Aufsichtsrat ist, der die AG bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern zu Geschäftsführern der Tochtergesellschaft vertritt. Hier bringt der BGH je­doch vor, dass für die Bestellung von Geschäftsführern von Tochtergesellschaften allein der Vorstand gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG zuständig sei, da der Anwendungsbereich des § 112 Satz 1 AktG hier nicht eröffnet sei.

 

Somit ergibt sich unter Umständen das Dilemma, dass das Vorstandsmitglied die Gesellschaft nicht ver­treten darf, da dies einen Verstoß gegen § 181 Alt. 1 BGB darstellen würde, aber auch der Aufsichtsrat die Gesellschaft nicht vertreten darf, da § 112 Satz 1 AktG keine Anwendung findet. Der Beschluss des BGH hat in diesen Konstellationen für etwas mehr Klarheit gesorgt.

 

Beschluss des BGH

In dem konkreten Fall bestand der Vorstand der AG aus drei Mitgliedern. Die Mitglieder des Vorstands waren berechtigt, die Gesellschaft gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied oder einem Pro­kuristen zu vertreten. Nunmehr bevollmächtigten zwei Mitglieder des Vorstands einen Dritten, die AG bei der Gründung einer Tochter-GmbH und der Bestellung aller drei Vorstandsmitglieder zu Ge­schäfts­führern der Tochter-GmbH zu vertreten.

 

Durch Zwischenverfügung des zuständigen Registergerichts wurde der AG aufgetragen für die Bestellung der beiden Vorstandsmitglieder, die den Dritten bevollmächtigten, eine Genehmigung durch den Auf­sichts­rat samt Befreiung der beiden Vorstände von den Beschränkungen des § 181 Alt. 1 AktG für den Einzelfall vorzulegen.

 

Das Oberlandesgericht (OLG) als Beschwerdegericht hob die Zwischenverfügung auf, allerdings nur so weit als vom Registergericht neben der Genehmigung durch den Aufsichtsrat auch eine Befreiung von § 181 Alt. 1 BGB verlangt wurde.

 

Der BGH entschied schlussendlich, dass die Geschäftsführerbestellung wegen des Verstoßes gegen § 181 Alt. 1 BGB schwebend unwirksam sei und auch die Bevollmächtigung eines Dritten hieran nichts ändere, denn ein Vollmachtgeber kann einem Bevollmächtigten nicht mehr Rechte einräumen als er selbst inne­hat. Des Weiteren entschied der BGH, dass für die Genehmigung grundsätzlich nicht der Aufsichts­rat zuständig sei, denn dies sei der Vorstand als primäres Vertretungsorgan der AG gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG. Zudem liegekein Fall des § 112 Satz 1 AktG vor, der regelt, wann der Aufsichtsrat die AG in Aus­nahmefällen vertritt.

 

Im hier vorliegenden Fall konnte das dritte Vorstandsmitglied, gemeinsam mit einem Prokuristen die Be­­stellung der beiden übrigen Vorstandsmitgliedern zu Geschäftsführern der Tochter-GmbH ge­neh­migen.

 

Praxishinweise

Bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern zu Geschäftsführern einer Tochtergesellschaft gibt es im Grunde drei Konstellationen:

 

1. Bestellung einzelner Vorstandsmitglieder

Sofern eine ausreichende Anzahl von Vorstandsmitgliedern und ggf. Prokuristen nicht durch den § 181 Alt. 1 BGB betroffen ist, können diese durch Beschluss einzelne Vorstandsmitglieder zu Geschäfts­führern der Tochtergesellschaft bestellen. Wichtig ist darauf zu achten, dass die zu bestellenden Vorstands­mitglieder nicht am Beschluss mitwirken. Eine weitere Möglichkeit ist, ein Vorstandsmitglied für dieses konkrete Geschäft zum alleinigen Vertreter gem. § 78 Abs. 4 AktG zu bestellen, selbstverständlich jedoch ein Mitglied, das nicht Geschäftsführer der Tochter-GmbH werden soll.

 

2. Bestellung sämtlicher Vorstandsmitglieder

Sollen alle Mitglieder des Vorstands auch zu Geschäftsführern der Tochtergesellschaft bestellt werden, so ist über jede einzelne Bestellung ein Beschluss zu fassen. An der jeweiligen Beschlussfassung darf das Vorstandsmitglied, über dessen Bestellung beschlossen wird, nicht mitwirken.

 

3. Alleinvorstand

Handelt es sich um einen Alleinvorstand, lässt sich ein Verstoß gegen das Selbstkontrahierungsverbot prinzipiell nicht vermeiden. Hier gibt es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung, wie mit der­artigen Konstellationen umzugehen ist. Ratsam ist aus unserer Sicht, in diesen Fällen entweder über die temporäre Bestellung eines stellvertretenden Vorstandsmitglieds oder eine Vertretung der AG durch den Aufsichtsrat nachzudenken.

 

Fazit

Der Beschluss gibt der Praxis zunächst eine Richtung, wie Vorstandsmitglieder zukünftig zu Geschäfts­führern ihrer Tochtergesellschaften bestellt werden können, ohne dass sie hierbei gegen das Selbst­kontrahierungsverbot verstoßen. Auch steht nun fest, dass die schwebend unwirksamen Beschlüsse nicht vom Aufsichtsrat genehmigt werden können. Aus der Entscheidung lässt sich jedoch nicht schlie­ßen, ob Vorstandsmitglieder zukünftig von den Beschränkungen des § 181 Alt. 1 BGB befreit werden können.

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