Financial Due Diligence in Zeiten hoher Planungsunsicherheiten und Inflation

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veröffentlicht am 22. Juni 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Im Rahmen von Transaktionsvorhaben ist die Financial Due Diligence (FDD) einer der wesentlichen Aspekte für die Entscheidungsfindung potentieller Investoren. Insbesondere die Unternehmensplanung, als wesentlicher Bestandteil der FDD, dient der Berechnung des Unternehmenswerts. In Zeiten von hohen Inflationserwartungen und hoher Unsicherheit entstehen erhebliche Planungsrisiken, die auf allen Ebenen zu berücksichtigen sind.

 

Unternehmen treffen im Rahmen ihrer geschäftlichen Aktivitäten eine Vielzahl von wirtschaftlichen Entscheidungen. Jeder Entscheidung innewohnend ist, dass sie auf Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen und Planungen getroffen wird. Umso höher die Unsicherheit über entscheidungsrelevante Informationen, umso komplexer ist regelmäßig die Entscheidungsfindung selbst.


Derzeit führen eine Vielzahl von weltpolitischen, technologischen und klimatischen Ereignissen zu einer wachsenden Unsicherheit und fehlenden Planbarkeit mit kurz-, mittel- sowie langfristigen Folgen. Zu nennen sind gegenwärtig insbesondere die Covid-19-Pandemie sowie die daraus resultierenden Folgen auf das Geschäftsleben. Mit Zunahme der Pandemie kam es weltweit zu Lock-Downs, Ladenschließungen und hohen Krankheitsfällen. Als Folge hieraus mussten Unternehmen mit hohen Umsatzeinbrüchen, Lieferkettenproblemen und veränderten Produktionsstrukturen kalkulieren. Der bis dato bereits hohe Transformationsdruck hin zu digitalen Geschäftsmodellen und Prozessen wurde erneut beschleunigt und erhöhte den Investitionsbedarf schlagartig. Mit dem Beginn der Ukraine-Krise wurden die u.a. bereits strapazierten Lieferkettenprobleme erneut verschärft bzw. Vorprodukte und Rohstoffe schwerer verfügbar. Unternehmen und Verbraucher sehen sich heute als Folge der vielfältigen Auslöser mit einer hohen Inflation im Euro-Raum sowie hohen Planungsunsicherheiten konfrontiert.


Im Rahmen einer Financial Due Diligence gilt es nun diese Unsicherheiten und die Inflation zu berücksichtigen. Zielsetzung einer FDD ist regelmäßig die Analyse von kaufpreisrelevanten Einflussfaktoren. Ausschlaggebend für den Kaufpreis sind dabei Unternehmensplanrechnungen, d.h. die zukunftsorientierten Planzahlen. Von besonderer Bedeutung sind hierbei der EBIT(DA) und Cash-Flow, das Working-Capital sowie Net Debt.

 

Die Analyse von EBIT(DA), Cash-Flow, Working Capital sowie Net debt

Die Berechnung und Prüfung des EBIT(DA), anhand der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung, bezieht sich im Wesentlichen auf den Umsatz, den Material- sowie Personalaufwand und die sonstigen betrieblichen Aufwendungen.


Die Planung der Umsatzerlöse ist vereinfacht dargestellt der Faktor aus der Ausbringungsmenge sowie dem Stückpreis der Güter oder Leistungen. Die durch das Unternehmen getroffenen Planannahmen sind besonders zu würdigen und erfordern umfangreiche Detailrechnungen. Aufgrund der Lieferkettenproblematik ist möglicherweise mit einer geringeren Absatzmenge zu rechnen, Wachstumsgrößen und Marktwachstum zeigen sich mitunter zur Vergangenheit deutlich reduziert oder hohe Auftragsbestände sind nicht auf eine verbesserte Geschäftsentwicklung zurückzuführen, sondern resultieren aus aktuellen Lieferengpässen oder einem safety stock Aufbau der Kunden. Die Folge ist womöglich eine zukünftige Reduzierung der Umsatzerlöse bei Wiedereintreten normaler Verhältnisse. Die Bedeutung von bereits rechtlich wirksamen Aufträgen und Kundenbeziehungen wird steigen, während sich die Bedeutung von potentiellen Neukunden und abgegebenen Angeboten, aufgrund der erhöhten Unsicherheit, verschlechtern. Ebenso ist fraglich, inwiefern erhöhte Einkaufspreise an Kunden weitergegebenen werden können. Auch dies ist im Einzelfall zu untersuchen.


Ebenso ist die Planung der Materialaufwendungen durch die gestiegenen Preise für Vorprodukte sowie Rohstoffe genau zu analysieren. In Analogie zu den Herausforderungen der Prüfung der Umsatzerlöse ist die Preisentwicklung aufgrund gestörter Lieferketten, aber auch gestiegener Energie und Produktionskosten nur schwer abschätzbar. Erwartungsgemäß ist mit einem deutlichen Anstieg der Kosten zu rechnen, und somit ein Rückgang der Rohmargen abzusehen.


Für viele Unternehmen sind die Personalaufwendungen einer der wesentlichen Kostenpunkte. Deren Entwicklung ist dabei getrieben von mehreren Aspekten. Einerseits werden Mitarbeiter aufgrund der Inflation erhöhte Lohn- und Gehaltssteigerungen fordern. Gleichzeitig gilt es aber zu beachten, dass die Ergebnisse je nach Zugehörigkeit  zu Tarifverträgen unterschiedlich ausfallen werden. Darüber hinaus ist der zunehmende Fachkräftemangel in vielen Branchen ein kritischer Faktor. Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen werden voraussichtlich den anderen Kostensteigerungen nachfolgen, mit dem Ergebnis, dass sowohl EBIT als auch EBIT(DA) in Zukunft erhöhten Risiken ausgesetzt sind.


Der Cashflow eines Unternehmens wird regelmäßig anhand der indirekten Methode ermittelt, d.h. das handelsrechtliche Jahresergebnis wird um nicht zahlungswirksame Posten korrigiert. Ergänzt wird dieser operative Teil des Cashflows durch Veränderungen im Working Capital sowie mit Cash-Effekten aus Finanzierungs- und Investitionstätigkeiten. Aufgrund der aktuellen hohen Inflationswerte und -erwartungen ist mit erhöhten Finanzierungskosten aufgrund steigendem Zinssatz zu rechnen. Inwiefern Unternehmen derzeit auf Fremdkapital zurückgreifen werden, um notwendige Investitionen (z.B. für die Digitalisierung des Geschäftsmodells) zu tätigen, ist noch nicht absehbar. Allerdings sind aufgrund der gestiegenen Kapitalkosten weniger Investitionen rentabel, da eine deutlich höhere Rendite erzielt werden muss. Cash-Flows aus der Investitionstätigkeit müssen ebenfalls tiefgehend bzgl. der zu erwartenden Preisentwicklung analysiert werden, dies betrifft z.B. geplante Ersatzinvestitionen.


Die Analyse des Working Capitals wird verstärkt die Werthaltigkeit von Vermögen sowie die Vollständigkeit von Schulden berücksichtigen müssen. Verändertes Zahlungsverhalten bzgl. Zahlungsfristen, aber auch die Zwischenfinanzierung von z.B. bewusst erhöhtem Vorratsvermögen und der Leistungserbringung sind verstärkt zu betrachten. Die Ermittlung des nachhaltigen Working Capitals im Rahmen der Unternehmensplanung ist gesondert zu würdigen.


Das Net Debt ist intensiv auf weitere relevante Schuldbestandteile zu untersuchen. Insbesondere können Financial Covenants die in der Vergangenheit geschlossen wurden aufgrund der zu erwartenden rückläufigen Geschäftsaktivitäten unterschritten werden. Als Folge können erhöhte Finanzierungskosten aber z.B. auch die Kündigung von Kreditlinien einhergehen.

 

Bedeutung für die Unternehmensbewertung

Die Financial Due Diligence ist ein wesentlicher Bestandteil und die Grundlage für die Ermittlung des Unternehmenswerts. In ihr werden alle kaufpreisrelevanten Faktoren intensiv untersucht und beleuchtet. Aufgrund der gegebenen Unsicherheiten und der Inflation wird die Komplexität sowie der Umfang einer Financial Due Diligence deutlich zunehmen. Inwiefern der Transaktionsmarkt auf das erhöhte inhärente Risiko reagieren wird ist derzeit noch nicht final absehbar. Dennoch ist mit einem Rückgang von Unternehmenswerten zu rechnen, wenngleich hierbei immer der Einzelfall zu untersuchen sein wird.

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