Der Immobilienkaufvertrag – Rechtliche Gestaltungsschwerpunkte im Zusammenhang mit Immobilienkaufverträgen

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veröffentlicht am 10. März 2022 | Lesedauer ca. 5 Minuten

von Johannes Gruber, Rödl & Partner Nürnberg, und Annette Jakob

 

Das Kernstück jeder Immobilientransaktion bildet der Immobilienkaufvertrag.

Obwohl das Kauf- und Sachenrecht im deutschen Recht umfangreich normiert ist, bedarf es bei Immobilientransaktionen zumeist umfassender vertraglicher Regelungen. Dabei ist ein gutes Zusammenspiel von Kauf- und Sachenrecht einerseits und Beurkundungs- und Grundbuchrecht andererseits wesentlich. In vielerlei Hinsicht genügt der gesetzliche Rahmen jedoch nicht oder entspricht nicht der Vorstellung der Parteien, sodass vertragliche Regelungen zu vereinbaren sind, um die gesetzlichen Vorgaben im Interesse der Parteien anzupassen.

Bei der Vertragsgestaltung sollte man u.a. die folgenden rechtlichen Gestaltungsschwerpunkte kennen, die regelmäßig natürlich auch Gegenstand der Vertragsverhandlungen sein können.


Beurkundungspflicht

Immobilienkaufverträge sind gemäß § 311b BGB notariell zu beurkunden. Das Erfordernis der Beurkundung erstreckt sich dabei auf Alles, was nach dem Willen der Parteien mit der Übertragung der Immobilie „steht und fällt”. Zu berücksichtigen sind hierbei insbesondere Rückmietrechte oder Sanierungs-/Renovierungs- oder Bauverpflichtungen einer Vertragspartei. Auch ein mit der Transaktion zusammenhängender Mietvertrag oder Nachtrag zu einem Mietvertrag kann beurkundungspflichtig sein. Die fehlende notarielle Beurkundung macht – auch bei fehlender Beurkundung nur eines Mietvertrags – den gesamten Vertrag bis zur Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch nichtig, sodass ein Formmangel gravierende Auswirkungen haben kann. Eine den Käufer üblicherweise schützende Vormerkung ginge beispielsweise ins Leere, sodass die Zahlung des Kaufpreises ungesichert erfolgen würde.

Etwas anderes gilt allerdings bei Änderungen eines Grundstückskaufvertrages im Zeitraum zwischen der Auflassung und Eigentumsumschreibung. In diesem Fall ist der Nachtrag zum Kaufvertrag formlos möglich. Sämtliche Zweifel hierüber hat der BGH mit Urteil vom 14.09.2018 (Az. V ZR 213/17) beseitigt. Demnach ist der Schutzzweck des § 311b BGB nach Beurkundung der schuldrechtlichen Erklärungen der Parteien und Beurkundung der für die Eigentumsumschreibung erforderlichen dinglichen Erklärungen (Auflassung) erreicht. Die Parteien haben in diesem Fall alles Erforderliche getan, um den Eigentumsübergang zur Eintragung zu bringen, und sind weniger schutzbedürftig. Nachträgliche Änderungen zwischen Erklärung der Auflassung und Eintragung im Grundbuch bedürfen mithin keiner notariellen Beurkundung, soweit kein zusätzlicher Kaufgegenstand hinzutritt.


Parteien des Immobilienkaufvertrags

Da Immobilien oftmals aus steuerlichen Gründen im Privatvermögen gehalten werden, ist nicht selten eine natürliche Person Partei eines Immobilienkaufvertrags. Die Frage, ob diese natürliche Person als Verbraucher oder als Unternehmer auftritt, ist insbesondere in Hinblick auf die vom Notar einzuhaltenden beurkundungsrechtlichen Besonderheiten entscheidend. Bei Verbraucherkaufverträgen ist der zu schließende Kaufvertrag dem Verbraucher vom beurkundenden Notar als (weitestgehend) finale Entwurfsfassung zwei Wochen vor Beurkundung zur Verfügung zu stellen. Dieser Zeitraum zwischen dem Erhalt des Kaufvertragsentwurfs und der Beurkundung soll den Verbraucher vor Übereilung schützen und ihm gleichzeitig eine Prüfungsmöglichkeit zu allen wesentlichen Punkten ermöglichen. Die Nichteinhaltung der Frist führt nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages, kann aber eine Amtshaftung des Notars begründen, weshalb die Einhaltung der Frist beim zeitlichen Ablaufplan der Transaktion unbedingt berücksichtigt werden muss.
 

Belastungen

Die Angabe aller im Grundbuch eingetragenen Informationen zum vertragsgegenständlichen Grundstück ist zur Definition des Kaufgegenstands essentiell, da die Immobilie als Kaufgegenstand durch den Grundbuchsbeschrieb eindeutig identifizierbar wird. Auch die am Grundstück lastenden Belastungen sind Teil der Grundbucheintragung und spielen bei der Vertragsgestaltung eine nicht ganz unwesentliche Rolle, da diese jedenfalls in ihrem dinglichen Umfang beim Grundstückskauf automatisch vom Käufer übernommen werden.

Die in Abteilung II des Grundbuchs eingetragenen Belastungen und Eigentumsbeschränkungen (wie Versorgungsdienstbarkeiten, Vorkaufsrechte, Sanierungsvermerke oder Verfügungsbeschränkungen) können für den Käufer in Bezug auf die geplante Nutzung entscheidend sein und mithin den Wert des Grundstücks beeinflussen. Der Umgang mit solchen Belastungen im Kaufvertrag richtet sich nach dem Ergebnis der Real Estate Due Diligence, im Rahmen derer die den Belastungen zugrundeliegenden Bewilligungen umfassend geprüft werden. Kommt die Due Diligence Prüfung zum Ergebnis, dass die eingetragenen Belastungen und Beschränkungen nicht mit der zukünftigen Nutzung des Käufers vereinbar sind oder von diesem nicht übernommen werden sollten, empfiehlt es sich, die Löschung der Belastung oder Beschränkung aus dem Grundbuch zur Fälligkeitsvoraussetzung für den Kaufpreis zu machen.


Fälligkeitsvoraussetzungen

Je nach Konstellation kann es auch im Rahmen der Fälligkeitsvoraussetzungen zu ausführlichen Diskussionen zwischen den Parteien kommen. Vertraglich geregelt ist in Immobilienkaufverträgen in der Regel immer, dass der Verkäufer das Eigentum am Kaufgegenstand erst dann verliert, wenn der Kaufpreis vollständig gezahlt wurde und der Käufer den Kaufpreis erst dann zahlt, wenn sichergestellt ist, dass er nach Zahlung das Eigentum an der Immobilie erhält.

Um die Vorleistung des Käufers abzusichern werden mehrere Fälligkeitsvoraussetzungen definiert, die kumulativ vorliegen müssen. Neben den klassischen Fälligkeitsvoraussetzungen Eintragung der Vormerkung, Lastenfreistellung und Verzicht auf gemeindliches Vorkaufsrecht können auch einzelne Besonderheiten der Immobilie zu weiteren Fälligkeitsvoraussetzungen führen. Zu denken ist hierbei z.B. an den Abschluss von Mietverträgen oder dergleichen. Zu vermeiden ist jedoch, die Fälligkeit des Kaufpreises von außenstehenden Dritten abhängig zu machen.


Selbstständige Garantien

Meist wird die Haftung in Immobilienkaufverträgen über selbstständige Garantieversprechen abgebildet. Selbstständige Garantien regeln das Einstehen für einen Erfolg, der über die Sachmängelfreiheit hinausgeht und damit nicht an das gesetzliche Gewährleistungsregime gekoppelt ist. Aufgrund der Tatsache, dass den meisten Immobilientransaktionen eine ausführliche Due Diligence Phase vorangeht, bei welcher der Kaufgegenstand zumeist rechtlich, steuerlich und technisch geprüft wird, beschränken sich die Garantieversprechen des Verkäufers neben den grundlegenden Garantien zu Eigentum, Nutzung und Genehmigungen, meist auf die im Rahmen der Real Estate Due Diligence aufgefundenen Mängel und Risiken. Bei der Gestaltung eines vertraglichen Gewährleistungsregimes ist daher stets auf eine möglichst konkrete Ausgestaltung unter Darstellung der Besonderheiten der jeweiligen kaufgegenständlichen Immobilie sowie der Deal-DNA zu achten.


Haftungsbeschränkungen und deren Grenzen

Die Haftungsbeschränkungen und -ausschlüsse sind – wie im Bereich des Unternehmenskaufs – der Schwerpunkt eines jeden Immobilienkaufvertrags. Dabei gilt in der Regel nichts anderes als beim Kauf beweglicher Gegenstände: Während beim Erwerb neu errichteter bzw. noch zu errichtender Immobilien regelmäßig eine Haftungsübernahme des Verkäufers (Bauträgers) für Sach- und Rechtsmängel vereinbart wird, erfolgt beim Kauf von Bestandsimmobilien diesbezüglich ein Haftungsausschluss innerhalb der gesetzlichen Grenzen. Hier erfolgt grundsätzlich ein Kauf entsprechend dem Grundsatz „gekauft wie gesehen”.

Formularmäßige Haftungsbeschränkungen, welche üblicherweise vorliegen, sind lediglich im Rahmen der AGB-Inhaltskontrolle gem. §§ 307-309 BGB möglich. Demnach sind Haftungsausschlüsse und -beschränkungen in Bezug auf Schäden aufgrund einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit ebenso wie in Bezug auf sonstige Schäden, die zumindest grob fahrlässig verursacht werden, unzulässig und unwirksam. Gleiches gilt für Haftungsausschlüsse in Bezug auf Kardinalpflichten.

Darüber hinaus kann sich ein Verkäufer gem. § 444 BGB auch nicht auf Haftungsausschlüsse oder -begrenzungen beziehen, sofern er hierfür eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat. Ob es sich um eine Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien handelt, muss sich nicht zwingend aus dem Kaufvertrag ergeben. Vielmehr können im Einzelfall auch Äußerungen außerhalb des Immobilienkaufvertrags zu unbemerkten Beschaffenheitsvereinbarungen führen.

Daher bedarf es im Rahmen des Garantiekatalogs der Abgrenzung zwischen bloßen (verschuldensabhängigen) Garantierklärungen und Beschaffenheitsvereinbarungen (Zusicherung einer Eigenschaft verbunden mit dem Willen einer verschuldensunabhängigen Haftung). Da die Abgrenzung aufgrund der fließenden Übergänge zwischen Beschaffenheitsvereinbarung und -garantie oftmals unmöglich ist, empfiehlt sich eine allgemeine Regelung der Parteien, wie die Abgrenzung im Kaufvertrag erfolgen soll.


Fazit

Immobilientransaktionen gewinnen im Markt immer weiter an Bedeutung, damit wächst auch die Komplexität der rechtlichen Gestaltung. Die vorgenannten Ausführungen zeigen, dass Immobilienkaufverträge ein Paradebeispiel für die Notwendigkeit der Vertragsgestaltung darstellen. Trotz der vermeintlich umfangreichen gesetzlichen Grundlagen, besteht enormer rechtlicher Regelungsbedarf, um eine Immobilientransaktion erfolgreich durchführen zu können.

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