M&A bei Family Offices

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veröffentlicht am 11. Januar 2022 | Lesedauer ca. 7 Minuten

 

Die Anzahl an erfolgreichen Unternehmern, die ihr Privatvermögen selbst verwalten, steigt stetig. Sie gründen hierzu ein Family Office als Alternative zu einer Anlage über eine (Investment)bank. Mittlerweile erfolgen aus Renditeaspekten auch Direktbeteiligungen an anderen Unternehmen.


Dies klingt auf den ersten Blick einfach, ist aber häufig ein komplexer Vorgang, bei dem es zahlreiche Punkte zu beachten gilt. Erfolgreich wird ein Family Office langfristig nur sein, wenn es professionell mit entsprechenden Strukturen aufgestellt ist und auch so handelt. In dem folgenden Interview setzen sich unsere Experten – Anna Luce, Isabelle Pernegger, Dr. Oliver Schmitt und Michael Wiehl mit dem Thema Family Office” auseinander und berichten was es dabei zu beachten gilt.

Was verstehen Sie denn unter dem Begriff Family Office? Gibt es typische Strukturen für Family Office?

Der Begriff des Family Office ist nicht wirklich definiert und man findet die unterschiedlichsten Strukturen vor. Pauschal kann festgehalten werden, dass Family Office Vermögen außerhalb der betrieblichen bzw. operativen Sphäre verwalten mit dem Ziel, eine Diversifikation und Risikostreuung zu erreichen. Die rechtlichen Strukturen hier sind äußerst vielfältig. Das Vermögen ist oftmals rechtlich von der operativen Sphäre getrennt, kann sich im Eigentum des Family Office befinden oder in der Privathand der Vermögenden, auch über diverse Gesellschaften, oder in einer Stiftung. Vermögende können gemeinsam in einem Family Office betreut werden (Multi Family Office) oder unterhalten ihre eigene Vermögensverwaltung (Single Family Office).

 

In welche Asset-Klassen und Geschäftsbereiche investieren Family Offices nach Ihrer Erfahrung?

Typischerweise investieren Family Offices eher passiv im Kapitalmarkt (Aktien, Fonds im regulierten Markt) sowie in Immobilien oder Agrarinvestments. Seit einiger Zeit ist aber ein deutlicher Trend hin zu aktiveren Investments, wie Private Equity, Venture Capital oder klassischen Direktbeteiligungen zu erkennen. Gerade im deutschen Mittelstand ist eine steigende Anzahl von Unternehmensbeteiligungen durch Family Offices zu beobachten.

 

Welche Gründe sehen Sie für diese Entwicklung?

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Allen voran steht nach wie vor das vorherrschende Misstrauen gegenüber Banken und strukturierten Finanzprodukten, bedingt durch die Finanzmarktkrise. Dies gilt gleichermaßen auch zum Teil hinsichtlich Private Equity Gesellschaften. Auch die fehlende Transparenz und der Mangel an direkter Kontrolle durch die investierenden Family Offices machen diese Formen des Investments gegenüber Direktinvestitionen zunehmend unattraktiver. Direktinvestitionen bieten besonders gegenüber Investments in Private Equity Gesellschaften für Family Offices weitaus größere Flexibilität bei der Vermögensanlage und die Möglichkeit, ihr Investmentportfolio nach den Interessen und Bedürfnissen der Investorenfamilie zu wählen und zu strukturieren. Wir beobachten in der jüngsten Vergangenheit auch vermehrt, dass viele mittelständische, inhabergeführte Unternehmen sich vor Beteiligungen durch Private Equity Gesellschaften oder strategischen Investoren scheuen. Dies bietet Family Offices oft einen präferierten Zugang zu diesen Targets.

 

Was ist insbesondere bei Direktbeteiligungen durch Family Offices zu beachten?

Historisch werden Family Offices von Investment Managern bzw. Personen mit Bankenerfahrung geführt. Für aktive Investments sind aber andere Skills gefragt. Wichtig ist hier nach unserer Erfahrung, Branchenerfahrung, z.T. auch operative Führung und insbesondere eine ganz andere Herangehensweise an den Auswahl- und Beteiligungsprozess. Family Offices unterscheiden sich bei dieser Art von Investments nicht mehr allzu sehr von klassischen Private Equity Investoren.

 

Wichtig ist aus unserer Sicht, dass auch für Family Offices eine klare Anlagestrategie besteht – wie im klassischen Investment Bereich – und diese in professionellen Prozessen zur Auswahl, Anbindung und Führung der Investments unterlegt ist und nicht nur rein opportunistisch investiert wird.

 

Daraus abgeleitet, was sind die Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Family Office?

Ob ein Family Office erfolgreich ist, hängt nicht nur davon ab, ob es erfolgreiche Investitionen tätig, sondern auch davon, dass es über Generationen hinweg so aufgesetzt ist, dass das Kapital auch für die nachfolgenden Generationen erhalten und bestenfalls vermehrt wird.

 

Bevor also ein Family Office gegründet wird, sollte sich die Familie im Klaren über die Ziele des Family Office sein und sich klare langfristige Governance Strukturen geben. Damit soll sichergestellt werden, dass die unterschiedlichen Familieninteressen unter einen Hut gebracht werden und die Geschäftsführung des Family Office in der Lage ist, in bestimmten Bandbreiten unabhängiger von der Familie zu agieren. Wichtige Regelungsbereiche sind dabei u.a., wie Entscheidungen in dem Family Office getroffen werden, wer welche Kompetenzen hat, wer überhaupt Gesellschafter des Family Office sein kann, und ob Verfügungen über Anteile an dem Family Office möglich sind.

 

Ein weiterer zentraler Punkt in diesem Zusammenhang ist die Führungsstruktur des Family Office. Es ist eher die Ausnahme, dass ein Familienmitglied in der Lage ist, das Family Office professionell zu führen. Nicht selten setzen Family Office auf externe Führungskräfte. Hier gilt es den Wunsch nach Flexibilität und eigenverantwortlichem Handeln und das Bedürfnis nach Kontrolle ausgewogen zu gestalten.

 

Schlussendlich kommt der Professionalisierung des Family Office eine zentrale Bedeutung zu. Die zunehmenden Investitionen in Unternehmen auf der einen Seite und die Konkurrenz in Form der in der Regel professionell aufgestellten Private Equity Gesellschaften machen es erforderlich, dass sich das Family Office die erforderlichen Strukturen gibt, die der zunehmenden Komplexität von zu tätigenden und bestehenden Investitionen, aber auch dem zunehmenden administrativen Aufwand bei bestehenden Beteiligungen Rechnung trägt. Family Offices sind daher in der Regel gut beraten, wenn sie mit der laufenden Buchhaltung und den laufenden steuerlichen Themen externe Berater beauftragen. Dies gilt auch für die Rechts- und Steuerberatung bei Beteiligungsprojekten und für die Durchführung von Due Diligence-Prüfungen.

 

Worin unterscheiden sich Direktinvestitionen von Family Offices von solchen durch Private Equity Gesellschaften oder strategischen Investoren?

Was Private Equity Gesellschaften und Family Offices eint, ist, dass beide in der Regel nicht das Ziel verfolgen, das Tagesgeschäft des jeweiligen Zielunternehmens zu führen. Hierzu fehlen beiden regelmäßig die notwendigen personellen Ressourcen als auch die fachliche Expertise. Der Erfolg des Investments hängt somit sowohl bei Investitionen durch Family Offices als auch Private Equity Gesellschaften vornehmlich von der Motivation, Kompetenz und Qualität des Managements der Zielgesellschaft ab. Anders als Private Equity Gesellschaften streben Family Offices jedoch oftmals keinen dominierenden bzw. direkten Einfluss auf das Management an.


Unterschiede ergeben sich auch bei der Haltedauer der erworbenen Beteiligungen. Bedingt durch Rückzahlungsverpflichtungen und Renditeerwartungen der eigenen Investoren beträgt die Zeitspanne zwischen Erwerb und Verkauf bei Beteiligungen von Private Equity Gesellschaften nur etwa vier bis sieben Jahre. Anders sieht es bei Family Offices aus. Hier steht grundsätzlich die langfristige Verwaltung und Erhaltung des Familienvermögens im Vordergrund. Dort beobachten wir, je nach Asset-Klassen Haltedauern von weit über zehn Jahren.

 

Wir sehen aber durchaus auch Fälle, in denen der ehemalige Unternehmer seine Erfahrung weitergeben möchte und sich nicht nur in Unternehmen einkauft, sondern als sogenannter Business Angel einbringt. Auch das spricht eher für eine langjährige und enge Beziehung.


Family Offices betreiben somit meist keine „buy to sell”-Strategie wie Private Equity Gesellschaften. Dies eint sie mit den strategischen Investoren. Family Offices sollten Zielgesellschaften dementsprechend nicht nach kurzfristigen Entwicklungspotentialen auswählen, sondern den Fokus auf den Langfristertrag und die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells legen. Auch persönliche Beziehungen des Family Office zum Target-Management fließen mitunter in die Auswahl der Zielgesellschaft ein.

 

Sie sprachen davon, dass das Management einer Zielgesellschaft für den Erfolg der Direktinvestition durch ein Family Office von zentraler Bedeutung ist. Welche Instrumente stehen dem Family Office als Investor zur langfristigen Beibehaltung des Managements zur Verfügung?

Hierzu steht eine große Bandbreite an Modellen zur Incentivierung des Managements zur Verfügung. Diese sind meist mit eigenen Einlagen des Managements in die Zielgesellschaft verbunden. Es soll hierdurch eine sog. „Owner Manager Mentalität” als (nur) eine „Angestellten Mentalität” beim Management erreicht werden.


Als Incentivierungsmodell bietet sich der sog. „Gesellschafter auf Zeit” an. Hierbei wird der Manager „echter” Gesellschafter der Zielgesellschaft. Am Ende seiner Tätigkeit ist diese Beteiligung dann wieder zurückzugeben, entweder an das Family Office selbst oder einen anderen Investor bzw. Manager. Der Manager wird während seiner Gesellschafterstellung dadurch jeweils am laufenden Gewinn beteiligt. An der Wertsteigerung des Unternehmens selbst hingegen erfolgt keine Beteiligung. Es kann somit also kein Gewinn durch eine spätere Rückveräußerung der Gesellschaftsanteile erzielt werden. 


Soll hingegen keine Beteiligung des Managers am laufenden Gewinn gewährt werden, sondern dieser an der Wertsteigerung der Zielgesellschaft beteiligt werden, indem er die Geschäftsanteile später gewinnbringend veräußern kann, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass für Zwecke der Kaufpreisermittlung ein langfristiger Betrachtungszeitraum gewählt wird. Anderenfalls könnte ein falscher Anreiz für den Manager entstehen, das EBIT der Zielgesellschaft kurzfristig, künstlich zu steigern.

 

Was ist die typische Beteiligungsstruktur für Family Offices?

Die typische Erwerberstruktur besteht regelmäßig aus einer zwei- oder mehrstufigen Holding-Struktur. Bei der zweistufigen Holding-Struktur erwirbt das Family Office die Anteile an der Zielgesellschaft folglich durch eine eigens zu diesem Zweck gegründete Akquisitionsgesellschaft (AcquiCo). Anteilseigener der AcquiCo ist wiederum eine zwischengeschaltete Holdingsgesellschaft (HoldCo), deren Anteile vollständig durch das Family Office gehalten werden. Die im Einzelfall passende Erwerberstruktur hängt jedoch letztlich von einer Vielzahl von Faktoren ab. Neben den im Regelfall im Vordergrund stehenden steuerlichen Aspekten spielen auch kapitalmarktrechtliche Besonderheiten oder eine etwaige Finanzierung der Transaktion durch Fremdkapitalgeber bei der Wahl der optimalen Erwerberstruktur eine wesentliche Rolle. Schließlich hat auch die Entscheidung des Family Office, das Investment als sog. Club Deal auszugestalten oder gemeinsam mit einem weiteren Investor im Wege eines „Co-Investment” in die Zielgesellschaft zu investieren, einen wesentlichen Einfluss auf die Erwerberstruktur.

 

Was ist bei Minderheitsbeteiligungen zu beachten?

Erwirbt das Family Office, wie im Regelfall, eine Minderheitsbeteiligung an der Zielgesellschaft, ist besonderes Augenmerk auf ausreichende Einflussnahmemöglichkeiten und Mitspracherechte in seiner künftigen Rolle als Gesellschafter zu legen. Über die zwingenden gesetzlichen Regelungen zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern hinaus, sollte das Family Office durch Vereinbarungen im Beteiligungsvertrag oder der Satzung der Zielgesellschaft weitere Regelungen zum Schutz seines Investments verlangen. Hierzu zählen vor allem Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Maßnahmen der Geschäftsführung oder der Gesellschafter, die Einräumung von bestimmten Sonderrechten, die Etablierung eines Beirates bei der Zielgesellschaft, deren Besetzung das Family Office mitbestimmt und Regelungen zum Verwässerungsschutz. 

 

Wie unterscheiden sich denn Club Deals oder Co-Investments von anderen Investitionsprozessen und welchen rechtlichen Grenzen unterliegen diese?

Der wesentliche Unterschied zwischen Club Deals und Direktinvestments ist, dass man sich nicht nur mit dem Verkäufer bzw. Investment einigen muss, sondern auch in der Investorengruppe. Dies bedeutet, es gibt zwei unterschiedliche Verhandlungsebenen, die jedoch Hand in Hand gehen müssen, damit der Deal fliegt. Zum einen muss der Kaufvertrag mit dem Verkäufer verhandelt werden, zum anderen müssen die Co-Investoren ein Shareholders Agreement verhandeln, welches die Zusammenarbeit und Entscheidungsprozesse bis hin zum Exit regelt. Dies macht den Prozess oftmals nicht einfacher, auch wenn natürlich die Kapitalmacht in Club Deals deutlich höher ist.

 

Zusätzlich sind viele rechtliche Aspekte relevant, welche bei einem Direktinvestment entweder nicht erheblich sind, oder lediglich im Verhältnis zu einem Investor zu klären sind.

 

Welche Besonderheiten aus dem Bereich des Aufsichtsrechts sind durch Family Offices zu beachten?

Family Offices erbringen eine große Bandbreite von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung der Familienvermögen, von rein administrativen Dienstleistungen, bis hin zur Anlageberatung, Finanzportfolioverwaltung und Anlageverwaltung. Hierbei handelt es sich um klassische Bereiche der Bank- und Finanzdienstleistungen, deren gewerbsmäßiges Betreiben der Gesetzgeber nach dem Kreditwesengesetz (KWG) grundsätzlich unter einen Erlaubnisvorbehalt gestellt hat. Dies hat prinzipiell zur Folge, dass für die Erbringung solcher Tätigkeiten eine entsprechende Bankerlaubnis bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) beantragt werden muss. Verstöße hiergegen sind mit empfindlichen Sanktionen belegt. Zumindest für Single Family Offices (SFO) gilt in der Regel jedoch, dass diese, auch wenn sie Bank- und Finanzdienstleistungen erbringen, im Regelfall keine Erlaubnis benötigen. Dies gilt jedoch nur, sofern und solange sie nur das Vermögen einer einzigen Familie anlegen und verwalten. Bei Multi Family Offices (MFO) hingegen liegt meist eine erlaubnispflichtige Tätigkeit vor. Es sollte jedoch stets im Einzelfall sorgfältig geprüft werden, eine Erlaubnis nach dem KWG benötigt wird. Zu beachten ist schließlich auch, dass bereits die Erbringung einer einzigen erlaubnispflichtigen Tätigkeit durch das Family Office dazu führen kann, dass auch die eigentlich nicht erlaubnispflichten Bankgeschäfte einer Erlaubnis nach dem KWG bedürfen.

 

Besonderes Augenmerk sollte auch auf die Vorschriften des Kapitalanlagegesetzes (KAGB) gelegt werden. Auch hier gilt, dass SFOs – mit einigen Ausnahmen – grundsätzlich keine Erlaubnis nach dem KAGB benötigen, solange sie ausschließlich das Privatvermögen einer Familie verwalten und investieren. Entscheidend ist hierbei vor allem, dass das Vermögen aus dem „engsten Familienkreis” stammt. Vorsicht ist gerade dann zu walten, wenn auch Vermögen von „entfernteren” Verwandten zu dem verwalteten Vermögen hinzutreten. 

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