Versicherung von Trans­aktions­risi­ken: Möglicher Deal-Stabilisator

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zuletzt aktualisiert am 23. September 2020​ | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Obwohl aufgrund der Coronakrise der Deal-flow verlangsamt wurde, ist er doch keinesfalls zum Erliegen gekommen. Allerdings stellt sich der Markt auf die geänderten Herausforderungen infolge der Covid-19 Pandemie ein, so dass z.B. material adverse effect Klauseln ein deutlich höherer Stellenwert zugemessen wird.




Trotz der Milliardenbeträge, die mittels der staatlichen und supranationalen Unterstützungsprogramme der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden sollen, gilt allerdings in diesen Zeiten wie selten vorher: Cash is a fact! Unternehmensbewertungen ringen mit einer sachgerechten Einpreisung der infolge der Pandemie hinzugekommenen Risiken, und Befürchtungen auf Seiten der Verkäufer, warranty breaches (Garantie­ver­letzungen) könnten zu einer zumindest teilweisen „Refinanzierung” eines Deals genutzt werden, werden in der gegenwärtigen Situation sicherlich nicht geringer werden.

Insofern liegt der Gedanke nahe, wenigstens den letztgenannten Zweifel an den Absichten einer Partei bei einer Transaktion durch den Abschluss einer entsprechenden Versicherung auszuräumen und die wirtschaft­lichen Folgen eines breach of warranty für die Parteien nachvollziehbar zu fixieren.

Nachdem Warranty & Indemnity (W&I) Versicherungen in der Private Equity bereits zum Standard gehören, finden die Produkte auch in Corporate M&A Deals immer mehr Anklang. Der in den letzten Jahren stetig steigenden Nachfrage auf Seiten der Käufer nach einer Versicherung (die bei weitem überwiegende Zahl der W&I Versicherungen ist eine buy-side policy) korrespondiert mit einer deutlichen Erhöhung der Anbieter, einer spürbaren Reduzierung der Prämien oder Ausweitung der Deckung sowie einem stetig wachsenden Angebot komplementärer Leistungen, die neben einer Tax Liability Insurance bereits auch eine Contingent Legal Risk Insurance umfassen. Neben den klassischen unbekannten Risiken in den Bereichen, die bei einer Due Diligence geprüft wurden, können sogar bekannte Risiken mit einer geringen oder moderaten Eintritts­wahr­schein­lichkeit Gegenstand einer Versicherung sein.

Ob eine Versicherung einem Deal in Zeiten von Covid-19 nützt, ist jedoch in mehrfacher Hinsicht zu hinter­fragen.

W&I Versicherung

Wie eingangs angeführt, kommt die Frage der für die Transaktion erforderlichen Liquidität für beide Parteien eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu: Für den Käufer ist entscheidend, dass er sich im Falle eines breach of warranty an einen solventen Anspruchsgegner wenden kann, mithin der in Hinblick auf die nicht eingehaltene Garantiezusage zu viel gezahlte Kaufpreisanteil auch wieder erlangt werden kann. Für den Verkäufer ist momentan sicherlich von ebenfalls erheblicher Bedeutung, dass der Kaufpreis auch bei Closing in voller Höhe ausgezahlt wird, und nicht zur Sicherung von eventuellen Ansprüchen auf einem Escrow Account verbleibt und somit für den Verkäufer erst nach Ablauf der entsprechenden Garantiefrist verfügbar wird. Den Erwartungen der Parteien kann durch den Abschluss einer W&I Versicherung grds. Rechnung getragen werden. Allerdings sollten die Erwartungen nicht zu hoch sein: 

Zum einen kommt es darauf an, welcher Eigenbehalt vor Leistung durch die Versicherung zwischen den Parteien vereinbart wurde. Ist er hoch, kann auch bei Abschluss einer Versicherung der Käufer auf einem Kaufpreiseinbehalt zur Absicherung durch den Verkäufer zu tragenden Selbstbehalts bestehen. Zum anderen kommt der abgestimmten Strukturierung der Versicherungsdeckung und dem Garantiekatalog eine erhebliche Bedeutung zu. Sollten zwischen der durch Leistungen bei der W&I Versicherung abgedeckten Risiken und dem durch den Verkäufer abgegebenen Garantiekatalog umfangreichere Lücken bestehen, kann der durch den Abschluss einer W&I Versicherung verfolgte Zweck einer „Befreiung” von Liquidität aus einem Kaufpreis­ein­behalt schnell Grenzen gesetzt werden.

Das führt dazu, dass der Einsatz eines solchen Instruments bei einer Transaktion von Beginn an geplant und in dem gesamten Prozess berücksichtigt werden sollte. Da natürlich auch auf Seiten der Anbieter von W&I Versicherungslösungen ein erhebliches Interesse daran besteht, aufgrund von Liquiditätserwägungen auf Seiten der Käufer u.U. reduzierte Due Diligence Scopes der mit der Prüfungen beauftragten Berater zu vermeiden und damit ggf. erhöhte Risiken überbürdet zu erhalten, erwarten eine Reihe von Anbietern eine frühzeitige Einbeziehung in die gesamte Strukturierung und den Ablauf des Due Diligence Prozesses. Ebenso kann eine erforderliche Abstimmung des SPA nicht nur zwischen den Parteien und ihren Beratern, sondern auch die entsprechende Abstimmung in Hinblick auf die Inhalte der Versicherungspolice mit dem Versicherungsanbieter in einer Erhöhung der Komplexität der Transaktion resultieren.

Title Versicherung

Die Hintergründe für den Abschluss einer Title Versicherung sind zum Teil unterschiedlich zu denen einer W&I Versicherung. Dazu gilt folgende Hauptregel: eine Title Versicherung ist im Falle des Auftauchens von Rechtsrisiken bei der Prüfung bei der Due Diligence des Eigentumsrechtes des Verkäufers über die Shares bzw. des Targets über die Immobilien, zu empfehlen. Nichtdestotrotz, ähnlich wie im Falle einer W&I Versicherung, gilt eine Title Versicherung im Private Equity Bereich in gewissen Regionen heute als selbstverständlich.

Wie bereits erwähnt, wird mittels einer Title Versicherung hauptsächlich das Eigentumsrecht sowie dessen Eigenschaften (z.B. Besitz, Nutzung) über die Shares des Targets und/oder über die Immobilien gegen eine Anfechtung seitens eines Dritten, versichert. Die Ergebnisse der Due Diligence werden als sog. bekannte Risiken durch den Versicherer betrachtet und können aufgrund der Versicherungspolice gegen eine Selbst­beteiligung des Gesicherten versichert werden. Andernfalls werden die Ergebnisse der Due Diligence und die dort erwähnten Risiken aus dem Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Heutzutage merken wir jedoch eine erhöhte Risikobereitschaft der Versicherer, sodass Title Versicherungen über Shares und Immobilien, einschließlich in Regionen mit einer geringeren Rechtssicherheit (z.B. im Südosteuropa), ausgestellt werden. Zusätzlich zu der Erweiterung des geographischen Umfangs, wurde die Sphäre der abgedeckten Risiken ebenfalls erweitert. So z.B. werden im Falle der Shares jedwede gesellschafts­rechtlichen Risiken versichert. Bezüglich der Immobilien werden zusätzlich zum Eigentumsrecht auch andere zusätzlichen Themen, wie Baurechte (Baugenehmigungen, öffentliche Bebauungspläne), Nutzungsrechte, Wegerechte, Erträge aus Mieten, versichert.

Zu der Erhöhung der Komplexität der Transaktion ist zu erwähnen, dass die Versicherer üblicherweise über spezialisierte Teams für die W&I- und für die Title Versicherung verfügen. Die Versicherungsprämie, mit oder ohne Selbstbeteiligung, wird ebenfalls unterschiedlich für jede Versicherungspolice festgelegt.

Fazit

Der Abschluss einer Versicherung von Transaktionsrisiken kann bei guter Vorbereitung in Zeiten der Corona­krise nicht unerhebliche Liquiditätserwägungen durchaus positiv beeinflussen.
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