Freie Mitarbeiter und Scheinselbständige

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Der Einsatz freier Mitarbeiter erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Aus diesem Grund müssen im Rahmen einer Transaktion die erhaltenen Infor­mationen und Unterlagen über freie Mitarbeiter eingehend überprüft werden, um das Risiko einer möglichen Scheinselbständigkeit für den Erwerber besser einschätzen zu können.
 

FREIE MITARBEITER

Bei freien Mitarbeitern handelt es sich um selbst­stän­dige Arbeitskräfte, die aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages für einen Dritten Aufträge er­brin­gen, ohne dabei Arbeitnehmer des Dritten zu sein. Demzufolge sind freie Mitarbeiter von Arbeit­nehmern abzugrenzen.

Ein freies Mitarbeiterverhältnis unter­scheidet sich von einem Arbeitsverhältnis insb. durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Ar­beit­nehmer ist derjenige, der in den Betrieb eines Dritten, seines Arbeitgebers, eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Aus­führung umfassenden Weisungsrecht sei­nes Ar­beit­gebers unterliegt. Freie Mitarbeiter können im Gegensatz hierzu ihre Tätigkeit und die Arbeitszeit frei bestimmen.
 

SCHEINSELBSTÄNDIGE

Da eine klare Abgrenzung meist nicht einfach ist, sind sich sowohl freie Mitarbeiter, als auch deren Auftraggeber oftmals nicht über den tatsächlichen Status bewusst. Je stärker Vorgaben des Auftrag­gebers bestehen, die Leistungen höchstpersönlich erbracht werden müssen und/oder je intensiver die betroffene Person in die Organisation des Auf­trag­gebers eingebunden ist, desto eher liegt tat­sächlich ein Arbeitsverhältnis vor, mit der Folge, dass ein Scheinarbeitsverhältnis besteht.
 

FOLGEN EINER SCHEINSELBSTÄNDIGKEIT

Ein Scheinarbeitsverhältnis hat zur Folge, dass Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer zu zahlen sind.

Die Statusfrage, ob jemand ein Be­schäftigter im sozialversicherungsrechtlichen Sin­ne ist oder nicht, kann mittels eines Status­fest­stellungsverfahrens bei der Clearingstelle der Deut­schen Rentenversicherung Bund geklärt wer­den. Bei der Feststellung einer Scheinselb­ständigkeit tritt die Sozial­versicherungs­pflicht grund­sätzlich mit Aufnahme der Tätigkeit ein. Sollte die Aufnahme der Tätigkeit länger zurück­liegen, besteht die Gefahr, dass die aus­stehenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmer­bei­träge zur Sozial­versicherung aufgrund der Fest­stellungen im Rahmen des Status­fest­stellungs­verfahrens rück­wirkend bis zu vier Jahren nach­gezahlt werden müssen, bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahren. Zwar hat der Arbeitgeber in diesem Fall einen Anspruch gegen den Arbeitnehmer auf den vom Arbeit­nehmer zu tragenden Teil des Ge­samt­sozial­versicherungsbeitrags, jedoch muss dieser An­spruch zum einen durch Abzug vom Arbeits­entgelt geltend gemacht werden und darf zum anderen nur bei den drei nächsten Lohn- und Gehalts­ab­rechnungen nachgeholt werden. Dabei sind auch Pfändungsfreigrenzen zu beachten. Aus diesem Grund bleibt der Arbeitgeber auf der Beitrags­nachforderung weitestgehend sitzen. Da­ne­ben ist mit der Einforderung von Zinsen zu rechnen. Die Feststellung einer Scheinselb­ständigkeit hat auch Folgen im Steuerrecht, denn der Arbeitgeber ist dem Finanzamt gegenüber verpflichtet, die auf den Arbeitslohn entfallende Lohnsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Bei der Lohnsteuer haftet neben dem Arbeitgeber auch der Arbeitnehmer selbst. Das Finanzamt hat dabei nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, an wen es sich wendet. Das Finanzamt kann im Falle einer Scheinselb­ständigkeit die Nachzahlung rückwirkend von bis zu vier Jahren fordern. Im Falle einer leichtfertigen Steuerhinterziehung kann sich diese Frist auf fünf Jahre verlängern. Sollte die Scheinselb­ständigkeit vorsätzlich konstruiert wor­den sein, liegt sogar eine Steuerhinterziehung vor. Das Thema Scheinselbständigkeit erschöpft sich aber nicht nur in finanziellen Risiken, sondern birgt auch strafrechtliche Risiken wie Geldstrafen oder Freiheitsstrafen für die Geschäftsleitung in sich. Das gleiche Entdeckungsrisiko besteht auch im Falle einer Betriebsprüfung, wenn kein Status­fest­stellungsverfahren durchgeführt wird.

  

ERSTE ANHALTSPUNKTE FÜR EINE SCHEINSELBSTÄNDIGKEIT SIND:

  • Vorgegebene Arbeitszeiten und -orte
  • Eingliederung in das Unternehmen des Dritten
  • Kostenlose Nutzung der Betriebsmittel des Dritten
  • Persönliche Leistungspflicht
  • Vergütung von Urlaubs- und Krankentagen
  • Fehlen eines Unternehmerrisikos

 

FAZIT

Die Unterlagen und Informationen über die freien Mitarbeiter müssen jeweils sorgfältig geprüft wer­den, damit nach Abschluss der Transaktion nicht die Kosten- und Haftungsfalle der Scheinselb­ständigkeit zuschnappt.

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Dr. Michael S. Braun

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth)

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