Schlussanträge beim EuGH: Landeszuschüsse im ÖPNV sind umsatzsteuerfrei

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 5​. März 2025​

 

Die Schlussanträge der Generalanwältin im Hinblick auf die umsatzsteuerliche Behandlung der Landeszuschüsse in der Rechtssache C-615/23 für den öffentlichen Personennahverkehr wurden am 13. Februar 2025 dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Eine Steuerbarkeit für die Landeszuschüsse im Sinne der Umsatzsteuer wird verneint.


Die Kernaussage der Vorlagefrage der Generalanwältin ist, ob Artikel 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates so auszulegen ist, dass eine Ausgleichsleistung, die von einer Einheit der territorialen Selbstverwaltung an einen Betreiber für die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste gezahlt wird, in die Steuerbemessungsgrundlage für Zwecke der Umsatzsteuer einbezogen werden muss.


Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschäftigt sich mit der Frage, wie Zuschüsse einer Gebietskörperschaft an einen Steuerpflichtigen im öffentlichen Interesse (z.B. für öffentlichen Personenverkehr „ÖPNV”) mehrwertsteuerrechtlich zu behandeln sind. Wenn der Zuschuss als Teil des Entgelts für die Leistung des Steuerpflichtigen an den Zuschussgeber oder dessen Kunden betrachtet wird, muss der Steuerpflichtige Mehrwertsteuer (MwSt) abführen. Ist der Zuschuss jedoch ein allgemeiner Zuschuss zugunsten des Steuerpflichtigen und nicht an eine konkrete Leistung gekoppelt, fällt keine MwSt an. Der EuGH muss in diesem Vorabentscheidungsverfahren klären, wie eine pauschale Ausgleichszahlung zur Deckung von Verlusten im öffentlichen Personenverkehr mehrwertsteuerrechtlich zu behandeln ist. Diese Zahlung wird nach den angebotenen Fahrzeugkilometern und nicht nach der Zahl der Benutzer berechnet. Der EuGH hat die Gelegenheit, die Kriterien zur Abgrenzung eines Zuschusses für eine Leistung von einem allgemeinen Zuschuss weiterzuentwickeln.


Die Generalanwältin argumentiert in ihrem Schlussantrag, dass nicht alle staatlichen Zuschüsse in die Bemessung der MwSt einbezogen werden sollten. Sie betont, dass dies entweder zu einer Reduzierung der Zuschüsse um die MwSt oder zu einer Erhöhung der Fördersumme um den MwSt-Betrag führen würde, was in Zeiten knapper öffentlicher Kassen problematisch sein könnte.
Sie stellt klar, dass nicht jede Zahlung durch die öffentliche Hand als mehrwertsteuerrechtlich relevante Gegenleistung für eine Lieferung oder Dienstleistung angesehen werden kann. Sie diskutiert zwei mögliche rechtliche Einstufungen der Zuschüsse: als direktes Entgelt für eine Dienstleistung oder als Entgelt von dritter Seite zugunsten der Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs. Beide Varianten lehnt sie ab.


Für die erste Variante argumentiert sie, dass ein relevanter Umsatz nur dann besteht, wenn der Steuerpflichtige seinem Gegenüber einen konkreten Vorteil verschafft, was bei den polnischen Zuschüssen nicht der Fall sei. Die Zuschüsse werden nachträglich als Ausgleich für Verluste gewährt und sind durch EU-Vorgaben begrenzt. Auch die pauschale Bemessung der Zuschüsse nach Fahrzeugkilometern ohne Berücksichtigung der Nutzerzahl spricht gegen eine Einstufung als Entgelt zugunsten Dritter.


Sie schließt, dass eine Steuerpflicht nur dann bestehen könnte, wenn die Kommune gesetzlich verpflichtet ist, den öffentlichen Nahverkehr vorzuhalten und dafür private Unternehmen beauftragt und bezuschusst. In diesem Fall bestünde ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zuschusszahlung und dem konkreten Vorteil der Kommune. Ohne eine solche Verpflichtung liege das Interesse am öffentlichen Nahverkehr jedoch primär bei der Allgemeinheit.


Auch der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im vergangenen Jahr in verschiedenen Urteilen (vgl. bspw. Urteil vom 17.04.2024 XI R 13/21) in diesem Sinne entschieden und die Zuschüsse des Landes bzw. des Landkreises an den ÖPNV als nicht der Umsatzsteuer unterliegend eingestuft. Die Generalanwältin folgt daher der Rechtsauffassung des BFH und spricht sich für diese in ihren Schlussanträgen aus.


Nichtsdestotrotz erlangt diese Thematik durch einen zukünftigen Entscheid des EuGH erneut an Rechtssicherheit und prägt die Entwicklung weiterhin. Wir warten gespannt, wie sich die höchste richterliche Instanz zu dieser Thematik äußern wird. Wir sind aber optimistisch, dass der EuGH der vorstehenden Rechtsauffassung zustimmen wird.

 

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