Zuschüsse der Länder für den ÖPNV sind nicht umsatzsteuerpflichtig

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​​​veröffentlicht am 13. November 2024


Schnell gelesen: Das Thema der umsatzsteuerlichen Behandlung von Zuschüssen ist für Steuerberater und Rechtsanwender oft eine Herausforderung. Das jüngste Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, XI R 13/21) vom 17.04.2024 bringt in diesem Zusammenhang eine erfreuliche Klarstellung:
Landeszuschüsse für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sind nicht umsatzsteuerpflichtig und darüber hinaus muss der Vorsteuerabzug in vollem Umfang gewährt werden. Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für die Praxis, insbesondere im kommunalen Bereich.
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1. Generelle steuerliche Einordnung von Zuschüssen:

Zuschüsse müssen steuerrechtlich sorgfältig bewertet werden, da sie je nach Ausgestaltung steuerliche Folgen haben können. Im Umsatzsteuerrecht gibt es grundsätzlich zwei Arten von Zuschüssen. Echte Zuschüsse, die nicht steuerbar sind, weil sie keinen Leistungsaustausch darstellen. Unechte Zuschüsse, die als Entgelt für eine Leistung angesehen werden und deshalb umsatzsteuerpflichtig sind. Zusätzlich gibt es noch den Fall von Entgelten von dritter Seite, bei denen ein Zuschussgeber für eine Leistung an einen Dritten zahlt. Die Unterscheidung ist oft komplex und führte in der Vergangenheit zu Rechtsunsicherheit, insbesondere im öffentlichen Sektor.
 

2. Sachverhalt

Im streitigen Fall ging es um Zuschüsse, die eine Gemeinde für den Bau einer Anlegerbrücke erhalten hatte. Die Anlegerbrücke wurde später an eine GmbH vermietet, die sie für den Fährverkehr im Rahmen des ÖPNV nutzte. Zur Finanzierung der Brücke erhielt die Gemeinde sowohl Zuschüsse vom Landkreis (Kreiszuweisung) als auch Zuschüsse vom Land (Landeszuweisung).
Die Kreiszuweisung wurde von dem Finanzamt als Entgelt von dritter Seite eingestuft und war daher umsatzsteuerpflichtig. Streitig war die Landeszuweisung, die vom Finanzamt ebenfalls als steuerpflichtig angesehen wurde. Die Argumentation: Ohne die Landeszuweisung hätte der Landkreis für die Errichtung der Brücke an die Gemeinde mehr zahlen müssen, was die Landeszuweisung als preisauffüllend und somit als steuerpflichtig erscheinen ließ.

 
3. Entscheidung des BFH:

Landeszuschuss ist nicht umsatzsteuerpflichtig.
Der BFH hat in seinem Urteil klargestellt, dass die Landeszuweisung ein echter, nicht umsatzsteuerbarer Zuschuss ist. Die Zahlung des Landes diente vor allem strukturpolitischen Zwecken, nämlich der allgemeinen Förderung der Verkehrsinfrastruktur und war somit nicht an eine konkrete Leistung der Gemeinde gekoppelt. Da der ÖPNV nicht zu den Aufgaben des Landes gehört, konnte auch kein Leistungsaustausch zwischen der Gemeinde und dem Land stattfinden. Daher war der Zuschuss nicht als Entgelt für eine Leistung zu betrachten.
 
Der BFH betonte zudem, dass es nicht entscheidend sei, dass die Kreiszuweisung ohne die Landeszuweisung höher ausgefallen wäre. Diese Tatsache sei rein hypothetisch und spiegele nicht die tatsächlichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten wider.
 
Vorsteuerabzug in vollem Umfang bestätigt.
Besonders wichtig für die Praxis ist die Entscheidung des BFH zum Vorsteuerabzug. Trotz der Zuschüsse darf die Gemeinde die Vorsteuer aus den Baukosten der Anlegerbrücke in vollem Umfang abziehen. Der BFH stellte klar, dass die Landeszuweisung als echter Zuschuss die Vorsteuerabzugsquote nicht beeinflusst, da die Brücke umsatzsteuerpflichtig an die GmbH vermietet wurde. Dies gilt auch, wenn Bürger die Brücke kostenlos betreten dürfen – dieser Vorteil für die Allgemeinheit hat keine Relevanz für den Vorsteuerabzug.
Diese Feststellung ist von erheblicher Bedeutung, da Zuschüsse in der Vergangenheit oft die Vorsteuerabzugsquote gemindert haben. Nun ist klar: Zuschüsse, die als echte Zuschüsse klassifiziert werden, haben keinen negativen Einfluss auf das Recht zum Vorsteuerabzug, sofern die zugehörigen Eingangsleistungen direkt und unmittelbar mit steuerpflichtigen Umsätzen in Verbindung stehen.

 
4. Fazit

Das BFH-Urteil vom 17.04.2024 bringt dringend benötigte Klarheit in die umsatzsteuerliche Behandlung von Landeszuschüssen und stärkt die Position der Gemeinden und des ÖPNV. Es zeigt, dass Zuschüsse zur Förderung der Infrastruktur in vielen Fällen nicht steuerbar sind und die Vorsteuerabzugsquote nicht negativ beeinflussen. Diese Entscheidung sorgt für mehr Rechtssicherheit und bietet eine gute Grundlage für die zukünftige umsatzsteuerliche Einordnung von öffentlichen Zuschüssen.
 
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Marcel Reinke

Rechtsanwalt, Steuerberater

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