Vertragsprüfung für klinische Studien

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veröffentlicht am 28. September 2022, Autor: Sebastian Heinke

 

In der klinischen Auftragsforschung steckt für Kliniken ein hohes wissenschaftliches aber auch wirtschaftliches Potential. Neben rein praktischen Fragen und der Projektplanung, ob etwa genug Patienten innerhalb des Prüfzeitraums eingeschlossen werden können und ausreichend qualifiziertes Personal vorhanden ist, stellen sich im Rahmen der Prüfung der Studienverträge viele rechtliche Fragen die durch die Stabstelle Recht oder das zuständige Referat Drittmittel zu klären sind. In der Folge soll daher praxisnah aufgezeigt werden, welche Unterlagen vom jeweiligen Sachbearbeiter für die Vertragsprüfung anzufordern sind und auf welche Klauseln innerhalb der vertraglichen Vereinbarungen besonders zu achten ist.

 

1. Anzufordernde Unterlagen für eine ordnungsgemäße Vertragsprüfung

Neben dem Studienvertrag oder Prüfzentrumsvertrag sollte zum Verständnis der klinischen Prüfung immer das vollständige Studienprotokoll angefordert werden. Daraus ergibt sich für den Sachbearbeiter ein erster Eindruck über den Forschungsauftrag der hinter dem Vorhaben steckt.

 

Wichtig ist zudem die Anforderung des ggf. schon ausverhandelten Budgets, soweit dieses nicht bereits Teil der Vertragsunterlage ist. In Bezug auf das Budget ist auf eine Vollkostenkalkulation hinzuwirken, welche einen angemessenen und marktüblichen Gewinnzuschlag umfasst. Gerade bei Kliniken die durch öffentliche Mittel finanziert werden, ist für den Bereich der wirtschaftlichen Auftragsforschung die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens aus EU-beihilferechtlichen Gründen zwingend erforderlich, insbesondere muss eine Quersubventionierung des Auftraggebers (Sponsors) durch zu niedrige Angebotspreise vermieden werden. Zudem sind regelmäßig die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.


Weiterhin sollte dem Vertrag eine Musterverzichtserklärung nach § 42 Nr. 2 ArbErfG beigefügt werden, mit der der leitende Prüfarzt (Principal Investigator) und weitere potentielle Arbeitnehmererfinder auf ihre negative Publikationsfreiheit verzichten. Denn sowohl Klinik als auch Sponsor haben im Fall von Erfindungen Interesse an einer Kommerzialisierung der Rechte. Ein zustimmendes Votum der Ethikkommission sollte der Sachbearbeiter sich vor finaler Freigabe des Vertrags vorzeigen lassen, um sicherzugehen, dass diese Bedingung vor Initiierung des Vertrags vorliegt.


Da die Lektüre des Studienprotokolls teils sehr umfangreich ist, kann es sich für den Sachbearbeiter anbieten, sich anhand der Patienteninformation und der Einwilligungserklärungen  einen ersten Überblick über die Studie zu verschaffen. Auch diese Unterlagen sollten auf rechtliche Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft werden.


Studienverträge erfordern Regelungen zum Umgang mit Patientendaten, daher ist im Regelfall eine gesonderte Vereinbarung zur gemeinsamen Verantwortlichkeit nach Art. 26 DSGVO sog. „Joint-Controller-Agreement” erforderlich. Im Einzelfall kann abweichend eine Vereinbarung zur Auftragsdatenverarbeitung zu schließen sein.


Letztlich sind alle weiteren Anlagen und bei Bedarf ein Musterleihvertrag bei geplanter Überlassung von Equipment zu prüfen.

 

2. Wesentliche Punkte bei der Prüfung und Verhandlung des Studienvertrages

Da die Schwierigkeiten bei der Prüfung von Studienverträgen im Bereich der klinischen Forschung sehr vielfältig sein können, soll kursorisch auf einige nach unserer Erfahrung wichtige Problemkreise eingegangen werden.

 

Schon im Rubrum ist darauf zu achten, dass der Prüfarzt persönlich nicht Partei des Vertrages wird. Regelmäßig werden Audits und Inspektionen durchgeführt, diese sollten nur zu regulären Geschäftszeiten und nach vorheriger schriftlicher Ankündigung erfolgen. Die Kosten diesbezüglich sollten verursachungsgerecht verteilt werden. Ein Stundensatz für „PI” und „Study-Nurse” oder eine pauschale Vergütung sollten vertraglich festgeschrieben werden.

 

Im Rahmen der Haftungsklausel ist besondere Vorsicht geboten. Es sollte eine Haftungsfreistellung für einfache Fahrlässigkeit zu den Gunsten der Klinik vereinbart werden, bei Haftungsbeschränkungen ist immer auf die Verbote von Haftungserleichterungen, etwa bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit im Sinne des § 309 Nr. 7 BGB zu achten. Besondere Beachtung müssen Freistellungen und Garantien („warranties and indemnities”) finden. Hier ist insbesondere auf eine vergleichbare Reichweite der Klauseln für beide Parteien zu achten.

 

Im Hinblick auf Rechteübertragungen ist entscheidend, dass keine Bestandsrechte, Daten und Ergebnisse kostenfrei an den Sponsor übertragen werden. Dies ist sowohl aus beihilfe- als auch aus haushaltsrechtlichen Gründen unzulässig. Zudem sind schutzrechtsfähige Erfindungen nur gegen Zahlung einer marktüblichen Vergütung zu übertragen. Dafür kann auch eine gesonderte Vereinbarung geschlossen werden. Entscheidend ist, dass eine an den Erfinder zu zahlende Vergütung der Klinik vom Sponsor zu erstatten ist, denn dem Sponsor werden die schutzrechtsfähigen Rechte übertragen und er profitiert von diesen Rechten wirtschaftlich. Hier entstünde sonst ein erhebliches wirtschaftliches Risiko für die jeweilige Klinik, weil die Ansprüche des Erfinders sich im Zweifel am Marktwert der Erfindung orientieren können. Ein Selbstnutzungsrecht für Forschung und Lehre sollte immer bei der Klinik verbleiben.

 

Auch Kündigungsrechte sollten gleichlaufend beiden Parteien zustehen und nicht abschließend ausgestaltet sein. Bei Änderung des Studienprotokolls, Bedenken gegen die Sicherheit der Studie oder aus berufsrechtlichen Gründen sollte explizit ein außerordentliches Kündigungsrecht gefordert werden. Für den Fall der Beendigung ist darauf zu achten, dass bis zu dieser Zeit erbrachte Leistungen auch vollständig, ggf. anteilig vergütet werden.

 

Verträge sind häufig bilingual gestaltet. Diese sind sprachlich aufgrund von qualitativ schlechten Übersetzungen ins Deutsche häufig nur schwer verständlich. Es ist aus unserer Sicht zu vereinbaren, dass die Deutsche und während der Kommentierung und Bearbeitung verbesserte Fassung, maßgeblich im Falle der Auslegung und bei Streitigkeiten ist. Anwendbares Recht ist das Recht der Bundesrepublik Deutschland, als Gerichtsstand ist der Sitz der Klinik vorzuschlagen.

 

Neben diesen stellen sich noch viele weitere insbesondere auch datenschutzrechtliche Fragen. Es bietet sich an, bei der Prüfung den Datenschutzbeauftragen einzubeziehen oder einen spezialisierten Juristen im jeweiligen Haus. Auch der Geschäftsbereich Finanzen ist regelmäßig und umfassend im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu beteiligen. Einzelheiten und Prozesse sind im Rahmen einer Drittmittelrichtlinie verbindlich vorzuschreiben.

 

Damit wird deutlich, welchen zeitlichen und inhaltlichen Umfang eine Vertragsprüfung im Bereich der klinischen Forschung einnehmen kann. Die dafür erforderlichen Kosten sollten bei der Berechnung von Overheadkosten und Start-Up-Fees berücksichtigt werden.

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