Klimaschutz bedarf gemeinsamer Anstrengung

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veröffentlicht am 17. April 2020 / Lesedauer ca. 3 Minuten
 

Nach Jahren geradezu erschreckender Ruhe ist die Diskussion um den Klimawandel im letzten Jahr wieder in das Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. In seinen Berichten trägt der „Intergovernmental Panel on Climate Change” (IPCC) – eine Institution der Vereinten Nationen – weltweit den aktuellen Stand der Klimaforschung zusammen und bewertet den jeweils neuesten Erkenntnisstand. Wer die aktuellen Berichte liest, weiß, dass der Klimawandel eine drängende Aufgabe der Menschheit darstellt. Schon für unsere Kinder und Enkelkinder sind tiefgreifende, kaum über­schaubare Veränderungen zu befürchten, wenn die Emissionen ungebremst weiter­gehen sollten.

Prof. Dr. Roland Ismer kommentiert

Prof. Dr. Roland Ismer ist seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Steuerrecht und öffentliches Recht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Nach Studium der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Konstanz, Genf und München und an der London School of Economics wurde er mit einer steuerrechtlichen Arbeit an der LMU München promoviert. Auf eine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Steuerberater folgte die Habilitation an der LMU München zum Thema „Klimaschutz als Rechtsproblem“.

 

Natürlich gibt es auch eine gewisse, wenngleich kleine Zahl an Skeptikern. Für die Wissenschaft können sie durchaus nützlich sein, weil wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt oftmals beim Zweifel beginnt. Politisches und gesellschaftliches Handeln hingegen muss sich vernünftigerweise von der weitaus überwiegenden Auf­fassung leiten lassen  –  das gilt insbesondere dann, wenn der wissenschaftliche Mainstream aus plausiblen Gründen auf existenzielle Risiken für die gesamte Menschheit hinweist.

 

Die bloße Anpassung an die Folgen des Klimawandels bei gleichzeitig ungebremsten Emissionen reicht also nicht aus. Der menschengemachte Klimawandel muss vielmehr durch Klimaschutzmaßnahmen abgemildert werden. Es gibt aber auch gute Nachrichten: Zahlreiche Studien zeigen, dass Klimaschutz durch Reduktion der Emission von Treibhausgasen möglich ist, und zwar mit vergleichsweise niedrigem Aufwand. Das v.a. dann, wenn ein stabiler, langfristiger Rahmen für die erforderlichen Investitionen geschaffen wird.

 

Bei wem aber liegt die Verantwortung: Bei den Individuen? Bei der Wirtschaft? Bei den Staaten und ihren Zusammenschlüssen? Bei der Weltgemeinschaft? Sicherlich reicht es nicht aus, wenn nur der einzelne und die Gesellschaft ihre Beiträge erbringen. Vielmehr sind auch Steuerungsmaßnahmen durch den Staat erforderlich. Umgekehrt hat das Pariser Klimaabkommen auf internationaler Ebene einen Paradigmenwechsel gebracht. Darin bekennen sich die Staaten zu ihrer Verantwortung. Jedes Land ist dafür verantwortlich, seine Emissionen zu reduzieren. Nach dieser Logik müssen primär die Staaten  –  und im Fall Europas, ihr Zusammenschluss in der Europäischen Union  –  die Klimaschutzmaßnahmen treffen. Das bringt kein einheitliches weltweites Klimaschutzregime, sondern ein Nebeneinander verschiedener Regimes, also eine parallele Evolution derartiger Regimes. Daraus ergibt sich dann die Herausforderung der internationalen Abstimmung der nationalen Regimes.

 

In ihrem Klimaschutzrecht setzen die Staaten typischerweise nicht alles auf eine Karte, etwa auf einen CO2-Preis. Auch wenn manche Ökonomen sich für einen, möglichst weltweit einheitlichen, CO2-Preis als alleiniges Instrument aussprechen mögen: Die umfassende Transformation wird eine Vielfalt von Maßnahmen mit sich bringen, einen Instrumentenmix aus regulatorischen Maßnahmen wie Produkt- und Produktions­stan­dards, Technologieförderung in Grundlagenforschung und Unterstützung des Roll-out, Label und Zertifikate, an denen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher orientieren können, sowie schließlich eine Steuerung durch Preisinstrumente. In Deutschland lassen sich etwa die langjährige Förderung von Energieeffizienz im Gebäudebereich durch vergünstigte Darlehen und regulatorische Anforderungen durch KfW-Standards sowie die über die Zeit progressiv verschärfte Energieeinsparverordnung (EnEV) anführen. Seit 30 Jahren werden zudem Einspeisungen von Strom aus Erneuerbaren Energien vergütet, wodurch massive Anreize für den Ausbau der Erneuerbaren Energien gesetzt wurden. Auf europäischer Ebene gibt es etwa den EU-Emissionshandel, Vorgaben für den Ausbau Erneuerbarer Energien und für die Energieeffizienz sowie Kennzeichnungspflichten durch Energieeffizienzlabel.

 

Der Ausbau von rechtlichen und steuerlichen Instrumenten geht derweil intensiv weiter. Da die Befürchtung bestand, dass Deutschland verbindliche Klimaziele verfehlen würde, wurde im letzten Jahr ein nationales Klimaschutzgesetz beschlossen, das sich in EU-2030-Rahmen einfügt. Zu den Umsetzungsmaßnahmen zählt insbesondere der nationale Emissionshandel für Gebäude und Verkehr. Weitere Maßnahmen werden für den sozialen Ausgleich erforderlich: Übergangsweise auftretende besondere Härten müssen durch zielgerichtete Förderinstrumente abgemildert werden; die ab 2021 vorgesehene Mobilitätsprämie ist hier vielleicht mehr eine erste als eine endgültige Antwort. Weitere Antworten werden darauf gefunden werden müssen, dass eine CO2-Bepreisung tendenziell regressiv wirkt und damit die ärmeren Haushalte stärker belastet. Denkbar erscheint hier neben der Absenkung der EEG-Umlage die Einführung einer über die Krankenversicherungen auszuzahlenden Pro-Kopf-Pauschale. Auch auf europäischer Ebene sind weitere Aktivitäten zu erwarten. So hat die neue Kommissionspräsidentin von der Leyen einen Green New Deal angekündigt, der umfangreiche Klimainvestitionen stimulieren soll, aber auch Antworten auf die Komplexität einer Welt mit unterschiedlichen CO2-Preisen finden soll.

 

Noch wichtiger als alle Komplexitäten des Klimaschutzrechts und der dadurch hervorgerufene Beratungs­bedarf erscheint aber, sich schon jetzt vorausschauend auf eine Zukunft mit weniger CO2-intensivem Wirtschaften einzustellen. Das ist nicht nur eine Thematik für Wissenschaft und Politik, sondern auch und vor allem für Investoren und Wirtschaft!

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