Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre

PrintMailRate-it

Schnell gelesen

Der Gesetzgeber hält mit der Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG an dem Gebot der eigenwirtschaftlichen Verkehrserbringung fest und normiert damit den Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre vor gemeinwirtschaftlich finanzierten Verkehrsleistungen. Auch wenn das PBefG nach der Novellierung keine begriffliche Unterscheidung von eigen- und gemeinwirtschaftlichen Verkehren kennt, geht der Gesetzgeber weiterhin von dieser Unterscheidung aus.
​Inhaltlich bezieht sich der Vorrang der eigenwirtschaftlichen Verkehre auf die Grundidee, dass Zuschüsse der öffentlichen Hand grundsätzlich zu vermeiden sind. Eigen- und gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen stehen in einem Stufenverhältnis zueinander. Sofern eine ausreichende Verkehrsbedienung mit den in § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG aufgezählten Mitteln kostendeckend finanziert werden kann (Eigenwirtschaftlichkeit), sollen nicht zusätzlich öffentliche Zuschüsse durch einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag vergeben werden (Gemeinwirtschaftlichkeit). Dem Aufgabenträger obliegt das Prüfungsrecht, ob eine eigenwirtschaftlich nicht zu erbringende Verkehrsleistung für eine ausreichende Verkehrsbedienung notwendig ist und damit die Verkehrsleistung gemeinwirtschaftlich finanziert werden muss. Dazu ist eine fehlerfreie Prognose des Aufgabenträgers erforderlich, dass eine ausreichende Verkehrsbedienung mit eigenwirtschaftlichen Mitteln nicht möglich sein werde. Was eine ausreichende Verkehrsbedienung ist, richtet sich nach Maßgabe des § 8 Abs. 3 PBefG. Danach definiert der Aufgabenträger die Anforderungen an Umfang und Qualität des Verkehrsangebots, dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsleistungen in der Regel im Nahverkehrsplan. Erst wenn diese Leistungen kostendeckend mit den in § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG aufgezählten Finanzierungsinstrumenten erbracht werden können, wird die Verkehrsleistung eigenwirtschaftlich erbracht.
 
Der Grundidee der eigenwirtschaftlichen Erbringung einer ausreichenden Verkehrsbedienung entspricht auch das Genehmigungsverfahren. Es wird deutlich, dass der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, eine ausreichende Verkehrsbedienung eigenwirtschaftlich sicherzustellen. Erst wenn eine ausreichende Verkehrsbedienung eigenwirtschaftlich nicht möglich ist oder eigenwirtschaftliche Anträge nicht fristgerecht eingereicht werden, dürfen öffentliche Zuschüsse gewährt und gemeinwirtschaftliche Verkehre genehmigt werden.
  
Obwohl der Gesetzgeber von der eigenwirtschaftlichen Leistungserbringung als Regelfall ausgeht, machen in der Praxis gemeinwirtschaftliche Genehmigungen den Großteil der Genehmigungen aus. Den Aufgabenträgern sollte bei der Einleitung eines Vergabeverfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags stets bewusst sein, dass die Genehmigungsbehörde eigenwirtschaftliche Anträge, die den gesetzlichen Anforderungen genügen, zu bevorzugen hat.

Kontakt

Contact Person Picture

Jörg Niemann

Diplom-Jurist

Partner

+49 40 2292 977 33

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu