OLG Celle: Insolvenz führt nicht zwangsläufig zum Ausschluss

PrintMailRate-it
veröffentlicht am 18. März 2013
 
Nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a) VOB/A-EG bzw. VOB/A kann ein Angebot ausgeschlossen werden, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

 

​Nach Ansicht des Oberlandesgerichtes Celle vom 18.2.2013 (Az.: 13 Verg 1/13) räumt die Vorschrift ein Ermessen ein, ob der öffentliche Auftraggeber das betroffene Angebot zur Wertung zulässt oder nicht. Zuvor ist jedoch eine Eignungsprüfung des Bieters im Hinblick auf die Eignungsmerkmale technische Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit erforderlich, d.h. es ist zu prüfen, ob der Bieter mit seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung die Gewähr für eine fachgerechte und reibungslose Abwicklung des ausgeschriebenen Auftrages bietet und ob man sich auf ihn verlassen kann. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Bieters besteht deshalb keine Regelvermutung dafür, dass nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ein Bieter finanziell nicht leistungsfähig ist. Eine abstrakte Gefährdungslage wie die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens genügt somit nicht für die Begründung eines Angebotsausschlusses nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a) VOB/A-EG bzw. VOB/A.
 

Wichtige Aspekte für die Beschaffungspraxis sind:

  • Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfordert eine einzelfallbezogene Eignungsprognose, insbesondere der Leistungsfähigkeit, und eine nachfolgende ermessensfehlerfreie Entscheidung über den (Nicht-)Ausschluss des betroffenen Bieters (vgl. auch Vergabe Kompass 65/2012 vom 10.7.2012). Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines bestellten Insolvenzverwalters ist hierbei nicht entscheidend.
  • Um der mit der Insolvenz immanenten Gefahr des Verlustes des Auftragnehmers zu begegnen, verdient die finanzielle Leistungsfähigkeit ein besonderes Augenmerk der Vergabestelle, auch wenn es der insolvente Bieter im Vergleich zu den restlichen Bietern als „Härte” empfindet.
  • Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines insolventen Bieters kann es u.a. von erheblicher Bedeutung sein, welche Gläubiger in welcher Höhe Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet haben, um ein umfassendes Bild über die wirtschaftliche Krise des insolventen Bieters und damit dessen Zuverlässigkeit zu erhalten.
  • Liegt z.B. kein Insolvenzplan vor, so ist es aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers sachgerecht, konkrete Angaben (Liquiditätsstatus o.ä.) zu den Verbindlichkeiten des bietenden Unternehmens zu erfragen.

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Holger Schröder

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht

Partner

+49 911 9193 3556

Anfrage senden

Profil

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu