OLG Schleswig: Grundstücksverkauf unter Wert kann entgeltlichen Bauauftrag begründen

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veröffentlicht am 11. April 2013

 

Dem Vergaberecht unterliegen entgeltliche Verträge öffentlicher Auftraggeber, etwa über die Beschaffung von Bauleistungen.​

 

Dementsprechend dient ein Bauauftrag nach § 99 Abs. 1 und 3 GWB der Herstellung von Bauwerken, die dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugute kommen. Verkauft ein öffentlicher Auftraggeber hingegen ein Grundstück, so beschafft er keine (Bau-)Leistung, sondern er veräußert und übereignet ein Grundstück. Auf das Verfahren zum Verkauf von Grundstücken findet das Vergaberecht deshalb keine Anwendung (so schon Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.2.2008 – Az.: V ZR 56/07).
 
Vor diesem Hintergrund hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (Beschluss vom 15.3.2013 – Az.: 1 Verg 4/12) nunmehr entschieden, dass der von einer Kommune gewährte Kaufpreisnachlass oder der Verkauf eines Grundstückes unter seinem Verkehrswert eine finanzielle Beteiligung an einem vom Käufer zu errichtenden Bauwerk darstellen kann. In dem vorgenannten Rechtsstreit ging es um den Abschluss von Verträgen im Zusammenhang mit der Umsetzung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes (z.B. Durchführungsvertrag). Dabei sollte u.a. vom Grundstückskäufer auf dem Vorhaben ein Parkdeck verwirklicht und zur öffentlichen Nutzung bereitgestellt sowie öffentliche Straßen hergestellt bzw. umgestaltet werden.
 
Eine Kommune ist bereits aus gemeindewirtschaftsrechtlichen Gründen gehalten, ihre Grundstücke in der Regel nur zu ihrem vollen Wert (vgl. etwa Art. 75 Abs. 1 BayGO), also dem nach der höchstzulässigen baulichen Nutzbarkeit zu bestimmenden Verkehrswert zu veräußern. Dagegen verstoßende Verträge sind gemäß § 134 BGB nichtig. Ob ein Grundstück unter Verkehrswert verkauft wurde, ist in vergaberechtlicher Hinsicht orientiert an den Kriterien zu beurteilen, die der (beihilferechtlichen) so genannten „Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand“ (ABl.EU Nr. C 209 vom 10.7.1997, Seite 3) zu entnehmen sind, so die Schleswiger Richter. Danach wird von einem Verkauf zum Marktwert ausgegangen, wenn der Verkaufspreis aus einem hinreichend publizierten, allgemeinen und bedingungsfreien Bieterverfahren oder aus einer vor den Verkaufsverhandlungen erfolgten unabhängigen Wertermittlung hervorgeht. Hierbei wird eine Abweichung von bis zu 5% gegenüber dem festgelegten Marktwert toleriert. Wurde weder ein Bieterverfahren durchgeführt noch ein unabhängiges Wertgutachten erstellt, so kann dies nach Meinung des schleswig-holsteinischen Vergabesenates unschädlich sein, wenn letztlich keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Grundstückskaufpreis – im Sinne einer finanziellen Beteiligung an den durchzuführenden Bauarbeiten – unterhalb des vollen Werts des Grundstückes bzw. des Marktwertes vereinbart wurde.
 

Wichtige Aspekte für die Beschaffungspraxis sind:

  • Der bloße Verkauf eines Grundstückes unterfällt nicht dem Vergaberecht.
  • Grundstücke sind schon aus kommunalrechtlichen Gründen grundsätzlich nur zu ihrem vollen Wert zu verkaufen. Andernfalls droht die Vertragsnichtigkeit gemäß § 134 BGB.

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Holger Schröder

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht

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