Update Erbschaft- und Schenkungsteuer – die Empfeh­​­lungen des Bundesrates zum Jahressteuergesetz 2024​

PrintMailRate-it

​​​veröffentlicht am 27. September 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten
 

Das Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz (JStG 2024) schreitet weiter voran. Nachdem das Bundeskabinett im Juni den Regierungsentwurf des JStG 2024 beschlossen hatte, sind am 17. September 2024 die Empfehlungen des Finanz­aus­schusses des Bundesrates veröffentlicht worden. Diese enthalten neben zahlreichen Anpassungsvorschlägen im Einkommenssteuergesetz auch hoch relevante Vorschläge zur Änderung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes, insbesondere zur Begünstigung von Betriebsvermögen.

 

 

Die Vorschläge schaffen einerseits Klarheit bezüglich derzeit bestehender Rechtsunsicherheiten und entwickeln die Begünstigungsregelungen sinnvoll weiter fort. Nach dem derzeitigen Entwurfsstand sollen die Änderungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht am Tag nach Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Die Änderung zur Begünstigung von innerhalb eines Konzerns überlassenen Immobilien soll dagegen rückwirkend ab dem 1. Januar 2024 gelten.​


Insolvenz führt nicht mehr regelmäßig zu Behaltensfristverstoß 

Die Steuerbegünstigung für Betriebsvermögen ist unter anderem daran gebunden, dass der Erwerber die mehrjährigen Behaltenspflichten des § 13a Abs. 6 ErbStG einhält. Ein Verstoß führt dazu, dass die Steuerentlastung rückwirkend ganz oder teilweise entfällt. 

Die Behaltenspflichten bezwecken den Erhalt des Unternehmens und der damit verbundenen Arbeitsplätze. Zudem soll verhindert werden, dass ein Erwerber zunächst die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen in Anspruch nimmt, die übertragenen Anteile dann aber zeitnah veräußert.

Vor diesem Hintergrund normiert § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 ErbStG einen Begünstigungsausschluss, soweit der Erwerber Anteile an Kapitalgesellschaften ganz oder teilweise veräußert. Gleiches gilt, wenn die Kapital­gesell­schaft innerhalb der Behaltensfrist aufgelöst wird. Praktische Bedeutung hatte die Regelung vor allem im Insolvenzfall. Die Insolvenz einer Kapitalgesellschaft führt stets dazu, dass diese formal aufgelöst wird und in das Stadium einer Liquidationsgesellschaft übergeht. Wird die Gesellschaft im Zuge des Insolvenzverfahrens saniert, kann zwar die Auflösung später rückgängig gemacht werden, die Verwirklichung des Nachsteuertat­bestandes des § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 ErbStG entfällt dadurch jedoch nicht. Das führte in der Praxis dazu, dass Unternehmensnachfolger versuchten, die Insolvenz einer ererbten oder geschenkten Kapitalgesellschaft möglichst lange hinauszuzögern. Dadurch bestand jedoch die Gefahr einer strafbaren Insolvenzverschleppung. Außerdem führte ein Insolvenzverfahren nach der bisherigen Regelung oft dazu, dass Unternehmenserben doppelt belastet wurden: Mit dem Wegfall der Existenz infolge der Insolvenz des Unternehmens und einer zusätzlichen Schenkungsteuer. Diese kann dann auch nicht aus den Erträgen des Unternehmens gezahlt werden. Entsprechend wurde die bisherige Regelung bei Kapitalgesellschaften als zu hart und nicht sachgerecht empfunden.

Schließlich hatte der BFH mit Urteil vom 1. Juli 2020 (II R 19/18) entschieden, dass die Insolvenz einer Personen­gesellschaft im Gegensatz zu einer Kapitalgesellschaft noch nicht zum nachträglichen Wegfall der Begünstigung führt. Diese Ungleichbehandlung von Personengesellschaft und Kapitalgesellschaft ist nach zutreffender Auffassung des Finanzausschusses des Bundesrats mit den Zielen der Behaltensregelungen (Gemeinwohlbindung) nicht vereinbar. Auch bei einer Kapitalgesellschaft führt nicht bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwangsläufig zur Zerschlagung des Unternehmens. Vielmehr kann der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft in der Praxis häufig fortgeführt und damit die Sicherung von Arbeitsplätzen gewährleistet werden. Das gilt insbesondere bei Insolvenzverfahren in denen Eigenverwaltung angeordnet wurde oder bei Schutzschirmverfahren. Deren Zweck liegt gerade in der Sanierung und damit dem Erhalt des Unternehmens, nicht in der Zerschlagung. Zudem besteht bei einer Insolvenz typischerweise keine Gefahr, dass begünstigt übertragenes Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird, da diese als nachrangige Insolvenzgläubiger typsicherweise nichts aus der Insolvenzmasse erhalten. Schließlich haben Nachfolger auf die Insolvenz des Unternehmens in der Regel weniger Einfluss als bei der Verwirklichung anderer Nachsteuertatbestände. Auch Rödl & Partner hatte sich daher dafür ausgesprochen, die bisherige Regelung im Insolvenzfall restriktiv anzuwenden (Volland/Link, Der Betrieb 2022, 1098). Nun wird dieser Vorschlag durch den Bundesrat aufgegriffen.

Als Reaktion auf die Kritik an der bisherigen Regelung schlägt der Finanzausschuss des Bundesrates daher vor, den Anwendungsbereich des § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 ErbStG insgesamt einzuschränken. Zukünftig soll der Begünstigungsausschluss in den Fällen einer insolvenzbedingten Auflösung einer Kapitalgesellschaft erst mit der Aufgabe des Betriebes oder Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen eintreten. Diese geplante Änderung ist insbesondere vor dem Hintegrund der sich eintrübenden Konjunktur und der Möglichkeit der Sanierung in Eigenverwaltung zu begrüßen. 

Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen bei Personengesellschaften führt nicht mehr automatisch zu Behaltensfristverstoß

Neben der Auflösung der Gesellschaft kann sich ein Behaltenspflichtverstoß auch aus einer Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen ergeben (§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG). Auch diese Regelung bezweckt den Erhalt der wesentlichen Substanz des Unternehmens nach einer Schenkung oder einem Erbfall als Gegenleistung für die Anwendung der Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen.

Auch hier ist nach derzeitigem Stand eine Ungleichbehandlung von Personengesellschaften und Kapitalgesell­schaften. Bei einer Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen durch eine Personengesellschaft liegt automatisch ein Verstoß gegen die Behaltenspflichten vor, bei Kapitalgesellschaften dagegen nur dann, wenn der erzielte Veräußerungserlös an die Gesellschafter ausgeschüttet wird. Verbleibt der Veräußerungserlös dagegen im Unternehmen, ist ein Verstoß ausgeschlossen.

Die unterschiedliche Behandlung einer Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen als schädliche Verwendung bei Einzelunternehmen und Beteiligungen an Personengesellschaften einerseits und bei Anteilen an Kapitalgesellschaften andererseits ergibt sich vor allem aus dem Transparenzprinzip bei der Besteuerung von Personengesellschaften. Durch die Unterschiede zwischen beiden Gesellschaftsformen lässt sie sich jedoch nur schwer rechtfertigen. In beiden Fällen wird bei einem Verbleib des Veräußerungserlöses im Unter­nehmen das Ziel der Steuerentlastung – Fortbestehen der betrieblichen Einheit und Erhalt der Arbeitsplätze – nicht gefährdet.

Der Finanzausschuss des Bundesrates greift diese Bedenken nun auf. Er schlägt vor, auch bei einer Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen einer Personengesellschaft einen Behaltensfristverstoß nur anzunehmen, wenn der Veräußerungserlös entnommen wird. 

Diese Neuregelung beendet die bisherige Benachteiligung der Übertragung von Betriebsvermögen gegenüber der Übertragung von Kapitalgesellschaften. Das ist positiv zu bewerten, da die Ziele der Verschonung von Betriebsvermögen nur gefährdet werden, wenn der Erlös aus einer Veräußerung von wesentlichen Betriebs­grundlagen auch tatsächlich an die Gesellschafter fließt. Die Neuregelung dürfte vor allem bei Familien­unternehmen zu mehr Flexibilität bei Investitionen führen, da diese Unternehmen typischerweise einen hohen Anteil ihrer Gewinne thesaurieren.

Innerhalb eines Konzerns überlassene Immobilien sind (weiterhin) begünstigt

Bei der Schenkung oder Vererbung von Unternehmen ist Verwaltungsvermögen nicht begünstigt, soweit es die Unschädlichkeitsgrenze des § 13b Abs. 7 ErbStG überschreitet. Hohes Verwaltungsvermögen ist damit grund­sätzlich nachteilig für Unternehmensnachfolger. Für das Gelingen des steuerlichen Nachfolgekonzeptes der Unternehmensnachfolge ist es daher entscheidend, dass kein übermäßiges Verwaltungsvermögen im Unter­nehmen vorhanden ist. Die Gegenstände, die dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen sind, sind in § 13b Abs. 4 ErbStG aufgezählt. Dazu gehören insb. Grundstücke, die Dritten zur Nutzung überlassenen sind. Allerdings liegt nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. c) ErbStG ausnahmsweise keine Nutzungsüberlassung an Dritte vor, wenn sowohl der überlassende Betrieb als auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern gehören keine Nutzungs­überlassung an einen weiteren Dritten erfolgt. Davon profitieren insbesondere Unternehmensgruppen, die ihre Grundstücke in Immobiliengesellschaften bündeln und dann gruppenintern vermieten oder unentgeltlich überlassen. 

Zur Definition des Konzernbegriffs in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. c) ErbStG wurde bisher auf § 4h EStG ver­wiesen, der die Zinsschranke regelt. Dieser einkommensteuerrechtliche Konzernbegriff wurde im Zuge des am 1. Januar 2024 in Kraft getretenen Kreditzweitmarktförderungsgesetz geändert. Nach der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung des § 4h EStG lag grundsätzlich ein (fiktiver) Konzern vor, wenn ein Betrieb mit einem oder mehreren anderen Betrieben konsolidiert wurde oder werden konnte. Darüber hinaus gehörte ein Betrieb nach dieser Vorschrift auch zu einem Konzern, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Betrieben einheitlich bestimmt werden konnte. Somit galten Holdingstrukturen, die keinen Konzernabschluss erstellen, aber freiwillig einen Konzernabschluss erstellen können, und Gleichordnungs­konzerne zum Privilegierungskreis des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. c) ErbStG. Davon profitierten insbesondere Unternehmensgruppen, bei denen auf oberster Ebene eine natürliche Person persönlich haftet oder bei denen mehrere parallele Beteiligungsstränge existieren (etwa aufgrund einer Betriebsaufspaltung).

Durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz wurde die Konzerndefinition des § 4h EStG dahingehend angepasst, dass ein Konzern eine tatsächliche Konsolidierung der Gruppenunternehmen voraussetzt. Die bisherige Einbeziehung auch solcher Unternehmen, die mit einem oder mehreren anderen Unternehmen konsolidiert werden könnten und von Gleichordnungskonzernen, wurde ersatzlos gestrichen.

Der Verweis auf § 4h EStG in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. c) ErbStG wurde jedoch auch nach Inkrafttreten des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes unverändert beibehalten. Dadurch wird der Anwendungsbereich der Ausnahme für innerhalb eines Konzerns vermietete Immobilien nach dem Wortlaut dieser Vorschriften stark eingeschränkt. Das bedeutet für die Praxis eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Denn bei enger Lesart der derzeitigen Regelung besteht bei vielen Unternehmen, die keinen Konzernabschluss erstellen, ein höheres steuerpflichtiges Verwaltungsvermögen als vor dem 1. Januar 2024. Denn bei ihnen sind Grundstücke, die innerhalb einer konzernähnlichen Struktur überlassen werden, als schädliches Verwaltungsvermögen anzusehen. Diese Schlechterstellung war nach Auffassung des Finanzausschusses des Bundesrates nicht beabsichtigt. Sie soll nun durch die Einführung einer eigenständigen Konzerndefinition für das ErbStG beseitigt werden. Danach gehört ein Unternehmen grundsätzlich wie bisher nach § 4h EStG zu einem Konzern, wenn es mit einem oder mehreren anderen Unternehmen konsolidiert wird oder werden könnte oder wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren anderen Unternehmen einheitlich bestimmt werden kann.

Die Umsetzung dieser Neureglung hat eine hohe Relevanz für die begünstige Übertragung von Unternehmens­vermögen und ist zu begrüßen. Denn die freiwillige Aufstellung eines Konzernabschlusses allein zur Reduzie­rung des Verwaltungsvermögens ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden und bei vielen Familien­unternehmen aufgrund der damit einhergehenden Publizität der Unternehmenszahlen schlicht nicht gewollt. Durch die Wiederaufnahme des Gleichordnungskonzerns können Unternehmensgruppen zudem weiterhin so strukturiert werden, dass zwar das Verwaltungsvermögen optimiert, negative konzernrechtliche Konsequenzen in Bezug auf Transparenz und Mitbestimmung aber trotzdem vermieden werden. Besonders positiv ist zu bewerten, dass die geplanten Änderungen nach derzeitigem Entwurfsstand bereits rückwirkend ab 1. Januar 2024 gelten sollen.

Fazit

Die Empfehlungen des Finanzausschusses des Bundesrates führen wichtige erbschaftsteuerliche Aspekte in das Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz. Sollten die Empfehlungen so umgesetzt werden, wäre das ein wichtiger Beitrag für die Fortentwicklung der Betriebsvermögensbegünstigung. Die Vorschläge greifen einige praxisrelevante Probleme auf und schaffen in vielen für Unternehmensnachfolger relevanten Punkten Rechtssicherheit. Im nächsten Schritt wird nun der Bundesrat zu den Empfehlungen Stellung nehmen, bevor der Bundestag über den finalen Gesetzesentwurf beschließt. Das Gesetzgebungsverfahren soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Wir behalten das weiterhin im Blick.​
Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu