Überblick über die steuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 9. August 2024 | Lesedauer ca. 7 Minuten  

 

Im Urteil vom 27.3.2024 (Az. VI R 5/22) hat der BFH entschieden, dass nach der ab 1. Januar 2015 geltenden Rechtslage eine sog. Betriebsveranstaltung auch dann vorliegen kann, wenn sie nicht allen A​​ngehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Auch für solche Veranstaltungen kann der geldwerte Vorteil mit einem Steuersatz von 25 Prozent pauschal versteuert werden. Im Folgenden wollen wir Ihnen einen Überblick über die seit 2015 geltenden Regelungen zur steuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen und der zu diesem Thema bereits ergangenen Rechtsprechung geben.​ 


 


Hintergrund

Viele Jahre lang hat der BFH sog. Betriebsveranstaltungen als Leistung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse angesehen, da solche Veranstaltungen den Kontakt der Mitarbeiter untereinander fördern und das Betriebsklima verbessern sollen. Daher war Voraussetzung für das Vorliegen einer Betriebsveranstaltung auch, dass sie grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. Der BFH ging nur dann von steuerpflichtigem Arbeitslohn aus, wenn der Wert der Veranstaltung eine bestimmte Grenze überschritten hat. Zuletzt lag diese bei 110 Euro je Mitarbeiter (Freigrenze) und 2 Veranstaltungen je Kalenderjahr (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.5.2013, Az. VI R 94/10, BStBl. 2015 II, 186). 

Bei der Ermittlung der 110 Euro-Freigrenze erfolgte die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem ortsüblichen Wert am Abgabeort. Das ist der Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Der BFH lies es zu, diesen ortsüblichen Endpreis anhand der Kosten zu schätzen, die dem Arbeitgeber für die Betriebsveranstaltung entstanden sind. Denn er ging davon aus, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Veranstaltung hätte aufwenden müssen. Allerdings waren bei der Prüfung der 110 Euro-Freigrenze nur solche Kosten einzubeziehen, die geeignet sind, beim Mitarbeiter einen geldwerten Vorteil auszulösen (z.B. Essen, Trinken, Unterhaltung). Kosten für den sog. äußeren Rahmen (Raummieten, Dekoration, Leistungen eines Eventmanagers) hat der BFH außen vor gelassen (vgl. BFH-Urteil vom 16.5.2013, aaO). Zudem hatte der BFH im Urteil vom 16.5.2013, Az. VI R 7/11, BStBl. 2015 II, 189 abweichend von seiner vorherigen Rechtsprechung entschieden, dass die Kosten auf alle Teilnehmer der Veranstaltung zu verteilen sind. Wenn Angehörige der Mitarbeiter an der Feier teilgenommen haben, waren die auf diese entfallenden Aufwendungen dem jeweiligen Mitarbeiter nicht mehr zuzurechnen.​


Gesetzliche Regelung zu Betriebsveranstaltungen

Um diese Rechtsprechung zur Bemessung des geldwerten Vorteils aus Anlass einer Betriebsveranstaltung und die Behandlung der auf Angehörige entfallenden Aufwendungen für die Zukunft nicht anwenden zu müssen und die bisherigen Verwaltungsgrundsätze zur steuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen festzuschreiben, hat der Gesetzgeber eine Regelung für Betriebsveranstaltungen in das EStG aufgenommen, die ab 2015 anzuwenden ist. Diese sieht nunmehr folgendes vor:

  • Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter. Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Mitarbeiter und dessen Begleitpersonen anlässlich von solchen Veranstaltungen gehören zum Arbeitslohn (vgl.§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG). 
  • ​Als Zuwendungen in diesem Sinn sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer anzusehen, unabhängig davon, ob sie einzelnen Mitarbeitern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet (vgl.§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG). 
  • Wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht, gehören die o.g. Zuwendungen nicht zum Arbeitslohn, soweit sie den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen (Freibetrag, vgl.§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG).
  • Dies gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 4 EStG). 
  • Für die Bewertung ist nicht der ortübliche Wert i.S.d. § 8 Abs. 2 EStG anzusetzen, vielmehr sind die Zuwendungen mit den anteilig auf den Mitarbeiter und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers für die in Satz 2 genannten Kosten anzusetzen (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG).


Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen kann gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG mit einem Steuersatz von 25 Prozent pauschal versteuert werden. Diese Vorschrift blieb auch nach der Einführung der gesetzlichen Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG unverändert.


Sozialversicherungsrechtliche Behandlung

In der Sozialversicherung sind Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, soweit sie mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 und Satz 2 SvEV). Hierzu hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 23.4.2024 (Az. B 12 BA 3/22 R) entschieden, dass Aufwendungen für Betriebsveranstaltungen als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig sind, wenn sie nicht mit der jeweiligen Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später steuerfrei belassen oder pauschal versteuert werden. Weitere Informationen finden Sie hier​.


Rechtsprechung des BFH zur steuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen

Der BFH hat sich bislang in 3 Urteilen zu unterschiedlichen Fragen im Zusammenhang mit der seit 2015 geltenden gesetzlichen Regelung zu Betriebsveranstaltungen befasst. Weitere Verfahren sind – soweit ersichtlich – derzeit nicht anhängig.


Bewertung von Betriebsveranstaltungen

Um den zu versteuernden Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung zu ermitteln, sind alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers (inkl. USt) anzusetzen, auch dann, wenn sie für den Mitarbeiter nicht zu einem Vorteil führen (Gesamtkosten). § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG stellt eine eigenständige Bewertungsvorschrift dar, die anstelle der Bewertung mit dem üblichen Endpreis am Abgabeort nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG anzuwenden ist.


Außer Ansatz bleiben dürfen lediglich 

  • rechnerische Selbstkosten des Arbeitgebers für den äußeren Rahmen und steuerfreie Reisekosten (vgl. vgl. BT-Drucksache 18/3441, 57) und 
  • in Fällen in denen eine Betriebsveranstaltung Elemente einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung (z.B. Betriebsversammlung) enthält, die auf die sonstige betriebliche Veranstaltung entfallenden Kosten (vgl. BFH-Urteil vom 30.4.2009 - VI R 55/07, BStBl. II 2009, 726).


Die Gesamtkosten sind zu gleichen Teilen auf die anwesenden Teilnehmer aufzuteilen (vgl. BFH Urteil vom 29.4.2021, BStBl. 2021 II, 606). Daher gehören auch sog. No-show-Kosten für eingeplante, aber nicht teilnehmende Mitarbeiter zu den Zuwendungen, die aus Anlass einer Betriebsveranstaltung gewährt werden und die zu Arbeitslohn führen können. Eine beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Beschwerde hiergegen wurde nicht zur Entscheidung angenommen (Az. beim BVerfG: 2 BvR 1443/21).


Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

Auch zum Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen hat der BFH bereits Stellung genommen und entschieden, dass der Arbeitgeber für Leistungen für Betriebsveranstaltungen (im Urteilsfall eine Weihnachtsfeier in Form eines Kochkurses), nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn diese nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind. Für Betriebsveranstaltungen gilt dabei weiterhin eine Freigrenze von 110 Euro, die für zwei Veranstaltungen im Kalenderjahr genutzt werden kann. Bei der Prüfung der 110 Euro-Freigrenze sind die Kosten des äußeren Rahmens in die Freigrenze einzubeziehen, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt (vgl. BFH Urteil vom 10.5.2023 - V R 16/21 BStBl. 2023 II, 1023).


Der BFH übernimmt die gesetzliche Neuregelung zur lohnsteuerrechtlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen durch § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von „Aufmerksamkeiten“ nicht. Er hält zwar an dem bisher maßgebenden Betrag von 110 Euro fest, allerdings nicht als Freibetrag, sondern als Freigrenze. Denn in § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG wird die Ausnahme für Aufmerksamkeiten mit „sofern“ eingeleitet und nicht mit „soweit“.


Die Kosten für den äußeren Rahmen sind nach Auffassung des BFH bei der Prüfung der 110 Euro-Grenze dann zu berücksichtigen, wenn es sich bei der Veranstaltung um eine einheitliche Leistung handelt, weil z.B. mehrere Einzelleistungen so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. Rz. 41 im BFH-Beschluss vom 26.5.2021, Az. V R 22/20, BFH/NV 2021 S. 1316). Bei einem Kochkurs der als einheitliche Leistung abgerechnet wird, können somit keine Raumkosten herausgerechnet werden. Auch aus umsatzsteuerlicher Sicht sind die Gesamtkosten des Arbeitgebers zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer und nicht auf die angemeldeten Teilnehmer aufzuteilen.


Im Wesentlichen übernimmt die Umsatzsteuer für die Prüfung der 110 Euro-Freigrenze somit die für den lohnsteuerlichen Freibetrag geltenden Grundsätze.


Pauschalierung der Lohnsteuer

Im Urteil vom 27.3.2024 (Az. VI R 5/22) hatte der BFH über die Frage zu entscheiden, ob die Pauschalierung nach 40 Abs. 2 EStG mit einem Steuersatz von 25 Prozent zuzügl. Solidaritätszuschlag und pauschaler Kirchensteuer auch dann zulässig ist, wenn die Veranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offensteht, sondern für einen ausgewählten Teilnehmerkreis (z.B. Weihnachtsfeier für Führungskräfte) durchgeführt wird.​


Dies hat er bejaht. Denn nach der Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG kann eine Betriebsveranstaltung auch dann vorliegen, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Begriffe, die in verschiedenen Vorschriften desselben Gesetzes verwendet werden, sind grundsätzlich einheitlich auszulegen, so dass der Begriff der Betriebsveranstaltung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG und in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG  identisch ist.


In § 19 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG wird ein Offenstehen der Veranstaltung für alle Beschäftigten als​​​ Voraussetzung für das Vorliegen einer Betriebsveranstaltung nicht mehr gefordert. Das in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG geforderte „Offenstehen für alle“ ist lediglich Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags von 110 Euro. Insoweit ist in der gesetzlichen Regung seit 2015 eine Neuerung zu sehen, für die die bisherigen Rechtsgrundsätze nur noch insoweit herangezogen werden können, als sie im Gesetzeswortlaut ihren Niederschlag gefunden haben.


Auch der Zweck des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG erfordert keine andere Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Betriebsveranstaltung. Die in § 40 Abs. 2 EStG geregelten Pauschalierungsmöglichkeiten dienen nach Auffassung des BFH vor allem der Vereinfachung des Lohnsteuerverfahrens. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG trägt dabei insbesondere dem Umstand Rechnung, dass der Arbeitgeber bei Betriebsveranstaltungen praktisch keine Möglichkeit hat, die von ihm eingeladenen Mitarbeiter mit der auf die Zuwendung entfallenden Lohnsteuer zu belasten.


Damit können nun auch solche Veranstaltungen mit einem Steuersatz von 25 Prozent zuzügl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer pauschal versteuert werden, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen.


Praxishinweis

Der Anwendungsbereich der Pauschalierung mit dem Steuersatz von 25 Prozent anstelle des ansonsten für Sachzuwendungen geltenden Steuersatzes von 30 Prozent nach § 37b EStG dürfte sich nun erheblich erweitern. Das Urteil ist allerdings noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht und wird daher von der Finanzverwaltung noch nicht allgemein angewendet.


Es bleibt abzuwarten, wie weit die Finanzverwaltung den Begriff „gesellschaftlicher Charakter“ einer Veranstaltung fassen wird und ob auch Rahmenprogramme zu einer beruflichen Veranstaltung, Teambuildingveranstaltungen und ggf. sogar sog. Belohnungsessen (also Bewirtungen, die nicht im Zusammenhang mit einer beruflichen Veranstaltung oder als übliche Mahlzeit während einer Dienstreise) gewährt werden, als Veranstaltung mit einem gesellschaftlichen Charakter angesehen werden. Diese würden dann aus dem Anwendungsbereich der 50 Euro-Sachbezugsfreigrenze herausfallen, aber mit einem Steuersatz von 25 Prozent zuzügl. Solidaritätszuschlag und pauschaler Kirchensteuer pauschaliert werden können. In der Sozialversicherung wären sie (bei zeitnaher Pauschalierung) beitragsfrei (siehe Punkt 3). In diesem Fall wäre die Pauschalversteuerung von Sachzuwendungen nach § 37b EStG mit einem Steuersatz von 30 Prozent nicht mehr zulässig, da sie in den Fällen des § 40 Abs. 2 EStG nicht anwendbar ist (vgl. § 37b Abs. 2 Satz 2 EStG).


Unterschiede der steuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen und sonstigen Veranstaltungen:


​​​
​Betriebsveranstaltung 
(§ 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG
​​sonstige Veranstaltung​


​Anwendung § 37b EStG
​Unternehmen wendet § 37b EStG nicht an
​Bewertung
​Aufwendungen des Arbeitgebers 
(§ 19 Abs 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG)
​Aufwendungen des Arbeitgebers 
(§ 37b Abs. 1 Satz 2 EStG)
​üblicher Endpreis 
ohne äußeren Rahmen
(§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG)
​50 € – Sachbezugsfreigrenze
​nicht anwendbar
​anwendbar*
​anwendbar
​Steuersatz

25 %​
​30 %
​individuell
​Sozialversicherung
​beitragsfrei
​beitragspflichtig

* vgl. BFH-Urteil vom 7.7.2020, BStBl.2021 II, 232)​

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