Freiwillige Nachschüsse bei einer GmbH: handelsrechtliche Beurteilung „nach altem HGB” und „neuem HGB-Reformgesetz” (Teil II.)

PrintMailRate-it

​Schnell gelesen

Fortsetzung des Artikels von der letzten Ausgabe.

​Die Entscheidung bleibt problematisch

Der Rückblick auf die Entwicklung gesetzlicher Regelungen der Nachschüsse hat die Entscheidung, wann die Nachschüsse zu verbuchen sind, leider nicht erleichtert.
 
Da die Fachliteratur fehlt und die Argumente oder Kommentare zu Rechnungslegungsvorschriften oft gegensätzlich sind, müssen die Buchhalter und Finanzleiter von allgemeinen Rechnungslegungsvorschriften (wie z.B. in Deutschland) ausgehen und dazu den gesunden Bauernverstand nutzen. Darüber hinaus sind derzeit unsichere Entscheidungen üblicher als in den Vorjahren.  Demnach schlagen wir vor, von der folgenden, hoffentlich verständlichen Deduktion auszugehen. 
 
Gemäß § 11 Rechnungslegungsgesetz sind in den Rechnungen Leistungszeitpunkte anzugeben, wenn sie vom Buchungstag abweichen. Die Unterlagen für die Nachschüsse enthalten die Leistungszeitpunkte leider oft nicht. Die Buchhalter erhalten die Unterlagen (für das abgelaufene Geschäftsjahr) für die Verbuchung von Nachschüssen oft erst bei Erstellung des Jahresabschlusses im März oder April des Folgejahres. Im Absatz  2.4.3 des Tschechischen Rechnungslegungsstandards Nr.  001 – Konten und Buchungsgrundsätze – sind unterschiedliche Buchungstage angeführt. Für die Nachschüsse scheinen auf den ersten Blick folgende Tage als relevant zu sein – „Übernahme von Schulden”, „Bestandsänderung an Wirtschaftsgütern” oder „Sonstige Sachverhalte nach RlG, DV etc.” Keine Variante ist leider absolut richtig.
 
Welche Leistungszeitpunkte bieten sich bei den Nachschüssen an? Wie oben erwähnt, sind die freiwilligen Nachschüsse durch das HGB nicht strikt geregelt. Nach § 121 Abs. 2 HGB gilt: „Der Gesellschafter kann mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung Nachschüsse gewähren, auch wenn ihre Gewährung durch den Gesellschaftervertrag nicht geregelt ist”. Als Buchungstag kann somit der Tag gelten, an dem der Beschluss der Gesellschafterversammlung gefasst wird. Die Entscheidung ist aber vom Sicherheitsgrad abhängig – davon, ob alle anderen Pflichten erfüllt wurden und davon, wie „der Beschluss” und „die Zustimmung des Gesellschafters” definiert sind. Mit den Pflichten sind vor allem Pflichtangaben der notariellen Niederschrift gemeint. Gemäß § 141 Abs. 1 HGB handelt es sich bei gesellschaftsvertraglichen Nachschüssen und – wie wir vielleicht in unserem Text unrichtig anführen – auch bei freiwilligen Nachschüssen zwar nicht um Änderungen des Gesellschaftsvertrags, eine notarielle Niederschrift ist jedoch notwendig. Sonst gilt die Rechtshandlung von Anfang an als nichtig. Es ist besser, als Leistungszeitpunkt den Tag anzugeben, an dem die notarielle Niederschrift erstellt wird, wichtig sind auch die exakt formulierte Zustimmung des Gesellschafters und der exakt formulierte Beschluss der Gesellschafterversammlung.
 
Warum ist die Formulierung der Zustimmung des Gesellschafters und (weniger) des Beschlusses der Gesellschafterversammlung so wichtig? Jeder weiß, dass nicht alle Ver-sprechen denselben Wert haben. Die „Freiwilligkeit” der Nachschüsse kann darüber hinaus wegen der fehlenden gesetzlichen Regelung sehr frei ausgelegt werden. Eine wenig konkrete Zustimmung des Gesellschafters und eine konkrete Zustimmung (die vor allem die Höhe der Nachschüsse, jedoch auch den Leistungszeitpunkt oder die Form der Nachschüsse enthält) haben einen völlig anderen Wert. An dieser Stelle gehen wir davon aus, dass die Gewährung von Nachschüssen freiwillig ist, der Gesellschafter die Nachschüsse gewähren will und die Gesellschafterversammlung der Gewährung der Nachschüsse lediglich zustimmen wird. Um alle Zweifel zu vermeiden, sollte die Zustimmung des Gesellschafters spätestens in der Gesellschaftersammlung oder beim Notar so formuliert werden, wie sie in der Unterlage Verpflichtung der Gesellschafter zu Einlagen auf das erhöhte Stammkapital definiert ist. Es bietet sich natürlich eine Parallele mit diesem komplizierten Prozess an – Erstellung eines besonderen Dokumentes – Erklärung über die Verpflichtung zur Gewährung von Nachschüssen. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Gewährung von Nachschüssen freiwillig ist. Es kann auch ein Vertrag zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft abgeschlossen werden, in dem sich der Gesellschafter zur Gewährung von Nachschüssen verpflichtet. 
 
Unter Berücksichtigung dieses Sachverhaltes sind wir der Ansicht, dass über den Buchungstag und den Ausweis unter dem Eigenkapital nach der exakten Formulierung der Zustimmung des Gesellschafters über die Gewährung der Nachschüsse entschieden werden muss. Um dem Vorsichtsprinzip nachzukommen, sollte diese Zustimmung möglichst sicher sein. Mit dem Beschluss über die Gewährung der Nachschüsse sind die Entstehung der Forderungen der Gesellschaft gegen den Gesellschafter und die Verpflichtung des Gesellschafters zur Leistung der Geld- oder Sacheinlage und die Einforderung der Einlage verbunden.
 
Dies gilt auch für die Stammkapitalerhöhung, die gemäß § 145 HGB zwar erst mit ihrer Eintragung ins Handelsregister wirksam ist, jedoch schon früher verbucht wird. Die Buchungen werden auf dem Konto 419 (Bestandsänderung – Stammkapital) in dem Zeit-punkt er¬fasst,  in dem sich der Gesellschafter zur Einlage verpflichtet. Die Einzahlung in voller Höhe ist nicht notwendig, gemäß § 145 HGB reicht, wenn die Einlage zu 30 % eingezahlt wird. Die Verbuchung der Nachschüsse erst nach der Einzahlung scheint somit als zu vorsichtig zu sein. Definitionsgemäß sollen die Nachschüsse abweichend von der Stammkapitalerhöhung freiwillig und nicht gesetzlich vorgeschrieben sein. In beiden Fällen müssen die Gesellschafter bereit und fähig sein, der Gesellschaft die Mittel zu gewähren.
 
Schwierigkeiten können eintreten, wenn die „geplante” Einzahlung z.B. nach 24 Monaten nach dem Beschluss der Gesellschafterversammlung, d.h. mehr als ein Jahr nach dem Bilanzstichtag, erfolgt. In diesem Fall empfehlen wir Ihnen, die Nachschüsse nach dem Vorsichtsprinzip nicht zu verbuchen und die Nachschüsse im Anhang zu erläutern. Der Grund liegt nahe: die Gewährung einer Bar- oder Sacheinlage soll der Gesellschaft so schnell wie möglich helfen, man sollte nicht abwarten, „wie sich die Lage entwickelt” oder feststellen, „dass es für die Gewährung von Nachschüssen schon zu spät ist”. Es handelt sich um eine gewisse Kreativität auf dem Gebiet Recht und Buchhaltung.
 

Verbuchung

Die o.g. Geschäftsfälle werden bei der Gesellschaft wie folgt verbucht (empfohlene Verbuchung, die Konten und Kontonummern ergeben sich aus dem Kontenrahmen): Zuerst wird die Gewährung der Nachschüsse verbucht, der Buchungstag stimmt in unserem Falle mit dem Tag des Beschlusses der Gesellschafterversammlung über die Gewährung der Nachschüsse überein: per Konto 355 – Forderungen der Gesellschaft gegen den Gesellschafter an Konto 413 – Kapitalrücklage – Nachschüsse durch den Gesellschafter. Die Forderungen der Gesellschaft aus der Gewährung von Nachschüssen sind erst mit dem Zeitpunkt einzutreiben, zu dem sich der Gesellschafter zuráGewährung von Nachschüssen verpflichtet.
 
Die Forderungen gegen den Gesellschafter können durch die Einzahlung auf Nachschüsse, durch Erhalt von Vermögensgegenständen oder auch durch Aufrechnung – z.B. gegen Darlehensverbindlichkeiten (Kapitalisierung der Verbindlichkeiten) – bezahlt werden.  Die Bezahlung wird per Anlagekonto oder Vorratskonto, jedoch am häufigsten per Bank– oder Kassenkonto bzw. bei der Aufrechnung per „sonstige Gesellschafterverbindlichkeiten” an Konto 355 (Gesellschafterforderungen) verbucht.
 
Die Aufrechnung der Gesellschafterforderungen gegen die Gesellschafterverbindlichkeiten (Darlehensverbindlichkeiten, Verbindlichkeiten aus L/L, sonstige Verbindlichkeiten) ist schriftlich zu regeln (Abschluss eines Aufrechnungsvertrages bzw. ein schriftliches Aufrechnungsprotokoll). Auch in diesem Falle gelten ähnliche Grundsätze wie bei der Stammkapitalerhöhung.  
 

HGB-Reformgesetz

Und wie sind die Nachschüsse nach dem HGB-Reformgesetz zu behandeln? Die Ver-antwortlichkeit und Freiwilligkeit werden noch größer geschrieben. Der Gesetzgeber verlässt sich auf faire und eindeutige Handlungen von Gesellschaftern. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bzw. der Gesellschafterbeschluss über die Gewährung von Nachschüssen müssen in eine notarielle Niederschrift nicht mehr aufgenommen werden. Es ist hinreichend, wenn den Nachschüsse die Organmitglieder (Geschäftsführer) der Gesellschaft zustimmen. 
 
Aus buchtechnischer Sicht muss über den Leistungszeitpunkt entschieden werden. Für die Gewährung der Nachschüsse sind wie schon genannt der Gesellschafterbeschluss und die Zustimmung des Geschäftsführers hinreichend. Werden sie eindeutig und konkret formuliert – als Verpflichtung des Gesellschafters zu Nachschüssen, unter Angabe der Termine und der Form der Nachschüsse – ist der Tag maßgebend, an dem der Geschäftsführer den Nachschüssen zustimmt. Die Verbuchung kann einfach und schnell sein.   
 
In anderen Fällen ist der Buchungstag nach wie vor umstritten. Bei einem „Schein-Beschluss” bleibt nichts anderes übrig, als den Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem die Einzahlung hinreichend sicher ist. Die Verbuchung kann mit der Einzahlung oder Gewährung von Sacheinlagen erfolgen.
 
Die Gewährung der Nachschüsse kann im Anhang erläutert werden - aus unserer Sicht wird der Anhang eher missbraucht. Durch eine ausführliche Erläuterung und durch Hinweise auf Risiken werden dem Adressaten – eher einem aufmerksamen Leser – zwar wichtige Informationen mitgeteilt, nicht immer muss es sich jedoch um eine faire Lösung handeln. In jedem umstrittenen Fall müssen die Umstände und0Bedingungen, zu denen die Nachschüsse gewährt wurden, beschrieben und begründet werden. Andererseits darf der Anhang nicht „missbraucht” werden.
 

Zusammenfassung

Eine freiwillige Gewährung von Nachschüssen erfolgt, wenn die Gesellschafter die Gesellschaft finanziell oder anders unterstützen möchten. Den Nachschüssen muss zuge-stimmt werden.  Die Zustimmung wird neu von Geschäftsführern erteilt. Die Zustimmung und vor allem die Formulierung des Beschlusses über die Gewährung von Nachschüssen sind nach wie vor wichtig. Wie bei jeder neuen Regelung müssen erste Erfahrungen und Ansichten der Fachöffentlichkeit abgewartet werden. Darüber hinaus müssen – was nicht überrascht – Einzelfälle detailliert analysiert werden und es ist der gesunde Menschenverstand zu gebrauchen.

Kontakt

Contact Person Picture

Ing. David Trytko, Ph.D.

Auditor (Tschechische Rep.)

Associate Partner

+420 236 1633 50

Anfrage senden

Contact Person Picture

Ing. Jaroslav Dubský

Auditor (Tschechische Rep.)

Partner

+420 236 1633 60

Anfrage senden

Weitere Informationen

​Rödl & Partner in der
Tschechischen Republik

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu