Die Einführung der nationalen CO2-Abgabe naht

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veröffentlicht am 15. Dezember 2020


Die Einführung der neuen nationalen CO2-Abgabe auf Grundlage des BEHGs (Brennstoffemissionshandelsgesetz) im Januar 2021 rückt immer näher. Aktuell stehen die Fernwärmeversorger vor der Herausforderung, wie und ob sie diese Kosten an Ihre Kunden weitergeben können, um massive wirtschaftliche Einbußen abzuwenden. Dabei stellt sich oft die Frage, ob die aktuell verwendeten Indizes zur regelmäßigen Anpassung der Wärmepreise diese zusätzlichen Kosten bereits ausreichend berücksichtigen . Hierzu hat nun das Statistische Bundesamt in der Ausgabe der Erzeugerpreisindizes (Fachserie 17 Reihe 2) neue Informationen veröffentlicht. Künftig werden zunächst drei zusätzliche Indizes veröffentlicht, die explizit keine CO2-Kosten berücksichtigen. Diese Indizes können zum Beispiel dann eingesetzt werden, wenn die Weitergabe der CO2-Kosten an die Kunden über ein eigenes Preisglied erfolgt und eine Doppelbelastung ausgeschlossen werden soll.


Die Einführung des nationalen Emissionshandelssystem zum Anfang des nächsten Jahres ist aktuell das bestimmende Thema unter den Wärmeversorgern.

 

Das neue nationale Emissionshandelssystem verpflichtet Inverkehrbringer von fossilen Brennstoffen Emissionsberechtigungen zu beschaffen, sodass diese die CO2-Emissionen der abgesetzten fossilen Brennstoffe abdecken. Nach § 2 Abs. 1 BEHG (Brennstoffemissionshandelsgesetz) entstehen die Pflichten nach dem BEHG mit dem Inverkehrbringen von fossilen Brennstoffen. Dabei knüpft das Gesetz in § 2 Abs. 2 BEHG an die Steuerpflicht nach dem Energiesteuergesetz an, sodass grundsätzlich derjenige, der energiesteuerpflichtig ist, auch nach dem BEHG CO2-handelspflichtig ist. Hierbei müssen ab dem Jahr 2021 unter anderem für das Inverkehrbringen von Erdgas und Heizöl entsprechende Zertifikate nachgewiesen werden. Ab dem Jahr 2023 kommen noch weitere Brennstoffe, etwa Kohle, hinzu. Am 08.10.2020 wurde der Änderungsantrag mit den höheren Preispfad beschlossen.

 

Für Fernwärmeversorger stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage wie sie die neu anfallenden Kosten an die Kunden weitergeben können, da das BEHG ausdrücklich eine Verhaltensänderung bei den Wärmekunden im Fokus hat. Einer der zentralen Punkte bei der Kostenweitergabe ist, in wie fern die auf Grundlage des BEHG entstehenden Kosten zukünftig von den Indizes erfasst sind, die in den Preisgleitklauseln der einzelnen Versorger verwendet werden. Dass die Kosten in voller Höhe im Index reflektiert werden, kann nicht automatisch angenommen werden, sondern muss individuell geprüft werden. Zudem ergibt sich mit der Weitergabe der CO2-Kosten über Indizes in jedem Fall ein erheblicher Zeitverzug, da über eine Preisanpassung die Kosten nur nachlaufend weitergegeben werden können (wir berichteten).


Daher haben sich einige Versorger bereits entschieden, nach Möglichkeit die Kosten direkt im Arbeitspreis oder über ein gesondertes Preisglied abzubilden. Damit einher geht jedoch auch die Verpflichtung, die Kosten nicht doppelt bzw. teilweise doppelt über Indizes an die Kunden weiterzugeben. Wird also der Preis explizit gesondert erhoben, müssen die restlichen Indizes grundsätzlich so gestaltet sein, dass diese keine CO2-Kosten berücksichtigen.


Daraus ergibt sich in der Praxis häufig die Frage, ob und wie stark zukünftig auch der Wärmepreisindex (CC13-77) des Statistischen Bundesamtes von den BEHG-Kosten betroffen sein wird. Dieser wird von einem überwiegenden Teil der Versorger als Wärmemarktelement verwendet, um die gesetzlich vorgeschriebene Marktpreisorientierung (§ 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV) des Wärmepreises sicherzustellen. Weiter herrscht häufig Unklarheit darüber, ob es sich dann um eine ungerechtfertigte Doppelbelastung der Wärmekunden handeln würde, wenn gleichzeitig ein CO2-Kostenelement im Kundenpreissystem enthalten ist.

 

Zunächst sollte festgehalten werden, dass die BEHG-Kosten zukünftig ebenso wie bereits die EU-Zertifikatskosten mit in den Wärmepreisindex einfließen werden. Der genaue Umfang kann jedoch nicht endgültig abgeschätzt werden. Um dies näher zu beleuchten, muss ein Blick auf den Warenkorb des Wärmepreisindexes (CC13-77) geworfen werden.


Dieser setzt sich aus drei Komponenten zusammen. Hierbei handelt es sich um die Indizes für die Fernwärme, Umlage für den Betrieb von Gaszentralheizungen und Umlage für den Betrieb von Ölzentralheizungen (siehe Tabelle 1).




Tabelle 1: Zusammensetzung des Wärmepreisindexes (CC13-77)


Es ist damit zu rechnen, dass insbesondere an der Stelle der Energieträgerkosten in den „Umlagen-Indizes” die zusätzlich entstehenden Kosten aus dem BEHG im Wärmepreisindex reflektiert werden. Diese stellen etwa 58 %1 des Gesamtindexes dar. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass auch der Preisindex für Fernwärme (CC13-0455002200) auf die zusätzlichen BEHG-Kosten reagieren wird. In welchem Umfang und wie schnell sich die BEHG-Kosten dann auf den Wärmepreisindex auswirken, ist jedoch kaum abschätzbar. Dies liegt insbesondere daran, dass zur Ermittlung der Verbraucherpreisindizes ausschließlich die Brutto-Verkaufspreise der Versorger, die sie ihren Kunden in Rechnung stellen, herangezogen werden. In wie fern und ab wann eine Kostenweitergabe stattfindet hängt somit davon ob und mit welchem zeitlichen Verzug die Fernwärmeversorger die CO2-Kosten aus dem BEHG an ihre Kunden weitergeben und wie hoch der Anteil an Versorgern ist, die nur am TEHG Markt teilnehmen. Dies kann nicht mit letzter Bestimmtheit gesagt werden.

 

Nachdem ersichtlich ist, dass die BEHG-Kosten zumindest zu einem gewissen Anteil in den Wärmepreisindex mit einfließen, ist nun zu klären, ob es sich hierbei um eine ungerechtfertigte Doppelbelastung handelt, sofern das Fernwärmeversorgungsunternehmen die CO2-Kosten an die Kunden weiter gibt.

 

Es handelt sich dabei nicht um eine ungerechtfertigte Doppelbelastung. Sinn und Zweck des Wärmepreisindexes ist es, die Verhältnisse des Wärmemarktes im Wärmepreis widerzuspiegeln. Mit den BEHG-Kosten tritt nun eine neue Komponente auf, die die Marktpreise der Fernwärme nachhaltig beeinflussen und somit auch im Marktelement des Wärmepreises beinhaltet sein können.

Soweit es hierdurch zu höheren Wärmepreisen und damit höheren Einnahmen kommen kann, steht dieser Chance das Risiko von Verlusten gegenüber. Dies ist dann der Fall, wenn den allgemeinen Kostensteigerungen des Marktes höhere individuelle Kostensteigerungen gegenüber stehen. Beispielsweise könnte das individuelle Fernwärmeversorgungsunternehmen einen geringeren Anteil an erneuerbaren Wärmequellen nutzten und sich dementsprechend mit höheren CO2-Kosten je produzierter MWh Wärme konfrontiert sehen, als der Wärmemarkt im Ganzen. Diese „Korrektivfunktion” ist vom Gesetzgeber intendiert und deshalb von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. Held/Müller, ER 2017, 256, 263 f.). Der Gesetzgeber kann zwar ggf. in Zukunft darauf reagieren, dies ist jedoch nicht absehbar. Insofern sehen wir zur Zeit weder einen zwingenden rechtlichen Anlass noch eine praktikable betriebswirtschaftliche Möglichkeit, die Preissteigerungswirkung aus den allgemeinen BEHG-Kostensteigerungen im Marktelement zu neutralisieren.

 

DIE ERZEUGERPREISINDIZES DES STATISTISCHEN BUNDESAMTES REFLEKTIEREN CO2-ABGABE IN ABHÄNGIGKEIT DES KONKRETEN ABNAHMEFALLS

Neben dem Wärmepreisindex (CC13-77), der einen Verbraucherpreisindex darstellt, sind auch die Erzeugerpreisindizes des Statistischen Bundesamtes zukünftig von den zusätzlichen CO2-Kosten betroffen und reflektieren diese. Erzeugerpreisindizes des Statistischen Bundesamtes werden von den Versorgern häufig zur Abbildung der Brennstoffkostenentwicklung in ihren Wärmepreisen verwendet. Insbesondere gilt dies für die Erzeugerpreisindizes gewerblicher Produkte (Fachserie 17 Reihe 2) der Gütergruppen 192 (Mineralölerzeugnisse) und 352 (Erdgas in der Verteilung). Die Preisinformationen fragt das Statistische Bundesamt direkt von den Erzeugern bzw. den Verkäufern der jeweiligen Produkte anhand der effektiven Verkaufspreise ab. Dies bedeutet, dass Verbrauchssteuern und ähnliche gesetzliche Abgaben, wie die Kosten für die nationalen Emissionshandelszertifikate, mit erfasst werden. Es muss jedoch beachtet werden, dass diese Indizes unterschiedliche Verkaufsfälle ausweisen. Der Verkäufer muss nur dann die nationalen Emissionsberechtigungen vorweisen und somit seinem Kunden auf den Preis aufschlagen, sofern der Verkäufer als Inverkehrbringer der Kraftstoffe gem. § 2 Abs. 2 BEHG gilt. Dementsprechend ist es für jeden Erzeugerpreisindex unterschiedlich ob und in wie fern die CO2-Kosten aus dem BEHG in diesen eingehen.


Für die Versorger stellt sich die Frage, ob in die von ihnen verwendeten Preisindizes die CO2-Kosten aus dem BEHG einfließen. Im Fall des Brennstoffkostenelementes sollte eine Doppelbelastung unbedingt vermieden werden, da dieses die von der AVBFernwärmeV geforderte Kostenorientierung (§ 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV) der Wärmepreise in der Preisgleitformel mit umsetzt. Sofern der Versorger also die BEHG-Kosten mittels eines eigenen Preisgliedes gesondert abbildet, darf der Index zur Anpassung der Brennstoffkosten diese CO2-Kosten nicht nochmal zusätzlich beinhalten. Genau dann käme es nämlich zu einer ungerechtfertigten Doppelbelastung der Wärmekunden.

 

Dementsprechend muss der Versorger individuell prüfen, ob BEHG-Kosten in den Preisindex des Brennstoffkostenelementes eingehen und ob es sich dabei um eine ungerechtfertigt Doppelbelastung handelt. Tabelle 2 zeigt ausgewählte Indizes die häufig verwendet werden, um die Veränderung der Brennstoffkosten für Erdgas in ihren Preisgleitformeln abzubilden. Es ist demnach unterschiedlich, ob und in wie fern die BEHG-Kosten zukünftig im jeweiligen Preisindex enthalten sein werden.

 


 

Tabelle 2: Ausgewählte Indizes zur Abbildung der Erdgasbrennstoffkosten in Preisgleitformeln


Während in dieser Tabelle ausschließlich Erdgas-Indizes abgebildet sind, gilt gleiches auch für Indizes anderer fossiler Energieträger, wie etwa Heizöl2. Ab 2023 wird dies auch für die restlichen betroffenen Brennstoffe gelten. Auch diese Indizes müssen vom Versorger analog auf den Einbezug von BEHG-Kosten geprüft und ggf. entsprechender Anpassungen unterzogen werden.

 

VERÖFFENTLICHUNG ZUSÄTZLICHER ERZEUGERPREISINDIZES AB DEM BERICHTSMONAT JANUAR 2021

Angesichts der nahenden Umstellung hat das Statistische Bundesamt darüber hinaus weitere Informationen zum Einbezug der neuen CO2-Kosten in der Oktober-Ausgabe der Fachserie 17 Reihe 2 veröffentlicht. Ab dem Berichtsmonat Januar 2021 wird das Statistische Bundesamt drei zusätzlich Preisindizes veröffentlichen (dargestellt in Tabelle 3).



Tabelle 3: Neu veröffentlichte Erzeugerpreisindizes ab dem Berichtsmonat Januar 2021


Diese werden analog zu den bereits bestehenden Indizes „Erdgas, bei Abgabe an die Industrie" (lfd. Nrn. 637; 638) und „Erdgas, bei Abgabe an Kraftwerke„ (lfd. Nr. 639) gebildet, enthalten jedoch explizit keine CO2-Abgaben. Sie können sich somit als geeignete Alternative darstellen um eine Doppelbelastung der Wärmekunden zu vermeiden, wenn die CO2-Kosten bereits über ein eigenes Preisglied abgebildet sind. Im Rahmen der Bearbeitung der entsprechenden Fragestellungen sollten auch die bestehenden Versorgungsverträge geprüft werden, ob die dort verwendeten Verweisen (z.B. „lfd. Nr. 650”) weiterhin ausreichend sind oder mit der Kennung „inkl.CO2-Abgabe” ergänzt werden sollten.


Allerdings entsprechen die Beschaffungskosten vieler kleinerer Fernwärmeversorgungsunternehmen, die gleichwohl BEHG-pflichtig sind, nicht den BEHG-freien Indizes des statistischen Bundesamtes, da diese nur industrielle Beschaffungsverhältnissen entsprechen. Deshalb sind diese hier keine Alternative. Insofern bleibt zu hoffen, dass das Statistische Bundesamt auch diesen Versorgern durch eine „BEHG-Neutralisierung” der weit verbreiteten Indizes für Abnahmefälle mit geringeren Abnahmemengen bald ein Lösung bieten wird.

 


________________________________________

1 58 % = 52,55 % * 77,5 % + 22,20 % * 77,5 %

2 An dieser Stelle sei auch auf den Umsetzungsleitfaden „Abbildung von BEHG-Kosten in Fernwärmeversorgungsverträgen” der AGFW verwiesen, in welchem zusätzliche Indizes und eingehendere Erläuterungen enthalten sind.

 



 


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